Grabmal der Cäcilia Metella in Rom

C. Negroponte Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Dritter Band (1836) von Joseph Meyer
CI. Grabmal der Cäcilia Metella in Rom
CII. Howard-Castle in Yorkshire in England
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GRABMAL DER CAECILIA METELLA
in Rom

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CI. Grabmal der Cäcilia Metella in Rom.




Wer nicht mehr durch irgend ein Band im Leben gebunden ist, muß in Rom wohnen. Da wird der Boden seine Gesellschaft seyn, die stets Betrachtungen in ihm weckt, und er wird keinen Spaziergang machen können, ohne in seiner Umgebung die reichste Unterhaltung zu finden. Der Stein, den er mit Füßen tritt, redet zu ihm, und der Staub, welchen der Wind unter seinen Tritten fortweht, erzählt ihm von vergangener menschlicher Größe. Kam er ein Crösus an betrogenen Hoffnungen hieher, oder als Einer, der voll Unmuth ist über die Länge der Zeit, welche das Schicksal braucht, den ungeheuern Knoten zu schürzen, von dessen Auflösung die Annalen der Weltgeschichte vielleicht noch lange schweigen werden, kömmt nicht ein Luther mit dem Schwerdte des Alexander: – so höre er, damit die Seele das [24] Gleichgewicht wieder gewinne, einen Franziskaner predigen in den Hallen des Colossei, oder Messe in Agrippa’s hohem Tempel; ist er aber unglücklich, hatte ihm das Schicksal die herbe Aufgabe zu lösen gegeben, die Aschenkrüge seiner Lieben um seine noch leere Urne zu versammeln, so wird er am Grabe der Scipionen oder bei’m Denkmale der Cäcilia Metella sich leichter als irgendwo dem süßen, tröstenden Wahne hingeben können, daß die Schatten seiner geschiedenen Geliebten gern da um ihn weilen, wo die Liebe so Herrliches hinterließ.

Die Menge der prachtvollen Todten-Monumente in den Umgebungen Roms ist wirklich erstaunenswürdig, und ihr Anblick füllt die Seele mit melancholischer Bewunderung. Blos auf der kurzen Strecke von Rom bis Albano, die kaum drei deutsche Meilen beträgt, werden über zwei hundert gezählt, von denen Konstruktion und Form noch mit Bestimmtheit anzugeben sind. – Gleich den altgriechischen Gefäßen waren sie von auffallender Mannichfaltigkeit und Originalität, und auch sie bestätigen die Beobachtung, daß sich von jeher und überall das Bestreben der Menschen, etwas Eigenthümliches hervorzubringen, oder die Sache anders anzugreifen, wie die Zeitgenossen und Vorfahren, in der Gestaltung und der Verzierung ihrer Todtendenkmale am schärfsten kund thut.

Obschon die römischen Mausoleen der Größe und Gestalt nach größtentheils noch kenntlich sind, so ist doch unter allen Grabmälern nur ein einziges vollständig erhalten. Es besteht dieß aus einem runden, stumpfen Thurm, welcher sich auf einer kleinen Anhöhe, neben dem Cirkus des Carakalla, umgeben von einem Cyklus anderer Trümmer, auf einem kolossalen, viereckigen Sockel erhebt.

Die heutigen Römer nennen diese herrliche Rotunde, nach den zierlich gearbeiteten, durch Blumengewinde verknüpften Ochsenschädeln am Gesimse, CAPO DI BOVE. Sie ist das Grabmal der Cäcilia Metella, Tochter des Quintus Cäcilius Metellus Creticus, Gemahlin des Crassus, also noch aus den Zeiten der Republik. Es trägt folgende Inschrift:

CÆCILIA Q. CRETICI F. METELLÆ CRASSI.

Die Bauart des Gebäudes verspricht ihm ewige Dauer. Der ganze Durchmesser der Rotunda ist 84 Fuß; 32 Fuß dick sind die Mauern, 20 Fuß weit ist der innere hohle Raum. Hoch oben, in einer Nische eingemauert, stand der Sarkophag der Römerin, ein köstliches Werk griechischer Kunst. Pabst Paul der Dritte ließ es nach seinem farnesischen Pallast tragen, von wo es nach Neapel gekommen ist.

Ursprünglich hatte das Grabmal nicht ganz die jetzige Gestalt. In dem den freistehenden, antiken Bauwerken so verderblichen Mittelalter, wo des Vandalismus Zerstörungs- und rohe Verunstaltungswuth keine Grenzen kannte, machte das Adelsgeschlecht Gaetani eine Cidatelle daraus und entstellte das schöne Verhältniß des edeln Gebäudes durch einen 26 Fuß hohen Aufsatz mit Zinnen und Schießscharten, welcher, da er auf so fester Basis ruhet, dem Zahne der Zeit seit 4 Jahrhunderten unversehrt Trotz bot.

Um die Schönheit dieses Denkmals ganz zu genießen, muß man es vom günstigen Standpunkt aus der Tiefe bei leuchtender Abendsonne betrachten, so daß das glänzende Blau des römischen Himmels den Hintergrund bildet. Es gibt nichts grandioseres und schöneres als dieses Gemälde, und die Cypressengruppen und Trümmer, welche das Mausoleum umgeben, sind ihm eine eben so reiche, als bedeutungsvolle Staffage.