Textdaten
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Titel: Ein neuer Alpenführer
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aus: Die Gartenlaube, Heft 33, S. 528
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[528] Ein neuer Alpenführer. Viel später als die Schweiz ist das Schwesteralpenland Tirol durch und für die Touristen entdeckt worden, ja wir können sagen, noch bis zum heutigen Tage ist diese Entdeckung nur sehr teilweise geschehen. Noch lange ist Tirol nicht durchlaufen und abgetreten bis in seine hintersten Bergschluchten und die höchsten Schneegipfel hinauf, wie die Schweiz, noch bietet es vielmehr für alle Die, welche nicht die breite Heerstraße der Reisezüge wandern wollen, denen es nicht zum nothwendigen Reiseerforderniß gehört, Natur in Glacehandschuhen, in Crinolinen und seidenen Kleidern zu kneipen und bis in die entlegensten Winkel hinein und auf die Eisspitzen hinauf großartige Hotels mit prachtvollen Speisesälen und luxuriösen Tables d’hôte zu finden, nach Land und Leuten so recht ein Feld zu erhabenem Naturgenuß und zu neuen Entdeckungen und Beobachtungen. Deshalb sollten wir eigentlich wider Alles opponiren, was dazu beiträgt, dem schönen Berglande diesen Reiz verhältnißmäßiger Ursprünglichkeit und Jungfräulichkeit zu rauben, vor Allem aber gegen die rothen Reisebücher ankämpfen, die danach trachten, auch Tirol zu einem fashionabeln Reiseziel blasirter Weltmenschen umzumodeln – allein wir sind nicht Egoisten genug, Andern zu mißgönnen, was uns selbst so manche schöne Sommerwoche hindurch zu einem Quell des reinsten, unvergeßlichsten Genusses geworden ist. Und so erachten wir es vielmehr für unsere Pflicht, jetzt, wo mit dem nahenden Hochsommer die eigentliche Saison der Alpen und der Alpenfahrer beginnt und während vielleicht so Mancher, in der Qual der Wahl, noch nicht zum Entschlusse gelangen kann, wo er in der diesjährigen Ferien- und Urlaubzeit den Actenstaub aus der Brust spülen und die am Bureau steif gesessenen Glieder recken und strecken soll, auf ein Buch empfehlend hinzuweisen, das, soeben dem Preßbengel entronnen, in der schönen Absicht geschrieben ist, die Touristeneroberung des Landes Tirol vollenden zu helfen.

Wir meinen den „Tirolerführer. Reisehandbuch für Deutschland und Wälschtirol unter Berücksichtigung der angrenzenden Gebietstheile etc. Bearbeitet von Dr. Ed. Amthor. Mit zehn Specialkarten in Lithochromie etc. (Gera).“ Wie der Verfasser, der sich durch mancherlei literarische Bestrebungen einen Namen gemacht hat, dies auf dem Titel und in der Vorrede ausspricht, ist das Werk die Frucht einer fast dreißigjährigen Reiseerfahrung, denn so lange hat er jedes Jahr Monate lang die Alpen Tirols durchstreift. Dies erweckt gewiß von vornherein ein günstiges Vorurtheil für das Buch, und in der That können wir, die wir uns rühmen dürfen, nicht das kleinste Stück des schönen Landes gesehen zu haben, mit gutem Gewissen bestätigen, daß die Absicht des Autors, dem Reisepublicum einen praktischen Führer an die Hand zu geben, soweit erreicht worden ist, wie sich dies auf den ersten Anlauf und bei der Schwierigkeit eines solchen Werkes, in dem natürlich nicht Alles auf eigene Beobachtungen basirt werden kann, sondern zum Theil aus einem von den verschiedensten Seiten und oft nur mit der größten Mühe zu sammelnden Materiale zusammengestellt werden muß, überhaupt erreichen läßt. Wer Tirol zum Ziele seines nächsten Ausflugs machen will – und unter den Hunderttausenden von Gartenlaubenlesern wird sicher so mancher sein Auge auf die Berge an Inn und Etsch, an Eisack und Passer richten – der kann keinen bessern und zuverlässigern Begleiter mitnehmen, als Amthor’s fleißiges und zugleich auch äußerlich elegantes Werk. Denn auch die Ausstattung desselben Seiten der Druckerei und des Verlags verdient volles Lob, namentlich zeichnen sich die Specialkarten durch klare und saubere Ausführung aus. Als überflüssig möchten wir dagegen die beigegebenen Eisenbahnfahrpläne betrachten, da sich dieselben ja mit jedem Halbjahr zu ändern pflegen und trotz der Vorzüglichkeit des Buches wohl nicht schon im nächsten Jahr auf eine neue Auflage zu rechnen ist, obgleich wir dem Verfasser, der zugleich der Verleger des Werkes ist, solche von ganzem Herzen wünschen.