Herzog Christoph und sein Schreiber
Herzog Christophs Kammerschreiber
War Franz Kurz, der Possentreiber,
Obwohl im geheimen Rath
Er ganz ernst und sittig that.
Wenn die Herren Räth’ im bunten,
Weiten Kreise saßen sinnend,
Lange Reden floßen rinnend,
Sah man flink ihn mit der zieren
Keiner von den Herren dachte,
Wie Franz Kurz im Herzen lachte,
Wenn ein schiefes Wörtlein fiel;
Rüstig lief sein Federkiel;
Gab er’s preis bei’m Gläschen Wein.
Einmal doch, da ward’s ihm sauer,
Als der Bürger und der Bauer
Ward mit Worten arg mißhandelt,
Und die alten weisen Münde
Ihm die allerfeinsten Gründe
Zudiktirten für die Lehre:
Volk, wie Schaf, sey für die Scheere.
Und als Jeder ging nach Haus,
Das Geschrieb’ne durchzusehen;
Stößt die Akten in die Scheide,
Von Muthwill’ und Zorn entbrannt,
Schreibt er an die Tafelwand
Mit großmächt’ger Schrift: „Ei nu!
Es geht wunderlich hier zu!“
Will er wandern zu der Flasche.
Auf der Treppe wird’s ihm bang:
Einer über kurz und lang,
Kann es lesen, und ein Jeder
Ihn verlangt nach keiner Wäschen,
Besser ist’s, es auszulöschen!
So hinauf zum Saale wieder;
Doch ihm rieselt’s durch die Glieder,
Sorglich blickt er durch den Spalt:
Sieh! da tritt zur andern Thür –
Weh! – der Herzog selbst herfür: –
Meister Kurz steht auf der Schwelle,
Durch den Spalt sieht er mit Schrecken,
Wie der Herr die Schrift entdecken,
Alsbald näher treten thät;
Lesend davor stille steht.
Wird den argen Schreiber sehen;
Dann fahr’ wohl du guter Dienst,
Morgensuppe, Beigewinnst!
Soll er fliehen, soll er bleiben?
Der zur Kreide selber greift,
Während er die Schrift durchläuft?
„Es geht wunderlich hier zu!“
Schreibest Kammerschreiber du!
Sich zum Scherz, dir nicht zum Leide,
Schreibt er bei in guter Ruh:
„Und Franz Kurz hilft auch dazu.“