Viertes Kapitel Entstehung der Arten (1860)
von Charles Darwin, übersetzt von Heinrich Georg Bronn
Sechstes Kapitel

[142]

Fünftes Kapitel.


Gesetze der Abänderung.


Wirkungen äusserer Bedingungen. — Gebrauch und Nichtgebrauch der Organe in Verbindung mit Natürlicher Züchtung; — Flieg- und Seh-Organe. — Akklimatisirung. — Wechselbeziehungen des Wachsthums. — Kompensation und Ökonomie der Entwickelung. — Falsche Wechselbeziehungen. — Vielfache, rudimentäre und wenig entwickelte Organisationen sind veränderlich. — In ungewöhnlicher Weise entwickelte Theile sind sehr veränderlich; — spezifische mehr als Sippen-Charaktere. — Sekundäre Geschlechts-Charaktere veränderlich. — Zu einer Sippe gehörige Arten variiren auf analoge Weise. — Rückkehr zu längst verlornen Charakteren. — Summarium.

     Ich habe bisher von den Abänderungen — die so gemein und manchfaltig im Kultur-Stande der Organismen und in etwas minderem Grade häufig in der freien Natur sind — zuweilen so gesprochen, als ob dieselben vom Zufall veranlasst wären. Diess ist aber eine ganz unrichtige Ausdrucks-Weise, welche nur geeignet ist unsre gänzliche Unwissenheit über die Ursache jeder besonderen Abweichung zu beurkunden. Einige Schriftsteller sehen es mehr als die Aufgabe des Reproduktiv-Systemes an, individuelle Verschiedenheiten oder ganz leichte Abweichungen des Baues hervorzubringen, als das Kind den Ältern gleich zu machen. Aber die viel grössere Veränderlichkeit sowohl als die viel häufigeren Monstrositäten der der Kultur unterworfenen Organismen leiten mich zur Annahme, dass Abweichungen der Struktur in irgend einer Weise von der Beschaffenheit der äusseren Lebens-Bedingungen, welchen die Ältern und deren Vorfahren mehre Generationen lang ausgesetzt gewesen sind, abhängen. Ich habe im ersten Kapitel die Bemerkung gemacht — doch würde ein langes Verzeichniss von Thatsachen, welches hier nicht gegeben werden kann, dazu nöthig seyn, die Wahrheit dieser Bemerkung zu beweisen —, dass das Reproduktiv-System für Veränderungen in den äussern Lebens-Bedingungen äusserst empfindlich ist; daher ich dessen funktionellen Störungen in den Ältern hauptsächlich die veränderliche oder bildsame Beschaffenheit ihrer Nachkommenschaft zuschreibe. Die [143] männlichen und weiblichen Elemente der Organisation scheinen davon schon berührt zu seyn vor deren Vereinigung zur Bildung neuer Abkömmlinge der Spezies. Was die Spielpflanzen (S. 15) anbelangt, so wird die Knospe allein betroffen, die auf ihrer ersten Entwickelungs-Stufe von einem Ei’chen nicht sehr wesentlich verschieden ist. Dagegen sind wir in gänzlicher Unwissenheit darüber, wie es komme, dass durch Störung des Reproduktiv-Systems dieser oder jener Theil mehr oder weniger als ein andrer berührt werde. Demungeachtet gelingt es uns hier und da einen schwachen Lichtstrahl aufzufangen, und wir halten uns überzeugt, dass es für jede Abänderung irgend eine wenn auch geringe Ursache geben müsse.

     Wie viel unmittelbaren Einfluss Verschiedenheiten in Klima, Nahrung u. s. w. auf irgend ein Wesen auszuüben vermögen, ist äusserst zweifelhaft. Ich bin überzeugt, dass bei Thieren die Wirkung äusserst gering, bei Pflanzen vielleicht etwas grösser seye. Man kann wenigstens mit Sicherheit sagen, dass diese Einflüsse nicht die vielen trefflichen und zusammengesetzten Anpassungen der Organisation eines Wesens ans andre hervorgebracht haben können, welche wir in der Natur überall erblicken. Einige kleine Wirkungen mag man dem Klima, der Nahrung u. s. w. zuschreiben, wie z. B. Edward Forbes sich mit Bestimmtheit darüber ausspricht, dass eine Konchylien-Art in wärmeren Gegenden und seichtem Wasser glänzendere Farben als in ihren kälteren Verbreitungs-Bezirken annehmen kann. Gould glaubt, dass Vögel derselben Art in einer stets heiteren Atmosphäre glänzender gefärbt sind, als auf einer Insel oder an der Küste[1]. So glaubt auch Wollaston, dass der Aufenthalt in der Nähe des Meeres die Farben der Insekten angreife. Moquin-Tandon gibt eine Liste von Pflanzen, welche an der See-Küste mehr und weniger fleischige Blätter bekommen, wenn sie auch landeinwärts [144] nicht fleischig sind. Und so liessen sich noch manche ähnliche Beispiele anführen.

     Die Thatsache, dass Varietäten einer Art, wenn sie in die Verbreitungs-Zone einer andern Art hinüberreichen, in geringem Grade etwas von deren Charakteren annehmen, stimmt mit unsrer Ansicht überein, dass Spezies aller Art nur ausgeprägtere bleibende Varietäten sind. So haben die Konchylien-Arten seichter tropischer Meeres-Gegenden gewöhnlich glänzendere Farben als die in tiefen und kalten Gewässern wohnenden. So sind die Vögel-Arten der Binnenländer nach Gould lebhafter als die der Inseln gefärbt. So sind die Insekten-Arten, welche auf die Küsten beschränkt sind, oft Bronze-artig und trüb von Aussehen wie jeder Sammler weiss. Pflanzen-Arten, welche nur längs dem Meere fortkommen, sind sehr oft mit fleischigen Blättern versehen. Wer an die besondre Erschaffung einer jeden einzelnen Spezies glaubt, wird daher sagen müssen, dass z. B. diese Konchylien für ein wärmeres Meer mit glänzenderen Farben geschaffen worden sind, während jene andern die lebhaftere Färbung erst durch Abänderung angenommen haben, als sie in die seichteren und wärmeren Gewässer übersiedelten.

     Wenn eine Abänderung für ein Wesen von geringstem Nutzen ist, vermögen wir nicht zu sagen, wie viel davon von der häufenden Thätigkeit der Natürlichen Züchtung und wie viel von dem Einfluss äussrer Lebens-Bedingungen herzuleiten ist. So ist es den Pelz-Händlern wohl bekannt, dass Thiere einer Art um so dichtere und bessere Pelze besitzen, in je kälterem Klima sie gelebt haben. Aber wer vermöchte zu sagen, wie viel von diesem Unterschied davon herrühre, dass die am wärmsten gekleideten Einzelwesen durch Natürliche Züchtung viele Generationen hindurch begünstigt und erhalten worden sind, und wie viel von dem direkten Einflusse des strengen Klimas? Denn es scheint wohl, dass das Klima einige unmittelbare Wirkung auf die Beschaffenheit des Haares unsrer Hausthiere ausübe.

     Man kann Beispiele anführen, dass dieselbe Varietät unter den aller-verschiedensten Lebens-Bedingungen entstanden ist, während andrerseits verschiedene Varietäten einer Spezies unter [145] gleichen Bedingungen zum Vorschein kommen[2]. Diese Thatsachen zeigen, wie mittelbar die Lebens-Bedingungen wirken. So sind jedem Naturforscher auch zahllose Beispiele von sich ächt erhaltenden Arten ohne alle Varietäten bekannt, obwohl dieselben in den entgegengesetztesten Klimaten leben. Derartige Betrachtungen veranlassen mich, nur ein sehr geringes Gewicht auf den direkten Einfluss der Lebens-Bedingungen zu legen. Indirekt scheinen sie, wie schon gesagt worden, einen wichtigen Antheil an der Störung des Reproduktiv-Systemes zu nehmen und hiedurch Veränderlichkeit herbeizuführen, und Natürliche Züchtung spart dann alle nützliche wenn auch geringe Abänderung zusammen, bis solche vollständig entwickelt und für uns wahrnehmbar wird.

     Wirkungen von Gebrauch und Nichtgebrauch.) Die im ersten Kapitel angeführten Thatsachen lassen wenig Zweifel bei unseren Hausthieren übrig, dass Gebrauch gewisse Theile stärke und ausdehne und Nichtgebrauch sie schwäche, und dass solche Abänderungen vererblich sind. In der freien Natur hat man keinen Maassstab zur Vergleichung der Wirkungen lang forgesetzten Gebrauches oder Nichtgebrauches, weil wir die älterlichen Formen nicht kennen; doch tragen manche Thiere Bildungen an sich, die sich als Folge des Nichtgebrauchs erklären lassen. Professor R. Owen hat bemerkt, dass es eine grosse Anomalie in der Natur ist, dass ein Vogel nicht fliegen könne, und doch sind mehre in dieser Lage. Die Südamerikanische Dickkopf-Ente kann nur über der Oberfläche des Wassers hinflattern und hat Flügel von fast der nämlichen Beschaffenheit wie die Aylesburger Hausenten-Rasse. Da die grossen Boden-Vögel selten zu andren Zwecken fliegen, als um einer Gefahr zu entgehen, so glaube ich, dass die fast ungeflügelte Beschaffenheit verschiedener Vögel-Arten, welche einige Inseln des Grossen Ozeans jetzt bewohnen oder einst bewohnt haben, wo sie keine Verfolgung von Raubthieren zu gewärtigen haben, vom Nichtgebrauche ihrer Flügel herrührt. Der Strauss bewohnt zwar Kontinente und ist von Gefahren bedroht, denen er nicht durch Flug [146] entgehen kann; aber er kann sich selbst durch Ausschlagen mit den Füssen gegen seine Feinde so gut vertheidigen wie einige der kleineren Vierfüsser. Man kann sich vorstellen, dass der Urvater des Strausses eine Lebens-Weise etwa wie der Trappe gehabt, und dass er in Folge Natürlicher Züchtung in einer langen Generationen-Reihe immer grösser und schwerer geworden seye, seine Beine mehr und seine Flügel weniger gebraucht habe, bis er endlich ganz unfähig geworden sey zu fliegen.

     Kirby hat bemerkt (und ich habe dieselbe Thatsache beobachtet), dass die Vordertarsen vieler männlichen Kothkäfer oft abgebrochen sind; er untersuchte siebenzehn Musterstücke seiner Sammlung, und fand in keinem eine Spur mehr davon. Onites Apelles hat seine Tarsen so gewöhnlich verloren, dass man diess Insekt beschrieben, als fehlten sie ihm gänzlich. In einigen anderen Sippen sind sie nur in verkümmertem Zustande vorhanden. Dem Ateuchus oder heiligen Käfer der Ägyptier fehlen sie gänzlich. Doch ist kein genügender Nachweis vorhanden, dass Verstümmelungen immer erblich seyen, und ich möchte den gänzlichen Mangel der Vordertarsen des Ateuchus und ihren verkümmerten Zustand in einigen andern Sippen lieber der lang-fortgesetzten Wirkung ihres Nichtgebrauches bei deren Stamm-Vätern zuschreiben; denn da die Tarsen vieler Kothkäfer meistens fehlen, so müssen sie schon früh im Leben verloren gehen und können daher bei diesen Insekten nicht viel gebraucht werden.

     In einigen Fällen möchten wir leicht dem Nichtgebrauche gewisse Abänderungen der Organisation zuschreiben, welche jedoch gänzlich oder hauptsächlich von Natürlicher Züchtung herrühren. Wollaston hat die merkwürdige Thatsache entdeckt, dass von den 550 Käfer-Arten, welche Madeira bewohnen, 200 so unvollkommene Flügel haben, dass sie nicht fliegen können, und dass von den 29 der Insel ausschliesslich angehörigen Sippen nicht weniger als 23 lauter solche Arten enthalten. Manche Thatsachen, wie unter andern, dass in vielen Theilen der Welt fliegende Käfer beständig ins Meer gewehet werden und zu Grunde gehen, dass die Käfer auf Madeira nach Wollaston's [147] Beobachtung meistens verborgen liegen, bis der Wind ruhet und die Sonne scheint, dass die Zahl der Flügel-losen Käfer an den ausgesetzten kahlen Felsklippen verhältnissmässig grösser als in Madeira selbst ist, und zumal die ausserordentliche Thatsache, worauf Wollaston so beharrlich fusset, dass gewisse grosse anderwärts sehr zahlreiche Käfer-Gruppen, welche durch ihre Lebens-Weise viel zu fliegen genöthigt sind, auf Madeira gänzlich fehlen, — diese mancherlei Gründe machen mich glauben, dass die ungeflügelte Beschaffenheit so vieler Käfer dieser Insel hauptsächlich von Natürlicher Züchtung, doch wahrscheinlich in Verbindung mit Nichtgebrauch herrühre. Denn während tausend aufeinanderfolgender Generationen wird jeder einzelne Käfer, der am wenigsten fliegt, entweder weil seine Flügel am wenigsten entwickelt sind oder weil er der indolenteste ist, die meiste Aussicht haben alle andern zu überleben, weil er nicht ins Meer gewehet wird; und auf der andern Seite werden diejenigen Käfer, welche am liebsten fliegen, am öftesten in die See getrieben und vernichtet werden.

     Diejenigen Insekten auf Madeira dagegen, welche sich nicht am Boden aufhalten und, wie die an Blumen lebenden Käfer und Schmetterlinge, von ihren Flügeln gewöhnlich Gebrauch machen müssen um ihren Unterhalt zu gewinnen, haben nach Wollaston's Vermuthung keinesweges verkümmerte, sondern vielmehr stärker entwickelte Flügel. Diess ist ganz verträglich mit der Thätigkeit der Natürlichen Züchtung. Denn, wenn ein neues Insekt zuerst auf die Insel kommt, wird das Streben der Natürlichen Züchtung die Flügel zu verkleinern oder zu vergrössern davon abhängen, ob eine grössre Anzahl von Individuen durch erfolgreiches Ankämpfen gegen die Winde, oder durch mehr und weniger häufigen Verzicht auf diesen Versuch sich rettet. Es ist derselbe Fall wie bei den Matrosen eines in der Nähe der Küste gestrandeten Schiffes; für diejenigen, welche gut schwimmen, ist es um so besser, je besser sie schwimmen könnten um ihr Heil im Weiterschwimmen zu versuchen, während es für die schlechten Schwimmer am besten wäre, wenn sie gar nicht schwimmen könnten und sich daher auf dem Wrack Rettung suchten. [148]

     Die Augen der Maulwürfe und einiger wühlenden Nager sind an Grösse verkümmert und in manchen Fallen ganz von Haut und Pelz bedeckt. Dieser Zustand der Augen rührt wahrscheinlich von fortwährendem Nichtgebrauche her, dessen Wirkung vielleicht durch Natürliche Züchtung unterstützt wird. Ein Süd-Amerikanischer Nager, Ctenomys, hat eine noch mehr unterirdische Lebensweise als der Maulwurf, und ein Spanier, welcher oft dergleichen gefangen, versicherte mir, dass solcher oft ganz blind seye; einer, den ich lebend bekommen, war es gewiss und zwar, wie die Sektion ergab, in Folge einer Entzündung der Nickhaut. Da häufige Augen-Entzündungen einem jeden Thiere nachtheilig werden müssen, und da für unterirdische Thiere die Augen gewiss nicht unentbehrlich sind, so wird eine Verminderung ihrer Grösse, die Verwachsung des Augenlides damit und die Überziehung derselben mit dem Felle für sie von Nutzen seyn; und wenn Diess der Fall, so wird Natürliche Züchtung die Wirkung des Nichtgebrauches beständig unterstützen.

     Es ist wohl bekannt, dass mehre Thiere aus den verschiedensten Klassen, welche die Höhlen in Steyermark und Kentucky bewohnen, blind sind. In einigen Krabben ist der Augen-Stiel noch vorhanden, obwohl das Auge verloren ist: das Teleskopen-Gestell ist geblieben, obwohl das Teleskop mit seinem Glase fehlt. Da nicht wohl anzunehmen, dass Augen, wenn auch unnütz, den in Dunkelheit lebenden Thieren schädlich werden sollten, so schreibe ich ihren Verlust gänzlich auf Rechnung des Nichtgebrauchs. Bei einem der blinden Thiere insbesondre, bei der Höhlen-Ratte, haben die Augen eine ungeheure Grösse; und Professor Silliman war der Meinung, dass dasselbe, nachdem es einige Tage im Licht gelebt, ein schwaches Sehe-Vermögen wieder erlange. Wie auf Madeira die Flügel einiger Insekten durch Natürliche Züchtung, von Gebrauch und Nichtgebrauch unterstüzt, allmählich theils vergrössert und theils verkleinert wurden, so scheint dieselbe Züchtung bei der Höhlen-Ratte mit dem Mangel des Lichtes gekämpft und die Augen vergrössert zu haben, während bei allen anderen blinden Höhlen-Bewohnern Nichtgebrauch allein gewirkt haben mag. [149]

     Es ist schwer sich ähnlichere Lebens-Bedingungen vorzustellen, als tiefe Kalkstein-Höhlen in nahezu ähnlichem Klima, so dass, wenn man von der gewöhnlichen Ansicht ausgeht, dass die blinden Thiere für die Amerikanischen und für die Europäischen Höhlen besonders erschaffen worden seyen, auch eine grosse Ähnlichkeit derselben in Organisation und Verwandtschaft zu erwarten stünde. Diese findet aber nach Schiödte’s u. A. Beobachtung nicht statt; und die Höhlen-Insekten der zwei Kontinente sind nicht näher mit einander verwandt, als sich schon nach der grossen Ähnlichkeit zwischen den andern Bewohnern Nord-Amerikas und Europas erwarten lässt. Nach meiner Meinung muss man annehmen, dass Amerikanische Thiere mit gewöhnlichem Sehe-Vermögen in nacheinanderfolgenden Generationen immer tiefer und tiefer in die entferntesten Schlupfwinkel der Kentucky’schen Höhle eingedrungen sind, wie es Europäische in den Höhlen von Steyermark gethan. Und wir haben einigen Beweis für diese stufenweise Veränderung des Aufenthalts; denn Schiödte bemerkt: Wir betrachten demnach diese unterirdischen Faunen als kleine in die Erde eingedrungene Abzweigungen der geographisch-begrenzten Faunen der nächsten Umgegenden, welche in dem Grade, als sie sich weiter in die Dunkelheit ausbreiteten, an die sie umgebenden Verhältnisse gewöhnt wurden; Thiere, von gewöhnlichen Formen nicht sehr entfernt, bereiten den Übergang vom Tage zur Dunkelheit vor; dann folgen die fürs Zwielicht gebildeten und endlich die fürs gänzliche Dunkel bestimmten. Während der Zeit, in welcher ein Thier nach zahllosen Generationen die hintersten Theile der Höhle erreicht, wird hiernach Nichtgebrauch die Augen mehr oder weniger vollständig unterdrückt und Natürliche Züchtung oft andre Veränderungen erwirkt haben, die, wie verlängerte Fühler und Fressspitzen, einigermaassen das Gesicht ersetzen. Ungeachtet dieser Modifikationen werden wir erwarten, noch Verwandtschaften der Höhlen-Thiere Amerikas mit den anderen Bewohnern dieses Kontinents, und der Höhlen-Bewohner Europas mit den übrigen Europäischen Thieren zu sehen. Und Diess ist bei einigen Amerikanischen Höhlen-Thieren der Fall, wie ich von Professor Dana höre; und einige Europäische Höhlen-Insekten [150] stehen manchen in der Umgegend der Höhle wohnenden Arten ganz nahe. Es dürfte sehr schwer seyn, eine vernünftige Erklärung von der Verwandtschaft der blinden Höhlen-Thiere mit den andern Bewohnern der beiden Kontinente aus dem gewöhnlichen Gesichtspunkte einer unabhängigen Erschaffung zu geben. Dass einige von den Höhlen-Bewohnern der Alten und der Neuen Welt in naher Beziehung zu einander stehen, lässt sich aus den wohl-bekannten Verwandtschafts-Verhältnissen ihrer meisten übrigen Erzeugnisse zu einander erwarten. Zwar gehören einige der den Höhlen beider Hemisphären gemeinsamen Insekten zu solchen Sippen, welche bis jetzt allerdings nur in Höhlen gefunden worden, aber früher wohl eine weite oberflächliche Verbreitung gehabt haben mögen. Blinde Arten der Sippe Adelops wohnen jetzt in Höhlen und werden ausser denselben an dunkeln Orten unter Moos u. s. w. gefunden. Ferne davon mich darüber zu wundern, dass einige der Höhlen-Thiere von sehr anomaler Beschaffenheit sind, wie Agassiz von dem blinden Fische Amblyopsis in Amerika bemerkt, und wie es mit dem blinden Reptile Proteus in Europa der Fall ist, bin ich vielmehr erstaunt, dass sich darin nicht mehr Wracks der alten Lebenformen erhalten haben, da solche in diesen dunkeln Abgründen wohl einer minder strengen Mitbewerbung ausgesetzt gewesen seyn würden[3].

     Akklimatisierung.) Gewohnheit ist bei Pflanzen erblich in Bezug auf Blüthe-Zeit, nöthige Regen-Menge für den Keimungs-Prozess, Schlaf u. s. w., und Diess veranlasst mich hier noch Einiges über Akklimatisirung zu sagen. Es ist sehr gewöhnlich, dass Arten von einerlei Sippe sehr heisse sowie sehr kalte Gegenden bewohnen; und da ich glaube, dass alle Arten einer Sippe von einem gemeinsamen Urvater abstammen, so muss, wenn Diess richtig, Akklimatisirung während einer langen Fortpflanzung leicht bewirkt werden können. Es ist bekannt, dass jede Art dem Klima ihrer eignen Heimath angepasst ist; Arten einer arktischen oder auch nur einer gemässigten Gegend können in [151] einem tropischen Klima nicht ausdauern, u. u. So können auch manche Fettpflanzen nicht in feuchtem Klima fortkommen. Doch ist der Grad der Anpassung der Arten an das Klima, worin sie leben, oft überschätzt worden. Wir können Diess schon aus unsrer oftmaligen Unfähigkeit vorauszusagen, ob eine eingeführte Pflanze unser Klima ausdauren werde oder nicht, so wie aus der grossen Anzahl von Pflanzen und Thieren entnehmen, welche aus wärmerem Klima zu uns verpflanzt hier ganz wohl gedeihen. Wir haben Grund anzunehmen, dass im Natur-Stande Arten durch die Mitbewerbung andrer organischer Wesen eben so sehr oder noch stärker in ihrer Verbreitung beschränkt werden, als durch ihre Anpassung an besondre Klimate. Mag aber die Anpassung im Allgemeinen eine sehr genaue seyn oder nicht: wir haben bei einigen wenigen Pflanzen-Arten Beweise, dass dieselben schon von der Natur in gewissem Grade an ungleiche Temperaturen gewöhnt oder akklimatisirt werden. So zeigen die von Dr. Hooker aus Saamen von verschiedenen Höhen des Himalaya erzogenen Pinus- und Rhododendron-Arten auch ein verschiedenes Vermögen der Kälte zu widerstehen. Herr Twaites berichtet mir, dass er ähnliche Thatsachen auf Ceylon beobachtet habe, und Herr H. C. Watson hat ähnliche Erfahrungen mit Pflanzen gemacht, die von den Azoren nach England gebracht worden sind. In Bezug auf Thiere liessen sich manche wohl beglaubigte Fälle anführen, dass Arten derselben binnen geschichtlicher Zeit ihre Verbreitung weit aus wärmeren nach kälteren Zonen oder umgekehrt ausgedehnt haben; jedoch wissen wir nicht mit Bestimmtheit, ob diese Thiere einst ihrem heimathlichen Klima enge angepasst gewesen, obwohl wir Diess in allen gewöhnlichen Fällen voraussetzen, — und ob demzufolge sie erst einer Akklimatisirung in ihrer neuen Heimath bedurft haben, oder nicht.

     Da ich glaube, dass unsre Hausthiere ursprünglich von noch unzivilisirten Menschen gezähmt worden sind, weil sie ihnen nützlich und in der Gefangenschaft leicht fortzupflanzen waren, und nicht wegen ihrer erst später erkundeten Tauglichkeit zu weit ausgedehnter Verpflanzung, so kann nach meiner Meinung das gewöhnlich ausserordentliche Vermögen unsrer Hausthiere [152] die verschiedensten Klimate auszuhalten und sich darin (ein viel gewichtigeres Zeugniss) fortzupflanzen, zur Schlussfolgerung dienen, dass auch eine verhältnissmässig grosse Anzahl andrer Thiere, die sich jetzt noch im Natur-Zustande befinden, leicht dazu gebracht werden könnte, sehr verschiedene Klimate zu ertragen. Wir dürfen jedoch die vorangehende Folgerung nicht zu weit treiben, weil einige unsrer Hausthiere von verschiedenen wilden Stämmen herrühren können, wie z. B. in unsren Haushund-Rassen das Blut eines tropischen und eines arktischen Wolfes oder wilden Hundes gemischt seyn könnte. Ratten und Mäuse dürfen nicht als Hausthiere angesehen werden; und doch sind sie vom Menschen in viele Theile der Welt übergeführt worden und besitzen jetzt eine weitre Verbreitung als irgend ein andres Nagethier, indem sie frei unter dem kalten Himmel der Faröer im Norden und der Falklands-Inseln im Süden, wie auf vielen Inseln der Tropen-Zone leben. Daher ich geneigt bin, die Anpassung an ein besondres Klima als eine leicht auf eine angeborene weite Biegsamkeit der Konstitution, welche den meisten Thieren eigen ist, gepropfte Eigenschaft zu betrachten. Dieser Ansicht zu Folge hat man die Fähigkeit des Menschen und seiner meisten Hausthiere die verschiedensten Klimate zu ertragen und solche Thatsachen, wie das Vorkommen einstiger Elephanten- und Rhinozeros-Arten in einem Eis-Klima, während deren jetzt lebenden Arten alle eine tropische oder subtropische Heimath haben, nicht als Gesetzwidrigkeiten zu betrachten, sondern lediglich als Beispiele einer sehr gewöhnlichen Biegsamkeit der Konstitution anzusehen, welche nur unter besondern Umständen mehr zur Geltung gelangt ist.

     Wie viel von der Akklimatisirung der Arten an ein besondres Klima bloss Gewohnheits-Sache seye, wie viel von der Natürlichen Züchtung von Varietäten mit verschiedenen Körper-Verfassungen abhänge, oder wie weit beide Ursachen zusammenwirken, ist eine sehr schwierige Frage. Dass Gewohnheit und Übung einigen Einfluss habe, will ich sowohl nach der Analogie als nach den ununterbrochenen Warnungen wohl glauben, welche in unsern landwirthschaftlichen Werken und selbst in alten Chinesischen Encyclopädien [153] enthalten sind, recht vorsichtig bei Versetzung von Thieren aus einer Gegend in die andre zu seyn. Denn es ist nicht wahrscheinlich, dass man durch Züchtung so viele Rassen und Unterrassen mit eben so vielen verschiedenen Gegenden angepassten Konstitutionen gebildet habe; das Ergebniss rührt vielmehr von Gewöhnung her. Andrerseits sehe ich auch keinen Grund zu zweifeln, dass Natürliche Züchtung beständig diejenigen Individuen zu erhalten strebe, welche mit den für ihre Heimath-Gegenden am besten geeigneten Körper-Verfassungen geboren sind. In Schriften über verschiedene Sorten kultivirter Pflanzen heisst es von gewissen Varietäten, dass sie dieses oder jenes Klima besser als andre vertragen. Diess ergibt sich sehr schlagend aus den in den Vereinten Staaten erschienenen Werken über Obstbaum-Zucht, worin gewöhnlich diese Varietäten für die nördlichen und jene für die südlichen Staaten empfohlen werden; und da die meisten dieser Abarten noch neuen Ursprungs sind, so kann man die Verschiedenheit ihrer Konstitutionen in dieser Beziehung nicht der Gewöhnung zuschreiben. Man hat die Jerusalem-Artischoke, welche sich nicht aus Saamen fortpflanzt und daher niemals neue Varietäten geliefert hat, angeführt als Beweis, dass es nicht möglich seye eine Akklimatisirung zu bewirken, weil sie noch immer so empfindlich seye, wie sie jederzeit gewesen; zu gleichem Zwecke hat man sich oft auf die Schminkbohne, und zwar mit viel grösserem Nachdrucke berufen. So lange aber, als nicht jemand einige Dutzend Generationen hindurch seine Schminkbohnen so frühzeitig aussäet, dass ein sehr grosser Theil derselben durch Frost zerstört wird, und dann, mit der gehörigen Vorsicht zur Vermeidung von Kreutzungen, seine Saamen von den wenigen überlebenden Stöcken nimmt und von deren Sämlingen mit gleicher Vorsicht abermals seine Saamen erzieht, so lange wird man nicht sagen können, dass der Versuch angestellt worden seye. Auch kann man nicht unterstellen, dass nicht zuweilen Verschiedenheiten in der Konstitution dieser verschiedenen Bohnen-Sämlinge zum Vorschein kommen; denn es ist bereits ein Bericht darüber erschienen, wie viel härter ein Theil dieser Sämlinge gegenüber den andern seye. [154]

     Im Ganzen kann man, glaube ich, schliessen, dass Gewöhnung, Gebrauch und Nichtgebrauch in manchen Fällen einen beträchtlichen Einfluss auf die Änderung der Konstitution und den Bau verschiedener Organe ausgeübt haben; dass jedoch diese Wirkungen des Gebrauchs und Nichtgebrauchs oft in ansehnlichem Grade vermehrt und mitunter noch überboten worden sind durch Natürliche Züchtung mittelst angeborner Abänderungen.

     Wechselbeziehungen der Bildung.) — Ich will mit diesem Ausdrucke sagen, dass die ganze Organisation der natürlichen Wesen so unter sich verkettet ist, dass, wenn während der Entwickelung und dem Wachsthum des einen Theiles eine geringe Abänderung erfolgt und von der Natürlichen Züchtung gehäuft wird, auch andre Theile geändert werden müssen. Diess ist ein sehr wichtiger Punkt, aber noch wenig begriffen. Der gewöhnlichste Fall ist der, dass Abänderungen, welche nur zum Nutzen der Larve oder des Jungen gehäuft werden, zweifelsohne auch die Organisation des Erwachsenen berühren; ebenso wie eine Missbildung, welche den frühesten Embryo betrifft, auch die ganze Organisation des Alten ernstlich berühren wird. Die mehrzähligen homologen und in der frühesten Embryo-Zeit einander noch ähnlichen Theile des Körpers scheinen in verwandter Weise zu variiren geneigt; daher die rechte und linke Seite des Körpers in gleicher Weise abzuändern pflegen, die vorderen Gliedmaassen in gleicher Weise wie die hintern, und sogar in gleicher Weise wie die Kinnladen, da man ja den Unterkiefer für ein Homologon der Gliedmaassen hält. Diese Neigungen können, wie ich nicht bezweifle, durch Natürliche Züchtung mehr und weniger beherrscht werden; so hat es früher eine Hirsch-Familie mit einem Augsprossen nur an einem Geweihe gegeben, und wäre diese Eigenheit von irgend einem grösseren Nutzen gewesen, so würde sie durch Natürliche Züchtung vermuthlich bleibend geworden seyn.

     Homologe Theile streben, wie einige Autoren bemerkt haben, zusammenzuhängen, man sieht Diess oft in monströsen Pflanzen; und nichts ist gewöhnlicher als die Vereinigung homologer Theile zu normalen Bildungen, wie z. B. die Vereinigung [155] der Kronen-Blätter zu einer Röhre[4]. Harte Theile scheinen auf die Form anliegender weicher einzuwirken, und einige Autoren sind der Meinung, dass die Verschiedenheit in der Form des Beckens der Vögel den merkwürdigen Unterschied in der Form ihrer Nieren verursache. Andere glauben, dass beim Menschen die Gestalt des Beckens der Mutter durch Druck auf die Schädel-Form des Kindes wirke[5]. Bei Schlangen bedingen nach Schlegel die Form des Körpers und die Art des Schlingens die Lage einiger der wichtigsten Eingeweide. Die Beschaffenheit des Bandes der Wechselbeziehung ist sehr oft ganz dunkel. Isidore Geoffroy Saint-Hilaire hat auf nachdrückliche Weise hervorgehoben, dass gewisse Missbildungen sehr häufig und andre sehr selten zusammen vorkommen, ohne dass wir den Grund anzugeben vermöchten. Was kann eigenthümlicher seyn, als die Beziehung zwischen den blauen Augen und der Taubheit der Katzen, oder die der Farbe des Panzers mit dem weiblichen Geschlechte der Schildkröten; die Beziehung zwischen den gefiederten Füssen und der Spannhaut zwischen den äusseren Zehen der Tauben, oder die zwischen der Anwesenheit von mehr oder weniger Flaum an den eben ausschlüpfenden Vögeln mit der künftigen Farbe ihres Gefieders; oder endlich zwischen Behaarung und Zahn-Bildung des nackten Türkischen Hundes, obschon hier wohl Homologie mit ins Spiel kommt. Mit Bezug auf diesen letzten Fall von Wechselbeziehung scheint es mir kaum zufällig zu seyn, dass diejenigen zwei Säugethier-Ordnungen, welche am abnormsten in ihrer Bekleidung, auch am abweichendsten in der Zahn-Bildung sind; nämlich die Cetaceen (Wale) und die Edentaten (Schuppenthiere, Gürtelthiere u. s. w.).

     Ich kenne keinen Fall, der besser geeignet wäre, die Wesenheit [156] der Gesetze der Wechselbeziehung bei Abänderung wichtiger Gebilde unabhängig von deren Nützlichkeit und somit auch von der Natürlichen Züchtung darzuthun, als es die Verschiedenheit der äussern und innern Blüthen im Blüthenstande einiger Compositiflorae und Umbelliferae ist. Jedermann kennt den Unterschied zwischen den mitteln und den Rand-Blüthen z. B. des Gänseblümchens (Bellis), und diese Verschiedenheit ist oft verbunden mit der Verkümmerung einzelner Blumen-Theile. Aber in einigen Compositifloren unterscheiden sich auch die Früchte der beiderlei Blüthen in Grösse und Skulptur, und selbst die Ovarien mit einigen Nebentheilen weichen ab, wie Cassini nachgewiesen. Diese Unterschiede sind von einigen Botanikern dem Druck zugeschrieben worden, und die Frucht-Formen in den Strahlen-Blumen der Compositifloren unterstützen diese Ansicht; keineswegs aber trifft es bei den Umbelliferen zu, dass die Arten mit den dichtesten Umbellen die grösste Verschiedenheit zwischen den inneren und äusseren Blüthen wahrnehmen liessen. Man hätte denken können, dass die stärkere Entwickelung der im Rande des Blüthenstandes befindlichen Kronenblätter die Verkümmerung andrer Blüthen-Theile veranlasst habe, indem sie ihnen Nahrung entzogen; aber bei einigen Compositifloren zeigt sich ein Unterschied in der Grösse der Früchte der innern und der Strahlen-Blüthen, ohne vorgängige Verschiedenheit der Krone. Möglich, dass diese mancherlei Unterschiede mit irgend einem Unterschiede in dem Zufluss der Säfte zu den mittel- und den Rand-ständigen Blüthen zusammenhängt; wir wissen wenigstens, dass bei unregelmässig geformten Blüthen die der Achse zunächst stehenden am öftesten der Peloria-Bildung unterworfen sind und regelmässig werden. Ich will als Beispiel dieses und zugleich als treffenden Fall von Wechselbeziehung der Entwickelung anführen, wie ich kürzlich in einigen Garten-Pelargonien beobachtet, dass die mitteln Blüthen der Dolde oft die dunkleren Flecken an den zwei oberen Kronenblättern verlieren und dass, wenn Diess der Fall, das anhängende Nectarium gänzlich verkümmert; fehlt der Fleck nur an einem der zwei oberen Kronenblätler, so wird das Nectarium nur stark verkürzt. [157]

     Hinsichtlich der Verschiedenheiten der Blumenkronen der mitteln und randlichen Blumen einer Dolde oder eines Blüthenköpfchens, so halte ich C. C. Sprengel’s Einfall, dass die Strahlen-Blumen zur Anziehung der Insekten bestimmt seyen, deren Bewegungen die Befruchtung der Pflanzen jener zwei Ordnungen befördere, nicht für so weit hergeholt, als er beim ersten Blick scheinen mag; und wenn es wirklich von Nutzen, so kann Natürliche Züchtung mit in Betracht kommen. Dagegen scheint es kaum möglich, dass die Verschiedenheit zwischen dem Bau der äusseren und der inneren Früchte, welche in keiner Wechselbeziehung mit irgend einer verschiedenen Bildung der Blüthen steht, irgend wie den Pflanzen von Nutzen seyn kann. Jedoch erscheinen bei den Dolden-Pflanzen die Unterschiede von so auffallender Wichtigkeit (da in mehren Fällen nach Tausch die Früchte der äusseren Blüthen orthosperm und die der mittelständigen cölosperm sind), dass der ältere DeCandolle seine Hauptabtheilungen in dieser Pflanzen-Ordnung auf analoge Verschiedenheiten gründete. Wir sehen daher, dass Abänderungen der Struktur von gänzlich unbekannten Gesetzen in den Wechselbeziehungen der Entwickelung bedingt seyn können, und zwar ohne selbst den geringsten erkennbaren Vortheil für die Spezies darzubieten.

     Wir mögen irriger Weise den Wechselbeziehungen der Entwickelung[WS 1] oft solche Bildungen zuschreiben, welche ganzen Arten-Gruppen gemein sind, aber in Wahrheit ganz einfach von Erblichkeit abhängen. Denn ein alter Stamm-Vater z. B. mag durch Natürliche Züchtung irgend eine Eigenthümlichkeit seiner Struktur und nach tausend Generationen irgend eine andre davon unabhängige Abänderung erlangt haben, und wenn dann beide Modifikationen mit einander auf eine ganze Gruppe von Nachkommen mit verschiedener Lebensweise übertragen worden sind, so wird man natürlich glauben, sie stünden in einer nothwendigen Wechselbeziehung mit einander. So zweifle ich auch nicht daran, dass einige anscheinende Wechselbeziehungen, welche in ganzen Ordnungen des Systemes vorkommen, lediglich nur von der möglichen Wirkungs-Weise der Züchtung bedingt sind. Wenn z. B. [158] Alphons DeCandolle bemerkt, dass geflügelte Saamen nie in Früchten vorkommen, die sich nicht öffnen, so möchte ich diese Regel durch die Thatsache erklären, dass Saamen nicht durch Natürliche Züchtung allmählich beflügelt werden können, ausser in Früchten, die sich öffnen; so dass individuelle Pflanzen mit Saamen, welche etwas beflügelt und daher mehr zur weiten Fortführung geeignet sind, vor andern schlecht beflügelten hinsichtlich ihrer Aussicht auf Erhaltung im Vortheil sind, und dieser Vorgang kann nicht wohl mit solchen Früchten vorkommen, welche nicht aufspringen.

     Der ältre Geoffroy und Göthe haben ihr Gesetz von der Compensation der Entwickelung fast gleichzeitig aufgestellt, wornach, wie Göthe sich ausdrückt, die Natur genöthigt ist auf der einen Seite zu ersparen, was sie auf der andern mehr gibt. Diess passt in gewisser Ausdehnung, wie mir scheint, ganz gut auf unsre Kultur-Erzeugnisse: denn wenn einem Theile oder Organe Nahrung in Überfluss zuströmt, so kann sie nicht, oder wenigstens nicht in Überfluss, auch einem andern zu Theil werden, daher man eine Kuh z. B. nicht zwingen kann, viel Milch zu geben und zugleich fett zu werden. Ein und dieselbe Kohl-Varietät kann nicht eine reichliche Menge nahrhafter Blätter und zugleich einen guten Ertrag von Öl-Saamen liefern. Wenn in unsrem Obste die Saamen verkümmern, gewinnt die Frucht selbst an Grösse und Güte. Bei unseren Hühnern ist einer grossen Federhaube auf dem Kopfe gewöhnlich ein kleinerer Kamm beigesellt, und ist ein grosser Feder-Bart mit kleinen Bartlappen verbunden. Dagegen ist kaum anzunehmen, dass dieses Gesetz auch auf Arten im Natur-Zustande allgemein anwendbar seye, obwohl viele gute Beobachter und namentlich Botaniker an seine Wahrheit glauben. Ich will jedoch hier keine Beispiele anführen; denn ich kann schwer ein Mittel finden zu unterscheiden einerseits zwischen der durch Natürliche Züchtung bewirkten ansehnlichen Vergrösserung eines Theiles und der durch gleiche Ursache oder durch Nichtgebrauch veranlassten Verminderung eines anderen nahe dabei befindlichen Organes, und anderseits der Verkümmerung eines Organes durch Nahrungs-Einbusse in [159] Folge excessiver Entwickelung eines anderen nahe dabei befindlichen Theiles.

     Ich vermuthe auch, dass einige der Fälle, die man als Beweise der Compensation vorgebracht, sich mit einigen anderen Thatsachen unter ein allgemeineres Prinzip zusammenfassen lassen, das Prinzip nämlich, dass Natürliche Züchtung fortwährend bestrebt ist, in jedem Theile der Organisation zu sparen. Wenn unter veränderten Lebens-Verhältnissen eine bisher nützliche Vorrichtung weniger nützlich wird, so dürfte wohl eine wenn gleich nur unbedeutende Verminderung ihrer Grösse durch die Natürliche Züchtung erstrebt werden, indem es für das Individuum ja vortheilhaft ist, wenn es seine Säfte nicht zur Ausbildung nutzloser Organe verschwendet. Nur auf diese Weise kann ich eine Thatsache begreiflich finden, welche mich, als ich mit der Untersuchung über die Cirripeden beschäftigt war, überraschte, nämlich dass, wenn ein Cirripede in anderen Organismen als Schmarotzer lebt und daher geschützt ist, er mehr oder weniger seine eigene Kalk-Schaale verliert. Diess ist mit dem Männchen von Ibla und in ausserordentlich hohem Grade mit Proteolepas der Fall; denn während der Panzer aller anderen Cirripeden aus den drei hochwichtigen Vordersegmenten des ungeheuer entwickelten Kopfes besteht und mit starken Nerven und Muskeln versehen ist, erscheint an dem parasitischen und geschützten Proteolepas der ganze Vordertheil des Kopfes als ein blosses an die Basen der Rankenfüsse befestigtes Rudiment. Nun dürfte die Ersparung eines grossen und zusammengesetzten Gebildes, wenn es, wie hier durch die parasitische Lebens-Weise des Proteolepas, überflüssig wird, obgleich nur stufenweise voranschreitend, ein entschiedener Vortheil für jedes spätere Individuum der Spezies seyn, weil im Kampfe um’s Daseyn, welchen das Thier zu kämpfen hat, jeder einzelne Proteolepas um so mehr Aussicht sich zu behaupten erlangt, je weniger Nahrstoff zur Entwicklung eines nutzlos gewordenen Organes verloren geht.

     Darnach, glaube ich, wird es der Natürlichen Züchtung in die Länge immer gelingen, jeden Theil der Organisation zu verringern und zu ersparen, sobald er überflüssig geworden ist, [160] ohne desshalb gerade einen anderen Theil in entsprechendem Grade stärker auszubilden. Und eben so dürfte sie, umgekehrt, vollkommen im Stande sein ein Organ stärker auszubilden, ohne die Verminderung eines anderen benachbarten Theiles als nothwendige Compensation zu verlangen.

     Nach Isidore Geoffroy Saint-Hilaire’s Wahrnehmung scheint es bei Varietäten wie bei Arten Regel zu seyn, dass, wenn ein Theil oder ein Organ oftmals im Baue eines Individuums vorkommt, wie der Wirbel in den Schlangen und die Staubgefässe in den polyandrischen Blüthen, dessen Zahl veränderlich wird, während die Zahl desselben Organes oder Theiles beständig bleibt, falls er sich weniger oft wiederholen muss. Derselbe Zoologe sowie einige Botaniker haben ferner die Bemerkung gemacht, dass sehr vielzählige Theile auch grösseren Veränderungen im inneren Bau ausgesetzt sind. Zumal nun diese vegetativen Wiederholungen, wie R. Owen sie nennt, ein Anzeigen niedriger Organisation sind, so scheint die vorangehende Bemerkung mit der sehr allgemeinen Ansicht der Naturforscher zusammenzuhängen, dass solche Wesen, welche tief auf der Stufenleiter der Natur stehen, veränderlicher als die höheren sind. Ich verstehe unter tiefer Organisation in diesem Falle eine geringe Differenzirung der Organe für verschiedene besondere Verrichtungen; denn solange ein und dasselbe Organ verschiedene Arbeiten zu verrichten hat, lässt sich ein Grund für seine Veränderlichkeit vielleicht darin finden, dass Natürliche Züchtung jede kleine Abweichung der Form weniger sorgfältig erhält oder unterdrückt, als wenn dasselbe Organ nur zu einem besondern Zweck allein bestimmt wäre. So mögen Messer, welche allerlei Dinge zu schneiden bestimmt sind, im Ganzen so ziemlich von einerlei Form seyn, während ein nur zu einerlei Gebrauch bestimmtes Werkzeug für jeden andern Gebrauch auch eine andere Form haben muss.

     Auch unvollkommen ausgebildete, rudimentäre Organe sind nach der Bemerkung einiger Schriftsteller, die mir richtig zu seyn scheint, sehr zur Veränderlichkeit geneigt. Ich verweise in dieser Hinsicht auf die Erörterung der rudimentären und abortiven [161] Organe im Allgemeinen und will hier nur beifügen, dass ihre Veränderlichkeit durch ihre Gebrauchlosigkeit bedingt zu seyn scheint, indem in diesem Falle Natürliche Züchtung nichts vermag, um Abweichungen ihres Baues zu verhindern. Daher rudimentäre Theile dem freien Einfluss der verschiedenen Wachsthums-Gesetze, den Wirkungen lange fortgesetzten Nichtgebrauchs und dem Streben zur Rückkehr preisgegeben sind.

     Ein in ausserordentlicher Stärke oder Weise in irgend einer Spezies entwickelter Theil hat, in Vergleich mit demselben Theile in anderen Arten, eine grosse Neigung zur Veränderlichkeit.) — Vor einigen Jahren wurde ich durch eine ähnliche von Waterhouse veröffentlichte Äusserung überrascht. Auch schliesse ich aus einer Bemerkung des Professors R. Owen über die Länge der Arme des Orang-Utang, dass er zur nämlichen Ansicht gelangt seye. Es ist keine Hoffnung vorhanden, jemanden von der Wahrheit dieser Behauptung zu überzeugen, ohne die Aufzählung der langen Reihe von Thatsachen, die ich gesammelt, aber hier nicht mittheilen kann. Ich vermag nur meine Überzeugung auszusprechen, dass es eine sehr allgemeine Regel ist. Ich kenne zwar mehre Ursachen, welche zu Irrthum in dieser Hinsicht Veranlassung geben können, hoffe aber sie genügend berücksichtigt zu haben. Vor Allem ist zu bemerken, dass diese Regel auf keinen wenn auch an sich noch so ungewöhnlich entwickelten Theil Anwendung finden soll, woferne er nicht auch demselben Theile bei nahe verwandten Arten gegenüber ungewöhnlich ausgebildet ist. So abnorm daher auch die Flügel-Bildung der Fledermäuse in der Klasse der Säugethiere ist, so bezieht sich doch jene Regel nicht darauf, weil diese Bildung einer ganzen Ordnung zukommt; sie würde nur anwendbar seyn, wenn die Flügel einer Fledermaus-Art in merkwürdigem Verhältnisse gegen die Flügel andrer Arten derselben Sippe vergrössert wären. Diese Regel entspricht sehr gut den ungewöhnlich verwickelten »sekundären Sexual-Charaktern«, mit welchem Ausdrucke Hunter diejenigen[WS 2] Merkmale bezeichnete, welche nur dem Männchen oder dem Weibchen allein zukommen, aber mit dem Fortpflanzungs-Akte [162] nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Die Regel findet sowohl auf Männchen wie auf Weibchen Anwendung, doch mehr auf die ersten, weil auffallende Charaktere dieser Art bei Weibchen überhaupt selten sind. Die vollkommene Anwendbarkeit der Regel auf diese letzten Fälle dürfte mit der grossen und nicht zu bezweifelnden Veränderlichkeit dieser Charaktere überhaupt, mögen sie viel oder wenig entwickelt seyn, zusammenhängen. Dass sich aber unsre Regel in der That nicht auf die sekundären Charaktere dieser Art allein beziehe, erhellt aus den hermaphroditischen Cirripeden; und ich will hier beifügen, dass ich bei der Untersuchung dieser Ordnung Herrn Waterhouse's Bemerkung besondre Beachtung zugewandt habe und vollkommen von der fast unveränderlichen Anwendbarkeit dieser Regel auf die Cirripeden überzeugt bin. In meinem späteren Werke werde ich eine vollständigere Liste der einzelnen Fälle geben; hier aber will ich nur einen anführen, welcher die Regel in ihrer ausgedehntesten Anwendbarkeit erläutert. Die Deckelklappen der sitzenden Cirripeden (Balaniden) sind in jedem Sinne des Wortes sehr wichtige Gebilde und variiren selbst von einer Sippe zur andern nur wenig. Nur in den verschiedenen Arten von Pyrgoma allein bieten diese Klappen einen wundersamen Grad von Differenzirung dar. Die homologen Klappen sind in verschiedenen Arten zuweilen ganz unähnlich in Form, und der Betrag möglicher Abweichung zwischen den Individuen einiger Arten ist so gross, dass man ohne Übertreibung behaupten darf, ihre Varietäten weichen in den Merkmalen dieser wichtigen Klappen weiter auseinander, als sonst Arten verschiedener Sippen.

     Da Vögel innerhalb einer und derselben Gegend ausserordentlich wenig variiren, so habe ich auch sie in dieser Hinsicht näher geprüft und die Regel auch in dieser Klasse sehr gut bewährt gefunden. Ich kann nicht nachweisen, dass sie sich auch bei den Pflanzen so verhalte, und mein Vertrauen auf ihre Allgemeinheit würde hiedurch sehr erschüttert worden seyn, wenn nicht eben die grosse Veränderlichkeit der Pflanzen überhaupt es sehr schwierig[WS 3] machte, die bezüglichen Veränderlichkeits-Grade beider miteinander zu vergleichen. [163]

     Wenn wir bei irgend einer Spezies einen Theil oder ein Organ in merkwürdiger Höhe oder Weise entwickelt sehen, so läge es am nächsten anzunehmen, dass dasselbe dieser Art von grosser Wichtigkeit seyn müsse, und doch ist der Theil in diesem Falle ausserordentlich veränderlich. Wie kommt Diess? Aus der Ansicht, dass jede Art mit allen ihren Theilen, wie wir sie jetzt sehen, unabhängig erschaffen worden seye, können wir keine Erklärung schöpfen. Dagegen scheint mir die Annahme, dass Arten-Gruppen eine gemeinsame Abstammung von andern Arten haben und nur durch Natürliche Züchtung modifizirt worden sind, einiges Licht über die Frage zu verbreiten. Wenn bei unseren Hauthieren ein einzelner Theil oder das ganze Thier vernachlässigt und ohne Züchtung fortgepflanzt wird, so wird ein solcher Theil (wie z. B. der Kamm bei den Dorking-Hühnern) oder die ganze Rasse aufhören einen einförmigen Charakter zu bewahren. Man wird dann sagen, sie seye ausgeartet. In rudimentären und solchen Organen, welche nur wenig für einen besondern Zweck differenzirt worden sind, sowie in polymorphen Gruppen, sehen wir einen fast gleichlaufenden Fall in der Natur; denn hier kann die Natürliche Züchtung nicht oder nur wenig zur Geltung kommen und die Organisation bleibt in einem schwankenden Zustande. Was uns aber hier näher angeht, das ist, dass eben bei unseren Hausthieren diejenigen Charaktere, welche durch fortgesetzte Züchtung so rascher Abänderung unterliegen, eben so rasch in hohem Grade zu variiren geneigt werden. Man vergleiche einmal die Tauben-Rassen; was für ein wunderbar grosses Maass von Veränderung zeigt sich nur in den Schnäbeln der Purzeltauben, in den Schnäbeln und rothen Lappen der verschiedenen Botentauben (Cyprianer), in Haltung und Schwanz der Pfauentaube, weil die Englischen Liebhaber auf diese Punkte wenig achten. Schon die Unterrassen wie die kurzstirnigen Purzler sind bekanntlich schwer vollkommen zu finden, und oft kommen dabei einzelne Thiere zum Vorschein, welche weit von dem Musterbilde abweichen. Man kann daher mit Wahrheit sagen, es finde ein beständiger Kampf statt zwischen einerseits einem Streben zur Rückkehr in eine minder differenzirte Beschaffenheit und einer [164] angeborenen Neigung zu weiterer Veränderung aller Art, und anderseits dem Vermögen fortwährender Züchtung zur Reinerhaltung der Rasse. Bei langer Dauer gewinnt Züchtung den Sieg, und wir fürchten nicht mehr so weit vom Ziele abzuweichen, dass wir von einem guten kurzstirnigen Stamm nur einen gemeinen Purzier erhielten. So lange aber die Züchtung noch in raschem Fortschritt begriffen ist, wird immer eine grosse Unbeständigkeit in dem der Veränderung unterliegenden Gebilde zu erwarten seyn. Es verdient ferner bemerkt zu werden, dass diese durch künstliche Züchtung erzeugten veränderlichen Charaktere aus uns ganz unbekannten Ursachen sich zuweilen mehr an das eine als an das andre Geschlecht knüpfen, und zwar gewöhnlich an das männliche, wie die Fleischwarzen der Englischen Botentaube und der mächtige Kropf des Kröpfers.

     Doch kehren wir zur Natur zurück. Ist ein Theil in irgend einer Spezies den andern Arten derselben Sippe gegenüber auf aussergewöhnliche Weise vergrössert, so können wir annehmen, derselbe habe seit ihrer Abzweigung von dem gemeinsamen Stamme einen ungewöhnlichen Betrag von Abänderung erfahren. Diese Zeit der Abzweigung wird selten ausserordentlich weit zurückliegen, da Arten nur selten länger als eine geologische Periode dauern. Ein ungewöhnlicher Betrag von Verschiedenheit setzt ein ungewöhnlich langes und ausgedehntes Maass von Veränderlichkeit voraus, deren Produkt durch Züchtung zum Besten der Spezies fortwährend gehäuft worden ist. Da aber die Veränderlichkeit des ausserordentlich entwickelten Theiles oder Organes in einer nicht sehr weit zurückreichenden Zeit so gross und andauernd gewesen ist, so möchten wir auch jetzt noch in der Regel mehr Veränderlichkeit in solchen als in andern Theilen der Organisation, welche schon seit viel längrer Zeit beständig geworden sind, anzutreffen erwarten. Und diese findet nach meiner Überzeugung statt. Dass aber der Kampf zwischen Natürlicher Züchtung einerseits und der Neigung zur Rückkehr und zur weiteren Abänderung anderseits mit der Zeit aufhören und auch die am abnormsten gebildeten Organe beständig werden können, ist kein Grund vorhanden [165] zu bezweifeln. Wenn daher ein Organ, wie regelwidrig es auch seyn mag, in ungefähr gleicher Beschaffenheit auf viele bereits abändernde Nachkommen übertragen wird, wie Diess mit dem Flügel der Fledermaus der Fall ist, so muss es meiner Theorie zufolge schon eine unermessliche Zeit hindurch in dem gleichen Zustande vorhanden gewesen und in dessen Folge jetzt nicht mehr veränderlicher als irgend ein andres Organ seyn. Nur in denjenigen Fällen, wo die Modifikation noch verhältnissmässig jung und ausserordentlich gross ist, werden wir daher die »generative Veränderlichkeit«, wie wir sie nennen wollen, noch in hohem Grade fortdauernd finden. Denn in diesem Falle wird die Veränderlichkeit nur selten schon durch ununterbrochene Züchtung der in irgend einer beabsichtigten Weise und Stufe variirenden und durch fortwährende Verdrängung der zur Rückkehr geneigten Individuen zu einem festen Ziele gelangt seyn.

     Das in diesen Bemerkungen enthaltene Prinzip ist noch einer Ausdehnung fähig. Es ist nämlich bekannt, dass die spezifischen mehr als die Sippen-Charaktere abzuändern geneigt sind. Ich will mit einem einfachen Beispiele erklären, was ich meine. Wenn in einer grossen Pflanzen-Sippe einige Arten blaue Blüthen haben und andere haben rothe, so wird die Farbe nur ein Art-Charakter seyn und daher auch niemand überrascht werden, wenn eine blau blühende Art zu Roth übergeht oder umgekehrt. Wenn aber alle Arten blaue Blumen haben, so wird die Farbe zum Sippen-Charaktere, und ihre Veränderung wird schon eine ungewöhnliche Erscheinung seyn. Ich habe gerade dieses Beispiel gewählt, weil eine Erklärung, welche die meisten Naturforscher sonst beizubringen geneigt seyn würden, darauf nicht anwendbar ist, dass nämlich spezifische Charaktere desshalb weniger als generische veränderlich erscheinen, weil sie von Theilen entlehnt sind, die eine mindere physiologische Wichtigkeit besitzen, als diejenigen, welche gewöhnlich zur Klassifikation der Sippen dienen. Ich glaube zwar, dass diese Erklärung theilweise, wenn auch nur indirekt, richtig ist, kann jedoch erst in dem Abschnitte über Klassifikation darauf zurückkommen. Es dürfte ganz überflüssig seyn, Beispiele zu Unterstützung der obigen [166] Behauptung anzuführen, dass Arten-Charaktere veränderlicher als Sippen-Charaktere seyen; ich habe aber aus naturhistorischen Werken wiederholt entnommen, dass, wenn ein Schriftsteller durch die Wahrnehmung überrascht war, dass irgend ein wichtigeres Organ, welches sonst in ganzen grossen Arten-Gruppen bestädig zu seyn pflegt, in nahe verwandten Arten ansehnlich abändere, dasselbe dann auch in den Individuen einiger der Arten variirte. Diese Thatsache zeigt, dass ein Charakter, der gewöhnlich von generischem Werthe ist, wenn er zu spezifischem Werthe herabsinkt, oft veränderlich wird, wenn auch seine physiologische Wichtigkeit die nämliche bleibt. Etwas Ähnliches findet auch auf Monstrositäten Anwendung; wenigstens scheint Isidore Geoffroy Saint-Hilaire keinen Zweifel darüber zu hegen, dass ein Organ um so mehr individuellen Anomalien unterliege, je mehr es in den verschiedenen Arten derselben Gruppe verschieden ist.

     Wie wäre es nach der gewöhnlichen Meinung, dass jede Art unabhängig erschaffen worden seye, zu erklären, dass derjenige Theil der Organisation, welcher von demselben Theile in anderen unabhängig erschaffenen Arten derselben Sippe mehr abweicht, auch veränderlicher ist, als jene Theile, welche in den verschiedenen Arten einer Sippe nahezu übereinstimmen. Ich sehe keine Möglichkeit ein Diess zu erklären. Wenn wir aber von der Ansicht ausgehen, dass Arten nur wohl unterschiedene und ständig gewordene Varietäten sind, so werden wir sicher auch erwarten dürfen zu sehen, dass dieselben noch jetzt oft fortfahren in denjenigen Theilen ihrer Organisation abzuändern, welche erst in verhältnissmässig neuer Zeit in Folge ihres Variirens von der gewöhnlicheren Bildung zurückgewichen sind. Oder, um den Fall in einer andern Weise darzustellen: die Merkmale, worin alle Arten einer Sippe einander gleichen, und worin dieselben von allen Arten einer andern Sippe abweichen, heissen generische, und diese Merkmale zusammengenommen leite ich mittelst Vererbung von einem gemeinschaftlichen Stammvater ab; denn nur selten kann es der Zufall gewollt haben, dass Natürliche Züchtung verschiedene mehr oder weniger abweichenden Lebensweisen angepasste Arten genau auf dieselbe Weise modifizirt [167] hat; und da diese sogenannten generischen Charaktere schon von sehr frühe her, seit der Zeit nämlich wo sie sich von ihrer gemeinsamen Stamm-Art abgezweigt haben, vererbt worden sind, und sie sich später nicht mehr oder nur noch wenig verändert haben, so ist es nicht wahrscheinlich, dass sie noch heutiges Tages abändern. Anderseits nennt man die Punkte, wodurch sich Arten von andern Arten derselben Sippe unterscheiden, spezifische Charaktere, und da diese seit der Zeit der Abzweigung der Arten von der gemeinsamen Stamm-Art abgeändert haben, so ist es wahrscheinlich, dass dieselben noch jetzt oft einigermassen veränderlich sind, veränderlicher wenigstens, als diejenigen Theile der Organisation, welche während einer sehr langen Zeit-Dauer sich als beständig erwiesen haben.

     Im Zusammenhang mit diesem Gegenstande will ich noch zwei andre Bemerkungen machen. — Ohne dass ich nöthig habe, darüber auf Einzelheiten einzugehen, wird man mir zugeben, dass sekundäre Sexual-Charaktere sehr veränderlich sind; man wird mir wohl auch ferner zugeben, dass die zu einerlei Gruppe gehörigen Arten hinsichtlich dieser Charaktere weiter als in andern Theilen ihrer Organisation auseinander gehen können. Vergleicht man Beispiels-weise die Grösse der Verschiedenheit zwischen den Männchen der Hühner-artigen Vögel, bei welchen diese Art von Charakteren vorzugsweise stark entwickelt sind, mit der Grösse der Verschiedenheit zwischen ihren Weibchen, so wird die Wahrheit jener Behauptung eingeräumt werden. Die Ursache der ursprünglichen Veränderlichkeit der sekundären Sexual-Charaktere ist nicht nachgewiesen; doch lässt sich begreifen wie es komme, dass dieselben nicht eben so einförmig und beständig geworden sind als andre Theile der Organisation; denn die sekundären Sexual-Charaktere sind durch geschlechtliche Züchtung gehäuft worden, welche weniger strenge in ihrer Thätigkeit als die gewöhnliche ist, indem sie die minder begünstigten Männchen nicht zerstört, sondern bloss mit weniger Nachkommenschaft versieht. Welches aber immer die Ursache der Veränderlichkeit dieser sekundären Sexual-Charaktere seyn mag; da sie nun einmal sehr veränderlich sind, so hat die Natürliche [168] Züchtung darin einen weiten Spielraum für ihre Thätigkeit gefunden und somit den Arten einer Gruppe leicht einen grösseren Betrag von Verschiedenheit in ihren Sexual-Charakteren, als in andern Theilen ihrer Organisation verleihen können.

     Es ist eine merkwürdige Thatsache, dass die sekundären Sexual-Verschiedenheiten zwischen beiden Geschlechtern einer Art sich gewöhnlich genau in denselben Theilen der Organisation entfalten, in denen auch die verschiedenen Arten einer Sippe von einander abweichen. Um Diess zu erläutern will ich nur zwei Beispiele anführen, welche zufällig die ersten auf meiner Liste stehen; und da die Verschiedenheiten in diesen Fällen von sehr ungewöhnlicher Art sind, so kann die Beziehung kaum zufällig seyn. Sehr grosse Gruppen von Käfern haben eine gleiche Anzahl von Tarsal-Gliedern mit einander gemein; nur in der Familie der Engidae ändert nach Westwood’s Beobachtung diese Zahl sehr ab, sogar in den zwei Geschlechtern einer Art. Ebenso ist bei den Grabenden Hymenopteren der Verlauf der Flügel-Adern ein Charakter von höchster Wichtigkeit, weil er sich in grossen Gruppen gleich bleibt; in einigen Sippen jedoch ändert er von Art zu Art und dann gleicher Weise auch oft in den zwei Geschlechtern der nämlichen Art ab. Diese Beziehung hat eine klare Bedeutung in meiner Anschauungs-Weise: ich betrachte nämlich mit Bestimmtheit alle Arten einer Sippe als Abkömmlinge von demselben Stamm-Vater, wie die zwei Geschlechter in jeder Art. Folglich: was immer für ein Theil der Organisation des gemeinsamen Stamm-Vaters oder seiner ersten Nachkommen veränderlich geworden, so werden höchst wahrscheinlich Abänderungen dieser Theile durch Natürliche und Geschlechtliche Züchtung begünstigt worden seyn, um die verschiedenen Arten verschiedenen Stellen im Haushalte der Natur anzupassen, und ebenso um die zwei Geschlechter einer nämlichen Spezies für einander geschickt zu machen, oder auch um Männchen und Weibchen zu verschiedenen Lebensweisen zu eignen, oder endlich die Männchen in den Stand zu setzen mit anderen Männchen um die Weibchen zu kämpfen.

     Endlich gelange ich also zu dem Schlusse, dass die grössre [169] Veränderlichkeit der spezifischen Charaktere, wodurch sich Art von Art unterscheidet, gegenüber den generischen Merkmalen, welche die Arten einer Sippe gemein haben, — dass die oft äusserste Veränderlichkeit des in irgend einer einzelnen Art ganz ungewöhnlich entwickelten Theiles gegenüber der geringen Veränderlichkeit eines wenn auch ausserordentlich entwickelten, aber einer ganzen Gruppe von Arten gemeinsamen Theiles, — dass die grosse Unbeständigkeit sekundärer Sexual-Charaktere und das grosse Maass von Verschiedenheit in denselben Merkmalen zwischen einander nahe verwandten Arten, — dass die Entwickelung sekundärer Sexual- und gewöhnlicher Art-Charaktere gewöhnlich in einerlei Theilen der Organisation — Alles eng unter-einander verkettete Prinzipien sind. Alle entspringen hauptsächlich daher, dass die zu einer Gruppe gehörigen Arten von einem gemeinsamen Stamm-Vater herrühren, von welchem sie Vieles gemeinsam ererbt haben; — dass Theile, welche erst neuerlich noch starke Umänderungen erlitten, leichter zu variiren geneigt sind als solche, welche sich schon seit langer Zeit ohne alle Veränderung fortgeerbt haben; — dass die sexuelle Züchtung weniger streng als die gewöhnliche ist; — endlich, dass Abänderungen in einerlei Organen durch natürliche und durch sexuelle Züchtung gehäuft und für sekundäre Sexual- und gewöhnliche spezifische Zwecke angepasst worden sind.

     Verschiedene Arten zeigen analoge Abänderungen; und die Varietät einer Spezies nimmt oft einige von den Charakteren einer verwandten Spezies an, oder sie kehrt zu einigen von den Merkmalen der Stamm-Art zurück.) Diese Behauptungen versteht man am leichtesten durch Betrachtung der Hausthier-Rassen. Die verschiedensten Tauben-Rassen bieten in weit auseinandergelegenen Gegenden Unter-Varietäten mit umgewendeten Federn am Kopfe und mit Federn an den Füssen dar, Merkmale, welche die ursprüngliche Felstaube nicht besitzt; Diess sind also analoge Abänderungen in zwei oder mehren verschiedenen Rassen. Die häufige Anwesenheit von vierzehn bis sechszehn Schwanzfedern im Kröpfer kann man als eine die Normal-Bildung einer andern [170] Abart, der Pfauentaube nämlich, vertretende Abweichung betrachten. Ich unterstelle, dass Niemand daran zweifeln wird, dass alle solche analoge Abänderungen davon herrühren, dass die verschiedenen Tauben-Rassen die gleiche Konstitution und daher unter denselben unbekannten Einflüssen die gleiche Neigung zu variiren geerbt haben. Im Pflanzen-Reiche zeigt sich ein Fall von analoger Abänderung in dem verdickten Strunke (gewöhnlich wird er die Wurzel genannt) des Schwedischen Turnipses und der Rutabaga, Pflanzen, welche mehre Botaniker nur als durch die Kultur hervorgebrachte Varietäten einer Art ansehen. Wäre Diess aber nicht richtig, so hätten wir einen Fall analoger Abänderung in zwei sogenannten Arten, und diesen kann noch der gemeine Turnips als dritte beigezählt werden. Nach der gewöhnlichen Ansicht, dass jede Art unabhängig geschaffen worden seye, würden wir diese Ähnlichkeit der drei Pflanzen in ihrem verdickten Stengel nicht der wahren Ursache ihrer gemeinsamen Abstammung und einer daraus folgenden Neigung in ähnlicher Weise zu variiren zuzuschreiben haben, sondern drei verschiedenen aber enge unter sich verwandten Schöpfungs-Akten. Bei den Tauben haben wir noch einen andern Fall, nämlich das in allen Rassen gelegentliche Zumvorscheinkommen von Schiefer-blauen Vögeln mit zwei schwarzen Flügelbinden, einem weissen Steiss, einer Queerbinde auf dem Ende des Schwanzes und einem weissen äusseren Rande am Grunde der äusseren Schwanz-Federn. Da alle diese Merkmale für die Stamm-Art bezeichnend sind, so glaube ich wird Niemand bezweifeln, dass es sich hier um eine Rückkehr zum Ur-Charakter und nicht um eine analoge Abänderung in verschiedenen Rassen handle. Wir werden dieser Folgerung um so mehr vertrauen können, als, wie wir bereits gesehen, diese Farben-Charaktere sehr gerne in den Blendlingen zweier ganz verschieden gefärbter Rassen zum Vorschein kommen; und in diesem Falle ist auch in den äusseren Lebens-Bedingungen nichts zu finden, was das Wiedererscheinen der Schiefer-blauen Farbe mit den übrigen Farben-Abzeichen erklären könnte, als der Einfluss des Kreutzungs-Aktes auf die Erblichkeits-Gesetze.

     Es ist in der That eine Erstaunen-erregende Thatsache, dass [171] seit vielen und vielleicht Hunderten von Generationen verlorene Merkmale wieder zum Vorschein kommen. Wenn jedoch eine Rasse nur einmal mit einer andern Rasse gekreutzt worden ist, so zeigt der Blendling die Neigung gelegentlich zum Charakter der fremden Rasse zurückzukehren noch einige, man sagt 12—20, Generationen lang. Nun ist zwar nach 12 Generationen, nach der gewöhnlichen Ausdrucks-Weise, das Blut des einen fremden Vorfahren nur noch 1 in 2048, und doch genügt nach der allgemeinen Annahme dieser äusserst geringe Bruchtheil fremden Blutes noch, um eine Neigung zur Rückkehr in jenen Urstamm zu unterhalten. In einer Rasse, welche nicht gekreutzt worden, sondern worin beide Ältern einige von den Charakteren ihrer gemeinsamen Stamm-Art eingebüsst, dürfte die stärkere oder schwächere Neigung den verlornen Charakter wieder herzustellen, wie schon früher bemerkt worden, trotz Allem was man Gegentheiliges sehen mag, sich noch eine Reihe von Generationen hindurch erhalten. Wenn ein Charakter, der in einer Rasse verloren gegangen, nach einer grossen Anzahl von Generationen wiederkehrt, so ist die wahrscheinlichste Hypothese nicht die, dass der Abkömmling jetzt erst plötzlich nach einem mehre hundert Generationen älteren Vorgänger zurückstrebt, sondern die, dass in jeder der aufeinanderfolgenden Generationen noch ein Streben zur Wiederherstellung des fraglichen Charakters vorhanden gewesen, welches nun endlich unter unbekannten günstigen Verhältnissen zum Durchbruch gelangt. So ist z. B. wahrscheinlich, dass in jeder Generation der Barb-Taube (S. 27), welche nur sehr selten einen blauen Vogel mit schwarzen Binden hervorbringt, das Streben diese Färbung anzunehmen vorhanden seye. Diese Ansicht ist hypothetisch, kann jedoch durch einige Thatsachen unterstützt werden; und ich kann an und für sich keine grössere Unwahrscheinlichkeit in der Unterstellung einer Neigung sehen, einen durch eine endlose Zahl von Generationen fortgeerbt gewesenen Charakter wieder anzunehmen, als in der Vererbung eines thatsächlich ganz unnützen oder rudimentären Organes. Und doch können wir zuweilen ein solches Streben ein ererbtes Rudiment hervorzubringen wahrnehmen, wie sich z. B.[WS 4] in dem gemeinen [172] Löwenmaul (Antirrhinum) das Rudiment eines fünften[WS 5] Staubgefässes so oft zeigt, dass dieser Pflanze eine Neigung es hervorzubringen angeerbt seyn muss.

     Da nach meiner Theorie alle Arten einer Sippe gemeinsamer Abstammung sind, so ist zu erwarten, dass sie zuweilen in analoger Weise variiren, so dass eine Varietät der einen Art in einigen ihrer Charaktere einer andern Art gleicht, welche ja nach meiner Meinung selbst nur eine ausgebildete und bleibend gewordene Abart ist. Doch dürften die hiedurch erlangten Charaktere nur unwesentlicher Art seyn; denn die Anwesenheit aller wesentlichen Charaktere wird durch Natürliche Züchtung in Übereinstimmung mit den verschiedenen Lebensweisen der Art geleitet und bleibt nicht der wechselseitigen Thätigkeit der Lebens-Bedingungen und einer ähnlichen ererbten Konstitution überlassen. Es wird ferner zu erwarten seyn, dass die Arten einer nämlichen Sippe zuweilen eine Neigung zur Rückkehr zu den Charakteren alter Vorfahren zeigen. Da wir jedoch niemals den genauen Charakter des gemeinsamen Stamm-Vaters einer Gruppe kennen, so vermögen wir diese zwei Fälle nicht zu unterscheiden. Wenn wir z. B. nicht wüssten, dass die Felstaube nicht mit Federfüssen oder mit umgewendeten Federn versehen ist, so hätten wir nicht sagen können, ob diese Charaktere in unsren Haustauben-Rassen Erscheinungen der Rückkehr zur Stamm-Form oder bloss analoge Abänderungen seyen; wohl aber hätten wir unterstellen dürfen, dass die blaue Färbung ein Beispiel von Rückkehr seye, wegen der Zahl der andern Zeichnungen, welche mit der blauen Färbung zugleich wieder zum Vorschein kommen und wahrscheinlich doch nicht bloss in Folge einfacher Abänderung damit zusammentreffen. Und noch mehr würden wir darauf geschlossen haben, weil die blaue Farbe und andren Zeichnungen so oft wiedererscheinen, wenn verschiedene Rassen von abweichender Färbung miteinander gekreutzt werden. Obwohl es daher in der freien Natur gewöhnlich zweifelhaft bleibt, welche Fälle als Rückkehr zu alten Stamm-Charakteren und welche als neue analoge Abänderungen zu betrachten sind, so müssen wir doch nach meiner Theorie zuweilen [173] finden, dass die abändernden Nachkommen einer Art (seye es nun durch Rückkehr oder durch analoge Variation) Charaktere annehmen, welche schon in einigen andern Gliedern derselben Gruppe vorhanden sind. Das ist zweifelsohne in der Natur der Fall.

     Ein grosser Theil der Schwierigkeit eine veränderliche Art in unsren systematischen Werken wiederzuerkennen, rührt davon her, dass ihre Varietäten gleichsam einige der andern Arten der nämlichen Sippe nachahmen. Auch könnte man ein ansehnliches Verzeichniss von Formen geben, welche das Mittel zwischen zwei andern Formen halten, von welchen es zweifelhaft ist, ob sie als Arten oder als Varietäten anzusehen seyen; und daraus ergibt sich, wenn man nicht alle diese Formen als unabhängig erschaffene Arten ansehen will, dass die eine durch Abänderung die Charaktere der andern so weit angenommen hat, um hiedurch eine Mittelform zu bilden. Aber der beste Beweis bietet sich dar, indem Theile oder Organe von wesentlicher und einförmiger Beschaffenheit zuweilen so abändern, dass sie einigermaassen den Charakter desselben Organes oder Theiles in einer verwandten Art annehmen. Ich habe ein langes Verzeichniss von solchen Fällen zusammengebracht, kann solches aber leider hier nicht mittheilen, sondern bloss wiederholen, dass solche Fälle vorkommen und mir sehr merkwürdig zu seyn scheinen.

     Ich will jedoch einen eigenthümlichen und zusammengesetzten Fall anführen, der zwar keinen wichtigen Charakter betrifft, aber in verschiedenen Arten einer Sippe theils im Natur- und theils im gezähmten Zustande vorkommt. Es ist offenbar ein Fall von Rückkehr. Der Esel hat manchmal sehr deutliche Queerbinden auf seinen Beinen, wie das Zebra. Man hat versichert, dass diese beim Füllen am deutlichsten zu sehen sind, und meine Nachforschungen scheinen Solches zu bestätigen. Auch hat man versichert, der Streifen an der Schulter seye zuweilen doppelt. Der Schulter-Streifen ist jedenfalls sehr veränderlich in Länge und Umriss. Man hat auch einen weissen Esel, der kein Albino ist, ohne Rücken- und Schulter-Streifen beschrieben; und diese Streifen sind auch bei dunkel-farbigen Thieren zuweilen sehr undeutlich oder gar nicht zu sehen. Der Kulan [174] von Pallas soll mit einem doppelten Schulter-Streifen gesehen worden seyn. Der Hemionus hat keinen Schulter-Streifen; doch kommen nach Blyth’s u. A. Versicherung zuweilen Spuren davon vor, und Colonel Poole hat mich benachrichtigt, dass die Füllen dieser Art zuweilen an den Beinen und schwach an der Schulter gestreift sind. Das Quagga, obwohl am Körper eben so deutlich gestreift als das Zebra, ist ohne Binden an den Beinen; doch hat Dr. Gray ein Individuum mit sehr deutlichen denen des Zebras ähnlichen Binden an den Beinen abgebildet.

     Was das Pferd betrifft, so habe ich in England Fälle vom Vorkommen des Rücken-Streifens bei den verschiedensten Rassen und allen Farben gesammelt. Beispiele von Queerbinden auf den Beinen sind nicht selten bei Braunen, Mäusebraunen und einmal bei einem Kastanienbraunen vorgekommen. Auch ein schwacher Schulter-Streifen tritt zuweilen bei Braunen auf, und eine Spur davon habe ich an einem Beerbraunen gefunden. Mein Sohn hat mir eine sorgfältige Untersuchung und Zeichnung von einem braunen Belgischen Karren-Pferde mitgetheilt mit einem doppelten Streifen auf der Schulter und mit Streifen an den Beinen; und ein Mann, auf welchen ich vollkommen vertrauen kann, hat für mich einen kleinen braunen Walliser Pony mit drei kurzen gleichlaufenden Streifen auf jeder Schulter untersucht.

     Im nordwestlichen Theile Ostindiens ist die Kattywarer Pferde-Rasse so allgemein gestreift, dass, wie ich von Colonel Poole vernehme, welcher dieselbe im Auftrag der Regierung untersuchte, ein Pferd ohne Streifen nicht für Vollblut angesehen wird. Der Rückgrat ist immer gestreift; die Streifen auf den Beinen sind wie der Schulter-Streifen, welcher zuweilen doppelt und selbst dreifach ist, gewöhnlich vorhanden; überdiess sind die Seiten des Gesichts zuweilen gestreift. Die Streifen sind beim Füllen am deutlichsten und verschwinden zuweilen im Alter. Poole hat ganz junge sowohl graue als beer-braune Füllen gestreift gefunden. Auch habe ich nach Mittheilungen, welche ich Herrn W. W. Edwards verdanke, Grund zu vermuthen, dass an Englischen Rennpferden der Rücken-Streifen häufiger an Füllen, als an alten Pferden vorkommt. Ohne hier in Einzelnheiten noch weiter einzugehen, will ich anführen, dass [175] ich Fälle von Bein- und Schulter-Streifen bei Pferden von ganz verschiedenen Rassen in verschiedenen Gegenden gesammelt habe von England bis Ost-China und von Norwegen im Norden bis zum Malayischen Archipel im Süden. In allen Theilen der Welt kommen diese Streifen weitaus am öftesten an Braunen und Mäusebraunen vor. Unter Braun schlechthin (»Dan«) begreife ich hier Pferde mit einer langen Reihe von Farben-Abstufungen, von Schwarzbraun an bis fast zum Rahmfarbigen[6].

     Ich weiss, dass Colonel Hamilton Smith, der über diesen Gegenstand geschrieben, annimmt, unsre verschiedenen Pferde-Rassen rührten von verschiedenen Stamm-Arten her, wovon eine, die des Braunen, gestreift gewesen, und alle oben-beschriebenen Streifungen seyen Folge früherer Kreutzung mit dem Braunen-Stamme. Jedoch fühle ich mich durch diese Theorie in keiner Weise befriedigt und möchte sie nicht auf so verschiedene Rassen in Anwendung bringen, wie das Belgische Karren-Pferd, der Walliser Pony, der Renner, die schlanke Kattywar-Rasse u. a., die in den verschiedensten Theilen der Welt zerstreut sind.

     Wenden wir uns nun zu den Folgen der Kreutzung zwischen den verschiedenen Arten der Pferde-Sippe: Rollin versichert, dass der gemeine Maulesel, von Esel und Pferd, sehr oft Queerstreifen auf den Beinen hat, und nach Gosse kommt Diess in den Vereinten Staaten in zehn Fällen neunmal vor. Ich sah einst einen Maulesel mit so stark gestreiften Beinen, dass jedermann geneigt gewesen seyn würde ihn vom Zebra abzuleiten; und Herr W. C. Martin hat in seinem vorzüglichen Werke über das Pferd die Abbildung von einem ähnlichen Maulesel mitgetheilt. In vier in Farben ausgeführten Bildern von Bastarden des Esels mit dem Zebra fand ich die Beine viel deutlicher gestreift als den übrigen Körper, und in einem derselben war ein doppelter Schulter-Streifen vorhanden. An Lord Morton’s berühmtem Bastard von einem Quagga-Hengst und einer kastanienbraunen Stute sowie an einem nachher erzielten reinen [176] Füllen von derselben Stute mit einem schwarzen Araber waren die Beine viel deutlicher queer-gestreift, als selbst beim reinen Quagga. Kürzlich, und Diess ist ein andrer sehr merkwürdiger Fall, hat Dr. Gray (dem noch ein zweites Beispiel dieser Art bekannt ist) einen Bastard von Esel und Hemionus abgebildet, an welchem Bastard, obwohl der Esel selten und der Hemionus niemals Streifen auf den Beinen und letzter nicht einmal einen Schulter-Streifen hat, alle vier Beine queer gestreift und auch die Schulter mit drei Streifen wie ein brauner Walliser Pony versehen ist, und sogar einige Streifen wie beim Zebra an den Seiten des Gesichts vorhanden sind. Diese letzte Thatsache hat mich überzeugt, dass nicht einmal ein Farben-Streifen durch sogenannten Zufall entsteht, daher ich allein durch diese Erscheinung an einem Bastarde von Esel und Hemionus veranlasst wurde, Colonel Poole zu fragen, ob solche Gesichts-Streifen jemals bei der stark gestreiften Kattywarer Pferde-Rasse vorkommen, was er, wie wir oben gesehen, bejahete.

     Was bleibt uns nun zu diesen verschiedenen Thatsachen noch zu sagen? Wir sehen mehre wesentlich verschiedene Arten der Pferde-Sippe durch einfache Abänderung Streifen an den Beinen wie beim Zebra oder an der Schulter wie beim Esel erlangen. Beim Pferde sehen wir diese Neigung stark hervortreten, so oft eine der natürlichen Pferde-Farben zum Vorschein kommt. Das Aussehen der Streifen ist von keiner Veränderung der Form und von keinem neuen Charakter begleitet. Wir sehen diese Neigung streifig zu werden sich am meisten bei Bastarden zwischen mehren der von einander verschiedensten Arten entwickeln. Vergleichen wir damit den vorhergehenden Fall von den Tauben: sie rühren von einer Stamm-Art (mit 2 — 3 geographischen Varietäten oder Unterarten) her, welche blaulich von Farbe und mit einigen bestimmten Band-Zeichnungen versehen ist, und nehmen, wenn eine ihrer Rassen in Folge einfacher Abänderung wieder einmal eine blaue Brut liefert, unfehlbar auch jene Bänder der Stamm-Form wieder an, doch ohne irgend eine andre Veränderung des Rasse-Charakters. Wenn man die ältesten und ächtesten Rassen von verschiedener Färbung mit einander [177] kreutzt, so tritt in den Blendlingen eine starke Neigung hervor, die ursprüngliche schieferblaue Farbe mit den schwarzen und weissen Binden und Streifen wieder anzunehmen. Ich habe behauptet, die wahrscheinlichste Hypothese zur Erklärung des Wiedererscheinens sehr alter Charaktere seye die Annahme einer »Tendenz« in den Jungen einer jeden neuen Generation den längst verlorenen Charakter wieder hervorzuholen, welche Tendenz in Folge unbekannter Ursachen zuweilen zum Durchbruch komme. Dann haben wir gesehen, dass in verschiedenen Arten des Pferde-Geschlechts die Streifen bei den Jungen deutlicher oder gewöhnlicher als bei den Alten sind. Wollte man nun die Tauben-Rassen, deren einige schon Jahrhunderte lang durch reine Inzucht fortgepflanzt worden, als Spezies bezeichnen, so wäre die Erscheinung genau dieselbe, wie bei der Pferde-Sippe. Über Tausende und Tausende von Generationen rückwärts schauend erkenne ich mit Zuversicht ein wie ein Zebra gestreiftes, aber sonst vielleicht sehr abweichend davon gebautes Thier als den gemeinsamen Stamm-Vater des (rühre es nun von einem oder von mehren wilden Stämmen her) Hauspferdes, des Esels, des Hemionus, des Quaggas und des Zebras.

     Wer an die unabhängige Erschaffung der einzelnen Pferde-Spezies glaubt, wird vermuthlich sagen, dass einer jeden Art die Neigung im freien wie im gezähmten Zustande auf so eigenthümliche Weise zu variiren anerschaffen worden seye, derzufolge sie oft wie andre Arten derselben Sippe gestreift erscheine; und dass einer jeden derselben eine starke Neigung anerschaffen seye bei einer Kreutzung mit Arten aus den entferntesten Weltgegenden Bastarde zu liefern, welche in der Streifung nicht ihren eignen Ältern, sondern andern Arten derselben Sippe gleichen[7]. Sich zu dieser Ansicht bekennen heisst nach meiner [178] Meinung eine thatsächliche für eine nicht thatsächliche oder wenigstens unbekannte Ursache aufgeben. Sie macht aus den Werken Gottes nur Täuschung und Nachäfferei; — und ich wollte fast eben so gerne mit den alten und unwissenden Kosmognisten annehmen, dass die fossilen Schaalen nie einem lebenden Thiere angehört, sondern im Gesteine erschaffen worden seyen, um die jetzt an der See-Küste lebenden Schaalthiere nachzuahmen.

     Zusammenfassung.) Wir sind in tiefer Unwissenheit über die Gesetze, wornach Abänderungen erfolgen. Nicht in einem von hundert Fällen dürfen wir behaupten den Grund zu kennen, warum dieser oder jener Theil eines Organismus von dem gleichen Theile bei seinen Ältern mehr oder weniger abweiche. Doch, woimmer wir die Mittel haben eine Vergleichung anzustellen, da scheinen in Erzeugung geringerer Abweichungen zwischen Varietäten derselben Art wie in Hervorbringung grössrer Unterschiede zwischen Arten einer Sippe die nämlichen Gesetze gewirkt zu haben. Die äusseren Lebens-Bedingungen, wie Klima, Nahrung u. dgl. haben wohl nur einige geringe Abänderungen bedingt. Wesentlichere Folgen dürften Angewöhnung auf die Körper-Konstitution, Gebrauch der Organe auf ihre Verstärkung, Nichtgebrauch auf ihre Schwächung und Verkleinerung gehabt haben. Homologe Theile sind geneigt auf gleiche Weise abzuändern und streben unter sich zusammenzuhängen. Abänderungen in den harten und in den äusseren Theilen berühren zuweilen weichere und innere Organe. Wenn sich ein Theil stark entwickelt, strebt er vielleicht andren benachbarten Theilen Nahrung zu entziehen; — und jeder Theil des organischen Baues, welcher ohne Nachtheil für das Individuum fortbestehen kann, wird erhalten. Eine Veränderung der Organisation in frühem Alter berührt auch die sich später entwickelnden Theile; dann gibt es aber noch viele Wechselbeziehungen der Entwickelung, deren Natur wir durchaus nicht im Stande sind zu begreifen. Vielzählige Theile sind veränderlicher in Zahl und Struktur, vielleicht desshalb, weil dieselben durch Natürliche Züchtung für einzelne Verrichtungen noch nicht genug angepasst und differenzirt sind. [179] Aus demselben Grunde werden wahrscheinlich auch die auf tiefer Organisations-Stufe stehenden Organismen veränderlicher seyn, als die höher entwickelten und in allen Beziehungen mehr differenzirten. Rudimentäre Organe bleiben ihrer Nutzlosigkeit wegen von der Natürlichen Züchtung unbeachtet und sind wahrscheinlich desshalb veränderlich. Spezifische Charaktere, solche nämlich, welche erst seit der Abzweigung der verschiedenen Arten einer Sippe von einem gemeinsamen Stamm-Vater auseinander-gelaufen, sind veränderlicher als generische Merkmale, welche sich schon lange als solche vererbt haben, ohne in dieser Zeit eine Abänderung zu erleiden. Wir haben hier nur auf die einzelnen noch veränderlichen Theile und Organe Bezug genommen, weil sie erst neuerlich variirt haben und einander unähnlich geworden sind; wir haben jedoch schon im zweiten Kapitel gesehen, dass das nämliche Prinzip auch auf das ganze Thier anwendbar ist; denn in einem Bezirke, wo viele Arten einer Sippe gefunden werden, d. h. wo früher viele Abänderung und Differenzirung stattgefunden und die Fabrizirung neuer Arten-Formen lebhaft betrieben worden ist, da finden wir jetzt durchschnittlich auch die meisten Varietäten oder anfangenden Arten. — Sekundäre Geschlechts-Charaktere sind sehr veränderlich, und solche Charaktere weichen am meisten in den Arten einer nämlichen Gruppe ab. Veränderlichkeit in denselben Theilen der Organisation hat gewöhnlich die sekundären Sexual-Verschiedenheiten für die zwei Geschlechter einer Species wie die Arten-Verschiedenheiten für die mancherlei Arten der nämlichen Sippe geliefert. Ein in ausserordentlicher Grösse oder Weise entwickeltes Glied oder Organ — nämlich vergleichungsweise mit der Entwickelung desselben Gliedes oder Organes in den nächst-verwandten Arten genommen — muss seit dem Auftreten der Sippe ein ausserordentliches Maass von Abänderung durchlaufen haben, woraus wir dann auch begreiflich finden, warum dasselbe noch jetzt in höherem Grade als andre Theile Veränderungen unterliegt; denn Abänderung ist ein langsamer und lang-währender Prozess, und die Natürliche Züchtung wird in solchen Fällen noch nicht die Zeit gehabt haben, das Streben nach fernerer Veränderung und [180] nach der Rückkehr zu einem weniger modifizirten Zustande zu überwinden. Wenn aber eine Art mit irgend einem ausserordentlich entwickelten Organe Stamm vieler abgeänderter Nachkommen geworden — was nach meiner Ansicht ein sehr langsamer und daher viele Zeit erheischender Vorgang ist —, dann mag auch die Natürliche Züchtung im Stande gewesen seyn dem Organe, wie ausserordentlich es auch entwickelt seyn mag, schon ein festes Gepräge aufzudrücken. Haben Arten nahezu die nämliche Konstitution von einem Stamm-Vater geerbt und sind sie ähnlichen Einflüssen ausgesetzt gewesen, so werden sie natürlich auch geneigt seyn, analoge Abänderungen zu bilden und werden zuweilen zu einigen der Charaktere ihrer frühesten Ahnen zurückkehren. Obwohl neue und wichtige Modifikationen aus dieser Umkehr und jenen analogen Abänderungen nicht hervorgehen werden, so tragen solche Modifikationen doch zur Schönheit und harmonischen Manchfaltigkeit der Natur bei.

     Was aber auch die Ursache des ersten kleinen Unterschiedes zwischen Ältern und Nachkommen seyn mag, und eine Ursache muss dafür da seyn, so ist es doch nur die stete Häufung solcher für das Individuum nützlichen Unterschiede durch die Natürliche Züchtung, welche alle wichtigeren Abänderungen der Struktur hervorbringt, durch welche die zahllosen Wesen unsrer Erd-Oberfläche in den Stand gesetzt werden mit einander um das Daseyn zu ringen, und wodurch das hiezu am besten ausgestattete die andern überlebt.


  1. Diese Abhängigkeit vom Klima ist denn doch in grosser Ausdehnung nachgewiesen worden von Gloger in seiner Schrift „über das Abändern der Vögel durch das Klima“, Breslau 1838, 8o. Von vielen anderen Abänderungen sind die äusseren Ursachen zusammengestellt in unserer „Geschichte der Natur“ II, 68—116.     D. Übers.
  2. So lange man die wahre Ursache dieser Entstehung nicht kennt, hat Diess nichts Befremdendes.     D. Übrs.
  3. Ein vollständiges Verzeichniss der Bewohner dunkler Höhlen hat Ehrenberg zusammengetragen in den Monats Berichten der Berliner Akademie 1859, 758 ff.     D. Übs.
  4. Weit gewöhnlicher ist gewiss das Streben homologer Theile sich sowie andre mit fortschreitender Entwicklung selbstständiger zu differenziren, es seye denn, dass jenes Streben unter sich zusammenzuhängen eine Differenzirung von heterologen Theilen bewirke, wie eben in Blumen.     D. Übrs.
  5. Dieses ist nur bei solchen weichen Theilen denkbar, welche sich nach den ihnen anliegenden harten bilden, die ihrerseits selbst aus weichen hervorgehen. Der Schädel modelt nicht das werdende Gehirn, sondern dieses den Schädel!     D. Übrs.
  6. Wie sie nämlich als Grund-Farben der verschiedenen Equus-Arten in der Natur vorkommen. Man könnte also etwa sagen natürliche Pferde-Farben.      D. Übrs.
  7. Nach der Agassiz’schen Lehre von den embryonischen Charakteren würde man diese Streifung, wie die weissen Flecken in der Hirsch-Sippe, als einen embryonischen Charakter ansehen und sagen, dass Zebra, Quagga etc. dem Pferde gegenüber auf tieferer Stufe zurückgeblieben seyen und embryonische Charaktere behalten haben, wie der Damhirsch gegenüber dem Edelhirsch.     D. Übrs.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Im Original Etwickelung
  2. Im Original diediejenigen
  3. Im Original schwiertig
  4. Im Original z, B.
  5. Im Original fünten


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