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Titel: Espartero
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aus: Illustrirte Zeitung, Nr. 4 vom 22. Juli 1843, S. 49–51
Herausgeber: Johann Jacob Weber
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Entstehungsdatum: 1843
Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: J. J. Weber
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: MDZ München, Commons
Kurzbeschreibung: Biographie des spanischen Generals und Politikers Baldomero Espartero
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Espartero.

In einem Augenblicke, wo der größte Theil von Spanien in hellem Aufruhr – bezahlt mit dem erpreßten Golde einer leidenschaftlichen und ehrgeizigen Frau und angeregt oder doch begünstigt durch einen Fürsten, der noch nie vor einem Mittel zurückwich, sobald es galt, die wahren oder vermeintlichen Interessen seiner Dynastie zu fördern – auflodert gegen einen Mann, welchen es selbst vor wenigen Jahren erst zur höchsten Würde erhob, und welcher es in diesen wenigen Monaten, umgeben von Schwierigkeiten aller Art, zu einem Zustand der Ordnung und der Gesetzlichkeit zurückgeführt hat, den es seit Jahrhunderten nicht mehr gekannt hat, von dessen Muthe, Umsicht und Treue das Wohl und Wehe eines der gesegnetsten Länder der Erde abhängt, dürfen wir hoffen, daß unsern Lesern ein kurzer Lebensabriß dieses Mannes nicht unwillkommen sein werde. Seine Vergangenheit muß uns Bürgin für seine Zukunft sein.

Don Baldomero Espartero, Graf von Luchana, Herzog vom Siege und von Morella, Grand von Spanien 1ster Classe, Generalissimus der spanischen Armeen und Regent, ist im J. 1793 zu Granatula, einem Dörfchen in der Provinz la Mancha, geboren. Er war das neunte Kind einer armen Familie; sein Vater war Stellmacher, oder nach Andern Fuhrmann. Da er sich frühzeitig für den geistlichen Stand bestimmte, so nahm man ihn in ein Kloster auf, wo er seine Studien beginnen sollte. Dies fiel gerade in die Zeit, als Napoleon im Jahre 1808 sich Spaniens bemächtigte. Der junge Espartero, damals sechzehn Jahre alt, nahm sofort Theil an der allgemeinen Schilderhebung des spanischen Volkes und trat als einfacher Soldat in ein Bataillon, das, fast nur aus Studirenden und Seminaristen gebildet, bald darauf verschiedenen Regimentern sich einverleibt sah. Espartero, der sich durch seinen Muth rühmlich ausgezeichnet hatte, wurde hierauf in die auf Isla de Leon errichtete Militairschule aufgenommen, die er mit dem Grade eines Unter-Lieutenants erst dann verließ, als der Kampf gegen Napoleon bereits beendigt war; er hatte jedoch Geschmack an der militairischen Laufbahn gefunden, und so verschaffte er sich die Erlaubniß, an einer Expedition gegen die insurgirten spanischen Colonien in Südamerika Theil zu nehmen.

Bald gewann er die Gunst des Generals Don Pablo Morillo, der ihn in seine Nähe zog. Der tapferste Muth und die seltenste Unerschrockenheit, die er in verschiedenen Treffen bewährte, zogen ihm zwar mehrfache Verwundungen zu, öffneten ihm aber zugleich eine glänzende Laufbahn und am Ende des Feldzugs, im J. 1824, war er bereits bis zum Rang eines Obristen heraufgerückt. Damals wüthete durch die ganze Expeditionsarmee eine grenzenlose Leidenschaft für das Spiel; auch Espartero theilte sie mit aller Heftigkeit, und da er ein ebenso guter, als überaus glücklicher Spieler war, so hatte er sich in kurzer Zeit ein beträchtliches Vermögen, und, was dabei selten ist, keine Feinde erworben; übrigens war er auch gerüstet, den Unzufriedenen und Uebelgelaunten zu begegnen, denn Niemand in der ganzen Armee war geschickter in der Handhabung aller Waffenarten, als er, mit dem Messer, mit dem Säbel und mit der Pistole. Jene amerikanische Expedition war die Quelle zu Espartero’s Erhebung. Das Spiel verschaffte ihm eine unabhängige Stellung; gemeinsam durchlebte Gefahren, die im Lager und auf dem Schlachtfelde geschlungenen Bande, Gleichförmigkeit des Geschmacks und der Lebensverhältnisse verschafften ihm Freunde und zukünftige Stützen, denn alle die Offiziere, die an diesem amerikanischen Kriege von 1815 bis 1824 Theil genommen, bildeten bei ihrer Rückkehr nach Spanien eine Art von Verbrüderung. Die stolze Verachtung der alten Soldaten aus dem Unabhängigkeitskriege erfand für sie den namen der Ayacucho’s, zum Andenken an die traurige Capitulation von Ayacucho, welche gleichzeitig dem Kriege und der spanischen Herrschaft in Amerika ein Ende machte. Jene Krieger sind jedoch allezeit eng verbunden geblieben, obschon Glück und Lebensverhältnisse sie zerstreut und die Mehrzahl in den bürgerlichen Kriegen sich unter verschiedenen Fahnen feindlich einander gegenüber gestanden hat.

Espartero erhielt den Auftrag, die während des Feldzugs eroberten Fahnen nach Spanien zu überbringen und als Belohnung dafür empfing er den Grad eines Brigadiers. Auf einer Sendung nach dem Depot von Logrono lernte er die Tochter eines reichen Grundbesitzers kennen, die als seine Gemahlin ihm in seine Garnison folgte, wo er seine Tage still bis zum Tode Ferdinand’s VII. verlebte. Jetzt trat er aber hervor, erklärte sich zu Gunsten der jungen Isabella II. und wurde beim Ausbruche des Bürgerkriegs auf seine Bitte zur Nordarmee versetzt. Zum Generalcommandanten der Provinz Biscaya ernannt, konnte sich Espartero keines großen Glückes rühmen, vielmehr wurde er öfters von Zumalacarreguy geschlagen; allein da er stets sein Leben gewagt und seine Tapferkeit allgemeine Anerkennung gefunden hatte, so hinderten die erlittenen Unfälle nicht, daß er nach und nach zum Maréschal-de-camp und Generallieutenant ernannt wurde. Als die Ereignisse von la Granja den General Cordova bewogen, seinen Abschied einzureichen und sich nach Frankreich zurückzuziehen, befand sich die Armee in einem solchen Zustande von Zuchtlosigkeit und Auflösung, daß einzig und allein Espartero für befähigt gehalten wurde, Cordova im Amte zu ersetzen. Ein Decret vom 17. September 1836 ernannte ihn daher zum Obergeneral der Operationsarmee des Norden, zum Vicekönig von Navarra und zum Generalcapitain der baskischen Provinzen.

Auf diesem neuen Schauplatze entwickelte Espartero das große Talent, mehr durch Unterhandeln und Zögern, als durch kriegerische Thaten zu siegen. Man muß zugestehen, daß ihn die Umstände bestens unterstützten; allein er wußte auch Vortheil daraus zu ziehen, und das bleibt immer das größte Lob, das man einem General machen kann, dessen Auftrag in der glücklichen Beendigung eines Bürgerkriegs besteht. Als Espartero das Obercommando über die spanische Armee übernahm, war Zumalacarreguy nicht mehr; das frische Leben, das er in die insurrectionelle Schilderhebung gebracht hatte, war inmitten der Umtriebe eines erbärmlichen Ehrgeizes, der Nebenbuhlerei und des Zwiespaltes, welche das Lager des Don Carlos bewegten, erloschen. Die Navarresen, des verderblichen Krieges müde, waren es überdrüssig, die Vertheidigung ihrer Privilegien der Sache des Prätendenten aufgeopfert zu sehen. Andererseits erkannte endlich auch die spanische Regierung die Bedeutsamkeit des carlistischen Aufstandes, und beschloß, zur Beendigung des Bürgerkrieges alle ihr zu Gebote stehenden Mittel zu verwenden. Stark durch Vortheile, die seine Vorgänger nicht gehabt hatten, war Espartero zuerst auf die Reorganisation der zuchtlosen und entmuthigten spanischen Armee bedacht. Ohne Lebensmittel und Gold, bewegt von dem Sturme der Revolution, der Aller Geister durchwehte, häufig ausgehungert, allezeit mißvergnügt, setzte diese Armee ihre Generale ab, tödtete sie, überließ sich allen möglichen Ausschweifungen und trug zu mehr als der Hälfte die Schuld der glücklichen Erfolge des Don Carlos.

Ein bei Luchana erfochtener glänzender Sieg gab den entzügelten Horden Muth und Vertrauen zurück. Dieser [50] Sieg, der die Entsetzung von Bilbao herbeiführte, ist die schönste militairische Waffenthat Espartero’s und verhalf ihm zu seinem ersten Titel als Graf von Luchana. Hierauf bestrebte sich derselbe, Mannszucht in seine Armee zurückzubringen, und verfuhr dabei mit jenem augenblicklichen Nachdruck, der einer seiner Charakterzüge ist. Zwei Generale, Saarsfield und Escalera, waren von ihren eigenen Soldaten ermordet worden; Espartero verbarg anfangs den Abscheu, den diese blutigen Greuelthaten ihm einflößten und wartete, bis er durch glückliche Erfolge das Vertrauen der Armee gewonnen hatte; kaum aber hielt er sich ihres Gehorsams versichert, als er auch sofort die Schuldigen auf eine so unerwartete als kühne Weise, die ganz geschaffen war, das Gemüth der Soldaten zu erschüttern, bestrafte.

Am 30. Oktober 1837, beim Durchzuge durch Miranda del Ebro, ließ Espartero seine Truppen in Schlachtlinie treten, stellte sich inmitten des gebildeten Quarre’s und sprach in einigen energischen Worten über die Abscheulichkeit des gegen die beiden Generale begangenen Mordes. Hierauf ließ er zehn Soldaten, die als die Mörder Escalera’s wiedererkannt wurden, aus den Reihen treten und nach kurzem priesterlichen Beistande vor den Augen der Armee erschießen, die nun vor den Leichen vorbeiziehen mußte. Zehn Tage darauf, nachdem er in Pampeluna eingerückt war, – dies war der Ort, wo der General Saarsfield ermordet worden – ließ er auf dem Glacis der Citadelle die Truppen ein Quarré formiren, und drohte, sie decimiren zu lassen, wenn nicht sofort die Schuldigen ihm angezeigt würden. Wirklich wurden auch zwölf Soldaten von ihren Cameraden zum Austreten aus den Reihen gezwungen. In diesem Augenblicke kam er Obrist Leon Iriarte, den man hatte holen lassen, heran. Sobald ihn Espartero erblickte, rief er ihm mit lauter Stimme zu: „Man glaubt im Volke, daß Sie an der Ermordung Saarsfield’s Schuld tragen.“ – „Ich bin unschuldig, mein General,“ entgegnete Iriarte. – „Wenn dem so wäre,“ erwiederte Espartero, „so würde es mich freuen; sollten Sie es aber nicht sein, so werden Sie binnen zwei Stunden vor Gott Rechnung ablegen!“ – Tisch und Stühle wurden herbeigeschafft; das Kriegsgericht eröffnete seine Sitzung; die Angeklagten wurden verhört, verurtheilt, und im Angesichte der ganzen Armee erschossen.

Allein zu derselben Zeit, als Espartero seinen Soldaten durch diese Handlungen nachdrücklicher Strenge imponirte, wandte er auch alle Mittel an, um die Liebe seiner Truppen zu gewinnen. Kein Feldherr zeigte sich besorgter für das Wohlsein seiner Soldaten, als er; seine Reclamationen wegen Sold, Nahrungsmittel, Kleidung und Recrutirung der Armee ermüdeten endlich das Ministerium, welches oft das Heer den bittersten Mangel leiden ließ, während es demselben nie an Geld für die Verschwendungen der eben so leichtsinnigen als anmuthigen Königin Christine fehlte, und vielleicht, daß in diesen Weigerungen der Schlüssel zu Espartero’s späterem Benehmen zu suchen ist.

Hierauf kam Espartero auf sein System zurück, zu zaudern oder entscheidende Waffenthaten zu unternehmen, wie sich eben die Gelegenheit dazu günstig zeigte. Längst schon hatte er inzwischen die Idee verfolgt, den Bürgerkrieg auf dem Wege des Vergleichs zu beendigen, weshalb er auch so oft als thunlich hierüber mit den carlistischen Heerführern, die er mehr als Andere für derartige Pläne zugänglich hielt, in Briefwechsel trat. Die Armee des Prätendenten war durchaus nicht disciplinirter, als die der Königin-Regentin, bevor der Oberbefehl an Espartero übergeben wurde. Durch eine jener aufrührerischen Bewegungen, deren es unter diesen Armeen so viele gab, war Maroto General-en-chef der carlistischen Streitmacht geworden. Dieser Maroto aber, ein alter Waffengefährte Espartero’s aus der Zeit der amerikanischen Expedition, schien dem christinischen Obergeneral am zugänglichsten für die Verwirklichung seiner Pläne. Bald wurden Unterhandlungen zwischen beiden Feldherren angeknüpft; sie wurden von beiden Theilen mit der äußersten Behutsamkeit geführt, und die einstweilige Einstellung der Feindseligkeiten war die natürliche Folge davon. Inzwischen beschloß Espartero, der nie vor einer kühnen That zurückschreckte, sobald er sie seinen Interessen für förderlich hielt, durch einen Sieg das Ende der Verhandlungen, die sich schon seit mehren Monaten in die Länge zogen, zu erzwingen. Die Carlisten hatten sich in einer überaus festen Stellung verschanzt, aus welcher sie Einfälle in Castilien unternehmen konnten; an der Spitze von dreißigtausend Mann bemächtigte sich Espartero in den letzten Tagen des Mai’s 1839 durch einen Handstreich jener Position. Bei dieser Gelegenheit wurde er zum Grand von Spanien und zum Herzoge vom Siege erhoben. Eine ununterbrochene Reihe von glücklichen Erfolgen bezeichnete jetzt die Flucht der carlistischen Armee, und am 29. August des genannten Jahres endigte durch den Vertrag von Bergara jener unselige Krieg, der seit sieben Jahren drei schöne Provinzen Spaniens verwüstet hatte. Vierzehn Tage darauf begab sich Don Carlos nach Frankreich. Auch Cabrera sah sich im nächsten Frühjahre genöthigt, daselbst ein Asyl zu suchen, und hiermit war der Friede in Spanien hergestellt und vollendet.

Dies war im Kurzen die militairische Laufbahn Espartero’s. Wie wir bereits angeführt haben, zeigte er sich weniger als großer Feldherr, wie als gewandter Zauderer; aber man kann ihn deshalb nicht der Feigheit oder auch nur der Zaghaftigkeit anklagen, denn er ist nicht besiegt worden und seine Unternehmungen haben niemals einen schlechten Ausgang genommen. Er ging langsam, aber sicher auf sein Ziel los, und in seiner Lage war dies das beste Mittel, das er ergreifen konnte, wenn nicht das einzige. Es mag noch hinzugefügt werden, daß dieses System ihm von seinem Geiste, dessen Haupteigenschaft gesunder Blick und richtiges Urtheil war, wie von seinem Temperament und seiner Gesundheit vorgeschrieben wurde. Kalt, phlegmatisch, wie er überhaupt ist, wurde diese Anlage zur Trägheit noch durch eine schmerzhafte Krankheit gesteigert, die ihn zwang, einen großen Theil seines Lebens im Bett zuzubringen, und ihn hinderte, auch die geringste Anstrengung zu ertragen. Seine Soldaten erzählen, daß sie oft gesehen, wie ihn nach langen Märschen der Schmerz zwang, vom Pferde zu steigen und sich unter lautem Geschrei auf die Erde zu werfen. So ist sein Leben gemischt aus wechselnden Fiebern und langen Perioden von Unthätigkeit.

Nicht minder bedeutend als auf dem Felde des Krieges waren jedoch die Erfolge Espartero’s auf dem Felde der Politik, welches derselbe mit seiner Ernennung zum Oberfeldherrn betrat. Die Revolution von Granja, welche Espartero erhob, hatte zugleich ein Ministerium des Fortschrittes an die Spitze der Regierung gebracht, denn die große Masse der Spanier gehörte schon damals wie noch jetzt zwei großen sich feindlich gegenüberstehenden Heerlagern an, der Partei des Fortschrittes, Exaltados, Ueberspannte, richtiger aber die nationale Partei, genannt, und der Partei der Gemäßigten, Moderados geheißen, eigentlich aber als französische Partei bezeichnet und bald mehr bald weniger offen, dem Rückschritt von der vertragsmäßigen Verfassung von 1837 zu dem octroyirten Estatuto real von 1833 zugewendet. Jener gehört, außer den Männern von 1812, der größere Theil der Städte und die ganze Jugend, dieser der Hof, ein großer Theil des Adels und der Staatsbeamten, und namentlich der minder ehrenwerthe Theil der spanischen Nation an, der sich um König Joseph geschart und seit jener Zeit alle Heil von Frankreich zu erwarten gelernt hat. Es mag sein, daß beide Parteien im Volke von gleicher Stärke sind; bis in die neueste Zeit sind jedoch die Exaltados fast sichtlich im Wachsen begriffen gewesen, und erst seit den letzten Tagen, wo sich die Führer derselben mit den Christinos vereinigt haben, dürfte ihre Zukunft gefährdet erscheinen. Jene stützen sich vornehmlich auf England, welches Spanien, besonders Frankreich gegenüber, frei und unabhängig haben will; diese sind völlig in Frankreichs Interesse, welches durch dieselben die Bourbonischen Familienverträge wiederherstellen und vielleicht einen Orleans auf den spanischen Thron erheben zu können, die schlechtverborgene Hoffnung hegt. Espartero, obwol von wenig ausgesprochener Gesinnung, wurde bei seiner Erhebung den Moderados zugerechnet, scheint aber vielmehr ein ernstlicher Anhänger der Constitution von 1837 zu sein, und ist deshalb den Exaltados wie den Moderados in ihren äußersten Stimmführern in gleichem Maße verhaßt und nur aus diesem Haß das monströse Bündniß derselben erklärbar, welches die jetzige Revolution zu Tage gefördert hat.

Als Espartero zu dem Oberbefehl der Nordarmee berufen wurde, war derselbe mit seinen politischen Ansichten sehr zurückhaltend, sah sich aber doch den Schmähungen der Exaltirten blosgestellt, die er vielleicht durch den passiven aber entschiedenen Widerstand verdiente, welchen er dem durch die Revolution von Granja zur Gewalt erhobenen Ministerium entgegensetzte, über welches er sich weniger für seine Person, als wegen der Hintansetzung seiner Truppen zu beklagen hatte. Nachdem inzwischen Don Carlos seinen damaligen Plan, Madrid durch einen Handstreich zu nehmen, durch das schnelle Heranrücken Espartero’s vereitelt sah, richteten die Offiziere der Garde an die Königin ein Gesuch um Entlassung der Minister, worin diese ein Subordinationsvergehen fanden und auf Bestrafung antrugen, welche Espartero verweigern zu müssen glaubte, weshalb die Minister resignirten, weil sie sich über die Mittel, die Armee zu ihrer Pflicht zurückzuführen, nicht verständigen konnten. Espartero schlug das Kriegsministerium und die Stelle als Ministerpräsident aus, verwendete sich aber für die Ernennung des Generals Alaix, eines ihm wahrhaft ergebenen Mannes, und behielt dadurch großen Einfluß auf die Verwaltung, indem er die Minister nöthigte, seine Forderungen zu befriedigen und es sogar wagen durfte, die Convention von Bergara auf seine eigne Verantwortung und ohne Zustimmung des Ministeriums abzuschließen. Dieses, kaum von der Furcht vor Don Carlos befreit, löste die Cortes auf und recrutirte sich im absolutistischen Sinne, unter andern auch den Kriegsminister seines seines Postens enthebend. Diese Beleidigung entfremdete Espartero, welcher vielleicht schon damals die spätern Rückschritte des neuen Ministeriums voraussah, gänzlich der Partei der Gemäßigten und begründete eine Annäherung zwischen ihm und der Nationalpartei, möglicherweise durch den General Linage, seinen Adjutanten und Secretair vermittelt, welcher es wagte, sich offen über die nachtheiligen Folgen der Auflösung der Cortes und der Veränderung des Ministeriums auszusprechen. Nichtsdestoweniger gaben die Wahlen dem Ministerium eine sehr bedeutende Majorität und führten dasselbe zugleich mit dem Königthum, weil sie ihren Sieg zum Unrecht mißbrauchten, dem Untergang entgegen. Nicht nur entzweite sich das Ministerium durch kleinliche Demüthigungen offen mit Espartero, welchen es doch zur Bezwingung Cabrera’s nicht entbehren konnte, sondern es ging soweit, das erst im Jahre 1837 angenommene Gesetz über die Municipalwahlen – denen, obgleich wesentlich demokratisch, es doch die große Majorität in den Cortes verdankte – durch eben diese Majorität in einem so ganz entgegengesetzten Sinne verändern zu lassen, daß ein Schrei der Entrüstung aus ganz Spanien wiederhallte. Während der schon durch die bloße Vorlegung dieses unheilvollen Gesetzes hervorgerufenen Aufregung bestand die Königin Christine darauf, mit ihrer Tochter zum Gebrauch der Seebäder nach Barcelona zu gehen; allein sie wurde auf der ganzen Reise mit dem Geschrei: „Es lebe die Constitution“ –, die man durch das Ministerium ernstlich bedroht glaubte – „hinweg mit dem Municipalgesetz!“ und selbst mit dem Rufe „Es lebe die Herzogin von Vittoria!“ empfangen. Espartero kannte genau die Stimmung des Volkes und seinem hellen Blicke verbargen sich die Gefahren nicht, welchen die Königin durch ihre verblendete und egoistische Umgebung blosgestellt wurde. Es war in Lerida, wo er mit der Regentin persönlich zusammentraf; er machte derselben die ernstlichsten Vorstellungen; er enthüllte ihr mit soldatischer Offenheit die ganze Gefahr ihrer Lage; vergebens! die Regentin wollte nicht hören; man nannte die Sprache der Wahrheit verletzend, und fand in der männlichen Besorgniß des erfahrenen Feldherrn eine Beleidigung. In diesen Gesinnungen wurde die Königin Regentin noch bestärkt durch ihren glänzenden Empfang in Barcelona, und auch hier wurde die Stimme der Warnung, die von der Stadtbehörde erhoben wurde, übertäubt von dem Geplapper der Schmeichelei. Mit dreifach größerm Triumph, als die Königin, wurde aber wenige Tage später Espartero bei seinem Einzuge empfangen, begeisterte Rufe umgaben ihn und unter diesen auch der: „Tod den Franzosen!“ denen man nicht mit Unrecht die Verblendung der Königin zuschrieb. Ihm wurde überlassen, die Beschwerden eines ganzen Volkes der Regentin vorzutragen, und er verlangte in dessen Namen die Entlassung der Minister und die Zurücknahme des Gesetzes über die Municipalitäten, worüber noch in den Kammern verhandelt wurde. Die Königin verweigerte eigensinnig, was immer dringender von ihr verlangt wurde, und mit dem ganzen Trotz eines launigen Weibes ertheilte sie an demselben Morgen, wo die Nachricht von der Annahme des Gesetzes durch die Cortes einging, die königliche Sanction. Sobald Espartero dies erfuhr, gab er seine Entlassung ein, und als die Königin diese verweigerte, ließ er derselben nur die Wahl zwischen seinen Diensten und denen des Ministeriums, indem er ihr nicht verhehlte, daß nur die Rücknahme des Gesetzes ihr Ströme von Blut ersparen könnte. Schon war der Aufstand organisirt; die öffentlichen Plätze mit Menschen übersät; der Stadtrath in Permanenz; die Straßen verbarricadirt; das Volk bewaffnet. Nach diesen Vorbereitungen begab sich eine Deputation des Stadtrathes zu Espartero, und in dessen Begleitung zur Königin Regentin, um die bereits ausgesprochenen Bitten zu erneuern. Die Königin, bei welcher Espartero mit den Generalen Valdes und Van Halen eintrat, bewilligte nun zwar die Entlassung der Minister, verweigerte jedoch hartnäckig sowohl die Rücknahme des Gesetzes, als die Auflösung der Cortes. Dennoch gelang es Espartero, schon durch dieses eine Zugeständniß das versammelte Volk [51] zu zerstreuen und die gestörte Ordnung wiederherzustellen. Die Königin ernannte ein neues Ministerium und vertauschte eiligst den Aufenthalt in Barcelona mit dem von Valencia; kaum jedoch unter dem Schutze des Generals O’Donnell und einer ihm ergebenen Armee sich wissend, entließ sie das volksthümliche Ministerium und wählte ein neues aus der Zahl der entschiedensten Moderados. Da erhob sich ganz Spanien wie ein Mann; der Magistrat von Madrid zuerst, in seinem Gefolge Stadt nach Stadt, Provinz nach Provinz, und einstimmig wurde nun Rücknahme der Städteordnung, Auflösung der Cortes und Entlassung des Ministeriums gefordert. In der Noth nahm die Königin von Neuem zu Espartero ihre Zuflucht und beauftragte denselben mit der Bildung eines Kabinets; dieser reiste mit den von ihm gewählten Collegen nach Valencia ab und legte der Königin die Bedingungen der Unterwerfung Spaniens vor, die nach harten Stürmen ihre Entsagung vom 10. October 1840 und ihre Entfernung aus Spanien zur Folge hatte, wogegen Espartero versprach, zum Schutz der wankenden Krone Isabella’s in Spanien zurückzubleiben. Die Königin wandte sich nach Frankreich, von woher der böse Rath ihr gekommen war; sie hat in den fünf Jahren ihrer Regentschaft auch nicht das Minderste für Spanien gethan; es giebt auch nicht eine wohlthätige Maßregel, welche ihren Namen mit Ehren auf die Nachwelt zu bringen geeignet wäre; wohl aber fanden sich nach ihrem Weggange ungeheure Verschleuderungen des Krongutes, und während Hunderte und Tausende von Mönchen und Nonnen mit den bittersten Qualen des Hungers rangen, hat die allerchristlichste Königin ein Vermögen von enormer Größe angehäuft, welches sie in Ueppigkeit verzehrt, soweit sie es nicht zur Anstiftung insurrectioneller Bewegungen verwendet.

Espartero, von den sofort nach der Entsagung der Königin berufenen Cortes zum Regenten des Königreichs gewählt, hält seitdem die Zügel des Staates mit fester Hand und hat dem Lande bereits mehre der trefflichsten Gesetze gegeben, während allmälig auch in die zerrüttete Verwaltung eine Ordnung zurückkehrte, welche seit lange in Spanien unerhört gewesen ist. Allein eine gedemüthigte Frau und eine Italienerin vergiebt nicht; schon zum dritten Male hat sie Aufruhr in den kaum vom Bürgerkriege befreiten Provinzen entzündet. Den ersten, welcher im Palaste selbst ausgebrochen, das Leben der jungen Königin für eine ganze Nacht einer rohen Soldateska Preis gab und an der Tapferkeit einiger Hatschiere scheiterte, büßte am 15. Oct. 1841 der ritterliche Don Diego Leon mit dem Leben, während der schuldigere O’Donnel sein Leben durch die Flucht in Sicherheit brachte. Der zweite, in dem unruhigen Barcelona angezettelt, und durch französische Agenten fast offen unterstützt, kostete dreizehn Opfern das Leben. Der dritte wüthet noch jetzt, von Frankreich offener, als jemals, begünstigt, denn es sind an einem Tage 300 Christinos von Perpignan nach Spanien übergetreten, und alle Häupter der Partei, an ihrer Spitze die Generale Narvaez und O’Donnel, sind, mit Geld und Pässen versehen, von Paris abgereist. Vor wenigen Tagen ist auch Espartero aufgebrochen, seiner Königin Sicherheit und seinem Lande Frieden wiederzubringen; er durfte die Hauptstadt dem Schutze ihrer eignen Bürger anvertrauen, und ohne Furcht des Widerspruchs sich auf ein fast fleckenloses Leben berufen. Das Manifest, welches er vor seinem Auszug an die Nation richtete, ist ein Meisterstück ernster und männlicher Beredsamkeit, und daß er in einem Lande, dessen Finanzverhältnisse sich in einer beispiellosen Verwirrung befinden, ungesetzliche Steuererhebung verschmähte und lediglich von dem Patriotismus der Einwohner die Zahlung der nicht verwilligten Steuern erwartete, ist eine Handlung von so seltener politischer Redlichkeit, daß Espartero schon durch diesen einzigen Zug alle die giftigen Verleumdungen widerlegt hat, die von so verschiedenen Seiten auf ihn geschleudert werden. Er bekämpft zwei gefährliche Feinde, die Rachsucht einer beleidigten Frau und den Fanatismus politischer Träumer, denn für mehr als Träumer können die nicht gehalten werden, die einen Zustand, der von geringen Anfängen sichtlich zum Bessern fortschreitet, gewaltsam mit einem andern vertauschen wollen, für welchen ihre eigene Leidenschaftlichkeit und ihr eigner Ungehorsam gegen das Verfassungsgesetz des Landes keine Bürgschaften von irgend einiger Dauer gewähren. Schon hat er den Schauplatz von hundert Siegen betreten, und so gewiß er der einzige Mann ist, von dem Spanien die Heilung der tiefen Wunden erwarten darf, an denen es blutet, so gewiß begleiten ihn die Wünsche aller Freunde der Ordnung, der Gesetzlichkeit und der Verfassungstreue; ja sollte ihm der Sieg versagt sein, so wird gewiß nicht Christine die Früchte des ausgesäeten Unheils ernten, sondern Spanien wird, für Jahre in seinem Fortschritte gehemmt, eine Beute anarchischer Kräfte werden, und selbst das Königthum erscheint gefährdet, denn wehe dem Lande, dessen König ein Kind ist.
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