Textdaten
<<< >>>
Autor: Fr. Hofmann
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Holz oder Eisen?
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 18, S. 283–286
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1862
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[283]
Holz oder Eisen?

Wer sich das Bild der Bewegung vergegenwärtigen will, welche die Männer der Waffen damals ergriff, als das Eisen sich vor der Gewalt des Pulvers beugen mußte, als vor den neuen Feuerschlünden die geschicktesten und kostspieligsten Arbeiten aller Harnischmacher der Welt mit einem Schlage werthlos wurden, Tausende von Städtebefestigungen auf den Werth nutzloser Alterthümer herabsanken und der Adel von den wehrlos gewordenen Burgen in die Thäler und unter den Schutz der Fürstenhöfe floh, – wer dieses weltgeschichtliche Bild erneut sehen will, der durcheile in diesem Augenblick die Arsenale, Werften und Kriegshäfen der Seemächte und die Küstenbollwerke aller Militärstaaten. – Millionen und aber Millionen von Nationalvermögen aller seefahrenden Nationen und Küstenländer sind an einem Tage vernichtet, das ungeheuere Seekriegsmaterial, der höchste Stolz, die Zuversicht und der Sporn des Uebermuths der mächtigsten Herrscher, Tausende der „hölzernen Festungen“ der Meere Und der steinernen Schutzwehren der Küsten sind durch das Ergebniß eines einzigen Kampftags auf den Werth ihres Rohmaterials zusammengeschwunden, und der Trotz der gestern noch gewaltigsten Kriegsherren steht heute erschrocken vor einem neuen Fortschritt der Zerstörungsmittel in der Faust des Seekriegs.

Das sind die Folgen der beiden Seegefechte bei dem Fort Monroe am 8. und 9. März dieses Jahres, mit denen eine neue Epoche in der Geschichte der Kriegskunst beginnt, ja es beginnt damit noch mehr, es beginnt eine neue Epoche der Culturgeschichte, denn wahr wird werden, was Ericson sagt: „Mein ganzes Leben lang habe ich behauptet, die Mechanik würde dereinst Englands Seeobergewalt ein Ende machen. Der Ocean ist die Heerstraße zwischen den Nationen. Er muß frei sein, und die Naturgesetze, wenn richtig angewandt, werden ihn auch frei machen!“

Diese Bedeutung der neuen Erfindung und ihres Sieges ist es, welche den Kampf des „Merrimac“ mit dem „Cumberland“ und den des „Monitor“ gegen den „Merrimac“ zu einem Ereigniß erhebt, das die Tagespresse aller Culturvölker erfüllt und dem deshalb auch wir die folgenden Spalten widmen.

Als der Kampf der nordamerikanischen Union mit den abtrünnigen Sclavenstaaten ausbrach, befand sich erstere im Vortheil der Seestärke. Ihr erstes Streben war daher, die Lebensadern des Südens durch Vernichtung seines Seehandels zu unterbinden. Sie blockirte die Häfen der Conföderirten. Es würde den Südstaaten unmöglich gewesen sein, selbst mit dem äußersten finanziellen Aufwand, gegen die Blockadegeschwader der Union eine entsprechend mächtige Flotte von großen Schiffen und zwar in so kurzer Frist zu erbauen, als hier von der Noth geboten war. Aber die Noth half ihnen, sie gab ihnen den Rath, Eisen gegen Holz zu waffnen. Mit Hülfe nördlicher und englischer Mechaniker und Arbeiter stellten sie binnen zehn Monaten rastlosen Schaffens die Panzerfregatte „Merrimac“ her. Diese zeichnet sich vor den gepanzerten Schiffen der Engländer und Franzosen dadurch aus, daß ihr Oberbau rasirt ist und sie dem Feinde keine senkrechten Wände bietet, sondern sie in Bogenlinien und spitzen Wickeln dachartig niedergesenkt hat, so daß sie bis drei Fuß unter den Wasserspiegel reichen. Armirt ist sie auf jeder Seite mit vier elfzölligen Dahlgreen- und an den beiden Enden mit zwei hundertpfündigen Armstrongkanonen, mit denen sie auch heiß schießen kann. Am Bug, an der Wasserlinie, führt sie zwei starke, scharfe eiserne Spitzen, [284] 6–7 Fuß von einander und Pflugscharen gleichend. Ihre Schnelligkeit wird auf neun Knoten geschätzt. Ihr Befehlshaber war Capitain Buchanan.

Der Schauplatz der Entscheidung zwischen Holz und Eisen war die Rhede von Hampton in Virginien. Nach einem Berichte aus Fort Monroe (in der New-Yorker Staatszeitung) sah man am 8. März gegen Mittag ein verdächtig aussehendes Fahrzeug, das einem nur mit dem Dach aus dem Wasser hervorragenden Hause glich und in dem man den lange gefürchteten „Merrimac“ vermuthete, von Norfolk an Sewall’s Point vorüber die Richtung gegen Newport News einschlagen und direct gegen die in der Mündung des James River liegenden Segel-Fregatten „Cumberland“ und „Congreß“ halten. Diese hatten bereits durch Signalschüsse die Schiffe Minnesota, St. Lawrence und Roanoke auf die drohende Gefahr aufmerksam gemacht. Während aber der Cumberland das Feuer gegen den Merrimac eröffnete, kamen zwei gepanzerte Kanonenboote der Conföderirten, „Yorktown“ und „Jamestown“, den James River herab und griffen die beiden Fregatten von der andern Seite an. Gegen sie richtete sofort die Batterie von Newport News ihr Feuer, um die durch diesen Doppelangriff bereits großer Gefahr bloßgestellten Fregatten möglichst zu unterstützen.

Indeß hatte sich der Merrimac dem Cumberland bis auf 200 Yards (ungefähr 600 Fuß) genähert. Alle Luken desselben waren geschlossen, er steuerte mit voller Dampfkraft, nahm die vollen Ladungen beider Fregatten auf, ohne im Geringsten von ihnen beirrt zu werden, denn die Kugeln prallten wirkungslos vom schwarzen Harnisch des Ungeheuers ab. Nun aber entwickelte es seine Kraft, indem es mit den eisernen Bughörnern mitten in die Breitseite des Cumberland hineinrannte und sie vollständig durchbrach. Kampfunfähig war das Schiff schon durch diesen Stoß, aber der Merrimac wollte den Untergang desselben. Er fuhr eine Strecke zurück, sandte seine Breitseite in die zertrümmerte Fregatte und gab ihr erst dann durch ein zweites Anrennen den Gnadenstoß. Sie sank. Der Commandant des Cumberland, Lieutenant Selfridge, und seine 300 Mann Besatzung kämpften bis zum letzten Augenblick, kaum die Hälfte der Mannschaft kam gerettet an das Land.

Nach diesem raschen Sieg wandte der Merrimac seine Breitseiten gegen den Congreß, der sich indeß mit den beiden Panzer-Kanonenbooten herumgeschlagen hatte. Wir geben über diesen Theil des Kampfes den Bericht des Dr. Shippers, der sich selbst an Bord des Congreß befand. „Der Merrimac,“ schreibt er der United Service Gazette, „eröffnete ein furchtbares Feuer auf unser Backbord. Seine erste Bombe barst auf unserm Deck und tödtete die ganze Bedienung der Kanone Nr. 7. Bombe auf Bombe, und manchmal zwei auf einmal, sprangen unter uns. Das Schiff sah bald nur noch aus wie ein Schlachthaus. Der Chirurg begann seine Arbeit und versuchte eine Amputation; ein großes Holzstück fiel ihm auf die Brust und tödtete ihn augenblicklich. Vom Operiren war keine Rede mehr. Die Verwundeten, gräßlich zerfetzt, lagen zuhauf. Die kleinste Wunde, die ich gewahrte, war eine abgeschossene Hand, manchem Leibe war der Kopf, eine Schulter, ganze Beine und Arme weggerissen. Bald stand das Schiff in Flammen, die Bomben hatten an mehreren Stellen gezündet. Fast alle unsere Kanonen waren demontirt, das Ladungsgeräthe zertrümmert, die Pulverjungen alle todtgeschossen. Das Innere des Schiffs glich einem verwüsteten und ausgebrannten Hause. Alles in Trümmern, schwarz oder roth, verbrannt oder blutig. Die grauenvolle Scene dauerte etwa eine halbe Stunde. Da strichen wir die Flagge.“ Soweit Dr. Shippers. Die Verwundeten wurden sämmtlich auf Booten an das Land gerettet; es waren gegen dreißig, während wenigstens 80 Mann todt auf dem Deck und auf dem Verbandplatz lagen. Während der Nacht brannte die Fregatte vollends nieder, und der Rumpf flog in die Luft.

Das war das Eisen gegen das Holz. Die Conföderirten hatten den großartigsten Triumph mit verhältnißmäßig geringer Anstrengung und damit zugleich die Ueberzeugung gewonnen, daß eine Unionsflotte gegen sie so gut wie nicht mehr bestehe. Auf dem Meere stand die Republik am Rande des Abgrundes, kein Schiff, keine Batterie, kein Küstenfort konnte dem gepanzerten Feuerdrachen widerstehen, frei lag der Weg zu allen Seestädten des Nordens, wehrlos lag selbst Washington da.

Da erstand dem Cumberland ein Rächer und der Union ein Retter in einem kleinen Kanonenboote, dem wohl Niemand, vielleicht selbst der Erbauer nicht in solchem Grade, die Fähigkeit zu so großen Ehren zugetraut hätte.

Als nämlich die Kunde von der Erbauung eines furchtbaren eisernen Dampfers, des „Merrimac“, vom Süden nach dem Norden der Vereinigten Staaten gedrungen war, hatte Ericsson in New-York bereits gesorgt, ihm einen „Mahner“ (Monitor) entgegen zu stellen. Er hatte ein Fahrzeug gebaut, das wir zuerst aus der New-Yorker Abendzeitung kennen lernten. Der Rumpf desselben besteht aus zwei besonderen Körpern, von welchen der untere, etwa 6 Fuß hoch, das eigentliche Boot darstellt und den Raum für Maschine, Steuervorrichtung, Mannschaft etc. enthält. Dieser Theil des Fahrzeugs liegt tief unter Wasser und wird auf allen Seiten von dem obern schußfest gepanzerten Körper so weit überragt, daß eine Kanonenkugel ihn erst nach einem 25 Fuß weiten Lauf durch das Wasser erreichen könnte und daher durchaus unschädlich sein würde. Dieser obere Körper ist 5 Fuß hoch, ragt aber nur 22 Zoll weit aus dem Wasser hervor, so daß der untere erst 3 Fuß unter dem Wasser sich an ihn anfügt. Das Oberdeck ist flach und trägt einen runden eisernen 670,000 Pfund schweren Thurm, welcher absolut bombenfest ist, sich mit Leichtigkeit um seine Achse drehen läßt und die Armirung des Fahrzeugs enthält. Diese besteht zwar nur aus zwei elfzölligen Columbiaden, welche aber runde Kugeln von 183 und conische von 350 Pfund werfen. Die Stückpforten schließen sich stets in dem Augenblick, wo die Kanone entladen ist, durch eine bombenfeste Schutzplatte. Die Diopter (zur Bestimmung der Richtung der Kanonen) sind am Thurm angebracht, die Erschütterung im Innern des Schiffs beim Abfeuern der Geschütze ist geringer, als in einem gewöhnlichen Schiffe, und für die Ventilation ist durch siebartige Durchlöcherung des Eisenpanzers gesorgt. Außer dem Thurm ragt über das Deck empor nur das Steuermannshäuschen, das vorn steht, und der 4 Fuß hohe Schornstein. Das Radhaus, ebenfalls vor dem Thurm, kann mit seinem bombenfesten Dache so versenkt werden, daß dieses letztere mit dem Decke gleich ist. Das ganze Schiff wiegt 1,400,000 Pfund. Der Consul der Ver. Staaten in Rotterdam, Dr. E. Wyß, giebt die Dimensionen des Monitor wie folgt an:

Länge des obern Schiffstheiles 172 Fuß Zoll.
Balken desselben 41 " "
Länge des untern Schiffstheils 124 " "
Balken desselben an der Verbindung mit dem obern 34 " "
Balken am Grunde 18 " "
Durchmesser des Thurms im Innern 20 " 9 "
Höhe des Thurms 9 " "
Durchmesser des Steuermannshäuschens 6 " "
Höhe des Oberdecks 5 " "
Vorderer Tiefgang 7 " 3 "
Hinterer Tiefgang 9 " 1 "
Tiefgang bei voller Ausrüstung 9 " 9 "

Bei dieser Ausrüstung, die für 30 Tage berechnet ist, wiegt das Schiff 900 Tonnen. Seine Schnelligkeit giebt man zu sechs Knoten an. Capitain des Monitor war der Lieutenant Worden.

Wenn man erwägt, wie mühvoll und sorgsam die Herstellung jeder einzelnen Eisenplatte für ein solches Fahrzeug geschehen muß,[1] so wird man den Hut abziehen vor der Arbeitskraft, welche in 100 Tagen ein solches Werk vollendete, und zwar als Erstlingswerk

[285]

Der Kampf des Merrimac mit dem Monitor.

[286] seiner Art, das noch außerdem seine erste Probe nach einer stürmischen Fahrt sogleich im furchtbarsten feindlichen Feuer bestand.

Man kann es den Amerikanern kaum verargen, wenn sie in dem Erscheinen dieses „Monitor“ auf der Rhede von Hampton an dem verhängnißvollsten Abend der Republik eine „Fürsorge Gottes für die Union“ erkennen wollen. Das Schiffchen war in der That nicht dahin bestimmt, wo es seine große Mission fand. „Es sollte,“ schreibt er, „nach dem Golf (von Mexico), um dort an einem feindlichen Befestigungswerke seine Kraft zu erproben. Man schien im Marinedepartement sich um den Merrimac keine Sorgen zu machen, und so würde der Monitor nicht lange in den virginischen Gewässern verweilt haben, wenn er nicht, nachdem er einen Tag in See war, zur Ausbesserung seines Steuers nach Fort Monroe hätte zurückkehren müssen.“

Mit der Frühe des 9. März, einem Sonntagmorgen, beginnt die Geschichte der neuesten Kampfweise zur See; es trat zum ersten Male Eisen gegen Eisen in die Schranken.

Der „Merrimac“ wollte soeben sein gestriges Tagewerk, die Vernichtung der Unionsflotte, weiter fortsetzen und hatte der „Minnesota“ bereits zwei seiner Kugeln in die Rippen getrieben, als vom Fort Monroe ein schwarzes Ding auf der Rhede daher zog, das, wie ein Washingtoner Correspondent sagt, neben den Massen des Merrimac aussah wie ein auf dem Wasser schwimmender Hut. Langsam kam es dem Rebellenschiff näher, bis endlich sein erster gewaltig dröhnender Gruß dem Gegner kernkräftig in die Flanken fuhr und ihn belehrte: das ist der „Monitor“. Und ein zweiter und dritter Donner folgte. Dann stellte sich der kleine David als ritterlicher Beschützer vor die schöne, verwundete Minnesota und forderte den schwarzen Goliath zum Zweikampf, zu der „großen Paukerei auf 170-Pfünder über’s Schnupftuch“. So fürchterlich begann aber dieser erste Kampf der Eisernen, daß alles armirte Holz, wie gehetztes Wild vor dem Jäger, aus dem Gewässer entfloh. Nur zwei Kanonenboote der Union ließen sich, mit ein paar Seitenhieben des Merrimac, einen Theil ihrer Bemannung tödten, und die treue tapfere Minnesota hielt bei dem kleinen Ritter bis zum Ende aus, ward aber von fünfzig Kugeln schrecklich zugerichtet und wohl der Hälfte ihrer Mannschaft beraubt.

Diese kleinen Störungen abgerechnet, maßen nur die beiden Eisenschiffe ihre Kräfte. Es war 8 ½ Uhr, als der „Merrimac“ seine erste Breitseite auf den „Monitor“ abfeuerte, und von diesem Augenblicke an dauerte der Kampf ununterbrochen bis 10 Minuten nach 12 Uhr. Er war so großartig, daß er der Uebertreibungen nicht bedarf, mit welchen manche amerikanische Berichte ihn ausgeschmückt haben. Namentlich wird behauptet, daß der Batteriethurm des Monitor 15 Drehungen in der Minute gemacht habe; er wird sie machen können, aber gemacht hat er sie während des Kampfes unmöglich, weil ein sicherer Schuß für ihn dann ebenso unmöglich geworden wäre. Eine so rasche Rotirung würde möglich und zweckmäßig sein, wenn Ericsson’s (oder Coles’) Apparat mit der genialen Geschütz-Entzündungs-Vorrichtung der „Schwimmenden Revolverbatterie“ unseres Wilhelm Bauer ausgerüstet wäre. Wir werden auf diese kostbare, aber bis heute noch von Deutschland mißachtete Erfindung besonders zurückkommen. – Der Monitor zielte offenbar mit Ruhe und traf gut, und es war sein größter Vortheil, daß sein Gegner mit den heimtückischen Stoßgedanken die er gegen den „Cumberland“ so gelungen ausgeführt hatte, ihm so nahe auf den Leib rückte, daß die Ränder der Schiffe während der längsten Zeit des Kampfes hart neben einander lagen. Dadurch kam es, daß er stets nur von einer oder höchstens zwei Kugeln getroffen werden konnte, während in richtiger Schußweite der Merrimac die vier Röhre jeder seiner Seiten nach einer Stelle des Monitorthurms hätte richten und diesen durch die vierfache Wucht seiner 170-Pfünder (= einem 680-Pfünder) dann ohne Zweifel hätte zertrümmern können. So aber concentrirte der Monitor sein Feuer auf einen Punkt des Merrimac und beschädigte Ihn endlich so empfindlich, daß schließlich auch hier der kleine David den Riesen Goliath zum Schweigen gebracht hat.

Die kleinen Einzelnheiten dieses Kampfes – wie der Monitor um den Merrimac herumtanzte und ihn verklopfte wie ein Faßbinder sein Faß; wie die fast zwei Centner schweren Kugeln gleich Gummibällen auf den schwarzen Rüstungen der Streiter abprallten; wie zwei Mann des Monitor sich an die Thurmwand lehnten und von einem Schuß an dieselbe besinnungslos zu Boden geworfen wurden; wie den Kanonieren von der furchtbaren Erschütterung ihres Raums das Blut aus Nase und Ohren lief; wie es gar dem Steuermann des Monitor in seinem Häuschen zu Sinne wurde, als wäre ihm glühendes Blei in die Ohren gegossen; und wie endlich dem Capitain Worden, der neben dem Steuermann die Manöver leitete, durch einen Schuß an das Häuschen, während er durch die Ausgucklöcher sah, das Augenlicht wohl für immer vernichtet worden ist – dies Alles belebt wohl das Bild, trägt aber zur Wichtigkeit der Hauptsache nicht weiter bei.

Der „Merrimac“ zog sich 10 Minuten nach 12 Uhr eine kleine Strecke vom „Monitor“ zurück und ward dann von den conföderirten Dampfern empfangen und fortgeschleppt. – Der „Monitor“ wartete den Nachmittag vergeblich auf seines Gegners Wiederkehr und hielt erst gegen Mitternacht seinen feierlichen Triumphzug zum Fort Monroe, unter dessen Kanonen er sich der eigenen Ruhe und des Jubels der ganzen Bevölkerung erfreute. An Worden’s Stelle, der nach Washington geschafft wurde, trat der Commandant des Cumberland, Lieutenant Selfridge.

Hiermit schließt der geschichtliche Act. – Wenige Wochen sind seitdem vergangen, und der Umschwung im Seeschutzwesen ist bereits im vollem Zuge. Allenthalben erschallt der Ruf nach Panzerschiffen, und in England tritt ein Mann auf, der Capitain Coles, welcher dem Schweden Ericsson den Lorbeer der Erfindung des rotirenden Thurms aus der Hand reißt. Er soll die Idee des neuen sogenannten Monitor schon im Jahre 1855 ausgesprochen haben; eine Beschreibung des von ihm beplanten Kuppelschiffs gab das Mechanics Magazine am 13. Juli 1860. Den neuesten Londoner Mittheilungen nach schützen aber selbst die festesten Monitorplatten nicht gegen die Wirkungen der Armstrongkanonen, die selbst 10 Zoll dicke Eisenwände wie Holz zersplittern.

Dagegen liegt es unserem Bedürfniß und unserer Pflicht näher, an dieser Stelle wieder an eine deutsche Erfindung zu erinnern (– denn veröffentlicht, zum Theil ausführlich beschrieben, zum Theil wenigstens oft erwähnt ist auch sie, aber von dem in solchen Dingen äußerst schwachen Gedächtniß der Deutschen auch jederzeit bald wieder vergessen worden) und sie der officiellen Beherzigung dringend zu empfehlen. Der Gedanke der rotirenden Batterie ist nämlich noch älter, als Coles die Zeit angiebt, denn er war schon 1850 verarbeitet in Wilh. Bauer’s Plan der schwimmenden Revolver-Batterien. Deutschland hätte auch diesmal die Ehre der Erfindung haben können, wenn man bei uns schon so weit wäre, wie man in England und Amerika jetzt gekommen ist, d. h. soweit: der industriellen Technik auch die Verbesserung der Waffen anzuvertrauen. Der Raum gestattet uns nicht, ausführlicher über diese Bauer’schen rotirenden Batterien zu sprechen, es geschieht in einer der nächsten Nummern. Nur so viel für heute: Derselbe Umschwung, welcher durch den Monitor auf den Kriegsschiffsbau bewirkt ist, wird durch Bauer’s schwimmende Revolverbatterien auf den Festungsbau ausgeübt werden. Es kommt nur auf die deutschen obersten Kriegsherren an, ob wieder das Ausland die deutsche Erfindung zuerst ausbeuten, oder ob endlich wirklich einmal der deutschen Nation auch eine solche Ehre zu Theil werden soll.

Wir ersuchen die Fachmänner[WS 1], denen die Sicherheit Deutschlands an den Meeren anvertraut ist, ihr Augenmerk auf diese Erfindung zu richten, die sich in Preußen die Gunst hochgestellter Männer erworben hatte und dort dem unmotivirtesten Widerspruch damals weichen mußte. Das geschah schon 1858, also lange vor der Ausführung der rotirenden Batterie von Coles und Ericsson. Bauer’s rotirende Batterien zerfallen in zwei Classen, solche, welche für das Land bestimmt, in Bassins schwimmen und einst all die alten Binnenfestungen ersetzen werden, für welche manche seit 1858 verbaute Million dem Vorurtheil gegen Bauer geopfert worden ist; und solche, welche für das Wasser (Seen, Strommündungen, Meer) bestimmt sind. Wegen ersterer verweisen wir auf Payne’s Panorama des Wissens und der Gewerbe, Bd. I. S. 433, wo W. Bauer selbst seine Ansichten über „Küstenvertheidigung“ niedergelegt hat, und Bd. II. S. 18, wo ich, durch eine Stahlplatte unterstützt, diese Batterien ausführlich beschrieb. Die zweite, besonders für unsere Nordküsten geeignete Art wird demnächst in der Gartenlaube ihre Darstellung in Wort und Bild finden.

Dr. Fr. Hofmann.
  1. Nach Fr. Harkort (K. Z.) wird eine Platte von 100 Centnern in folgender Weise hergestellt: Fünf flache Stäbe, 12 Zoll breit, 30 Zoll lang, 1 Zoll dick, werden zusammengeschweißt und zu einer Luppe ausgewalzt. Zwei solcher Luppen fügt man darauf zusammen und walzt sie zu einer Platte von 4 Fuß Quadrat und 1 ¼ Zoll Dicke. Dann werden vier solcher Platten in Bündel geschweißt und auf 8 Fuß Länge, 4 Fuß Breite, 2 ½ Zoll Dicke gestreckt. Zum Schluß kommt, der Schweißung halber, das schwerste Stück Arbeit. Vier solcher Platten, die eine Masse von 8 Fuß Lange, 4 Fuß Breite und 10 Zoll Dicke haben, werden bis auf 4 ½ Zoll ausgewalzt. Demnach sind 160 Stäbe, die 1 Zoll dick waren, in dieser 4 ½zölligen Platte vereinigt, zu welchem Zweck 3500–4000 Quadratfuß zu schweißen waren. Die vier letzten schweren Stücke werden in einem besonderen Ofen gewärmt und vermittelst Krahn und Rollwagen zur Walze gebracht. Indem die Platte durchgeht, steigt sie auf Rollen eine schiefe Ebene hinan, und in dem Augenblick, wo sie durch ist, beginnen die Walzen die entgegengesetzte Bewegung und führen sie zurück. Das Spiel wiederholt sich, bis das Maß erreicht ist. Dann wird die Platte vermittelst Krahn auf ein eisernes Bett gelegt und mit einer Walze von 100 Ctrn. Gewicht durch Hin- und Herrollen gerade gestreckt und gelangt nach dem Erkalten zur Hebelmaschine. – Die Platten der amerikanischen Kanonenboote sind nur 13 Zoll breit, 8 und 11 Fuß lang und 2 ½ Zoll dick.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Fachmännner