CLXXIX. Brüssel Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Vierter Band (1837) von Joseph Meyer
CLXXX. Eppstein
CLXXXI. Stolzenfels am Rhein
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EPPSTEIN

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CLXXX. Eppstein.




Ausgebrochen sind die Wappenschilde
Und die Zinnen über’m Brückenthor;
Wie verwaist im schweigenden Gefilde
Ragt des Thurmes Mauerkron’ empor.
     Doch noch kühn im Sinken halten
     Wänd’ und Wall am Felsen fest,
     Baut auch in der Mauerblende Spalten
     Längst die Eul’ ihr räuberisches Nest.




Den südlichen und westlichen Abhang des Taunusgebirges schmückt eine Kette von Burg- und Klosterruinen, welche theils auf isolirten Bergkegeln, wie der Königstein und Falkenstein, theils auf den Kämmen langer Höhenzüge, theils auf den Felsen gebaut sind, welche die Schlucht- und Thalwände des Hauptgebirgs malerisch durchbrechen. In einem tiefen Bergkessel, umgeben von steilen, bewaldeten Höhen, ragen auf einem isolirten Felszacken die Trümmer der Burg Eppstein, die morschen Reste der alten Reichsburg, von welcher ein berühmtes Grafen- und Dynastengeschlecht Namen, Besitzungen und Rechte hatte. Mit stillem, düstern Ernste schaut sie in den Flecken, [122] gleichen Namens, welcher den Fuß ihres Felsens umgibt, und in den fruchtbaren Gau, dessen Schirm sie einst gewesen. Die vorhandenen bedeutenden Mauern, Thürme, zertrümmerten Bollwerke und Thorhallen zeugen von der ehemaligen Größe und Festigkeit dieser verödeten Burg, und lassen den tiefen Eindruck ahnen, den sie einst machen mußte, da noch ihre Zinnen blinkten und des Burgwarts Horn von ihrer Höhe in den Bergen wiederhallte.

Mancherlei interessante Erinnerungen der Vorzeit knüpfen sich an den Anblick dieser Ruinen. Auf ihrer frühesten Geschichte liegt ein undurchdringliches Dunkel. Niemand kennt ihren Erbauer, und die ältesten der Trümmer weisen in ihrer Bauart auf die Zeit Karl’s des Großen zurück. Schon im elften Jahrhundert und bis zu Anfang des fünfzehnten gehörte das Geschlecht der Eppsteine zu den reichsten und mächtigsten Gebietern der ganzen Gegend. Ein Burggraf von Eppstein, berühmt durch seinen Zug in’s heilige Land, kam 1058 auf den Kur-erzbischöflichen Sitz von Mainz. Er salbte die Kaiser Heinrich den Vierten und Rudolf. Mehrmals noch in den folgenden drei Jahrhunderten prangte das Geschlecht in der Würde des ersten Fürsten des Reichs. Allmächtig fast gebot, durch seinen Geist und seinen Einfluß, der Erzbischof Gebhard über die deutschen Fürsten. Er setzte die Kaiserwahl seines Vetters Adolf von Nassau durch, und sein Einfluß entthronte ihn auch wieder, als Adolf sich den Absichten des mächtigen Priesters widersetzte. Durch Erbschaften und Verheirathungen erwarb das Eppsteinische Haus im Laufe der Zeit die Grafschaften Diez, Königstein und Falkenstein – und zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, unter Graf Gottfried dem Siebenten, dehnten sich seine Besitzungen über die Hälfte von Nassau und der Wetterau aus. Aber wie oft an den höchsten Lebensglanz des Todes Nacht gränzt, so auch da. Schon Gottfried, das Erlöschen seines Stammes ahnend, verkaufte die Hälfte von Eppstein an den Landgrafen von Hessen und verwendete einen großen Theil des erlösten Geldes auf fromme Stiftungen. 1505 erlosch das Geschlecht, der Rest der Besitzungen fiel an Mainz. Von diesem und von Hessen erwarb sie in spätern Zeiten durch Kauf und Tausch das Fürstenhaus Nassau.