Textdaten
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Autor: Rudolf v. Gottschall
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Titel: Gedichte von Isolde Kurz
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aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 83–84
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[83] Gedichte von Isolde Kurz. Den Lesern unseres Blattes ist die Dichterin wohl bekannt als beliebte Erzählerin, wie durch Aufsätze über italienische Zustände, deren lebendiges Kolorit ihre Vertrautheit mit denselben hinreichend bewies. Italien ist ihre zweite Heimath geworden; singt sie doch in ihrer soeben erschienenen Sammlung „Gedichte“ (Frauenfeld, J. Huber) ein begeistertes Loblied dem schönen Lande, das mit den Worten beginnt:

„Hingestreckt zwischen beiden Meeren
Liegst du und träumst in Mittagsruh,
Götterliebling!
Und die Wellen singen ihr altes Lied,
Das wellenalte,
Von deiner Schöne, von deinem Ruhm.“

Auch benutzt sie mit Vorliebe die Formen der italienischen Dichter, und in dem Todtenkranz „Asphodill“ sind es vorzugsweise Sonette mit anmuthig verschlungenen Strophen, die sie auf das Grab eines beweinten Todten legt.

Ueberhaupt muß man der Dichterin das Lob großer Formgewandtheit, schöner Klarheit in Gedankengängen, harmonischer Vers- und Reimbildung spenden, ein Lob, das man vielen ihrer Schwestern in Apoll vorenthalten muß, deren Gedanken oft so verworren sind wie die aus einem Haufen Werg hervorgezausten Fäden. Und wir wollen nicht einmal diesen künstlicheren Strophenformen den Vorzug geben, obschon die hier überwundenen Schwierigkeiten am meisten für die Formbeherrschung der Dichterin sprechen; unter den kleineren Liedern und Gedichten in der ersten Hälfte der Sammlung finden sich einige, die so zartempfunden, so [84] stimmungsvoll hingehaucht sind, daß sie, noch dazu bei der Durchsichtigkeit ihrer Form, die peinlichste Kritik entwaffnen müssen. Die hüpfenden Verse im „Gesang der Wellenmädchen“ erinnern lebhaft an Goethesche Vorbilder. Hin und wieder findet sich ein humoristischer Anklang, wie in dem trefflichen Gedicht:

Die gute Wäscherin.

So weiß kann keine Wäscherin
Als wie die Liebe waschen.
Da bringt Verschwärzen nicht Gewinn,
Sie haucht nur auf die Flecken hin
Und weg sind Staub und Aschen.

Die Thrän’ aus ihrem Aug’ so treu
Ist wunderthät’ge Lauge.
Nicht Jordans Wasser schafft so neu,
So rein macht Buße nicht und Reu’
Wie Thrän’ aus Liebesauge.

Und wär’ die Schuld so riesengroß,
Und könnt’ sie Engel fällen,
Und reicht’ bis in der Hölle Schoß:
Die Liebe wäscht sie fleckenlos
Mit ihres Herzbluts Wellen.

O schilt mir nicht um ihren Fleiß
Die Wäscherin, die gute,
Und wäscht sie auch die Mohren weiß,
Sie thut’s mit Thränen rein und heiß,
Sie thut’s mit ihrem Blute.

Ein ähnlicher Gedanke ist in „Amors Schmiede“ ausgesprochen:

„Herzen schartig, rostzerfressen,
Nimmt er gern und schmilzt sie ein;
Aus dem Feuer seiner Essen
Gehn sie ganz und spiegelrein.“

Die Gedichte von Isolde Kurz schlagen verschiedene Tonarten an, doch es ist nirgends hohler Klingklang, es ist in allen Geist und Seele.

Rudolf v. Gottschall.