Im Märchenbanne
[484] Im Märchenbanne. (Zu dem Bilde S. 473.) Atemlos horchend sitzen die kleinen Ferienkolonisten um die gute Schwester her, deren Obhut sie für diese Sommerwochen anvertraut sind. Sie pflegt das Wohlverhalten des Morgens durch eine Geschichte am Nachmittag zu belohnen, und es ist erstaunlich, wie viel wunderbare und nie gehörte Märchen die stille Klosterfrau den Kindern zu berichten weiß. Ach, diese ahnen ja nicht, daß das Frauenherz unter dem schwarzen Ordenskleid dereinst voll Lebensfreude schlug, aber sein junges Liebesglück ins Grab senken mußte und nun statt der gehofften eigenen Kinder die fremden mit mütterlicher Liebe umfaßt und ihnen die Schätze der Erinnerung mitteilt! Sie wissen nur, daß sie die Schwester Beate ganz ungeheuer lieb haben und daß überhaupt hier in ihrer Nähe unter dem Holunderbaum auf der grünen Wiese der allerschönste Fleck der Erde ist. Und die junge Nonne selbst, in deren Herz nach schweren Kämpfen der Friede eingezogen ist, sie sieht mit mildem Blick in die Kinderaugen und fühlt innerlich die stille Freudigkeit, welche der Lohn selbstloser Menschenliebe ist!