Herzog Christoph und sein Schreiber

Textdaten
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Autor: Gustav Schwab
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Titel: Herzog Christoph und sein Schreiber
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aus: Gedichte. 1. Band, S. 287–289
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Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: Stuttgart und Tübingen
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Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[287]

Herzog Christoph und sein Schreiber.

Herzog Christophs Kammerschreiber
War Franz Kurz, der Possentreiber,
Obwohl im geheimen Rath
Er ganz ernst und sittig that.

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Auf dem Stühlchen saß er unten;

Wenn die Herren Räth’ im bunten,
Weiten Kreise saßen sinnend,
Lange Reden floßen rinnend,
Sah man flink ihn mit der zieren

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Feder still protokolliren.

Keiner von den Herren dachte,
Wie Franz Kurz im Herzen lachte,
Wenn ein schiefes Wörtlein fiel;
Rüstig lief sein Federkiel;

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Aber heimlich hinterdrein

Gab er’s preis bei’m Gläschen Wein.

Einmal doch, da ward’s ihm sauer,
Als der Bürger und der Bauer
Ward mit Worten arg mißhandelt,

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Recht in Unrecht gar verwandelt;

Und die alten weisen Münde
Ihm die allerfeinsten Gründe
Zudiktirten für die Lehre:
Volk, wie Schaf, sey für die Scheere.

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Kaum hielt er die Sitzung aus;

Und als Jeder ging nach Haus,

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Blieb er noch im Saale stehen,

Das Geschrieb’ne durchzusehen;
Stößt die Akten in die Scheide,

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Greift nach einem Stücklein Kreide;

Von Muthwill’ und Zorn entbrannt,
Schreibt er an die Tafelwand
Mit großmächt’ger Schrift: „Ei nu!
Es geht wunderlich hier zu!“

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Dann, die Akten in der Tasche,

Will er wandern zu der Flasche.
Auf der Treppe wird’s ihm bang:
Einer über kurz und lang,
Kann es lesen, und ein Jeder

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Kennt die Züge seiner Feder.

Ihn verlangt nach keiner Wäschen,
Besser ist’s, es auszulöschen!
So hinauf zum Saale wieder;
Doch ihm rieselt’s durch die Glieder,

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Vor der Thüre macht er Halt,

Sorglich blickt er durch den Spalt:
Sieh! da tritt zur andern Thür –
Weh! – der Herzog selbst herfür: –
Meister Kurz steht auf der Schwelle,

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Wie am Eingang zu der Hölle;

Durch den Spalt sieht er mit Schrecken,
Wie der Herr die Schrift entdecken,
Alsbald näher treten thät;
Lesend davor stille steht.

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Und jetzt wird er auch sich drehen,

Wird den argen Schreiber sehen;
Dann fahr’ wohl du guter Dienst,
Morgensuppe, Beigewinnst!
Soll er fliehen, soll er bleiben?

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Doch, was mag der Herzog schreiben,

Der zur Kreide selber greift,
Während er die Schrift durchläuft?
„Es geht wunderlich hier zu!“
Schreibest Kammerschreiber du!

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Und dein Herzog nimmt die Kreide,

Sich zum Scherz, dir nicht zum Leide,
Schreibt er bei in guter Ruh:
„Und Franz Kurz hilft auch dazu.“