Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit/Gründungen auf Schlamm und Sand

Textdaten
<<< >>>
Autor: B.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Gründungen auf Schlamm und Sand
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 27, S. 255
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Reihe: Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[255]

Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit.

Gründungen auf Schlamm und Sand.

Die Aufführung schwerer Bauwerke auch auf dem lockersten, an sich ganz tragunfähigen Boden zu ermöglichen, sind neuerdings einige Verfahren angewandt, bezw. entdeckt worden, die wegen ihrer technischen Eigenart und ihrer allgemeinen Bedeutung auch das Interesse weiterer Kreise beanspruchen dürften. Es giebt Fälle, in denen sich die sonst für treulosen Untergrund üblichen Gründungsverfahren, wie Pfahl- oder Balkenroste, aus örtlichen Ursachen oder wegen ihrer großen Kosten nicht anwenden lassen. So entdeckte man im vorigen Jahre bei den Fundamentarbeiten für eine Donaubrücke bei Ehingen (Württemberg), daß die Ufer an der betreffenden Stelle aus lockerem und wasserhaltigem Kies bestanden, in dem die Aufführung der Brückenwiderlager unmöglich war. Kostspielige künstliche Fundamente auf Holzrosten oder versenkten Betonblöcken durfte man hier nicht ausführen, um den Etat des Bauwerks nicht allzusehr zu überschreiten, und so wurde, mit überraschendem Erfolg, eine ganz neue und sehr einfache Methode der Fundierung erprobt. Eine Zahl von ziemlich engen Röhren wurde mehrere Meter tief in den lockeren Grund hineingetrieben und dann dazu benutzt, eine dünne Cementlösung unter starkem hydraulischen Druck in den Kies zu pressen. Sobald eine gewisse Bodenschicbt völlig mit Cement gesättigt war, zog man die Röhren etwas höher und tränkte die darüber liegende Schicht. So gelang es, allmählich den Boden im ganzen Umkreis der zu errichtenden Pfeiler in eine feste Masse zu verwandeln, da die eingepreßte Cementlösung sich mit dem nassen Kies gut verband und rasch erstarrte. Auf diesen künstlich hergestellten Cementblock konnte man nun das Mauerwerk nach Wegräumung der oberen Schichten wie auf Felsboden aufsetzen.

Ganz anderer Art ist eine neue Fundierungsmethode, die jetzt in Paris gelegentlich der Bauten für die Weltausstellung von 1900 in Anwendung gebracht wird und die, ihren bisherigen Erfolgen nach, für die Gründung auf lockerem Sand oder Schüttboden eine große Zukunft haben dürfte. Sie ist von dem französischen Ingenieur Dulac erfunden und von ihm selbst zuerst beim Bau einer großen Fabrik in Montreux, auf einem äußerst lockeren Schüttboden, in Anwendung gebracht. Sie soll sich für alle jene Fälle eignen, in denen man sonst in trockenem, lockerem Boden zur Gründung auf Pfahlrosten schreitet, und vor der letzteren den Vorzug viel geringerer Kosten haben. Das Prinzip der Dulacschen Gründungsmethode, die der Erfinder als eine „Konsolidirung“ des Erdbodens bezeichnet, ist folgendes: der lockere Boden, nehmen wir an eine Sandschicht oder eine Aufschüttung von Bau- und anderem Schutt, wird zunächst in gewissen Abständen mit tiefen Löchern oder Brunnen von beiläufig 80 cm Durchmesser versehen. Diese Brunnen werden aber nicht gebohrt oder gegraben, sondern lediglich durch die rammende Wirkung eines kegelförmigen Eisenkörpers von 1500 kg Gewicht hervorgerufen, der aus bedeutender Höhe, von einer Rammwinde emporgezogen, stets genau, und zwar mit der Spitze nach unten, auf denselben Punkt niederstürzt. Man kann mit Hilfe dieses Werkzeugs in einer Stunde ein glattwandiges Loch von einigen Metern Tiefe hervorbringen, und da dasselbe nur durch die Verdrängung, nicht durch die Entfernung der Bodenmasse erzeugt ist, so ist schon mit diesem ersten Prozeß eine erhebliche Bodenverdichtung rings um die Löcher verbunden. Jetzt kommt der zweite Arbeitsprozeß. Mit Schutt, Steinbrocken u. dergl. wird das Loch unter Hinzufügung von Cementbrei schichtenweis ausgefüllt und ebenfalls schichtenweis mit Hilfe eines zweiten Rammgewichtes mit breitem Boden festgestampft. Der Druck des 1000 kg schweren, aus bedeutender Höhe herabfallenden Gewichts preßt die Füllung derart zusammen, daß sie noch tief in das zwischen den Brunnen stehen gebliebene Erdreich eindringt und den Boden in ganz außerordentlichem Maße erhärtet und verdichtet. Diese Arbeitsmethode kann sich nun in beliebige Tiefen erstrecken. Für die Zwecke einer gewöhnlichen Gründung genügt es völlig, wenn das Erdreich auf einige Meter befestigt wird, aber man kann es auch bis zu 10, ja 12 m Tiefe in eine so feste, tragfähige Masse verwandeln, daß man selbst die schwerste Gründung, z. B. die von Kirchen, hohen Türmen etc., darauf vornehmen könnte.

Der Urheber dieses neuen Gründungsverfahrens hat dasselbe, wie erwähnt, zuerst bei einem großen Fabrikbau in Montreux erprobt und den so befestigten Boden für eine schwer belastete Fabrik von 3000 qm Flächenerstreckung und mit 12 m hohen Mauern hinreichend tragfähig gefunden. Bei den Pariser Ausstellungsbauten hat man den Boden an einigen Stellen bis auf 3, an anderen bis auf 8 m Tiefe verdichtet und dort eine Tragfähigkeit von 3, hier aber von 20 kg auf den Quadratcentimeter gefunden. Erstere genügt für viele, letztere wohl fast für alle in der Bautechnik vorkommenden Zwecke. B.