Esther und Ahasverus (Gemälde der Dresdener Gallerie)

Textdaten
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Autor: Adolph Görling
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Titel: Esther und Ahasverus
Untertitel:
aus: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie
Herausgeber:
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1848–1851
Verlag: Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne
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Erscheinungsort: Leipzig und Dresden
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Quelle: Scan auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Esther and Ahasverus.

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Esther und Ahasverus.

Schönheit scheint kein seltenes Erbtheil der Töchter Israels gewesen zu sein; denn die jüdische Geschichte ist reich an Frauen, deren Reize hochgepriesen worden.

Sara, die Stammmutter, war so schön, daß Abraham sie, als er zum König Abi Melech zog, für seine Schwester ausgab, weil er der schönen Frau wegen ermordet zu werden fürchtete. Isaaks Gattin, Rebecca; Jacobs Rahel, die Mutter des Joseph; Davids Bathseba, die Mutter des Königs Salomo, und viele Andere werden wegen ihrer Schönheit gefeiert. Besonders ist dies bei der Judith, der Mörderin des Holofernes, und bei der durch Daniel von ihren Verfolgern erretteten Susanna der Fall.

Alle aber müssen, wie Sterne vor der Sonne, vor der „schönen Esther“ erbleichen. Sie ist die schönste Jüdin, von welcher erzählt wird; sie besaß alles Das in Wirklichkeit, was der Dichter des Hohenliedes von der Suleimith nur singt. Esther ist die wahre Blume von Saron, die Rose im Thale. Die Schönheitsprobe, welche sie bestehen mußte, ist wahrhaft großartig. Als König Ahasverus von Persien und Medien seine eigensinnige Königin Vasthi verstieß, wurden aus dem ganzen ungeheuern Reiche von districtweise angestellten „Schauern“ die schönsten Mädchen ausgewählt, damit der Perser-Sultan die Schönste der Schönen als Herrscherin neben sich auf den Thron setze. Es war ein verwaisetes Kind der Gefangenen aus Jerusalem, ein armes Judenmädchen, welches den Preis über alle ihre Mitbewerberinnen davon trug. Ihre Schönheit allein hatte das Herz des Gewaltigen zu rühren vermocht.

Wahrhaft berauschend, einen feenhaften Blick auf den Glanz des alten Orients, des dichterischen Persiens, eröffnend, erscheint die Vorbereitung der Jungfrauen, um vor dem Könige zu erscheinen. Monate lang wurden sie geschmückt, in Wohlgerüchen und Specereien und Balsamen gebadet, um dem Herrscher eine Nacht nahen zu dürfen. Die Schilderung, wie Esther endlich vor Ahasverus erscheint, ist fast harmlos geschrieben, aber unwiderstehlich hinreißend. [81] Das Kind der Gefangenen aus Juda ward Königin der Perser. Als solche war es ihr beschieden, den Untergang der sämmtlichen in Persien und Medien befindlichen Ebräer abzuwenden. Haman, der Vezier, empfing von dem Pflegevater der Königin Esther nicht die geforderten Ehrenbezeigungen, wurde dadurch auf die gefangenen Juden erbittert und ließ ihnen ihre gottesdienstlichen Uebungen untersagen. Als sie dieselben dennoch fortsetzten, hatte er Grund genug, über dies Volk mit besonderen Gebräuchen und eigener Religion beim Könige ein Todesurtheil auszuwirken. Dies sollte an einem bestimmten Tage durch das ganze Reich vollstreckt werden.

Die Königin Esther hatte es bisher sorgfältig verheimlicht, daß sie diesem verachteten jüdischen Sclaven-Volke angehöre. Jetzt aber erhob sie sich, schmückte sich und trat, bei dem unwiderruflichen Befehle des Herrschers selbst ihres Lebens nicht sicher, vor den auf dem Throne Sitzenden. Kaum behielt sie Kraft, sich dem Mächtigen zu nahen. Ahasverus aber neigte sein Scepter zum Zeichen der Gnade und hieß die Niedergesunkene aufstehen. Die Macht, welche die schöne Esther über den König gewonnen hatte, bewährte sich auch in diesem inhaltsschweren Momente. Das Auge des Herrn lächelte ihr entgegen.

Jetzt folgt die Scene, welche Strazzi so meisterhaft darstellte. Esther bekennt sich als Jüdin und bittet für ihr Volk, indeß sie den Vezier mit unendlicher Kunst verdächtigt und anklagt.

„Er gedenkt die Königin neben mir auf dem Throne zu ermorden!“ rief der Fürst und der Vezier war verloren. In derselben Minute ward er hingerichtet. Die Juden waren gerettet und durften die Söldner des gehenkten Veziers verjagen und vernichten. Mit der eisernen Beharrlichkeit, welche die Juden auszeichnet, wird der Gedächtnißtag dieser, wie ein verschwimmendes Märchen aus urgrauer Zeit herüber klingenden, Begebenheit noch heute gefeiert.

Denselben eigenthümlichen poetischen Eindruck, den diese Geschichte aus dem glanzvollen Alt-Persien in uns weckt, ruft auch Strazzi’s Bild hervor. Das Gesicht der Esther ist unvergleichlich; durchaus weibliche, aber entschiedene Züge bietend. Die Nase ist von großem Adel, „wie der Thurm auf Libanon, der gen Damascus steht!“ singt der König Salomon. Neben dieser Hoheit der Königin contrastirt auf’s Lieblichste die blos anmuthige Gestalt der Schönen, welche dem Könige den goldenen Becher kredenzt. Ahasverus selbst ist eine majestätische Erscheinung. Höchst glücklich hat der Meister es dargestellt, wie das „Herz des Herrschers der Königin entgegenfliegt“, wie der Gebieter vor dem elektrischen Strahle aus diesen Augen sich entzückt als Gehorchender neigt.