Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Johann Joachim Winckelmann

Adam Friedrich Oeser Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen (1918) von Adolf Hantzsch
Johann Joachim Winckelmann
Christian Friedrich Exner
Wikipedia: Johann Joachim Winckelmann
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[100] Nr. 114. Winckelmann, Johann Joachim, 1717–1768, der Vater der heutigen Altertumsforschung und hochberühmter Kunstgelehrter, fand 1748 beim Grafen Heinrich v. Bünau auf Nöthnitz als Verwalter von dessen sehr umfangreicher Bücherei eine ihm ungemein zusagende Stellung. In dem nahegelegenen Dresden besuchte W. zum Zwecke eingehender Studien möglichst oft die Gemäldegalerie, trat auch mit einigen hervorragenden Männern der Kunst und Wissenschaft, z. B. mit dem kurfürstlichen Leibarzt Bianconi, dem Direktor der Kunstakademie Ludwig v. Hagedorn und dem Hofmaler Dietrich in engeren Verkehr. Seinem Herzen am nächsten stand der als Künstler nicht gerade hervorragende Maler Oeser, dessen Verdienst es aber ist, auf W. höchst anregend eingewirkt zu haben. Der gegenseitige eingehende Gedankenaustausch wurde für den Kunstgelehrten die Veranlassung, seine erste Schrift herauszugeben. Sie führt den Titel: „Gedanken über die Nachahmung der griechischen Wercke in der Mahlerei und Bildhauer-Kunst“, Dresden 1755, und war dem Kurfürsten Friedrich August III. gewidmet.

Im Oktober 1754 hatte W. seine Stellung in Nöthnitz aufgegeben, um sich von nun an längere Zeit in Dresden aufzuhalten, nachdem er bereits seit Ende 1753 bei seinem Freunde Oeser Zeichenunterricht genommen hatte. Nach Kade (Dresdner Stadtbibliothek Hist. Dresd. 18, Bl. 16) mietete er sich bei diesem im vierten Stockwerke des Hauses jetzt Galeriestraße 7 ein und zahlte für Stube und Vorzimmer monatlich sechs Reichstaler. Wegen seiner bescheidenen Geldmittel mußte er diese Wohnräume später aufgeben und sich mit einem Stübchen begnügen, das ihm Oeser für 3½ Tlr. überließ. In dem täglichen Verkehr lernte der Kunstgelehrte seinen Freund immer mehr schätzen; rühmte er ja von Oeser, daß er von ihm sehen und Kunstwerke beurteilen gelernt habe. – Gegen Ende September 1755 verließ W. unsere [101] Stadt und begab sich zu weiteren Studien nach Rom. Bekanntlich wurde er, als er 1768 sein deutsches Vaterland einmal besuchen wollte, in Triest ermordet. – Seit der hundertsten Wiederkehr seines Todesjahres befindet sich im Japanischen Palais an einer Wand des Treppenaufganges zum Obergeschoß eine große schwarze Marmortafel. Sie zeigt in ihrem oberen Teile das bronzene Kopfbildnis W's., und darunter in Metallbuchstaben die kurze Angabe: J. J. Winckelmann. Stiftung der Kunstgenossenschaft zu Dresden. MDCCCLXVIII. – Ein zweites in unserer Stadt vorhandenes Erinnerungszeichen an diesen berühmten Gelehrten befindet sich am Hause Nr. 6 der Winckelmannstraße. Hier erblickt man wenige Schritte vor der Eingangstür in einer Nische die etwas überlebensgroße, aus Sandstein gearbeitete Büste W's. Am Unterbau derselben ist sein Name eingemeißelt.