Textdaten
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Autor:
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Titel: Das Auge des Gesetzes
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 19, S. 324
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[324] Das Auge des Gesetzes. (Mit Illustration) Was heute so spät noch los sein mag da drinn’ in dem etwas zurückgelegenen, sonst so ruhigem Wirthshaus? Geburtstag des Wirthes oder eines Stammgastes, Tanzkränzchen oder Stiftungsfest? Ei, das müßte doch der stock- und säbelbewaffnete Herr Rottenmeyer wissen, ist er doch im ganzen Städtchen bekannt, wie wohl Keiner außer ihm! Und da sollte ihm ein so wichtiges Ereigniß, wie eines der hier genannten, nicht zu Ohren gekommen sein, ihm, dem Rottenmeyer, dem allzeit offenen Auge des Gesetzes, dem kein Winkelchen der engsten Gasse und kein einziges Menschenkind im ganzen Städtchen verborgen war? Rein nicht möglich! Da muß es sich um etwas Anderes handeln. Herr Rottenmeyer, der schon an dem Häuschen vorübergegangen war bis an die vorspringende Ecke, hielt schnell inne und horchte um sich. Hm, da wird doch nichts Geheimes im Spiele sein? Thür verschlossen, Fenster verriegelt – sehr verdächtig! Aber wartet, einen Wächter des Gesetzes überlistet man nicht und am wenigsten einen Rottenmeyer. Da macht man Kehrt und schaut sich um, und wo das Auge nicht reicht, da wird das Ohr zu Hülfe genommen. Alsbald steht Herr Rottenmeyer dicht unter dem Fenster und horcht. Sein Verdacht steigert sich merklich, denn allerlei dumpfe Laute vernimmt er von jedenfalls mindestens vier oder mehr Männern, und dazwischen Klopfen und Lachen ... Herr Rottenmeyer räuspert sich bedenklich. Da muß man sehen können, murmelt er vor sich hin, und mit großer Genugthuung entdeckt er eben ein paar runde Oeffnungen in dem einen der Fensterläden, die ihm alsbald Aufklärung geben sollen. Die eine Hand auf’s Knie gestützt, die andere gegen den Laden gelehnt, den derben Rohrstock aber unter dem Arm, so lugt er gespannt hinein in das verdächtige Zimmer. Und richtig, da drinnen werden allerlei heimliche Pläne geschmiedet, so heimlich, daß jeder der Männer sich hütet, sich selbst auch nur dem einen oder andern der Anwesenden zu verrathen. Das Auge des Gesetzes aber überschaut die Situation bald, und über die etwaigen gemeingefährlichen Bestrebungen dieser Männer schnell beruhigt, sucht es nur noch zu ergründen, ob es sich nicht täusche oder ob es wirklich auch den gestrengen Herrn Bürgermeister bei gemüthlichem Scatspiel vor sich sehe!

Das Auge des Gesetzes.
Nach dem Oelgemälde von Carl Kronberger.