Invariante Variationsprobleme

Textdaten
Autor: Emmy Noether
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Titel: Invariante Variationsprobleme
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aus: Nachr. D. König. Gesellsch. D. Wiss. Zu Göttingen, Math-phys. Klasse, S. 235–257
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Erscheinungsdatum: 1918
Verlag: Weidmannsche Buchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Commons, Michigan
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Themenseite: Relativitätstheorie
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Invariante Variationsprobleme.

(F. Klein zum fünfzigjährigen Doktorjubiläum.)


Von

Emmy Noether in Göttingen.


Vorgelegt von F. Klein in der Sitzung vom 26. Juli 1918[1].


Es handelt sich um Variationsprobleme, die eine kontinuierliche Gruppe (im Lieschen Sinne) gestatten; die daraus sich ergebenden Folgerungen für die zugehörigen Differentialgleichungen finden ihren allgemeinsten Ausdruck in den in § 1 formulierten, in den folgenden Paragraphen bewiesenen Sätzen. Über diese aus Variationsproblemen entspringenden Differentialgleichungen lassen sich viel präzisere Aussagen machen als über beliebige, eine Gruppe gestattende Differentialgleichungen, die den Gegenstand der Lieschen Untersuchungen bilden. Das folgende beruht also auf einer Verbindung der Methoden der formalen Variationsrechnung mit denen der Lieschen Gruppentheorie. Für spezielle Gruppen und Variationsprobleme ist diese Verbindung der Methoden nicht neu; ich erwähne Hamel und Herglotz für spezielle endliche, Lorentz und seine Schüler (z. B. Fokker), Weyl und Klein für spezielle unendliche Gruppen[2]. Insbesondere sind die zweite Kleinsche Note und die vorliegenden Ausführungen gegenseitig durch einander beeinflußt, wofür ich auf die Schlußbemerkungen der Kleinschen Note verweisen darf.


§ 1. Vorbemerkungen und Formulierung der Sätze.

Alle im folgenden auftretenden Funktionen sollen als analytisch oder wenigstens als stetig und endlich oft stetig differentieerbar, und im betrachteten Bereich eindeutig angenommen werden.

Unter einer „Transformationsgruppe“ versteht man bekanntlich ein System von Transformationen derart, daß zu jeder Transformation eine im System enthaltene Umkehrung existiert, und daß die Zusammensetzung irgend zweier Transformationen des Systems wieder dem System angehören. Die Gruppe heißt eine endliche kontinuierliche , wenn ihre Transformationen enthalten sind in einer allgemeinsten, die analytisch von wesentlichen Parametern abhängt (d. h. die Parameter sollen sich nicht als Funktionen von weniger Parametern darstellen lassen). Entsprechend versteht man unter einer unendlichen kontinuierlichen eine Gruppe, deren allgemeinste Transformationen von wesentlichen willkürlichen Funktionen und ihren Ableitungen analytisch oder wenigstens stetig und endlich oft stetig differentiierbar abhängen. Als Zwischenglied zwischen beiden steht die von unendlich vielen Parametern, aber nicht von willkürlichen Funktionen abhängende Gruppe. Schließlich bezeichnet man als gemischte Gruppe eine solche, die sowohl von willkürlichen Funktionen, als von Parametern abhängt[3].

Es seien unabhängige Veränderliche, von diesen abhängige Funktionen. Unterwirft man die und den Transformationen einer Gruppe, so müssen wegen der vorausgesetzten Umkehrbarkeit der Transformationen unter den transformierten Größen wieder genau unabhängige — — enthalten sein; die übrigen davon abhängigen seien mit bezeichnet. In den Transformationen können auch die Ableitungen der nach den , also auftreten[4]. Eine Funktion heißt eine Invariante der Gruppe, wenn eine Relation besteht:

Insbesondere wird also ein Integral eine Invariante der Gruppe wenn eine Relation besteht:

(1)
[5]

integriert über ein beliebiges reelles -Gebiet und das entsprechende -Gebiet[6].

Anderseits bilde ich für ein beliebiges, nicht notwendig invariantes Integral die erste Variation und forme sie nach den Regeln der Variationsrechnung durch partielle Integration um. Es kommt bekanntlich, sobald man mit allen auftretenden Ableitungen am Rande als verschwindend, sonst aber beliebig annimmt:

(2)

wo die Lagrangeschen Ausdrücke bedeuten; d. h. die linken Seiten der Lagrangeschen Gleichungen des zugehörigen Variationsproblems . Dieser Integralrelation entspricht eine integralfreie Identität in und seinen Ableitungen, die dadurch entsteht, daß man die Randglieder mit anschreibt. Wie die partielle Integration zeigt, sind diese Randglieder Integrale über Divergenzen, d. h. über Ausdrücke

wobei linear in und seinen Ableitungen ist. Somit kommt:

(3)

Enthält insbesondere nur erste Ableitungen der , so ist im Fall des einfachen Integrals die Identität (3) identisch mit der von Heun sogenannten „Lagrangeschen Zentralgleichung“:

(4)

während für das -fache Integral (3) übergeht in:

(5)

Für das einfache Integral und Ableitungen der ist (3) gegeben durch:

(6)

und eine entsprechende Identität gilt beim -fachen Integral; enthält insbesondere bis zur ten Ableitung. Daß durch (4), (5), (6) tatsächlich die Lagrangeschen Ausdrücke definiert sind, folgt daraus, daß durch die Kombinationen der rechten Seiten alle höheren Ableitungen der eliminiert sind, während andererseits die Relation (2) erfüllt ist, zu der die partielle Integration eindeutig führt.

Es handelt sich nun im folgenden um die beiden Sätze:

I. Ist das Integral invariant gegenüber einer , so werden linear-unabhängige Verbindungen der Lagrangeschen Ausdrücke zu Divergenzen — umgekehrt folgt daraus die Invarianz von gegenüber einer . Der Satz gilt auch noch im Grenzfall von unendlich vielen Parametern.

II. Ist das Integral invariant gegenüber einer , in der die willkürlichen Funktionen bis zur ten Ableitung auftreten, so bestehen identische Relationen zwischen den Lagrangeschen Ausdrücken und ihren Ableitungen bis zur ten Ordnung; auch hier gilt die Umkehrung[7].

Für die gemischten Gruppen gelten die Aussagen beider Sätze es treten also sowohl Abhängigkeiten wie davon unabhängige Divergenzrelationen auf.

Geht man von diesen Identitäten zu dem zugehörigen Variationsproblem über, setzt also [8], so sagt Satz I im eindimensionalen Fall — wo die Divergenz in ein totales Differential übergeht — die Existenz von ersten Integralen aus, zwischen denen allerdings nichtlineare Abhängigkeiten bestehen können[9]; im mehrdimensionalen Fall erhält man die neuerdings oft als „Erhaltungssätze“ bezeichneten Divergenzgleichungen; Satz II sagt aus, daß der Lagrangeschen Gleichungen eine Folge der übrigen sind.

Das einfachste Beispiel zu Satz II — ohne Umkehrung — bildet die Weierstraßsche Parameterdarstellung; hier ist das Integral bei Homogenität erster Ordnung bekanntlich invariant, wenn man die unabhängige Variable durch eine willkürliche Funktion von ersetzt, die ungeändert läßt . Es tritt also eine willkürliche Funktion, aber ohne Ableitungen auf; und dem entspricht die bekannte lineare Relation zwischen den Lagrangeschen Ausdrücken selbst: Ein weiteres Beispiel bietet die „allgemeine Relativitätstheorie“ der Physiker; es handelt sich hier um die Gruppe aller Transformationen der , während die (als und bezeichnet) den dadurch für die Koeffizienten einer quadratischen und linearen Differentialform induzierten Transformationen unterworfen werden, Transformationen, die die ersten Ableitungen der willkürlichen Funktionen enthalten. Dem entsprechen die bekannten Abhängigkeiten zwischen den Lagrangeschen Ausdrücken und ihren ersten Ableitungen[10].

Spezialisiert man insbesondere die Gruppe dadurch, daß man keine Ableitungen der in den Transformationen zuläßt, und außerdem die transformierten unabhängigen Größen nur von den , nicht von den abhängen läßt, so folgt (wie in § 5 gezeigt wird) aus der Invarianz von die relative Invarianz von [11] und ebenso der in Satz I auftretenden Divergenzen, sobald die Parameter geeigneten Transformationen unterworfen werden. Daraus folgt noch, daß auch die oben erwähnten ersten Integrale die Gruppe gestatten. Für Satz II ergibt sich ebenso die relative Invarianz der mittelst der willkürlichen Funktionen zusammengefaßten linken Seiten der Abhängigkeiten; und als Folge davon noch eine Funktion, deren Divergenz identisch verschwindet und die Gruppe gestattet — die in der Relativitätstheorie der Physiker den Zusammenhang zwischen Abhängigkeiten und Energiesatz vermittelt[12]. Satz II gibt schließlich noch in gruppentheoretischer Fassung den Beweis einer hiermit zusammenhängenden Hilbertschen Behauptung über das Versagen eigentlicher Energiesätze bei „allgemeiner Relativität“. Mit diesen Zusatz-Bemerkungen enthält Satz I alle in Mechanik u. s. w. bekannten Sätze über erste Integrale, während Satz II als größtmögliche gruppentheoretische Verallgemeinerung der „allgemeinen Relativitätstheorie“ bezeichnet werden kann.


§ 2. Divergenzrelationen und Abhängigkeiten.

Es sei eine — endliche oder unendliche — kontinuierliche Gruppe; dann läßt sich immer erreichen, daß der identischen Transformation die Werte Null der Parameter , bezw. der willkürlichen Funktionen entsprechen[13]. Die allgemeinste Transformation wird also von der Form:

wo die Glieder niedrigster Dimension in , bezw. und seinen Ableitungen, bedeuten; und zwar sollen sie linear darin angenommen werden. Wie sich später zeigen wird, ist das keine Einschränkung der Allgemeinheit.

Sei nun das Integral eine Invariante gegenüber , also die Relation (1) erfüllt. Insbesondere ist dann auch invariant gegenüber der in enthaltenen infinitesimalen Transformation:

und dafür geht die Relation (1) über in:

(7)

wo das erste Integral über das dem -Gebiet entsprechende -Gebiet zu erstrecken ist. Diese Integration läßt sich aber auch in eine Integration über das -Gebiet verwandeln vermöge der für infinitesimale geltenden Umformung

(8)

Führt man somit an Stelle der infinitesimalen Transformation die Variation ein:

(9)

so geht (7) und (8) über in:

(10)

Die rechte Seite ist die bekannte Formel für gleichzeitige Variation der abhängigen und unabhängigen Variabeln. Da die Beziehung (10) bei Integration über jedes beliebige Gebiet erfüllt ist, so muß der Integrand identisch verschwinden; die Lieschen Differentialgleichungen für die Invarianz von gehen also über in die Relation:

(11)

Drückt man hierin nach (3) durch die Lagrangeschen Ausdrücke aus, so kommt:

(12)
und diese Relation stellt also für jedes invariante Integral eine Identität in allen auftretenden Argumenten dar; es ist die gesuchte Form der Lieschen Differentialgleichungen für [14].

Sei nun vorerst als endliche kontinuierliche Gruppe angenommen; da nach Annahme und linear in den Parametern , so gilt nach (9) das gleiche für und seine Ableitungen; somit sind und linear in den . Setze ich daher

wo also Funktionen von so folgen aus (12) die gesuchten Divergenzrelationen:

(13)

Es werden also linear-unabhängige Verbindungen der Lagrangeschen Ausdrücke zu Divergenzen; die lineare Unabhängigkeit folgt daraus, daß nach (9) aus auch folgen würde, also eine Abhängigkeit zwischen den infinitesimalen Transformationen. Eine solche ist aber nach Voraussetzung für keinen Parameterwert erfüllt; da sonst die aus den infinitesimalen Transformationen durch Integration wieder entstehende von weniger als wesentlichen Parametern abhinge. Die weitere Möglichkeit war aber ausgeschlossen. Diese Schlüsse gelten auch noch im Grenzfall von unendlich vielen Parametern.

Sei nun eine unendliche kontinuierliche Gruppe ; dann werden wieder und seine Ableitungen, also auch , linear in den willkürlichen Funktionen und ihren Ableitungen[15]; sei durch Einsetzen der Werte von , noch unabhängig von (12):

Nun lassen sich, analog der Formel der partiellen Integration nach der Identität:
mod Divergenzen

die Ableitungen von ersetzen durch selbst und durch Divergenzen, die linear in und seinen Ableitungen werden; somit kommt:

(14)

und in Verbindung mit (12):

(15)

Ich bilde nun das -fache Integral über (15), erstreckt über irgend ein Gebiet; und wähle die so, daß sie mit allen in auftretenden Ableitungen am Rande verschwinden. Da das Integral über eine Divergenz sich auf ein Randintegral reduziert, verschwindet also auch das Integral über die linke Seite von (15) für willkürliche, nur am Rande mit genügend vielen Ableitungen verschwindende ; und daraus folgt nach bekannten Schlüssen das Verschwinden des Integranden für jedes , also die Relationen:

(16)

Das sind die gesuchten Abhängigkeiten zwischen den Lagrangeschen Ausdrücken und ihren Ableitungen bei Invarianz von gegenüber ; die lineare Unabhängigkeit zeigt sich wie oben, da die Umkehrung auf (12) zurückführt; und da man wieder von den infinitesimalen Transformationen auf die endlichen zurückschließen kann, wie in § 4 näher ausgeführt wird. Danach treten also bei einer schon in den infinitesimalen Transformationen immer willkürliche Transformationen auf. Aus (15) und (16) folgt noch .

Setzt man entsprechend einer „gemischten Gruppe“ und linear in den und den an, so sieht man, indem man einmal die , einmal die Null setzt, daß sowohl Divergenzrelationen (13), wie Abhängigkeiten (16) bestehen.

§ 3. Umkehrung im Fall der endlichen Gruppe.

Um die Umkehrung zu zeigen, sind zuerst im wesentlichen die vorhergehenden Überlegungen in umgekehrter Reihenfolge zu durchlaufen. Aus dem Bestehen von (13) folgt durch Multiplikation mit den und Addition das Bestehen von (12); und vermöge der Identität (3) daraus eine Beziehung: . Setzt man also: , so ist man dadurch zu (11) gelangt; daraus folgt durch Integration schließlich (7): , also die Invarianz von gegenüber der durch bestimmten infinitesimalen Transformation, wobei die sich vermöge (9) aus und bestimmen, und und linear in den Parametern werden. zieht aber in bekannter Weise die Invarianz von gegenüber den endlichen Transformationen nach sich, die durch Integration des simultanen Systems entstehen:

(17)

Diese endlichen Transformationen enthalten Parameter nämlich die Verbindungen . Aus der Annahme, daß es und nur linear unabhängige Divergenzrelationen (13) geben soll, folgt ferner, daß die endlichen Transformationen, sobald sie die Ableitungen nicht enthalten, stets eine Gruppe bilden. Im entgegengesetzten Fall wäre nämlich mindestens eine durch den Lieschen Klammerprozeß entstehende infinitesimale Transformation keine lineare Verbindung der übrigen; und da auch diese Transformation gestattet, würde es mehr als linear-unabhängige Divergenzrelationen geben; oder diese infinitesimale Transformation wäre von der speziellen Form, daß , dann aber wäre oder gegen Voraussetzung von Ableitungen abhängig. Ob dieser Fall eintreten kann, wenn Ableitungen in oder auftreten, muß dahingestellt bleiben; es sind dann dem oben bestimmten noch alle Funktionen hinzuzufügen, für welche , um wieder Gruppeneigenschaft zu erhalten; die dadurch hinzutretenden Parameter sollen aber nach Verabredung nicht mitgezählt werden. Damit ist die Umkehrung bewiesen.

Aus dieser Umkehrung folgt noch, daß tatsächlich und linear in den Parametern angenommen werden dürfen. Wären nämlich und Formen höheren Grades in , so würden wegen der Linearunabhängigkeit der Potenzprodukte der ganz entsprechende Relationen (13), nur in größerer Anzahl folgen, aus denen nach der Umkehrung Invarianz von folgt gegenüber einer Gruppe, deren infinitesimale Transformationen die Parameter linear enthalten. Soll diese Gruppe genau Parameter enthalten, so müssen zwischen den ursprünglich durch die Glieder höheren Grades in erhaltenen Divergenzrelationen lineare Abhängigkeiten bestehen.

Es sei noch bemerkt, daß in dem Fall, wo und auch Ableitungen der enthalten, die endlichen Transformationen von unendlich vielen Ableitungen der abhängen können; denn die Integration von (17) führt in diesem Fall bei der Bestimmung von auf so daß die Anzahl der Ableitungen von im allgemeinen bei jedem Schritt wächst. Ein Beispiel bietet etwa:

Da die Lagrangeschen Ausdrück einer Divergenz identisch verschwinden, zeigt die Umkehrung schließlich noch das folgende: Gestattet eine , so gestattet jedes Integral, das sich von nur um ein Randintegral, d. h. ein Integral über ein Divergenz unterscheidet, ebenfalls eine mit denselben , deren infinitesimalen Transformationen im allgemeinen Ableitungen der enthalten werden. So gestattet etwa entsprechend dem obigen Beispiel: die infinitesimale Transformation , ; während in den entsprechenden infinitesimalen Transformationen Ableitungen der auftreten.

Geht man zum Variationsproblem über; d. h. setzt man [16], so geht (13) über in die Gleichungen: , die vielfach als „Erhaltungssätze“ bezeichnet werden. Im eindimensionalen Fall folgt daraus: ; und hierbei enthalten die höchstens te Ableitungen der (nach (6)), sobald und keine höheren Ableitungen als die in auftretenden -ten enthalten. Da in im allgemeinen -te Ableitungen auftreten[17], hat man also die Existenz von ersten Integralen. Daß unter diesen nicht-lineare Abhängigkeiten bestehen können, zeigt wieder das obige . Den linear-unabhängigen , entsprechen die linear-unabhängigen Relationen: ; während zwischen den ersten Integralen eine nichtlineare Abhängigkeit besteht. Dabei handelt es sich um den elementaren Fall, daß keine Ableitungen der enthalten[18].


§ 4. Umkehrung im Fall der unendlichen Gruppe.

Vorerst sei gezeigt, daß die Annahme der Linearität von und keine Einschränkung vorstellt, was sich hier schon ohne Umkehrung aus der Tatsache ergibt, daß von und nur willkürlichen Funktionen formal abhängt. Es zeigt sich nämlich, daß im nichtlinearen Fall bei Zusammensetzung der Transformationen, wobei die Glieder niedrigster Ordnung sich addieren, die Anzahl der willkürlichen Funktionen zunehmen würde. In der Tat, sei etwa

und entsprechend , so kommt durch Zusammensetzung mit für die Glieder niedrigster Ordnung:

Ist hier irgend ein von und verschiedener Koeffizient von Null verschieden, kommt also ein Term: wirklich für vor, so läßt sich dieser nicht als Differentialquotient einer einzigen Funktion oder Potenzprodukt eines solchen schreiben; die Zahl der willkürlichen Funktionen hat also gegen die Voraussetzung zugenommen. Verschwinden alle von und verschiedenen Koeffizienten, so wird je nach den Werten der Exponenten der zweite Term der Differentialquotient des ersten (wie z. B. immer für eine ), so daß also tatsächlich Linearität eintritt; oder aber die Anzahl der willkürlichen Funktionen nimmt auch hier zu. — Die infinitesimalen Transformationen genügen also wegen der Linearität der einem System linear partieller Differentialgleichungen; und da die Gruppeneigenschaft erfüllt ist, bilden sie eine „unendliche Gruppe infinitesimaler Transformationen“ nach der Definition von Lie (Grundlagen, § 10).

Die Umkehrung ergibt sich nun ähnlich wie im Fall der endlichen Gruppe. Das Bestehen der Abhängigkeiten (16) führt durch Multiplikation mit und Addition vermöge der identischen Umformung (14) auf und daraus folgt wie in § 3 die Bestimmung von und und die Invarianz von gegenüber diesen infinitesimalen Transformationen, die tatsächlich linear von willkürlichen Funktionen und ihren Ableitungen bis zur -ten Ordnung abhängen. Daß diese infinitesimalen Transformationen, wenn sie keine Ableitungen enthalten, sicher eine Gruppe bilden, folgt wie in § 3 daraus, daß sonst durch Zusammensetzung mehr willkürliche Funktionen auftreten würden, während es nach Annahme nur Abhängigkeiten (16) geben soll; sie bilden also eine „unendliche Gruppe von infinitesimalen Transformationen“. Eine solche besteht aber (Grundlagen, Theorem VII, S. 391) aus den allgemeinsten infinitesimalen Transformationen einer gewissen dadurch definierten im Lieschen Sinne „unendlichen Gruppe von endlichen Transformationen“. Jede endliche Transformation wird dabei aus infinitesimalen erzeugt (Grundlagen, § 7)[19], entsteht also durch Integration des simultanen Systems:

wobei es aber nötig sein kann, die willkürlichen noch von abhängig anzunehmen. hängt also tatsächlich von willkürlichen Funktionen ab; genügt es insbesondere, von frei anzunehmen, so wird diese Abhängigkeit analytisch in den willkürlichen Funktionen [20]. Treten Ableitungen auf, so kann es nötig sein, noch infinitesimale Transformation zuzufügen, ehe man dieselben Schlüsse macht.

Es sei im Anschluß an ein Liesches Beispiel (Grundlagen, § 7) noch ein ziemlich allgemeiner Fall angegeben, wo man bis zu expliziten Formeln vordringen kann, die zugleich zeigen, daß die Ableitungen der willkürlichen Funktionen bis zur -ten Ordnung auftreten; wo die Umkehrung also vollständig ist. Es sind das solche Gruppen infinitesimaler Transformationen, denen die Gruppe aller Transformationen der und dadurch „induzierter“ Transformationen der entspricht; d. h. solche Transformationen der , bei denen und folglich nur von den in auftretenden willkürlichen Funktionen abhängen; wobei noch angenommen sei, daß die Ableitungen in nicht auftreten. Man hat also:

Da die infinitesimale Transformation jede Transformation mit willkürlichem erzeugt, läßt sich insbesondere so von abhängig bestimmen, daß die eingliedrige Gruppe erzeugt wird:

(18)

die für in die Identität, für in die gesuchte übergeht. Durch Differentiation von (18) folgt nämlich:

(19)

wo sich aus durch Umkehrung von (18) bestimmt; und umgekehrt entsteht (18) aus (19) vermöge der Nebenbedingung für , durch die das Integral eindeutig festgelegt ist. Vermöge (18) lassen sich in die durch die „Integrationskonstanten“ und durch ersetzen; dabei treten die genau bis zur -ten Ableitung auf, indem man in die durch ausdrückt, allgemein durch seinen Wert in ersetzt. Zur Bestimmung der ergibt sich also das Gleichungssystem:

in dem nur und Variable sind, die aber dem Koeffizientenbereich angehören, sodaß die Integration ergibt:

also Transformationen, die genau von Ableitungen der willkürlichen Funktionen abhängen. Die Identität ist darin nach (18) für enthalten; und die Gruppeneigenschaft folgt daraus, daß das angegebene Verfahren jede Transformation liefert, wodurch die induzierte der eindeutig festgelegt ist, die Gruppe also erschöpft wird.

Aus der Umkehrung folgt noch nebenbei, daß es keine Einschränkung bedeutet, die willkürlichen Funktionen nur von den , nicht von den abhängig anzunehmen. In letzterem Falle würden nämlich in der identischen Umformung (14), also auch in (15), außer den noch auftreten. Nimmt man nun sukzessive die als nullten, ersten, … Grades in an, mit willkürlichen Funktionen von als Koeffizienten, so kommen wieder Abhängigkeiten (16), nur in größerer Anzahl; die aber nach der obigen Umkehrung durch Zusammenfassung mit nur von abhängigen willkürlichen Funktionen auf den früheren Fall zurückführen. Ebenso zeigt man, daß gleichzeitigem Auftreten von Abhängigkeiten und davon unabhängigen Divergenzrelationen gemischte Gruppen entsprechen[21].

§ 5. Invarianz der einzelnen Bestandteile der Relationen.

Spezialisiert man die Gruppe auf den einfachsten, gewöhnlich betrachteten Fall dadurch, daß man in den Transformationen keine Ableitungen der zuläßt, und daß die transformierten unabhängigen Variabeln nur von den , nicht von den abhängen, so kann man auf Invarianz der einzelnen Bestandteile in den Formeln schließen. Vorerst ergibt sich nach bekannten Schlüssen die Invarianz von ; also die relative Invarianz von [22], unter irgend eine Variation verstanden. Man hat nämlich einerseits:

anderseits für am Rande verschwindendes dem wegen der linearen, homogenen Transformation der auch am Rande verschwindendes entspricht:

folglich für am Rande verschwindendes

Drückt man im dritten Integral durch aus, und setzt es dem ersten gleich, so hat man also eine Relation

für am Rande verschwindendes, sonst willkürliches , und hieraus folgt bekanntlich das Verschwinden des Integranden für beliebiges ; es gilt also identisch in die Relation:

die die relative Invarianz von und folglich die Invarianz von aussagt[23].

Um dies auf die abgeleiteten Divergenzrelationen und Abhängigkeiten anzuwenden, ist zuerst nachzuweisen, daß das aus den abgeleitete tatsächlich den Transformationsgesetzen für die Variation genügt, sobald nur die Parameter, bezw. willkürlichen Funktionen in so bestimmt werden, wie sie der ähnlichen Gruppe der infinitesimalen Transformationen in entsprechen. Bezeichnet die Transformation, die überführt in ; eine infinitesimale in so ist die dazu ähnliche in gegeben durch , wo also die Parameter, bezw. willkürlichen Funktionen sich aus und bestimmen. In Formeln drückt sich das so aus:

Hieraus entsteht aber , also

indem man vermöge der Umkehrung von die als Funktionen der betrachtet und nur die infinitesimalen Glieder berücksichtigt; also hat man die Identität:

(20)

Ersetzt man hierin durch , wodurch also wieder in übergeht, also verschwindet; so geht nach der ersten Formel (20) auch wieder in über; geht durch diese Substitution über in , so geht also auch über in , und die zweite Formel (20) gibt:

so daß also tatsächlich die Transformationsformeln für Variationen erfüllt sind, sobald nur von den Parametern, bezw. willkürlichen Funktionen abhängig angenommen wird [24].

Es folgt also insbesondere die relative Invarianz von ; also auch nach (12), da die Divergenzrelationen auch in erfüllt sind, die relative Invarianz von ; und weiter nach (14) und (13) die relative Invarianz von und der mit den zusammengefaßten linken Seiten der Abhängigkeiten, wo immer in den transformierten Formeln die willkürlichen (bezw. die Parameter) durch die zu ersetzen sind. Daraus ergibt sich noch die relative Invarianz von , also einer Divergenz eines nicht identisch verschwindenden Funktionensystems , dessen Divergenz identisch verschwindet.

Aus der relativen Invarianz von läßt sich im eindimensionalen Fall und bei endlicher Gruppe noch ein Schluß auf die Invarianz der ersten Integrale ziehen. Die der infinitesimalen Transformation entsprechende Parametertransformation wird nach (20) linear und homogen, und wegen der Umkehrbarkeit aller Transformationen werden auch die linear und homogen in den transformierten Parametern . Diese Umkehrbarkeit bleibt sicher erhalten, wenn man setzt, da in (20) keine Ableitungen der auftreten. Durch Gleichsetzen der Koeffizienten der in

werden somit auch die lineare, homogene Funktionen der , sodaß aus oder auch, folgt: oder Die ersten Integrale, die einer entsprechen, gestatten also jeweils die Gruppe, so daß sich auch die weitere Integration vereinfacht. Das einfachste Beispiel hierzu ist, daß von oder einem frei ist, was den infinitesimalen Transformation bezw. entspricht. Es wird bezw. , und da sich aus und durch Differentiation und rationale Verbindungen ableitet, ist es also auch frei von bezw. und gestattet die entsprechenden Gruppen[25].


§ 6. Eine Hilbertsche Behauptung.

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich schließlich noch der Beweis einer Hilbertschen Behauptung über den Zusammenhang des Versagens eigentlicher Energiesätze mit „allgemeiner Relativität“ (erste Kleinsche Note, Göttinger Nachr. 1917, Antwort, 1. Absatz), und zwar in verallgemeinerter gruppentheoretischer Fassung.

Es gestatte das Integral eine , und sei irgend eine durch Spezialisierung der willkürlichen Funktionen entstehende endliche Gruppe, also Untergruppe von . Der unendlichen Gruppe entsprechen dann Abhängigkeiten (16), der endlichen Divergenzrelationen (13); und umgekehrt folgt aus dem Bestehen irgend welcher Divergenzrelationen die Invarianz von gegenüber einer endlichen Gruppe, die dann und nur dann mit identisch ist, wenn die lineare Kombinationen der sich aus ergebenden sind. Die Invarianz gegenüber kann also zu keinen von (13) verschiedenen Divergenzrelationen führen. Da aber aus dem Bestehen von (16) die Invarianz von gegenüber den infinitesimalen Transformationen von bei beliebigem folgt, so folgt daraus insbesondere schon die Invarianz gegenüber den daraus durch Spezialisierung entstehenden infinitesimalen Transformationen von , und folglich gegenüber . Die Divergenzrelationen müssen also Folgen der Abhängigkeiten (16) sein, welch letztere sich auch schreiben lassen: , wo die lineare Verbindungen der Lagrangeschen Ausdrücke und ihrer Ableitungen sind. Da die sowohl in (13) wie in (16) linear eingehen, müssen die Divergenzrelationen also insbesondere lineare Kombinationen der Abhängigkeiten (16) sein; somit kommt ; und die selbst setzen sich also linear aus den , d. h. den Lagrangeschen Ausdrücken und ihren Ableitungen zusammen, und aus Funktionen, deren Divergenz identisch verschwindet, wie etwa die am Schluß von § 2 auftretenden , für welche , und wo die Divergenz zugleich Invarianteneigenschaft hat. Divergenzrelationen, bei denen sich die auf die angegebene Art aus den Lagrangeschen Ausdrücken und ihren Ableitungen zusammensetzen lassen, will ich als „uneigentliche“, alle übrigen als „eigentliche“ bezeichnen.

Sind umgekehrt die Divergenzrelationen lineare Verbindungen der Abhängigkeiten (16), also „uneigentliche“, so folgt die Invarianz gegenüber aus der gegenüber ; wird Untergruppe von . Die einer endlichen Gruppe entsprechenden Divergenzrelationen werden also dann und nur dann uneigentliche, wenn Untergruppe einer unendlichen Gruppe ist, der gegenüber invariant ist.

Durch Spezialisierung der Gruppen ergibt sich hieraus die ursprüngliche Hilbertsche Behauptung. Unter „Verschiebungsgruppe“ sei die endliche Gruppe verstanden:

also:

Die Invarianz gegenüber der Verschiebungsgruppe sagt bekanntlich aus, daß in die nicht explizit in auftreten. Die zugehörigen Divergenzrelationen

seien als „Energierelationen“ bezeichnet, da die dem Variationsproblem entsprechenden „Erhaltungssätze“ den „Energiesätzen“, die den „Energiekomponenten“ entsprechen. Dann gilt also: Gestattet die Verschiebungsgruppe, so werden die Energierelationen dann und nur dann uneigentliche, wenn invariant ist gegenüber einer unendlichen Gruppe, die die Verschiebungsgruppe als Untergruppe enthält[26].

Ein Beispiel von solchen unendlichen Gruppen ist gegeben durch die Gruppe aller Transformationen der und solcher induzierter Transformationen der , in denen nur Ableitungen der willkürlichen Funktionen auftreten; die Verschiebungsgruppe entsteht durch die Spezialisierung ; doch muß unentschieden bleiben, ob damit — und durch die durch Abänderung von um ein Randintegral entstehenden Gruppen — schon die allgemeinsten dieser Gruppen gegeben sind. Induzierte Transformationen der angegebenen Art entstehen etwa, indem man die den Koeffiziententransformationen einer „totalen Differentialform“ unterwirft, d. h. einer Form , die außer den noch höhere Differentiale enthält; speziellere induzierte Transformationen, bei denen die nur in erster Ableitung auftreten, sind durch die Koeffiziententransformationen gewöhnlicher Differentialformen gegeben, und diese hat man gewöhnlich nur betrachtet.

Eine weitere Gruppe der angegebenen Art — die wegen des Auftretens des logarithmischen Gliedes keine Koeffiziententransformation sein kann — ist etwa die folgende:

[27]

Die Abhängigkeiten (16) werden hier:

die uneigentlichen Energierelationen werden:

Ein einfachstes invariantes Integral der Gruppe ist:

Das allgemeinste bestimmt sich durch Integration der Lieschen Differentialgleichung (11):

die durch Einsetzen der Werte für und , sobald man als von nur ersten Ableitungen der abhängig annimmt, übergeht in

(identisch in ). Dieses Gleichungssystem besitzt schon für zwei Funktionen Lösungen, die die Ableitungen wirklich enthalten, nämlich:

wo eine willkürliche Funktion der angegebenen Argumente bedeutet.

Hilbert spricht seine Behauptung so aus, daß das Versagen eigentlicher Energiesätze ein charakterisches Merkmal der „allgemeinen Relativitätstheorie“ sei. Damit diese Behauptung wörtlich gilt, ist also die Bezeichnung „allgemeine Relativität“ weiter als gewöhnlich zu fassen, auch auf die vorangehenden von willkürlichen Funktionen abhängenden Gruppen auszudehnen[28].

Anmerkungen

  1. Die endgiltige Fassung des Manuskriptes wurde erst Ende September eingereicht.
  2. Hamel: Math. Ann. Bd. 59 und Zeitschrift f. Math. u. Phys. Bd. 50. Herglotz: Ann. d. Phys. (4) Bd. 36, bes. § 9, S. 511. Fokker, Verslag d. Amsterdamer Akad., 27./1. 1917. Für die weitere Litteratur vergl. die zweite Note von Klein: Göttinger Nachrichten 19. Juli 1918.
    In einer eben erschienenen Arbeit von Kneser (Math. Zeitschrift Bd. 2) handelt es sich um Aufstellung von Invarianten nach ähnlicher Methode.
  3. Lie definiert in den „Grundlagen für die Theorie der unendlichen kontinuierlichen Transformationsgruppen“ (Ber. d. K. Sächs. Ges. der Wissensch. 1891) [zitiert „Grundlagen“] die unendliche kontinuierliche Gruppe als Transformationsgruppe, deren Transformationen durch die allgemeinsten Lösungen eines Systems partieller Differentialgleichungen gegeben sind, sobald diese Lösungen nicht nur von einer endlichen Anzahl von Parametern abhängen. Dadurch erhält man also einen der oben angegebenen, von der endlichen Gruppe verschiedenen Typen; während umgekehrt der Grenzfall von unendlich vielen Parametern nicht notwendig einem Differentialgleichungssystem zu genügen braucht.
  4. Ich lasse — soweit möglich auch bei Summationen — die Indices weg; also etwa für u. s. w.
  5. Ich schreibe abkürzend für .
  6. Alle in den Transformationen auftretenden Argumente sollen als reell angenommen werden, während die Koeffizienten komplex sein dürfen. Da es sich aber in den Schlußresultaten um Identitäten in den Parametern und willkürlichen Funktionen handelt, gelten diese auch für komplexe Werte, sobald nur alle auftretenden Funktionen als analytisch angenommen werden. Ein großer Teil der Resultate läßt sich übrigens integralfrei begründen, sodaß hier die Beschränkung auf das Reelle auch bei der Begründung nicht notwendig ist. Dagegen scheinen die Betrachtungen am Schlusse von § 2 und Anfang von § 5 nicht integralfrei durchführbar zu sein.
  7. Für gewisse triviale Ausnahmefälle vergl. § 2, 2. Anmerkung.
  8. Etwas allgemeiner kann man auch , setzen, vergl. § 3, erste Anmerkung.
  9. Vergl. den Schluß von § 3.
  10. Vergl. etwa die Kleinsche Darstellung.
  11. D. h. nimmt bei Transformation einen Faktor an.
  12. Vergl. die zweite Kleinsche Note.
  13. Vergl. etwa Lie: „Grundlagen“, S. 331. Handelt es sich um willkürliche Funktionen, so sind die speziellen Werte der Parameter durch feste Funktionen zu ersetzen; und entsprechend die Werte durch , u. s. w.
  14. (12) geht über in für den trivialen Fall — der nur auftreten kann, wenn auch von Ableitungen der abhängen — wenn , ; diese infinitesimalen Transformationen sind also stets von den Gruppen abzuspalten; und nur die Anzahl der übrigen Parameter oder willkürlichen Funktionen bei den Formulierungen der Sätze zu zählen. Ob die übrigen infinitesimalen Transformationen noch stets eine Gruppe bilden, muß dahingestellt bleiben.
  15. Daß es keine Einschränkung bedeutet, die von den frei anzunehmen, zeigt die Umkehrung.
  16. oder etwas allgemeiner , wo neu hinzutretende Funktionen sind, werden in der Physik als „Feldgleichungen“ bezeichnet. Im Fall gehen die Identitäten (13) in Gleichungen: über, die in der Physik auch noch als Erhaltungssätze bezeichnet werden.
  17. Sobald nichtlinear in den -ten Ableitungen ist.
  18. Sonst hat man noch für jedes , entsprechend:
  19. Daraus folgt insbesondere, daß die aus den infinitesimalen Transformationen einer erzeugte Gruppe wieder auf zurückführt. Denn enthält keine von verschiedenen, von willkürlichen Funktionen abhängenden infinitesimalen Transformationen, und kann auch keine davon unabhängigen, von Parametern abhängenden enthalten, da es sonst eine gemischte Gruppe wäre. Durch die infinitesimalen Transformationen sind aber nach dem obigen die endlichen bestimmt.
  20. Die Frage, ob etwa immer dieser letztere Fall eintritt, ist in anderer Formulierung von Lie aufgeworfen worden (Grundlagen, § 7 und § 13 Schluß).
  21. Wie in § 3 folgt auch hier aus der Umkehrung, daß neben auch jedes um ein Integral über eine Divergenz verschiedene Integral ebenfalls eine unendliche Gruppe gestattet, mit denselben , wobei aber und im allgemeinen Ableitungen der enthalten werden. Ein solches Integral hat Einstein in die allgemeine Relativitätstheorie eingeführt, um eine einfachere Fassung der Energiesätze zu erhalten; ich gebe die infinitesimalen Transformationen an, die dieses gestattet, indem ich mich in der Bezeichnung genau an die zweite Kleinsche Note halte. Das Integral gestattet die Gruppe aller Transformationen der und die dadurch induzierte für die ; dem entsprechen die Abhängigkeiten ((30) bei Klein):

    Nun wird: , wo , und folglich wird: , wo jeweils die Lagrangeschen Ausdrücke bedeuten. Die angegebenen Abhängigkeiten sind also auch solche für ; und nach Multiplikation mit und Addition ergibt sich durch die Umformungen der Produktdifferentiation rückwärts:

    Durch Vergleichen mit der Lieschen Differentialgleichung: folgt daraus:

    als infinitesimale Transformationen, die gestattet. Diese infinitesimalen Transformationen hängen also von den ersten und zweiten Ableitungen der ab, und enthalten die willkürlichen bis zur ersten Ableitung.

  22. D. h. nimmt bei Transformationen einen Faktor an, was in der algebraischen Invariantentheorie immer als relative Invarianz bezeichnet wurde.
  23. Diese Schlüsse versagen, wenn auch von den abhängt, da dann auch Glieder enthält, die Divergenzumformung also nicht auf die Lagrangeschen Ausdrücke führt, ebenso wenn man Ableitungen der zuläßt; dann werden nämlich die lineare Kombinationen von führen also erst nach einer weiteren Divergenzumformung auf eine Identität , sodaß rechts wieder nicht die Lagrangeschen Ausdrücke auftreten.
    Die Frage, ob aus der Invarianz von auch schon auf das Bestehen von Divergenzrelationen geschlossen werden kann, ist nach der Umkehrung gleichbedeutend damit, ob daraus auf die Invarianz von geschlossen werden kann gegenüber einer Gruppe, die nicht notwendig auf dieselben wohl aber auf dieselben führt. Im Spezialfall des einfachen Integrals und nur erster Ableitungen in kann man bei der endlichen Gruppe aus der Invarianz der Lagrangeschen Ausdrücke auf die Existenz erster Integrale schließen (vergl. z. B. Engel, Gött. Nachr. 1916, S. 270).
  24. Es zeigt sich wieder, daß von unabhängig angenommen werden muß usw., damit die Schlüsse gelten. Als Beispiel seien etwa die von Klein angegebenen und genannt, die den Transformationen für Variationen genügen sobald die einer Vektortransformation unterworfen werden.
  25. In den Fällen, wo schon aus der Invarianz von die Existenz erster Integrale folgt, gestatten diese nicht die vollständige Gruppe ; z. B. gestattet die infinitesimale Transformation: ; während das erste Integral , das entspricht, die beiden andern infinitesimalen Transformationen nicht gestattet, da es sowohl wie explizit enthält. Diesem ersten Integral entsprechen eben infinitesimale Transformationen für , die Ableitungen enthalten. Man sieht also, daß die Invarianz von jedenfalls weniger leistet als die Invarianz von , was zu der in einer vorangehenden Anmerkung aufgeworfenen Frage zu bemerken ist.
  26. Die Energiesätze der klassischen Mechanik und ebenso die der alten „Relativitätstheorie“ (wo in sich übergeht), sind „eigentliche“, da hier keine unendlichen Gruppen auftreten.
  27. Aus diesen infinitesimalen Transformationen berechnen sich die endlichen rückwärts nach der in § 4, Schluß angegebenen Methode.
  28. Hiermit ist wieder die Richtigkeit einer Bemerkung von Klein bestätigt, daß die in der Physik übliche Bezeichnung „Relativität“ zu ersetzen sei durch „Invarianz relativ zu einer Gruppe“. (Über die geometrischen Grundlagen der Lorentzgruppe. Jhrber. d. d. Math. Vereinig. Bd. 19, S. 287, 1910; abgedruckt in der phys. Zeitschrift.)