Der Kellergeist
„Was tritt da vor mein Bett zu Nacht
Duftneblige Gestalt?
Ich bin doch wahrlich ganz erwacht,
Ist das noch Traums Gewalt?“
Aus meiner öden Stirn,
Du ungefüges Träumechor,
Bleib drinne mir im Hirn!“
Doch nimmer weicht das dunkle Bild
Es winkt so hastig, blickt so wild:
O nein, das ist kein Traum!
Der Hausherr springt vom Lager auf,
Zerstoben ist’s, wie Spreu;
Da gleich erscheint es neu.
Und wie es kommt zum drittenmal,
Wirft er sich in sein Kleid,
Er stellt sich mitten in den Saal
Auf Kettenklirren, Geisterschritt
Spitzt er sein horchend Ohr,
Doch aus der tiefen Stille tritt
Nur sachtes Pochen vor.
Treibt’s ihn durch Saal und Flur,
Es tönt so leis, es tönt so zart,
Wer kommt ihm auf die Spur?
Im Hause wird nun Alles wach,
Sie geh’n dem stillen Geiste nach,
So arg es ihnen graut.
Zur Treppe führet sie der Lauf,
Und drunten sind sie schon,
Vernehmlich ganz der Ton.
„Die Weine sind mir gar zu lieb,
Es soll mir keiner dran,
Geist oder Teufel sey der Dieb,
Und mit der Leuchte durch das Thor
Tritt keck der Hausherr ein,
Da stellt sich laut bei seinem Ohr
Das Musiciren ein.
Da stand der Geist? o nein!
Nur war der Boden kühl und naß
Nur plätschernd rann der Wein.
Und wie’s zu Boden tropfend rann,
Da tönt’ es warnend klar.
„Dem guten Kellergeist sey Dank,
Den ich am Bett gewahrt,
Mir gnädiglich bewahrt!“
Wohl manchem sitzt er in den Kopf,
Den warnt er nimmermehr,
Er quält mit Durst den armen Tropf
Doch wen er lieb hat, tränkt er gern,
Und hält doch sich’re Wacht,
So that er noch an unserm Herrn
Dies Wunder jüngst zu Nacht.
Der kennt den Geist gar wohl,
Hätt’ er nur erst ein eigen Faß,
So füllte der’s ihm voll.