Jahreswende (Die Gartenlaube 1893/52)
[877]
Jahreswende
Die Uhr rückt vor. Es geht ein Jahr zur Neige
Und Totenlieder singt ihm die Natur.
Der Nachtwind braust durch die entlaubten Zweige
Und über die entfärbte Flur.
Da horch … der Glockenschlag zur Jahreswende!
Ein Segenswunsch ertönt von jedem Mund,
Und Lieb’ und Freundschaft reichen sich die Hände,
Und sie erneu’n den alten Bund.
Du, trauernd Herz, mögst all dein Weh’ begraben –
Verzage nicht, ob auch dein Stern verblich!
Das neue Jahr wird seinen Frühling haben,
Es hat auch einen Lenz für dich!
Carl Rudolf.