Gebrüder Wolff in Plauen i. V., Chemische Bleicherei, Färberei und Appretur-Anstalt
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Am 4. April 1864 wurde in Plauen i/V. von Carl Otto und Carl Hermann Wolff der Neubau einer größeren Bleicherei und Appretur-Anstalt für Gardinen und feine glatte Waren in Angriff genommen und nach der, Ende 1865 erfolgten Eröffnung des Geschäftes von Otto Wolff, zum wahren Segen für die Plauen’sche Industrie, der französische Crêpe-lisse-Appret für feine Musseline (Mulls) eingeführt. Durch diese Appretur erhielt das Gewebe, weil es auf Klupprahmen mit deraillage mechanic- Einrichtung appretiert wurde – wodurch die zweifädig gearbeitete Kette der Mulls einfädig erscheinend hergestellt wird – eine ungemein große Klarheit sowie Feinheit und die Saalleisten blieben glatt und ohne die vordem üblich gewesenen unschönen Nadelleisten-Löcher, was der Ware ein sehr elegantes Aussehen verlieh. Bis zu dieser Zeit hatte Frankreich in diesem Artikel den deutschen Markt ausschließlich fest in den Händen, von welchem es jedoch durch die Einführung dieser Appretur vollständig verdrängt worden ist.
Der Artikel der glatten Mulls nahm bald darauf einen nie geahnten großen Aufschwung, so daß die Fabrikation derselben mindestens verzehnfacht werden mußte. Hierzu half die Mode noch unterstützend mit, denn es wurden damals Tausende und aber Tausende von Crêpe-lisse-Mullblousen mit feinen Stickereien besetzt, in die ganze Welt versandt, wodurch der Bevölkerung der immer mehr emporblühenden Industriestadt Plauen viel Beschäftigung und großer Verdienst zu Teil geworden ist.
Im Jahre 1874 wurde noch die Bleiche und Appretur für Stickereien aufgenommen.
Als später durch Modeschwenkung die glatten Mulls geringeren Absatz fanden, wurde dieser Ausfall, durch Einführung von Frankreichs Monopol-Artikeln, den kouleurten Tarlatanen und dazu gehörigen verwandten weiteren kouleurten glatten Geweben, ersetzt, so daß es auch hierin vom deutschen Markt mit großem Erfolg verdrängt worden ist. Dies bedingte die Aufnahme der Färberei. –
Am 16. November 1877 erhielt die Firma unter No. 1750 vom kaiserlichen Patentamt ein Erfindungspatent auf Hartgummi-Kluppflächen an Appretur-Rahmen. Diese Hartgummi-Kluppflächen ermöglichten es, daß Waren der verschiedensten Farben hintereinander auf einem solchen Rahmen appretiert werden konnten, weil diese unporösen glatten Flächen sich leicht und rasch reinigen ließen.
Nachdem in Plauen die Stickmaschinen allgemeiner eingeführt wurden, bekam die Stickerei selbst größere Bedeutung und als später noch die gestickten Tüllspitzen aufkamen, welche die Firma Gebr. Wolff zuerst und lange Zeit in aller Stille für den Erfinder derselben gefärbt und appretiert hatte, wurden dieselben schließlich ihr hauptsächlichster Artikel.
Sie richtete nun mit großen Opfern eine ganz vorzügliche eigenartig combinierte Bleichmethode ein, bei der alle Waren in Strangform durch maschinelle Vorrichtungen gewaschen, gekocht und transportiert werden und wodurch ein ganz vorzügliches: „Weiß“ erzielt wird, welches die Hauptbedingung für den Ausfall der zarten reinen Crêmetöne und diesen verwandten Farben der Tüllspitzen bildet. Mit dieser Einrichtung steht die Firma noch heutigen Tages ganz allein der Concurrenz gegenüber.
[Ξ] Die seiner Zeit aus England importierten Gardinen hat die Firma ebenfalls in Sachsen zuerst gebleicht und appretiert und erfand später Otto Wolff für gute schwere Qualitäten derselben den Relief-Appret, welcher noch heute wegen seiner ganz vorzüglichen Eigenschaften bei der Kundschaft in hohem Ansehen steht und ausschließlich verlangt wird. Bei dem Relief-Appret wird nur die linke Seite der Gardinen mit Appret getränkt; dies bewirkt nun, daß das reiche Broché der rechten Seite reliefartig in die Höhe steigt und ein glattes, sammetartiges reicheres Aussehen erlangt.
Im Jahre 1885 unternahm die Firma noch einen sehr bedeutenden Erweiterungsbau, speciell für die Appretur der nunmehr im Sachsenlande selbst fabrizierten englischen Gardninen und führte gleichzeitig im ganzen Etablissement mit großem Erfolg die: „Vacuumbleiche“ ein. Diese Letztere besteht darin, daß das Chloren und Säuren der Waren in besonderen Apparaten ausgeführt wird, in welchen vorher vermittelst Luftpumpen eine starke Luftleere erzeugt wurde. Hierdurch erzielt die Firma ein noch besseres „Weiß“ und der ganze Bleichprozeß geht nicht nur sicherer und rascher vor sich, sondern die Ware selbst leidet dabei auch viel weniger. Außer den genannten Artikeln richtete sich die Firma noch für die Färberei und Appretur der ebenfalls in Sachsen auf englischen Stühlen gewebten wollenen und halbwollenen Spitzen und Kleidertülle mit vorzüglichem Erfolg ein.
Am 20. März 1887 erlitt die Firma einen großen schmerzlichen Verlust, indem ihr Mitbegründer Carl Hermann Wolff verstarb. Derselbe besaß seltene angeborene Gaben, war jederzeit unermüdlich aufopfernd thätig und leitete besonders den maschinellen Teil des Etablissements fast allein.
Seitdem ist Carl Otto Wolff alleiniger Besitzer und Leiter des Etablissements.
Die Firma beschäftigt gegenwärtig 325 Arbeiter, 7 Comptoiristen und 2 Färbermeister. Sie besitzt zwei Dampfmaschinen von 50 und 130 Pferdekräften sowie 6 Dampfkessel, worunter 2 große combinierte Kessel sich befinden. Das Licht spendet eine große elektrische Anlage der Edison-Gesellschaft. Außer bei der staatlichen Unfall-Versicherungs-Berufsgenossenschaft sind die Arbeiter noch bei der eigenen, durch die Besitzer begründeten Fabrikkrankenkasse gegen die materiellen Folgen von Unfällen und Krankheiten gedeckt.
Das Grundprinzip der Firma ist bis zum heutigen Tage stets gewesen, alle ihr anvertrauten Waren nicht nur so gut und so schön, wie nur möglich herzustellen, sondern sie war auch immer bestrebt, Neues und noch Besseres zu schaffen und auf den Markt zu bringen und hierfür hat sie weder Kosten noch Mühen gescheut und durch die strikte Durchführung dieses Prinzipes sich ihren wohlverdienten, weit über die Grenzen des Sachsenlandes hinausreichenden guten Namen und Ruf erworben. Es ist eine Thatsache, daß das rasche Aufblühen der Stadt Plauen in der Hauptsache dem unermüdlichen Fortschreiten der dortigen, selbst im Auslande hochgeachteten und in wohlverdientem Rufe stehenden Bleicherei- und Appretur-Etablissements, sowie der Einführung der Stickmaschine zuzuschreiben ist. Diese beiden wichtigsten Factoren haben den Ruf Plauens als bedeutende Industrie-Stadt begründet, wozu auch in neuerer Geschäftsperiode noch die Einführung der mechanischen, englischen Gardinen-Webstühle zu rechnen ist. –