In der Weißenburger Gartenlaube

Textdaten
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Titel: In der Weißenburger Gartenlaube
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aus: Die Gartenlaube, Heft 36, S. 585, 588
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1870
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[585]

In der Weißenburger Gartenlaube.
Nach einer Originalzeichnung von Prof. Paul Thumann.

[588] In der Weißenburger Gartenlaube. Professor Thumann begleitet die Einsendung der heutigen Illustration mit folgenden Worten: Am Morgen des Fünften fuhren wir mit einem steifen und deshalb von Requisitionsfuhren verschonten Pferde aus Weißenburg zu und erreichten bald das Städtchen Zabern, in dem ungefähr zweihundert Verwundete verpflegt wurden, zu denen immer noch neue Abtheilungen eintrafen. Auf dem weiteren Wege nach Weißenburg wiederholte sich in jedem Dorfe und auf der Straße das traurige Bild „Verwundete transportirt“. Aber schon hier drängte sich die Bemerkung auf, daß jeder der braven Unglücklichen nicht nur den Feind, sondern auch sich zu besiegen verstand, denn von Keinem war eine Klage, ein Jammern zu hören. Ernst und ergeben trug Jeder sein Loos, ja Mancher gab unsern Gruß mit humoristischer Bemerkung zurück. Auf der letzten Höhe vor Weißenburg angekommen, befanden wir uns auf dem Gefechtsterrain. Rechts und links todte Pferde, die Straße mit Fuhrwerk und die Felder mit campirenden Truppentheilen bedeckt. Bald, dicht am Wege, zeigte sich die erste Leiche – ein baierischer Jäger – und diesem ersten mir vor Augen tretenden Helden hat meine Empfindung reichen Tribut gezahlt; allen anderen, die nach ihm kamen, galt, was ich hier mein volles, noch nicht abgestumpftes Herz habe sprechen lassen, und mit einem „Vaterunser“ so innig, wie vielleicht nie zuvor, habe ich Abschied von diesem Ersten genommen.

Ueber das Gefecht selbst, seine Disposition und seinen Verlauf sind inzwischen so viele detaillirte Berichte gekommen, daß ich mich damit nicht abgeben darf, und so fahre ich einfach in der Schilderung der persönlich erhaltenen Eindrücke fort. Kurz vor der Stadt lagen, gemischt mit Baiern, die ersten Turcos, dicht umstanden von eben erst eingerückten baierischen Soldaten. Vor dem Thorwärter- oder Zollhause, dicht am Eingange in die Festung lagen drei dieser „Träger der Civilisation“ neben einander. Das Häuschen war von fünf Turcos besetzt gewesen, welche, gedeckt, auf verwundete baierische Jäger schossen, die zu der in die Stadt dringenden Colonne gehört hatten und hier gefallen waren. Nach anderen Berichten sollen sich die Turcos noch weiterer Grausamkeiten schuldig gemacht haben. Kaum aber hatte man auf deutscher Seite dieses bestialische Treiben bemerkt; so wurde das Häuschen im Sturm genommen und die Turcos niedergemacht. Zu ihnen gehörten eben die, welche ich hier sah. Obgleich östlich von der Stadt auf dem weiten Angriffsfelde der Preußen diese Truppengattung massenhaft zu finden war, habe ich vorgezogen, Ihnen die Gruppe am Zollhause mitzutheilen, weil dabei zugleich aus der Localität erkannt werden kann, daß die Stadt mit vollkommenen Festungsmauern, Wallgräben etc. versehen ist. An einem reizenden Platze, in einer schattigen Veranda, umrankt von wildem Weine, lagen die Menschen, die bestimmt waren, die Gräuel des Krieges wilder Völkerstämme in unser Land zu tragen. Den ganzen Tag über waren sie Gegenstand der Neugierde, und so mancher ankommende Soldat, der keine Zeit hatte sich im Felde umzusehen, bekam hier schon Gelegenheit, die Vogelscheuche des französischen Heeres zu erblicken. Deutschland hat inzwischen eine gute Anzahl derselben zu näherer Besichtigung erhalten, und da der Ausspruch eines schlesischen Soldaten: „die Kerle sind zahm, sie fressen aus der Hand“ nicht allgemeine Gültigkeit haben dürfte, so ist es erfreulich zu wissen, daß seit der Schlacht bei Wörth nicht gar viel von dem wilden Gesindel übrig ist, um unsere Lazarethe und Gefangenen-Stationen weiter zu füllen und zu beunruhigen.