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Titel: Esdras drittes Buch
Untertitel: 3. Buch Esra
aus: Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel S. 247–254, 1281–1282
Herausgeber: Paul Rießler
Auflage:
Entstehungsdatum: 1. Jahrhundert v. Chr.
Erscheinungsdatum: 1928
Verlag: Dr. B. Filser
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Erscheinungsort: Augsburg
Übersetzer: Paul Rießler
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Commons
Kurzbeschreibung:
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[247]
19. Esdras drittes Buch

3. Kapitel: Der Wettstreit der Leibpagen. Des Weines Macht
1
König Darius gab ein groß Gelage

all seinen Untertanen,
all seinen Haussklaven
und allen Vornehmen von Medien und Persien

2
und allen Satrapen, Heerführern und Statthaltern unter ihm,

von Indien bis nach Äthiopien,
in 127 Satrapien.

3
Sie aßen und tranken.

Nachdem sie voll geworden,
zogen sie sich zurück.
Auch König Darius zog sich in sein Schlafgemach zurück.
Da wachte er wieder auf,
nachdem er schon eingeschlafen war.

4
Die drei jungen Leibwächter hatten aber zueinander gesagt:
5
Jeder von uns soll einen Spruch anfertigen

über das, was das Stärkste ist.
Und wessen Wort sich dann weiser erzeigt
als das der anderen,
dem soll König Darius reichliche Geschenke
und große Siegerpreise verleihen!

6
Er soll in Purpurstoff gekleidet werden,

aus goldenen Bechern trinken,
auf goldenen Betten schlafen,
einen Wagen bekommen mit goldenen Zügeln,
einen Turban aus feinstem Linnen
und ein Halsband tragen!

7
Er soll um seiner Weisheit willen

neben Darius auf dem ersten Platze sitzen
und des Darius Vetter heißen!

8
Nachdem sie jeder seinen Spruch geschrieben,

versiegelten sie ihn
und legten ihn unter des Königs Darius Kissen.

9
Sie sagten:
[248]

Erwacht der König,
dann überreicht man ihm das Schriftstück.
Hierauf erkenne man den Sieg dem zu,
dessen Spruch der König und die drei Vornehmsten Persiens
als weisesten erklären,
entsprechend dem Aufschrieb.

10
Der Erste schrieb:

Der Wein ist am mächtigsten.

11
Der Zweite schrieb:

Der König ist am mächtigsten.

12
Der Dritte schrieb:

Die Weiber sind am mächtigsten.
Doch über alles siegt die Wahrheit.

13
Als der König aufwachte,

nahm man das Schriftstück und gab es ihm.
Da las er es.

14
Hierauf ließ er alle Vornehmen von Persien und Medien,

Satrapen, Heerführer, Statthalter und Oberste berufen.
Dann ließ er sich im Staatssaal nieder
und also ward das Schriftstück ihm vorgelesen.

15
Hierauf befahl er:

Ruft jene Jünglinge;
sie sollen ihre Sprüche selbst erklären!
So wurden sie gerufen.
Nach ihrem Eintritt

16
befahl man ihnen:

Erkläret uns das Aufgeschriebene!
Da fing der Erste also an:
– er hatte von des Weines Macht geschrieben –

17
Ihr Männer! Inwiefern der Wein am stärksten ist?

Er macht die Sinne allen Menschen wirr,
die von ihm trinken.

18
Die Sinne eines Königs macht er gleich

wie die des Waisenknaben,
die eines Sklaven wie die eines Freien,
die eines Bettlers wie die eines Reichen.

19
Gar alle Sinne wandelt er in Lustigkeit und Fröhlichkeit,

läßt alle Trauer, alle Schulden in Vergessenheit geraten.

20
Und alle Herzen macht er reich,

läßt Könige und Satrapen sich vergessen
und alle Reden läßt er in Millionen sich ergehen.

21
Doch Freunde und Verwandte läßt er Freundschaft selbst vergessen,

wofern sie von ihm trinken.
Nicht lange dauert es,
so zücken sie die Schwerter.

22
Erwachen sie jedoch vom Wein,

so denken sie nicht mehr an das,
was sie verübt.

[249]
23
Ihr Männer!

Ist nicht der Wein am mächtigsten,
dieweil er so zu handeln zwingt?
Nachdem er so gesprochen, schwieg er.


4. Kapitel: Des Königs Macht
1
Da fing der Zweite an, zu reden,

der von des Königs Macht geschrieben:

2
Ihr Männer!

Sind nicht am mächtigsten die Menschen,
dieweil sie sich die Erde und das Meer
und alles, was darinnen, unterwerfen?

3
Der König aber ist der mächtigste von ihnen:

denn er gebietet über sie,
und er beherrscht sie,
und sie gehorchen ihm in allem, was er ihnen anbefiehlt.

4
Befiehlt er ihnen, gegenseitig Krieg zu führen,

dann tun sie es.
Und sendet er sie gegen Feinde aus,
alsdann marschieren sie
und zwingen Berge, Mauern, Burgen nieder.

5
Sie morden, und sie lassen ermorden

und handeln niemals gegen den Befehl des Königs.
Und wenn sie siegen, bringen alles sie dem König,
und wenn sie plündern, ausnahmslos das übrige.

6
Und die, die keinen Kriegsdienst tun

und die nicht kämpfen,
vielmehr das Land bebauen,
sie bringen wiederum dem König Gaben,
nachdem sie eingeheimst, was sie gesät.
Sie zwingen ja sich gegenseitig,
dem König Abgaben zu bringen.

7
Er ganz allein ist einzig.

Heißt er sie töten,
so töten sie.
Befiehlt er frei zu lassen.
sie lassen frei.

8
Heißt er sie schlagen,

hauen sie zu.
Befiehlt er zu verwüsten,
verwüsten sie.
Heißt er sie bauen,
so bauen sie.

9
Heißt er vernichten,

vernichten sie.
Befiehlt er anzupflanzen,
so pflanzen sie.

[250]
10
Sein ganzes Volk und seine Heere folgen ihm.

Dabei setzt er sich selber an den Tisch
und ißt und trinkt und schläft.

11
Sie aber halten Wache rings um ihn,

und keiner darf von ihnen sich entfernen
und seine eigenen Geschäfte tun,
noch den Gehorsam ihm verweigern.

12
Ihr Männer!

Wie sollte nicht am mächtigsten der König sein,
weil solch Gehorsam ihm geleistet wird?
Nun aber schwieg er.

13
Nun hob der Dritte an zu reden,

der von den Weibern und der Wahrheit schrieb,
Zorobabel.

14
Ihr Männer!

Ist nicht der König groß?
Sind nicht die Menschen zahlreich?
Ist nicht der Wein so mächtig?
Wer ist nun ihr Gebieter?
Und wer ihr Herrscher?
Sind’s nicht die Weiber?

15
Die Weiber sind es, die den König

und all die anderen hervorgebracht,
die Erd und Meer beherrschen.

16
Geboren, aufgezogen wurden auch von ihnen

all die, die Weinberge gepflanzt, wovon der Wein.

17
Sie sind es, die den Menschen Kleider machen,

sie, die den Menschen Zierat schaffen.
Es können nicht die Menschen leben ohne Weiber.

18
Und wenn sie Gold und Silber

oder andere Kostbarkeiten sammeln,
und sehen sie alsdann ein einzig Weib,
liebreizend durch Gestalt und Schönheit,

19
so lassen sie das alles liegen,

von Gier nach ihm getrieben,
und starren es mit offnem Munde an,
und alle ziehen es bei weitem vor
dem Golde oder Silber
oder sonstigen Kostbarkeiten.

20
Der Mensch verläßt den Vater, der ihn aufgezogen,

und seine Heimat
und hängt sich an sein Weib.

21
Er stirbt, das Weib im Herzen,

und denkt nicht mehr an Vater, Mutter
und nicht mehr an die Heimat.

22
Daran müßt ihr erkennen,

daß diese Weiber euch beherrschen.

[251]

Ja, müht und quält ihr euch nicht ab,
daß ihr den Weibern alles geben und verschaffen könnt?

23
Es nimmt der Mensch sein Schwert,

bricht auf, zieht aus
und raubt und stiehlt,
fährt auf den Strömen und dem Meer.

24
Er sieht dem Löwen in das Auge,

durchzieht die Finsternis
und hat er dann gestohlen und geplündert
oder Straßenraub getrieben,
dann bringt er’s der Geliebten.

25
Es liebt der Mensch sein eigen Weib,

mehr als den Vater und die Mutter.

26
Gar viele kamen schon der Weiber wegen um die Sinne

und wurden ihretwegen Sklaven.

27
Gar viele gingen schon zugrunde

und wurden unglücklich,
ja selbst Verbrecher um der Weiber willen.

28
Glaubt ihr mir deshalb nicht?

Ist nicht der König groß durch seine Macht?
Und hüten sich nicht alle Lande,
ihn zu berühren?

29
Und dennoch sahen sie Apame,

des hochgeehrten Bartakes Tochter,
das Nebenweib des Königs,
wie sie beim Könige zur Rechten saß,

30
das Diadem vom Haupt des Königs nahm,

sich’s selber aufsetzte,
und mit der Linken gab sie selbst dem König einen Backenstreich,

31
indes der König offenen Mundes da saß

und sie nur anschaute.
Wenn sie ihn anlacht,
lacht er auch;
ist sie ihm böse,
dann schmeichelt er,
bis sie ihm wieder gut.

32
O Männer!

Wie sollten nicht die Weiber mächtig sein,
weil sie so handeln?

33
Wie nun der König und die Vornehmen einander ansahen,

begann er von der Wahrheit so zu reden:

34
Ihr Männer!

Sind nicht die Weiber mächtig?
Groß ist die Erde, hoch der Himmel,
und schnell im Lauf die Sonne,
dieweil sie ums Gewölb des Himmels kreist
und wiederum an ihren Ort und an einem einzigen Tage läuft.

35
Ist nun nicht groß, wer solches tut?
[252]

Noch größer und noch mächtiger als alles
ist die Wahrheit.

36
Die ganze Erde ruft nach Wahrheit;

der Himmel preist sie laut,
und das Geschaffene erhebt und zittert insgesamt;
es gibt nichts Unrechtes an ihr.

37
Der Wein ist ungerecht,

der König ungerecht
und ungerecht die Weiber;
die Menschenkinder all sind ungerecht,
all ihre Werke sind ungerecht,
was immer so beschaffen ist.
Nicht ist in ihnen Wahrheit;
vermöge ihrer Ungerechtigkeit gehen sie zugrund.

38
Die Wahrheit aber bleibt,

und sie behält auf ewig Macht,
lebt und behält in alle Ewigkeiten Kraft.

39
Auch ist bei ihr kein Ansehen der Person

und nicht Parteilichkeit;
sie tut vielmehr nur das, was recht,
im Unterschied von allen Bösen, allen Ungerechten.
An ihren Werken haben alle Wohlgefallen.

40
Nicht das geringste Unrecht ist in ihrem Urteil.

Und so gehört ihr denn die Macht,
die Herrschaft, die Gewalt,
die Herrlichkeit zu allen Zeiten.
Gepriesen sei der Gott der Wahrheit!

41
Als er nun aufhörte zu reden,

da riefen alle die Versammelten:
Groß ist die Wahrheit;
sie ist am mächtigsten. –

42
Dann sprach zu ihm der König.

Bitt jetzt, was du nur willst,
noch mehr, als was geschrieben ist!
Wir wollen es dir geben,
weil du als Weisester erfunden wardst.
Du sollst auch neben mir den Platz erhalten,
sowie mein Vetter heißen!

43
Darauf sprach er zum König:

Gedenke des Gelübdes,
das du damals machtest,
als du deine Krone erlangtest;
du wollest nämlich Jerusalem wieder befestigen

44
und alle aus Jerusalem weggenommenen Geräte

wieder zurücksenden.
Sie hatte schon Cyrus ausgeschieden,
als er gelobte, Babel zu zerstören
und sie dorthin zurückschicken zu wollen.

[253]
45
Auch gelobtest du,

den Tempel wieder aufzubauen,
den die Idumäer in Brand steckten,
als Juda von den Chaldäern verwüstet ward.

46
Das ist es nun,

was ich von dir fordere, Herr König,
und um was ich dich bitte.
Das ist die glorreiche Tat,
die du vollziehen mögest.
Ich flehe,
du mögest das Gelübde erfüllen,
das du dem König des Himmels mündlich gelobtest.

47
Da stand König Darius auf,

küßte ihn
und schrieb ihm Briefe
an alle Amtleute, Statthalter, Heerführer und Satrapen,
sie sollen ihm und allen, die mit ihm hinaufzögen,
Jerusalem wieder zu befestigen,
freies Geleite geben.

48
Sodann befahl er schriftlich

allen Statthaltern in Cölesyrien und Palästina,
sowie denen im Libanon,
sie sollen Zedernstämme vom Libanon nach Jerusalem schaffen
und ihm bei der Befestigung der Stadt helfen.

49
Ferner gab er Freibriefe allen Juden,

die aus dem Reich nach Juda hinaufzogen,
daß kein Fürst oder Satrap oder Statthalter oder Beamter
vor ihre Tore ziehen dürfe,

50
daß ihnen das ganze Land, das sie einnähmen,

abgabenfrei gehören solle,
sowie, daß die Idumäer
die judäischen Ortschaften in ihrem Besitz zu räumen hätten,

51
ferner, daß zum Tempelbau jährlich bis zum Ausbau

zwanzig Talente auszuzahlen seien,

52
ferner, daß für die täglichen Brandopfer auf dem Altar,

siebzehn nach Vorschrift,
jährlich zehn andere Talente zu zahlen seien,

53
ferner, daß alle aus Babylonien Zuwandernden

frei sein sollten,
sie und ihre Nachkommen,
desgleichen alle Priester,
die zuwanderten, die Stadt zu gründen.

54
Er gab auch schriftlich Befehl,

den Priestern den Unterhalt und die Dienstgewänder zu liefern.

55
Sodann befahl er,

den Leviten den Unterhalt zu gewähren
bis zu dem Tag, wo der Tempel
und Jerusalems Befestigung vollendet sein würde.

[254]
56
Auch befahl er,

allen Wächtern der Stadt Grundbesitz und Sold zu gewähren.

57
Endlich sandte er alle Geräte zurück,

die Cyrus ausgeschieden hatte.
Er gab überhaupt den Befehl,
alles auszuführen, was Cyrus versprochen,
und es in Jerusalem zu verwirklichen.

58
Beim Hinausgehen

hob der Jüngling sein Antlitz gen Himmel,
in der Richtung nach Jerusalem,
pries den Himmelskönig und sprach:

59
Von dir kommt Sieg;

von dir kommt Weisheit.
Dein die Ehre,
ich dein Knecht.

60
Gepriesen seist du,

der du uns Weisheit gabst!
Dir, Herr der Väter, dir bekenn ich es.

61
Dann nahm er die Briefe in Empfang,

ging fort, begab sich nach Babel
und meldete es all seinen Volksgenossen.

62
Da priesen sie den Gott ihrer Väter,

daß er ihnen Erlaubnis und Freiheit schenkte,

63
heimzukehren

und Jerusalem aufzubauen
sowie den Tempel, der seinen Namen trug.
Dann hielten sie sieben Tage lang
Gelage mit fröhlichem Gesang.

Erläuterungen

[1281]
19. Zu 3 Esdras

Das Buch besteht zum größten Teil aus Abschnitten, die dem kanonischen Esdras und Nehemias im allgemeinen entsprechen. Eigentümlich ist dem Buch die Erzählung von einem Wettstreit der Leibpagen des Königs Darius 3, 1 bis 4, 63. Dem Sieger im Wettkampf Zorobabel ist der Wiederaufbau des Tempels zu danken. (Jos. Ant. XI 1–4 nimmt den Bericht für wirkliche Geschichte). Der Name „3 Esdras“ stammt aus der Vulgata, worin die Bücher Esdras und Nehemias als 1 und 2 Esdras gezählt werden. Die LXX stellt das Buch vor Esdras und Nehemias und heißt es 1 Esdras. Hier ist nur der eigentümliche Pagenkampf mitgeteilt. (E. Kautzsch, Apokryphen des A. T. I 1900, 1 ff.; BZ I 232).

  • 3: 1 Der König ist Kambyses, zuerst Mitregent seines Vaters Cyrus. Den biblischen Schriftstellern ist er nur unter seinem Thronnamen bekannt. Dieser wird im A. T. in verschiedenen Formen überliefert: Artaxerxes, Xerxes und Darius. Bei Ktesias liegt er in Artaios vor.
  • 4: 29 Bartakes ist Bartasar oder Belsarusur, der Sohn und Mitregent Naboneds, des letzten Königs von Babel.[1282] Daß seine Tochter in den Harem seines Nachfolgers aufgenommen wurde, ist recht wahrscheinlich. 43 Der Erlaß stimmt selbst in Einzelheiten mit dem des kanonischen Esdras 1; 3; 4–6 überein. Daß der Befehl zum Tempelbau hier dem Darius-Kambyses, im kanon. Esdras aber dem Cyrus zugeschrieben wird, enthält keinen Widerspruch bei dem Verhältnis, worin Kambyses „der König von Babel“ zu seinem Vater Cyrus, „dem König der Länder“, stand. 58 Der „Jüngling“ oder Beamte ist mit Nehemias identisch; zwischen 3 Esdr und Neh 1, 1 ff zeigt sich nämlich eine nicht wegzuleugnende inhaltliche Übereinstimmung. Auch nach Fl. Josephus und dem Talmud ist Nehemias und Zorobabel (4, 13) identisch. Die Rückkehr aus Babel erfolgte 538 v. Chr.

Anmerkungen (Wikisource)

Siehe auch folgende Artikel aus Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft zu dem hier dargebotenen Text: