Im Sommer von 1813
[647] Im Sommer von 1813. (Zu dem Bilde S. 641.) Die Sonne des Spätsommers scheint freundlich durch das Laub der Apfelbäume auf das Kaffeeplätzchen an der schützenden Hauswand und das goldgeränderte Porzellangeschirr auf dem Tische zwischen den vier Darumsitzenden. Aber nur das jüngste darunter genießt voll Unbefangenheit den schönen Spielnachmittag und die seltene Kostbarkeit eines Täßchens Kaffee. Die andern sitzen in schweren Gedanken, denn man schreibt 1813 und an der bevorstehenden großen Entscheidung hängt nicht nur des Vaterlandes Rettung, sondern auch das Lebensglück der jungen Frau, welche der Gatte im Frühling herbrachte zu den Eltern in das stille Rheinstädtchen und dann abschiednehmend sammt dem Kinde ans Herz drückte, ehe er dem Rufe seines Königs folgte. Der Himmel hat ihn beschützt in den ersten ungünstigen Gefechten, davon erzählen seine Briefe, er hat mit allen Patrioten vor einem elenden Frieden gezittert und ist, als dieser nicht mehr drohte, voll Begeisterung unter Blüchers Fahnen zum Entscheidungskampf aufgebrochen. Aber nun? Lange Wochen ohne Nachricht sind vergangen, man hört nur, der gewaltige Franzosenkaiser ziehe nach Schlesien heran; dort müssen große Schlachten erfolgen, vielleicht schon erfolgt sein. Lebt der Vater des Kindes noch? … Sorgenvoll ruhen die Augen des Großvaters auf dem kleinen Blondkopfe: er mag nicht aussprechen, was seine Seele bewegt, was er allen, besonders auch den ängstlichen Frauen verbirgt.
Und währenddem ist der glorreiche Sieg an der Katzbach schon erstritten, der größere von Leipzig wird nachfolgen, und vielleicht ehe die Blätter völlig gefallen sind, stürmt der Ersehnte dort zum Pförtchen herein, das Eiserne Kreuz auf der Brust, um Weib und Kind voll Glücksjubel zu umarmen.