Ein merkwürdiger Brief Gregor Heimburgs Grab (1897) von Otto Richter
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900)
Zum 23. April 1898
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Gregor Heimburgs Grab.

Gregor Heimburg, der berühmte Staatsmann und Rechtsgelehrte, war einer der bedeutendsten Männer des 15. Jahrhunderts. Als Gesandter des Erzbischofs von Mainz führte er 1432 auf dem Basler Konzil das Wort für die deutsche Nation und ihre Fürsten und vertrat mit Feuereifer die Partei des Konzils in dessen Kampfe mit dem Papstthum. Seit 1433 Syndikus der Stadt Nürnberg, wurde er von den deutschen Fürsten fortdauernd mit wichtigen politischen Aufträgen betraut. Als Gesandter des Erzherzogs Albrecht von Oesterreich gerieth er 1459 auf dem Kongreß zu Mantua in heftigen Gegensatz zu dem Papste Pius II. und wurde infolgedessen mit dem Banne belegt. Nachdem sich Albrecht im Jahre 1464 mit dem Papste ausgesöhnt hatte, begab sich Heimburg in den Schutz des Königs Georg Podiebrad von Böhmen, und als dieser starb, fand er bei dessen Schwiegersohn Herzog Albrecht in Dresden Aufnahme, wo er am 9. August 1471 zu Schiffe eintraf. Die Geistlichkeit stellte hier bei der Ankunft des Gebannten sogleich allen Gottesdienst ein, deshalb ließ ihn der Herzog schon am andern Morgen heimlich nach Tharandt bringen. Auf Bitten der sächsischen Fürsten ertheilte endlich Papst Sixtus IV. dem Bischof von Meißen Vollmacht, ihn vom Banne loszusprechen. Seine feierliche Absolution erfolgte in Dresden am 19. März 1472 in Gegenwart des Kurfürsten Ernst und des Herzogs Albrecht. So fand er die ersehnte Ruhe nach langer Verfolgung. Schon im August 1472 fiel er zu Wehlen auf dem Schlosse des ihm befreundeten Meißner Landvogts Nikolaus von Köckeritz in schwere Krankheit und starb kurz darauf in Dresden.

Sein Biograph Clemens Brockhaus (Gregor von Heimburg, Leipzig 1861) feiert ihn als einen der würdigsten und edelsten Vorläufer der Reformation: „Er lebt mitten in dieser Zeit des Ringens und Kämpfens, des Hoffens und Regens und Neuschaffens, er hat sie mit hervorgerufen und ihr in wahrhaft sittlichen und religiösen Fundamenten Kraft und Rechtfertigung gegeben: mit gleicher Kühnheit steht er in der Opposition gegen den Papst, die für ihn so verhängnißvoll ward; verficht er das nationale Element gegen Rom und sucht es kräftig zu stützen; kämpft er für die politische Selbständigkeit des Staates der Kirche gegenüber, indem er oft mahnend sich erhebt für kräftige Handhabung der Kaisergewalt, für einigen Zusammenschluß des Vaterlandes; tritt er für das bürgerliche ein und schützt es gegen die Anmaßungen des Feudalismus, ein Volksmann im edelsten Sinne des Wortes. Vaterlandsliebe, Freiheitsgefühl und innige Religiosität kennzeichnen ihn als echt germanische Natur. Er unterliegt zuletzt, aber nichts von dem giebt er auf, was er vertheidigt. Man hat ihn wohl den bürgerlichen Luther genannt, ein Name, den er gewiß verdient hat; der Kampf, den Luthers Sieg über Rom endet, nennt ihn unter seinen ersten Helden.“

In Uebereinstimmung mit dem Pirnaischen Mönch (bei Mencke, Scriptores II, 1512) giebt Brockhaus an, daß Heimburg in der Barfüßerkirche begraben worden sei. Dagegen bezeichnet sein neuester Biograph Paul Joachimsohn (Gregor Heimburg, Bamberg 1891) die Kreuzkirche als seine Begräbnißstätte – aber mit Unrecht. In den Miscellaneen zu Wecks Dresdner Chronik (Handschrift d. 60 der Königl. öffentlichen Bibliothek) befindet sich ein Originalinstrument des Notars Stephan Haneman vom 14. Juni 1599, worin dieser beurkundet, was damals noch für Leichensteine in der ehemaligen Barfüßerkirche vorhanden waren. Man ermittelte deren 73 und ließ sie von dem Maler Daniel Bretschneider und dem Tischler David Fleischer „abreißen“ d. h. abzeichnen und numeriren, sodann von dem Notar in ein Verzeichniß bringen.[1] [70] Darin heißt es unter Nummer 33:

Uff diesen Stein hat man gelesen, Anno etc. 1472 ist vorschieden Doctor Gregorius Heyburgk.

Hiermit ist festgestellt, daß Heimburg in der Barfüßerkirche, der heutigen Sophienkirche, begraben liegt. Ob sein Grab dort noch erhalten ist?

Die Veranlassung zu jener notariellen Aufzeichnung der Grabstätten war folgende gewesen. Die Kirche des bei Einführung der Reformation aufgehobenen Klosters hatte seit 1544 als landesherrliches Zeughaus und seit Kurfürst Augusts Zeit als Getreideniederlage gedient. Im Jahre 1597 wurde sie der Stadt wieder zum Gottesdienste und als Begräbnißkirche eingeräumt. Der Rath unterzog sie einer vollständigen Erneuerung; bei dieser Gelegenheit mußte auch der Fußboden neu hergestellt werden, denn er war, wie der Rath später einmal berichtet, „durch das grobe Geschütze ganz ruiniret, auch die Tafeln und Leichensteine völlig zerbrochen und die Kirche sehr ausgefahren und getieft worden“. Der Rath ließ „mehr denn tausend Fuder Schutt zum Ausfüllen hinein schaffen, auch darauf die ganze Kirche mit neuen steinernen Tafeln belegen“ (vergl. Bönisch, Vortrag über die Rechtsverhältnisse der Sophienkirche, 1883, S. 140). Hiernach muß man annehmen, daß die alten Gräber damals nicht ausgehoben, sondern nur verschüttet worden sind. In diesem Schutte wurden dann seit 1602 neue Gräber angelegt, deren Leichensteine unter dem Holzfußboden des Kirchenschiffes noch jetzt erhalten sind (vergl. Geschichtsblätter Bd. I, S. 103). Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß in späterer Zeit einmal das Grab des großen Mannes, vielleicht des größten, der in unserer Stadt jemals zur Ruhe gebettet worden, unversehrt wieder aufgefunden wird.

O. R. 



  1. Es waren auf den Leichensteinen noch die Namen folgender Begrabenen, theils mit, theils ohne Sterbedaten, lesbar: Hans Beer (1412); Frau Anna uxor Heinrici de Brune; Rudolf von Bünau (1400); Gebhard Günther von Bünau, Landvogt zu Pirna (1514); Wolf vom Ende (1532 am Abend Sophiä); Jones Faber, der Arznei Licentiat (1538, 23. März); George Fichtener, Barbier (1501); Jakob Gartisch (1508 Montag nach Egidii); Frau Anna geborne von Gersdorff; Frau Margaretha Göttlerin (1429); Frau Katharina von Greusingen; Frau Ursula Grunebergin (1479); Hans Hanstein, Bürgermeister; Bürgermeister Hansteins Hausfrau Katharina von Rabitzin; Georgius Hechtell (1504); Antonius von Hermsdorff, Kieselingk genannt (1532 am Abend Petri Pauli); Cancellarius Johannes Heroltt (1495); Jungfrau Anna von Honstein (1532); Botho von Karlewitz; Andreas Kirchhain (1526); Cordula Kirchhanin (1542 am Tage Conversionis Pauli); Hans Kluge (1494); Heinrich Koßpoth (1531); Blasius Lindeman; Hermannus de Linsen (1420); Seyfert von Lüttich; Hans Maxum (1515); Hans von der Olßnitz (1529 am Tage Matthäi); Jungfrau Katharina Pflugin; Laurentius Puseman (1440); Frau Elisabeth uxor Johannis Puseman (1478); Dr. Casparus Rebegk von Braunschweig (1533); Matthias Rentzsch (1501); Frau Barbara von der Sahle, Hofmeisterin; Frau Anna von Schleinitzin geborne Karissin; Georg von Schlieben; George von Schönberg (1436); Hans von Schönberg; Frau Martha von Schönberg (1526); Dorothea Frewichin (?) von Schönburg 15 Jahre alt (1539); Dr. Simonis Canzlers ander Weib (1530); Frau Margaretha Spiegelin (1524); Innocentius von Starschedel (1537); Casparus Thurler (Pulvis et umbra sumus, vivit post funera virtus); Johannes Thorler utr. jur. Dr. (1526); Hans Vogel (1534 am Tage Egidii); Petrus Weise (1469).