Textdaten
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Autor:
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Titel: Im Weihnachtsurlaub
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 808–809, 834
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[808–809]

Im Weihnachtsurlaub.
Nach einer Zeichnung von Edm. Herger.

[834] Im Weihnachtsurlaub. (Zu dem Bilde S. 808 u. 809). Der „blonde Frieder“, eigentlich Friedrich Barth, seines Zeichens ältester von acht Geschwistern, derzeit Ulan im Thüringischen Ulanenregiment Nr. 6, ist sonst Besitzer eines glücklichen Phlegmas. Als er noch daheim den väterlichen Acker pflügte, war es nicht schwer, die Fassung zu bewahren, aber er verlor sie auch nicht, als die Rekrutendressur mit allen ihren Schrecken und Unteroffiziersflüchen über ihn hereinbrach. Wozu auch? Aufregung macht’s nicht besser: dieser Satz war die Grundlage von des blonden Frieders Lebensphilosophie, und sie war bis jetzt nicht ins Wanken gekommen.

Bis jetzt – dieses „jetzt“ bedeutet etwa den dritten Sonntag vor Weihnachten. Von da ab vollzog sich in dem blonden Frieder eine zunächst kaum merkliche, dann aber immer auffallendere Veränderung. Er hatte auf dem Umweg über den Wachtmeister herausgebracht, daß einem Weihnachtsurlaub des Ulanen Friedrich Barth mit Rücksicht auf dessen gute Führung in und außer Dienst ein Hinderniß von seiten des Herrn Rittmeisters nichts im Wege stehe. Und das fuhr dem guten Frieder nun doch eigenthümlich in die Knochen. Der Frieder war ein junger Mensch von 20 Jahren – also freute er sich auf den Urlaub an sich; er hatte auch ein gutes Herz – also freute er sich auf Eltern und Geschwister und auf den Genuß des heimathlichen Weihnachtsfestes! Aber das alles hätte sich doch auch mit Ruhe ertragen lassen, wenn man eine so reichliche Dosis von Gleichmuth besaß wie unser Ulan! Woher nun die prickelnde Ungeduld, die gefährliche Zerstreutheit, die eifrigen Studien auf dem in der Kantine hängenden Fahrplan? Du sollst den Schlüssel zu diesem Räthsel haben, verehrter Leser, – der „blonde Frieder“ war nämlich ein bißchen sehr stark – eitel!

Und nun ermesse man, welche Triumphe – von dieser seiner stärksten Seite aus betrachtet – dem neugebackenen Ulanen im heimatlichen Kreise bevorstanden! Man denke sich – immer vom Standpunkt des „blonden Frieders“ aus – das Erstaunen der Mutter, das Entzücken der Schwestern, den Stolz des Vaters, die Begeisterung des Bruders, wenn „unser Ulan“ in die Stube tritt, angethan mit der vollen Paradeuniform, sporenklirrend, säbelrasselnd, czapkabuschwehend – nein, Frieder kannte sich nicht mehr vor Verlangen, dies alles nicht mehr bloß sich auszumalen bei der Stallwache oder beim Gaulstriegeln, sondern auszukosten in voller, greifbarer, herrlicher Wirklichkeit.

Am Morgen des 22. Dezember lief der Ulan Friedrich Barth ernstlich Gefahr, wegen Nachlässigkeit im Dienst von der Liste der Weihnachtsurlauber gestrichen zu werden. Nur seiner seitherigen Wohlangeschriebenheit bei dem Eskadronschef hatte er es zu danken, daß er doch mitdurfte …

Und nun ist er da, der Augenblick, der langersehnte, köstliche Augenblick, und wir müssen gestehen – Friedrich Barth, Ulan im Thüringischen Ulanregiment Nr. 6, macht sich gut – sehr gut! Was ist aller Glanz des nach thüringischer Sitte von der Decke herabhängenden Christbaums, was ist aller Liebreiz einer ganzen hübschen Schwesternreihe gegen die Pracht, welche nur allein so eine Paradeulanka ausstrahlt! Ja, „blonder Frieder“, du bist schön, tadellos schön vom Kopf – was sag’ ich – vom schön geschwungenen Bogen des Roßhaarbusches bis zur äußersten Stiefelspitze; nur schade, daß du – ein bißchen sehr stark eitel bist! =