Textdaten
<<< >>>
Autor: K. W.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Fürst Talleyrand
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 7, S. 104
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1859
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[104] Fürst Talleyrand, dieses Vorbild aller Diplomaten der alten Schule, welcher das bekannte Wort gesprochen „die Sprache ist da, um die Gedanken zu verbergen,“ ein Grundsatz, welcher genügend die ganze Politik dieses Mannes und der ihm folgenden diplomatischen Schule charakterisirt, ist bekannt als ein feiner satirischer Kopf, dessen beißende Bemerkungen sehr gefürchtet waren. Wir wollen hier einige weniger bekannte, die wir in den Memoiren eines französischen Staatsmannes finden, wiedergeben.

Man kennt die Unverschämtheit, mit welcher sich die Emigranten nach der zweiten Restauration bei der Regierung Ludwig XVIII. um Aemter und Sinecuren bewarben und für ihre Ansprüche oft die nichtigsten Gründe aufstellten. Einer dieser Herren kam denn auch eines Tages zu Talleyrand, damals Minister der auswärtigen Angelegenheiten und bewarb sich um eine diplomatische Stellung.

„Ich möchte Ihnen von Herzen behülflich sein,“ sagte der Fürst zu dem Supplicanten, „wenn Sie nur irgend beweisen könnten, auf welche Dienstleistung Ihre Anforderung sich stützt.“

„Ich habe mich 1815 nach Gent begeben.“

Gent war bekanntlich der Ort, wohin Ludwig XVIII. bei der Rückkehr des Kaisers von Elba flüchtete und wohin ihm eine Anzahl Royalisten, die dies später für eine Großthat erklärten, folgten

„Nach Gent?“ entgegnete der Minister. „Sind Sie dessen vollkommen gewiß?“

„Wie gewiß?“

„Sagen Sie mir offenherzig: sind Sie dahin gegangen oder sind Sie nur von daher gekommen?“

„Ich begreife nicht –“

„Sehen Sie,“ lächelte Talleyrand fein, „ich war in Gent. Wir waren dort im Ganzen sieben- oder achthundert, nicht mehr. Und soviel ich weiß, sind schon mehr als fünfzigtausend von dort hergekommen.“

Als er noch in der gesetzgebenden Versammlung (1789) saß, hatte er eines Tages eine heftige Discussion mit dem Grafen Mirabeau, der ausrief:

„Ich will Sie mit einem anrüchigen Kreis umgeben!“

„Wie, wollten Sie mich vielleicht umarmen?“ entgegnete Talleyrand auf der Stelle.

Eines Tages war er in den Tuilerien, wo bei Ludwig XVIII. große Aufwartung war. Während der König sich mit dem englischen Gesandten unterhielt, bemerkte ein Hofmann, daß Talleyrand beständig seine Augen auf den seiner Magerkeit wegen auffallenden badischen Minister Hrn. v. F. geheftet hielt, Auf die Frage, warum er denselben so starr und bedenklich ansehe, entgegnete er:

„Herr von F. setzt mich in die größte Verlegenheit. Ich mag forschen, wie ich will, es ist mir unmöglich, zu errathen, ob er drei Beine hat oder ob er drei Degen trägt.“

K. W.