Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Joseph François Durutte
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[147] Nr. 153. Durutte, Joseph François, Graf, 1767–1827, gehörte seit 1792 der französischen Armee an, rückte schnell in höhere Stellen auf, und wurde durch Bonaparte 1805 zum Divisionsgeneral ernannt. Nachdem er u. a. 1812 Kommandant von Berlin gewesen war, führte er in diesem und im nächsten Jahre zwei sächsische Divisionen. Als Napoleon im April 1814 abdanken mußte, nahm D. eine ihm von Ludwig XVIII. angebotene militärische Stellung in Metz an, trat aber sofort auf die Seite des Kaisers über, als dieser von Elba zurückgekehrt war. Nach [148] der Schlacht bei Belle-Alliance, in der D. für die Sache Napoleons tapfer, wenn auch vergeblich focht, ist er in einem militärischen Amte nicht wieder tätig gewesen, vielmehr hat er in Flandern seine letzten 12 Lebensjahre in Zurückgezogenheit zugebracht.
Mit dem Reste des von Reynier 1812 nach Rußland geführten sächsischen Armeekorps, zu dem auch die 3000 Mann zählende und von D. befehligte Division gehörte, war letzterer am 8. März 1813 in Dresden angekommen und hatte im ersten Obergeschoß vom Hôtel de Pologne, jetzt Schloßstraße[WS 1] 7, Wohnung genommen. Täglich verkehrte er mit seinem militärischen Vorgesetzten, dem im nahen Brühl'schen Palais wohnenden Grafen Reynier, so lange dieser noch in unserer Stadt weilte. Auch an dem verhängnisvollen 10. März war D. bei ihm, als am Abend die wütende Volksmenge dem französischen Oberbefehlshaber die Fenster einwarf und ihm allerlei Beschimpfungen zuschrie. Während Reynier ohne Erregung in seinem Zimmer stand, als die Steine hereinflogen, riet ihm der kalte, gefühllose D., der vor Zorn außer sich war, man solle doch „die Aufwiegler zusammenkartätschen“, was Reynier kühl abwies, um die Erbitterung der Volksmassen nicht noch weiter zu steigern.
Nachdem sowohl Reynier als auch der ihm unmittelbar folgende Davout Dresden verlassen hatten, übernahm der wegen seiner Härte allgemein gefürchtete D. den Oberbefehl über die hier zurückgebliebenen, etwa 3000 Mann zählenden französischen, würzburgischen, bayrischen und sächsischen Streitkräfte. Letztere, ungefähr 1760 Soldaten umfassend, standen unter General Lecoq, der aber auf Befehl des Königs Friedrich August seine Truppen am 21. März nach der Festung Torgau führen mußte. Um die Neustadt, die bereits von den Kosaken stark umschwärmt wurde, besser unter Feuer nehmen, aber auch die Elbe schützen zu können, ließ D. auf der Brühl'schen Terrasse, am Zwinger und im Gehege Geschütze aufstellen. Als sich am 21. März starke russische Truppenmassen, namentlich Artillerie und Kavallerie vor der Neustadt zeigten, und durch einen mit verbundenen Augen zu D. gebrachten russischen Unterhändler die Übergabe der Stadt verlangt wurde, kam es bei der Unmöglichkeit, sie mit der geringen Zahl der zur Verfügung stehenden Truppen zu halten, sofort zu Verhandlungen, die schon nach dreistündiger Dauer zum Abschlusse eines Waffenstillstandes mit 12stündiger Aufkündigung führten. Gleichzeitig war vereinbart worden, daß die Russen am nächsten Tage mittags 12 Uhr die Neustadt besetzen sollten, daß aber zur Vermeidung von Feindseligkeiten von der erwähnten Stunde an jede Verbindung zwischen der Altstadt und der Neustadt aufhören müsse, für die Einwohner Dresdens ein schwerer, wenn auch unvermeidlicher Mißstand. Diese Abmachungen wurden am Morgen des 22. März durch Anschlag der hiesigen Bevölkerung bekanntgegeben, die dann drei Tage später ebenfalls durch eine Bekanntmachung des Rates erfuhr, daß am Abend des 24. März der russische Kosakenoberst Brendel, nach Wilhelm v. Kügelgen ein Deutscher, den Waffenstillstand für den nächsten Abend 9 Uhr gekündigt habe, weil der eben in der Neustadt angekommene russische Korpsbefehlhaber Winzingerode die getroffenen Abmachungen [149] für die Franzosen zu günstig hielt. Gleichzeitig wurde vom Rate den Einwohnern befohlen, bei etwa ausbrechenden Feindseligkeiten sich sofort in ihre Wohnungen zu begeben und die Haustüren abends ½10 Uhr zu schließen. Zu Ruhestörungen kam es in Dresden glücklicherweise nicht. D. hatte nämlich in Erfahrung gebracht, daß seinen Truppen durch Kosakenabteilungen, die sowohl unterhalb Meißen als auch bei Pirna über die Elbe gekommen waren, ernste Gefahr drohe. Deshalb wurde der von ihm heimlich vorbereitete Abzug in kleinen Abteilungen abends und in der Nacht des 26. März ausgeführt, wobei es ohne Beschimpfung der fremden Truppen seitens der trotz aller Befehle sich angesammelten Volkshaufen nicht abging. D. verließ Dresden abends 8 Uhr und zog mit seinen Soldaten über Wilsdruff nach der Nossener Gegend. Am anderen Tage wurde zur höchsten Freude der hiesigen Bewohner auch die Altstadt von den Russen besetzt, mit denen sich auch bald Preußen vereinigten.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Schloßstaße