Elen- und Säbel-Antilopen mit Jungen

Textdaten
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Autor: Paul Matschie
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Titel: Elen- und Säbel-Antilopen mit Jungen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 152-153
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1899
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Elen- und Säbel-Antilopen mit Jungen.

Von Paul Matschie.

Für den Tiergärtner bedeutet es ein sehr erfreuliches Ereignis, wenn seine Pfleglinge sich fortpflanzen. Er hat dann den Beweis dafür, daß es ihnen in ihren Gehegen behagt. Im Antilopenhause des Berliner Zoologischen Gartens sind im vorigen Frühjahre mehrere solcher Fälle eingetreten, und diese waren deshalb besonders bemerkenswert, weil sie Arten betrafen, die bisher nur sehr selten in der Gefangenschaft zur Fortpflanzung gebracht worden sind. Die „Gartenlaube“ hat sich die Gelegenheit, Jugendformen zweier außerordentlich interessanter Huftiere ihren Lesern vorzuführen, nicht entgehen lassen. Meiner Frau ist es gelungen, die niedlichen Antilopen-Kinder in charakteristischen Bildern festzuhalten. Es war ihr letztes Werk.

Säbel-Antilopen.
Nach dem Leben gezeichnet von A. Matschie-Held.

Die Elen-Antilopen (Oreas) gehören zu den gewaltigsten Vertretern der Wiederkäuer. Von allen Antilopen erinnern sie am meisten an die Rinder, namentlich an das Zebu. In ihren plumpen Bewegungen, in ihrem Betragen gleichen sie Buckelrindern, und die breite Wamme am Vorderhalse des Bullen vermehrt noch die Aehnlichkeit. Die Heimat dieser Antilopen ist das tropische Afrika südlich von der Sahara mit Ausnahme der Guinea-Küste und des Congo-Gebietes. Wahrscheinlich muß man mehrere geographische Abarten unterscheiden, jedoch sind sich die Zoologen über diese Frage noch nicht einig. Leider ist die Rinderpest auch den Elen-Antilopen verderblich geworden, und aus weiten Gebieten des östlichen und südlichen Afrikas scheint diese Art fast völlig verschwunden [153] zu sein. Der Bulle ist mit einer eigentümlichen Stirnmähne geschmückt, die sich fast bis zur Muffel hinzieht.

Die Kuh ist zierlicher gebaut als der Bulle, hat eine ziemlich starke Nackenmähne und schlankere Hörner. Sie ist eine treue Mutter, hat viel Milch, die übrigens nach den Berichten der Reisenden sehr gut schmecken soll, wie denn auch die Elen-Antilopen als Wildbret einen großen Ruf genießen. Das Kalb wächst schnell heran, ist sehr munter und plagt oft die Mutter durch seine Zudringlichkeit. Es ist ungestreift wie die Eltern, hat ziemlich langes Haar, welches fast zottig erscheint im Gegensatz zu dem weichen, kurzen Fell der Alten und zeigt eine viel lebhaftere Färbung als diese. Erst im zweiten Jahre nimmt das Kalb das Kleid der erwachsenen Tiere an. Auffallend ist beim Bullen die plumpe Stellung der Vorderbeine, welche in unserer Zeichnung sehr getreu dargestellt ist. Ich kann es nicht ganz von der Hand weisen, daß das Berliner Exemplar diese Eigenschaft besonders ausgeprägt besaß; denn der so stattliche Bulle brach vor kurzer Zeit beim Aufstehen den Oberschenkel, was jedenfalls auf eine Knochenschwäche schließen läßt und die unbeholfene Stellung erklärt. Die Kuh bewegt sich viel eleganter als der Bulle. Uebrigens gelten die Bullen auch in ihrer Heimat als langsam und sind schnell zu ermüden. In der Freiheit leben die Elen-Antilopen gern auf der mit Mimosen bestandenen Buschsteppe. Ein Bulle führt gewöhnlich mehrere Kühe, und auch hierdurch erinnern sie an Rinder.

Elen-Antilopen.
Nach dem Leben gezeichnet von A. Matschie-Held.

Unser erstes Bild stellt eine Herde von Säbel-Antilopen mit ihren Kälbern dar. Zu den einzelnen Stellungen sowohl der alten als auch der jungen Tiere haben Exemplare des Berliner Zoologischen Gartens Modell gestanden. Die Berliner Säbel-Antilopen gehören zu einer Abart, welche Nordwest-Afrika südlich vom Wendekreis bewohnt und als Oryx gazella in der zoologischen Systematik bezeichnet wird. Sie unterscheidet sich durch rötlichen Hals und sehr stark gebogene Hörner von der durch geradere Hörner und weißen Hals ausgezeichneten Form des östlichen Sudans, Oryx leucoryx, deren wohlgetroffene Umrißzeichnungen man häufig auf altägyptischen Bildwerken trifft. Die Säbel-Antilopen sind viel lebhafter als die Elen-Antilopen und gelten sogar als bösartig. Als das Kalb zur Welt gekommen war, durfte das Publikum mehrere Wochen hindurch nicht in die Nähe des Gitters gelassen werden, weil die sehr besorgte und zärtliche Mutter beim Nahen irgend eines Menschen in die größte Aufregung und Angst geriet, daß ihrem Liebling ein Leid geschehen könnte. Das junge Tier wuchs von Anfang an sehr stark und munter unter der sorglichen Pflege heran, und als es wenige Tage alt war, sproßten ihm schon die Hörner. Das Kälbchen der Elen-Antilope zeigte viel später die ersten Spuren des Gehörns. Auffallend waren an der jungen Säbel-Antilope die langen, starken Läufe und der kräftige Hals. In der Färbung glich sie den alten Tieren, nur war der ganze Körper außer dem Kopfe gleichmäßiger rötlichweiß. – Elen-Antilopen und Säbel-Antilopen haben sehr wenig Berührungspunkte miteinander; und doch muß man sie immer zusammen nennen, wenn man von der Zähmbarkeit der Antilopen spricht. Nach Holubs Mitteilungen halten die Matabele im südöstlichen Afrika zahme Elen-Antilopen, und bei den alten Aegyptern wurden Säbel-Antilopen häufig gezüchtet und in Herden zu Opferzwecken zahm gehalten. Von keinen anderen Antilopenarten haben wir sonst eine Nachricht darüber, daß sie irgendwo dem Menschen als Haustiere gedient haben.