Gesetz, betreffend die Einführung Norddeutscher Bundesgesetze in Bayern

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Titel: Gesetz, betreffend die Einführung Norddeutscher Bundesgesetze in Bayern.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1871, Nr. 17, Seite 87 - 90
Fassung vom: 22. April 1871
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Bekanntmachung: 29. April 1871
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(Nr. 632.) Gesetz, betreffend die Einführung Norddeutscher Bundesgesetze in Bayern. Vom 22. April 1871.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:

§. 1.

Die in den nachfolgenden Paragraphen aufgeführten Gesetze des Norddeutschen Bundes werden nach Maßgabe der in diesen Paragraphen enthaltenen näheren Bestimmungen als Reichsgesetze im Königreiche Bayern eingeführt.

§. 2.

I. Vom Tage der Wirksamkeit des gegenwärtigen Gesetzes an treten in Kraft:
1) das Gesetz über das Paßwesen vom 12. Oktober 1867.,
2) das Gesetz, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniß zur Führung der Bundesflagge, vom 25. Oktober 1867.,
3) das Gesetz über die Freizügigkeit vom 1. November 1867.,
4) das Gesetz, betreffend die Aufhebung der Schuldhaft, vom 29. Mai 1868.,
5) das Gesetz, betreffend die Bewilligung von lebenslänglichen Pensionen und Unterstützungen an Offiziere und obere Militairbeamte der vormaligen Schleswig-Holsteinischen Armee, sowie an deren Wittwen und Waisen, vom 14. Juni 1868.,
6) das Gesetz, betreffend die Schließung und Beschränkung der öffentlichen Spielbanken, vom 1. Juli 1868., [88]
7) das Gesetz, betreffend die Kautionen der Bundesbeamten, vom 2. Juni 1869.,
8) das Gesetz, betreffend die Einführung der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung, der Nürnberger Wechselnovellen und des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches als Bundesgesetze, vom 5. Juni 1869.,
9) das Gesetz, betreffend die Beschlagnahme des Arbeits- und Dienstlohnes, vom 21. Juni 1869.,
10) das Gesetz, betreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung, vom 3. Juli 1869.,
11) das Gesetz, betreffend die Bewilligung von lebenslänglichen Pensionen und Unterstützungen an Militairpersonen der Unterklassen der vormaligen Schleswig-Holsteinischen Armee, sowie an deren Wittwen und Waisen, vom 3. März 1870.,
12) das Gesetz, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870;

ferner:

II. am 1. Juli 1871:
das Gesetz wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung vom 13. Mai 1870;
III. am 1. Januar 1872:
1) das Gesetz über die Ausgabe von Banknoten vom 27. März 1870.,
2) das Gesetz über die Ausgabe von Papiergeld vom 16. Juni 1870.

§. 3.

Das Gesetz vom 8. November 1867., betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, sowie die Amtsrechte und Pflichten der Bundeskonsuln, tritt mit dem Tage der Wirksamkeit des gegenwärtigen Gesetzes in Kraft. Der §. 24. erhält jedoch folgenden Zusatz:
Die durch den ersten Absatz begründete Zuständigkeit des Preußischen Obertribunals geht vom 1. Juli 1871. an auf das Bundes-Oberhandelsgericht über. Wird in den an dasselbe gelangenden Sachen eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft erforderlich, so ist zu deren Vertretung von dem Präsidenten des Bundes-Oberhandelsgerichts ein Mitglied des letzteren, ein in Leipzig angestellter Staatsanwalt oder ein dort wohnender Advokat zu ernennen.

§. 4.

Das Gesetz, betreffend die Wechselstempelsteuer, vom 10. Juni 1869. tritt am 1. Juli 1871. in Kraft.
Der Königlich Bayerischen Staatsregierung bleibt überlassen, diejenigen anderen Behörden zu bezeichnen, welche bei Anwendung der im §. 18. dieses Gesetzes erwähnten Vorschriften an die Stelle der Zollbehörden zu treten haben. [89]

§. 5.

Die Wirksamkeit des Gesetzes, betreffend die Errichtung eines obersten Gerichtshofes für Handelssachen, vom 12. Juni 1869. beginnt am 1. Juli 1871.
In den nach dem Bayerischen Prozeßrechte zu verhandelnden Sachen treten an Stelle des letzten Satzes des §. 18. dieses Gesetzes folgende Bestimmungen:
Handelt es sich um eine zur Zuständigkeit des Bundes-Oberhandelsgerichts gehörige Nichtigkeitsbeschwerde, so hat der oberste Landesgerichtshof, sobald die vorgeschriebene Hinterlegung der Akten erfolgt ist oder eine Frist hierfür nicht mehr läuft, nach Vernehmung des Staatsanwalts mittelst eines in geheimer Sitzung zu fassenden Beschlusses die Abgabe der Akten an das Bundes-Oberhandelsgericht zu verfügen.
Den abzugebenden Akten ist in allen Fällen ein schriftliches Requisitorium des Staatsanwalts beizulegen.

§. 6.

Das Gesetz vom 21. Juni 1869., die Gewährung der Rechtshülfe betreffend, wird vom 1. Juli 1871. an mit nachstehendem Zusatz zu §. 39. eingeführt:
Für die Anwendung derjenigen Vorschriften der Bayerischen Civilprozeßordnung, welche den Gerichtsstand oder die Personalhaft betreffen oder überhaupt auf der Annahme beruhen, daß die Rechtsverfolgung im Auslande die Geltendmachung eines Anspruches erschwere, ist gleichfalls das gesammte Gebiet des Deutschen Reichs als Inland zu betrachten.

§. 7.

Das Strafgesetzbuch vom 31. Mai 1870. und das Einführungsgesetz zu demselben treten am 1. Januar 1872. in Geltung.
An Stelle der Vorschriften des §. 4. des gedachten Einführungsgesetzes hat es für Bayern bis auf Weiteres bei den einschlägigen Bestimmungen des Militairstrafrechts, sowie bei den sonstigen gesetzlichen Vorschriften über das Standrecht sein Bewenden.

§. 8.

Das Gesetz über die Abgaben von der Flößerei vom 1. Juni 1870. wird mit dem Tage der Wirksamkeit des gegenwärtigen Gesetzes eingeführt.
Die nach §. 2. desselben zu leistende Entschädigung besteht in dem achtzehnfachen Betrage des durchschnittlichen Reinertrages der Abgabe aus den letzten drei Kalenderjahren vor dem Aufhören der Erhebung.
Der Antrag auf Entschädigung ist bei Vermeidung der Präklusion innerhalb sechs Monaten nach dem Tage, mit welchem die Erhebung der Abgabe aufgehört hat, an das Reichskanzleramt zu richten.

§. 9.

Das Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870. tritt mit dem Tage der Wirksamkeit des gegenwärtigen Gesetzes in Kraft, jedoch mit Ausnahme der Bestimmungen in §. 1. Absatz 2., §. 8. Absatz 3. und §. 16. [90]

§. 10.

Das Gesetz vom 11. Juni 1870., betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, erlangt vom Tage der Wirksamkeit des gegenwärtigen Gesetzes an mit nachstehenden Vorschriften Geltung:
Die bis zu dem bezeichneten Tage vollzogenen Eintragungen in dem von den Bayerischen Bezirksgerichten geführten besonderen Register für Aktiengesellschaften, bei welchen der Gegenstand des Unternehmens nicht in Handelsgeschäften besteht, gelten als Eintragungen im Handelsregister, und bleiben in Wirksamkeit, auch wenn die Voraussetzungen nicht vorhanden sind, welche nach dem Gesetze vom 11. Juni 1870. für die Errichtung der Gesellschaft erforderlich sein würden.

§. 11.

Das Gesetz, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken, vom 11. Juni 1870. tritt am 1. Januar 1872. in Wirksamkeit, unbeschadet der fortdauernden Geltung des Artikels 68. des Bayerischen Gesetzes über den Schutz der Urheberrechte an literarischen Erzeugnissen und Werken der Kunst vom 28. Juni 1865.

§. 12.

Die in den §§. 3. 8. und 9. getroffenen Abänderungen der dort bezeichneten Gesetze finden im ganzen Reiche Anwendung, die Bestimmung im letzten Absatze des §. 8. auch in denjenigen Fällen, in welchen vor Erlaß dieses Gesetzes unzulässige Abgaben von der Flößerei durch Kaiserliche Verordnung außer Hebung gesetzt worden sind.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 22. April 1871.
(L. S.)  Wilhelm.

  Fürst v. Bismarck.