Textdaten
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Autor: Theodor Fontane
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Titel: Jacobitenlieder
Untertitel: Von 1715–1746
aus: Gedichte, Seite 448–460
Herausgeber:
Auflage: 10. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1905
Verlag: J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
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Erscheinungsort: Stuttgart und Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[448]
Jacobitenlieder.

(Von 1715–1746.)

1.

Die Duncans kommen, die Donalds kommen,
Die Colins kommen, die Ronalds kommen,
Es kommen die Kenmures Sohn und Vater,
Lord Foster und Lord Derwentwater

5
     Und Jack und Tom und Bobby kommen

     Und haben die blaue Blume genommen.

Die Intosh kommen, die Quarries kommen,
Die Söhne Lord Glengarry’s kommen,
Es kommen die Douglas und Mac Gregore

10
Mit kurzem Schwert und langem Rohre

     Und Jack und Tom und Bobby kommen
     Und haben die blaue Blume genommen.

Die Phersons kommen, die Kenzies kommen
Die Grants, die Leans, die Menzies kommen,

15
Es kommen die Bursch aus allen Clanen,

Die Mädchen selbst zu unsren Fahnen
     Und Jack und Tom und Bobby kommen
     Und haben die blaue Blume genommen.

[449]
Die Camerons kommen, die Gordons kommen
20
Die stolzen Söhne des Nordens kommen,

Es kommen die Enkel der alten Thane,
Die Crabies und die Mac-Farlane
     Und Jack und Tom und Bobby kommen
     Und haben die blaue Blume genommen.

25
Sie kommen mit Pfeifen und Dudelsäcken

Und suchen das Volk mit den rothen Röcken,
Bald werden die Schöße im Winde fliegen,
Bald werden die Whigs auf der Nase liegen,
     Denn Jack und Tom und Bobby kommen

30
     Und haben die blaue Blume genommen.


[450]
2.


     Die Einen sagen, wir haben gewonnen
Die Andern sagen, sie haben gewonnen,
Ich aber sage das Eine nur:
Es ward viel gelaufen bei Sherifmur,

5
Wir sind gelaufen und sie sind gelaufen,

Gelaufen einzeln und in Haufen.

     Wir haben den linken Flügel geschlagen,
Der rechte Flügel hat uns geschlagen,
Eine Rennbahn war die ganze Flur,

10
Es ward viel gelaufen bei Sherifmur,

Wir sind gelaufen und sie sind gelaufen,
Gelaufen einzeln und in Haufen.

     Rob Roy, o wärst Du zu Hülf uns gekommen,
Es hätt’ ein anderes Ende genommen,

15
So aber war das Ende nur:

Es ward viel gelaufen bei Sherifmur,
Wir sind gelaufen und sie sind gelaufen,
Gelaufen einzeln und in Haufen.

[451]
3.


O käm er wieder, mit Waffen scharf,
Der Bursch, den ich nicht nennen darf,
O käm er wieder und käm er schnell,
Hier ist sein Platz und seine Stell,

5
     Ich wollt’ ihn schützen, wo immer er wär’,

     Und wären zehntausend um ihn her.

Von Tartan der Rock und die Hose dazu,
Die Mütze blau und geschnürt die Schuh,
Ein Hochlandsbursch vom Wirbel zur Zeh,

10
Das ist der Bursch, mit dem ich geh,

     Und ich wollt’ ihn schützen, wo immer er wär’,
     Und wären zehntausend um ihn her.

O ging es wieder ins grüne Feld,
Er ist ein König und ist ein Held,

15
Auf seiner Brust der goldene Stern,

Wo der uns leuchtet, da folgen wir gern,
     Und ich wollt’ ihn[1] schützen, wo immer er wär,
     Und wären zehntausend um ihn her.

O säß er wieder, der Erb’ einer Kron’,

20
Auf seiner Väter heiligem Thron,

Da wären vorüber Weh und Streit
Und wir lebten wieder die goldene Zeit,
     Und ich wollt’ ihn schützen, wo immer er wär’,
     Und wären zehntausend um ihn her.

[452]
4.[2]


Mein Liebster ist kommen von Aberdeen,
Ach, über die Maßen lieb ich ihn,
Und hat mich doch betrübt und erschreckt
Und die weiße Kokarde aufgesteckt;

5
     Er ist ein übermüthiger Bursch

     Und doch ein lieber, gütiger Bursch,
     Und ich lieb ihn und will mit ihm gehn
     Und immer die weiße Kokarde sehn.

Ich will verkaufen Gais und Kuh

10
Und Spindel und Flachs und Garn dazu,

Und will mir kaufen ein Tartankleid
Und still marschiren an seiner Seit;
     Er ist ein übermüthiger Bursch
     Und doch ein lieber, gütiger Bursch,

15
     Und ich lieb ihn und will mit ihm gehn

     Und immer die weiße Kokarde sehn.

[453]
5.[3]


An einem Montag Morgen war’s,
Kaum schlug die Glocke vier,
Da zog er ein in unsre Stadt
Der junge Kavalier;

5
     O Charlie ist mein Liebling,

     Mein Liebling, mein Liebling,
     O Charlie ist mein Liebling,
     Der junge Kavalier.

Und als er zog die Straß hinauf

10
Und nickte dort und hier,

Da klang’s aus allen Fenstern: Heil
Dir junger Kavalier;
     O Charlie ist mein Liebling,
     Mein Liebling, mein Liebling,

15
     O Charlie ist mein Liebling,

     Der junge Kavalier.

Viel tausend Bursche bracht’ er mit,
Das halbe Hochland schier,
Die folgten gern dem echten Herrn

20
Dem jungen Kavalier.

     O Charlie ist mein Liebling,
     Mein Liebling, mein Liebling,
     O Charlie ist mein Liebling,
     Der junge Kavalier.

[454]
25
Sie ließen Weib und Kind zurück,

Wohlan, so thun auch wir,
Wir baun auf Gott und gutes Glück
Und auf den Kavalier;
     O Charlie ist mein Liebling,

30
     Mein Liebling, mein Liebling,

     O Charlie ist mein Liebling,
     Der junge Kavalier.

Wir ziehn entlang mit Pfeifenklang,
Die Distel als Panier,

35
Mit Kilt und Plaid und Schwertern blank,

So siegt der Kavalier;
     O Charlie ist mein Liebling,
     Mein Liebling, mein Liebling,
     O Charlie ist mein Liebling,

40
     Der junge Kavalier.


[455]
6.[4]


Cope schrieb einen Brief an den Kavalier:
„So Du Muth hast, komm und fecht’ mit mir,
Und bist Du nicht in zwei Stunden hier,
     So komm ich früh am Morgen.“

5
Prinz Charlie sah hinein in den Brief;

Er zog sein Schwert und lacht’ und rief:
„„Und sind deine Gräben noch so tief,
     Wir kommen früh am Morgen.““

Auf, Hochlandsbursche, auf, ins Feld,

10
Grau-Dämmrung schon die Nacht erhellt,

Und wo John Cope uns hinbestellt,
     Da stehn wir früh am Morgen.

Wie, was? ob Cope noch schlafen mag?
Wach auf, es ist schon heller Tag,

15
Hörst Du nicht Pfeif’ und Trommelschlag?

     Wir kommen früh am Morgen.

Halt, Cope, was läufst Du schon von fern?
Wir schüttelten Dir die Pätschchen gern,
Nun lauf’ und grüß’ uns Deinen Herrn

20
     Und biet’ ihm guten Morgen.


Cope lief bis Leith mit rothem Gesicht;
„Wo sind Deine Leute?“ der Sheriff spricht,
„„Zum Teufel,““ rief Cope, „„ich weiß es nicht,
     Ich sah sie zuletzt heut Morgen.““

[456]
7.[5]


Mein Harry war ein tapfres Blut,
Ich sah ihn neben der Fahne gehn,
Nun ist er über die große Fluth
Auf nimmer, nimmer Wiedersehn;

5
     Und doch nur einmal herzen ihn,

     Was gäb’ ich alles nicht drum hin!
     Ich gäb unser Hafer- und Gerstenland
     Für den kleinen Finger von seiner Hand.

Oft, wenn es still geworden im Haus

10
Und von Abend her die Lüfte wehn,

Dann frag ich in den Wind hinaus:
Werd’ ich ihn nimmer wiedersehn?
     Ihn sehn, nur einmal herzen ihn,
     Was gäb’ ich alles nicht drum hin!

15
     Ich gäb’ unser Hafer- und Gerstenland

     Für den kleinen Finger von seiner Hand.

O hingen einige Schurken hoch
Und ließ uns Gott einen Rächer erstehn,
Da kämen frohe Tage noch

20
Und den Liebsten würd ich wiedersehn;

     Ihn sehn, nur einmal herzen ihn,
     Was gäb’ ich alles nicht drum hin!
     Ich gäb’ unser Hafer- und Gerstenland
     Für den kleinen Finger von seiner Hand.

[457]
8.[6]


     Die schöne Maid von Inverneß,
Wie freudlos ihr der Tag vergeht,
Sie schafft und spinnt und webt, indeß
Ihr dunkles Aug’ in Thränen steht:

5
„Drummossie-Moor, Drummossie-Tag,

O bittrer Tag, o blutges Moor,
Wo kalt und starr mein Vater lag
Und ich der Brüder drei verlor.

     Sie liegen tief in Sand und Blut,

10
Im ersten Grün die Gräber stehn,

Der beste Bursch daneben ruht,
Den Mädchenaugen je gesehn.
Weh Sieger Dir, der nach der Schlacht
Noch die Geschlagnen niedertrat,

15
Du hast manch Herz betrübt gemacht,

Das Dir doch nichts zu Leide that.“

[458]
9.


     Wetternacht und Sturmesgrollen
Hab ich um mich für und für,
Und der Giesbach, angeschwollen,
Klopft an meine Felsenthür;

5
Ach, von jenen stillen Quellen,

Dran die blaue Blume blüht,
Von des Westwinds leisen Wellen
Labt nicht eine mein Gemüth.

     Rechtes willen, Ehre wegen

10
Kämpften wir den Kampf der Pflicht,

Doch der Himmel war entgegen
Und die Götter wollten’s nicht;
Sieg und Ruhm entsank im Streite
Uns auf Hochlands Moor und Moos,

15
Vor uns liegt die Welt, die weite,

Aber freud- und freudelos.

[459]
10.


     Sieben Söhne gab ich dem Kavalier,
Sieben grüne Plätze sind blieben mir,
Ihrer Mutter Herz ist gebrochen vor Weh –
König Jacob, daß ich Dich wiedersäh’.

5
     In Trümmern die Kirche, in Fesseln das Land,

Das Schwert in Mörder- und Henkershand,
Und schweigen müssen, was immer geschäh’ –
König Jacob, daß ich Dich wiedersäh’.

     Mir ist zu leben nimmer Gewinn,

10
Meine Söhne todt, seine Krone dahin,

Doch singen will ich, wo immer ich steh:
König Jacob, daß ich Dich wiedersäh’.

[460]
11.


     Die ihr euch „Jacobiten“ nanntet,
Zu eigner und des Königs Ehr’,
Die ihr euch Jacobiten nanntet,
Zu Thron und Stuart euch bekanntet

5
Und endlich doch den Rücken wandtet,

O tretet her.

     Was kämpft ihr noch voll halben Zwanges
Ein leeres Wortgefecht „ums Recht“,
Entschlagt euch des gelehrten Dranges,

10
Ich sag: ein kurz Schwert und ein langes,

Ich sag: ein stark Herz und ein banges,
Die mache Unrecht ach und – Recht.

     Was schwankt ihr länger bang und schüchtern?
Der findet Gnade, der drum wirbt;

15
Was schwankt ihr länger bang und schüchtern?

Fügt euch den neuen Himmelslichtern
Und – überlasset seinen Richtern
Den, der in Treue lebt und stirbt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: wollt ihn’
  2. The White Cockade von Robert Burns
  3. Charlie is My Darling
  4. Johnny Cope
  5. My Harry was a Gallant gay von Robert Burns
  6. siehe auch: Die schöne Maid von Inverneß von Robert Burns