Honorar für Sprüche
[52] Honorar für Sprüche. Hinter dem Urwalde von Kamerun, an der
Grenze des Sudan, erstreckt sich ein an Elfenbein reiches Gebiet. In
diesem herrscht ein Häuptling Namens Ngilla, der bereits von der
mohammedanischen Kultur beleckt ist. Zu ihm kommen Händler aus
fernen Ländern, kommen mit Perlen und Stoffe, um das Elfenbein billig
einzukaufen. Sie erhalten dort um den Werth von 5 Pfennig einen Zahn,
der an der Küste um 450 Mark zu verkaufen ist, und darum rühmen sie
das Land; denn „zu Ngilla braucht man nur einmal im Leben zu kommen,
um ein reicher Mann zu werden!“ Die schönsten und meisten Zähne besaß
dort in den letzten Jahren, als Premierlieutenant C. Morgen das Land
besuchte, ein Mann, der weder Perlen noch Zeuge, sondern nur Papier,
Feder und Tinte führte. Er war ein Oberpriester vom fernen Nigerstrome,
schrieb kurze Koransprüche auf Stücke Papier, nähte sie in Ledertaschen und
verkaufte sie als Amulette an die Gläubigen. Das Honorar, das er für diese
Leistungen forderte, war ungemein hoch, aber er wußte seine Forderung
durchzusetzen. Als Häuptling Ngilla einen solchen Talisman einmal billiger
haben wollte, erwiderte der schlaue Oberpriester: „Herr, mir ist es gleich,
ob Du mir einen größeren oder einen kleineren Zahn gibst, aber nicht
so Allah: wenn Du seine heiligen Worte nicht so hoch anschlägst, wird
er Dich weniger gut beschützen.“ Dies wirkte. Oberpriester Mahomet
machte glänzende Geschäfte; denn die Talismane waren sehr begehrt und
erst nach einer anständigen Bezahlung übten sie ihre Wirkung.