Für unsere Landsleute in Rußland
[129] Für unsere Landsleute in Rußland. Der herbe Nothstand, unter dem seit der Mißernte des letzten Jahres der Osten des europäischen Rußlands schmachtet, hat auch unsere deutschen Landsleute in den Wolgakolonien im Gouvernement Saratow schwer betroffen. Denn seit sieben Jahren haben die Ernten dort theils ein kümmerliches, theils gar kein Erträgniß geliefert. Schon im vorigen Winter zogen ganze Scharen von Bettlern, zerrissen und zerlumpt, mit erdfahlen Gesichtern von Dorf zu Dorf, von Haus zu Haus, um ein Stück Brot gegen ihren nagenden Hunger zu finden. Viele Familien hatten wochenlang kein Brot und nährten sich von Milch und Steppenthee.
Diese Verhältnisse sind nun unter der Wirkung des fortdauernden Mißwachses allenthalben noch viel schlimmer geworden, und die deutschen Gemeinden sind sammt ihren russischen Nachbarn an der äußersten Grenze der Noth angelangt. Daß der Viehstand fast vollständig zusammen geschmolzen ist, versteht sich von selbst, schlimmer ist, daß es am Allernöthigsten, an Brot und Kleidung fehlt, und mit Entsetzen vernimmt man, daß sogar Fälle von förmlichem Hungertode vorgekommen sind. Die „kombinierte Synode der Berg- und Wiesenseite der Wolga“ hat darum einen warmen Aufruf zur Unterstützung ihrer Gemeindeglieder erlassen, und gerne geben wir ihrer Bitte um milde Gaben auch in der „Gartenlaube“ Verbreitung. Unsere Leser werden für das furchtbare Elend, das über Hunderttausende ihrer deutschen Brüder im fernen Osten hereingebrochen ist, gewiß ein offenes Herz und eine offene Hand haben. Beiträge bitten wir an die Adresse des Pastors G. A. Thomson in Saratow, Rußland, zu richten.