Eine südafrikanische Wüstenpflanze

Textdaten
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Titel: Eine südafrikanische Wüstenpflanze
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 19, S. 323
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
w:Vivi (Demokratische Republik Kongo)
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[323] Eine südafrikanische Wüstenpflanze. Im vergangenen Sommer besuchte der wohlbekannte Meteorologe Freiherr Dr. A. von Danckelman, nachdem er über ein Jahr in der Station Vivi am Congo seinen Studien obgelegen hatte, auch die südlichen Küstenstriche von Unterguinea. In der portugiesischen Colonie Benguela unternahm er von Mossamedes aus eine Forschungstour in das Innere, erstieg das Chellagebirge und verkehrte mit den Boers, welche sich nach ihrem unheilsvollen Zuge quer durch Südafrika in Benguela niedergelassen haben. Unweit Mossamedes sammelte der Forscher das kaum seit einem Vierteljahrhunderte bekannte und von Hooker nach dem Entdecker, dem österreichischen Botaniker Welwitsch Welwitschia mirabilis benannte, in der That wunderbare Gewächs, welches wie ein Ueberlebsel längst vergangener Zeiten sich bis zur Gegenwart erhalten hat.

Es giebt nicht viele Exemplare der Welwitschia in Europa und viele Fachleute haben sie noch nicht in Händen gehabt. Außer dem Entdecker selbst hat später Monteiro, der Autor eines ausgezeichneten Buches über das südliche Unterguinea, verschiedene Exemplare nach England gesandt. Nun hat auch Dr. von Danckelman die botanischen Sammlungen von Hamburg, Dresden und Leipzig mit Welwitschien bereichert. Die nach Dresden gelangte jüngere und lebensfähige Pflanze ist in beifolgender Abbildung wiedergegeben. Es ist ferner Dr. von Danckelman geglückt, ein anderes, ebenfalls von Welwitsch in dem betreffenden Gebiete entdecktes und kaum minder seltsames Gewächs, Sesamocarpus benguellensis Welw., noch lebend nach Europa zu bringen, welches nun seit Monaten im botanischen Garten zu Leipzig trefflich gedeiht.

Welwitschia mirabilis.
Nach einer Natur-Aufnahme von Dr. Pechuel-Loesche.

Die Heimath dieser Pflanzen ist ein echtes Stück Wüste, welches wie die Sahara im Norden die begünstigteren Striche Westafrikas im Süden abgrenzt. Jenseits der Congomündung beginnt in Folge ungenügenden Regens die Küstenvegetation ärmlich zu werden. Waldwuchs findet sich nur noch an Flußufern oder auf sumpfigem Boden. Das höhere Land trägt getrennt von einander und büschelförmig wachsende Gräser, in welche lockere Gruppen starrer, wunderlich geformter Wolfsmilcharten, riesiger Affenbrodbäume, struppiger Fächerpalmen eingestreut sind, mit denen niedrige Dornhage abwechseln. Je weiter nach Süden, um so kümmerlicher wird die Vegetation, um so öder die Landschaft. Die Bäume verschwinden fast gänzlich, die Gräser decken kaum noch einzelne Stellen, die Gestrüppe lösen sich in vereinzelte graugrüne Dornbüsche auf; Aloe-Arten erscheinen, und allmählich gewinnt der Küstenstrich einen überaus trostlosen Charakter. Der nackte, aus Sand, Grus und Felsen bestehende Boden ist unbeschattet den sengenden Strahlen der Tropensonne ausgesetzt und wird manchmal jahrelang nicht durch Regen erfrischt.

Von Süden her wälzt sich ein kalter Meeresstrom an der Küste entlang und erniedrigt die Lufttemperatur, Ueber dem Meere lagern Nebel- und Dunstbänke, die bisweilen unheimlich schnell vor dem Seewinde her landeinwärts rollen, wie ein grauer Vorhang den wolkenlosen Himmel verhüllen und sich wieder auflösen.

Das ist die Heimath der Welwitschia. Auf einem so trostlosen Stück Erde ist auch das saubere portugiesische Küstenstädtchen Mossamedes erbaut, welches als eine Gesundheitsstation für alle unter dem Tropenklima Leidenden gilt. Etwa 800 Weiße wohnen daselbst und es ist der einzige Ort im tropischen Westafrika, wo auf die Dauer ein Familienleben für Europäer möglich ist, wo deren im Lande geborene Kinder fröhlich gedeihen. Wasser ist selten und wird aus Brunnen gezogen, denn die Flußbetten sind fast immer leer. Trotzdem hat Menschenfleiß an günstiger Stelle im Norden des Städtchens einige Pflanzungen und an den Häusern einige Gärten angelegt, welche künstlich bewässert werden. Da gedeihen Baumwolle und Zuckerrohr, Kohl, Kartoffeln, Gurken, Weintrauben für die Einwohner, Gras für die wenigen Hausthiere. Längs des Strandes verläuft eine mit kümmerlich gedeihenden Kokospalmen bepflanzte Promenade.