Ein heimgekehrter Afrika-Reisender
[255] Ein heimgekehrter Afrika-Reisender. Am 16. März fand zu Ehren des Dr. Junker eine Festsitzung im Centralhôtel zu Berlin statt. Junker gehört zu Denen, die muthig in das Innere Afrikas vordrangen; er hatte sich die Erforschung der Zwischengebiete zwischen dem Nil und dem Kongo zum Ziel gesetzt; namentlich wollte er den Lauf des Uëlleflusses festsetzen, der sich in den Kongo ergießt, von wo aus der untere Flußlauf schon untersucht ist. Trotz wichtiger Entdeckungen hat Dr. Junker dies Ziel nicht erreicht; er vermochte es nicht, bis zum Kongo vorzudringen, und es liegt noch eine terra incognita von mehreren hundert Kilometern zwischen der von ihm durchwanderten Landstrecke und jenen bereits bekannten Uferlandschaften des Kongo; gleichwohl hat sich Junker um die Kenntniß von Land und Leuten im inneren Afrika große Verdienste erworben und bei seinen Reisen jene Unerschrockenheit bewährt, welche all diesen unternehmungslustigen Männern der Wissenschaft und Pionieren der Civilisation zur größten Ehre gereicht.
Ende 1879 war Junker nach Kairo gekommen, im Januar 1880 langte er in Khartum an. Der Nil war damals wegen des hohen Wasserstandes durch Grasbarren verstopft; doch Junker gelangte noch glücklich durch dieselben hindurch, glücklicher als der Negerdampfer ein Jahr später, der mit mehreren hundert Eingeborenen sich in einer solchen Verstopfung festgefahren hatte und nicht vor- und zurückkonnte, so daß die unglücklichen Passagiere zum Theil den Hungertod starben, zum Theil sich von den Leichen der Gestorbenen nährten. Seine Forschungen begann er in Dem Bekir und südlich davon bei dem Fürsten der Niam-Niam, Ndoruma, bei dem er eine freundliche Aufnahme fand. Von hier wandte er sich zum Semio im Lande Palembatas. Weiterhin legten ihm die Mangballefürsten Schwierigkeiten in den Weg, so daß es ihm nur mit Mühe gelang, zum Uëlle zu gelangen, welchen er zweimal überschritt.
Bei einer Forschungsreise weiter nach Süden und Südwesten besuchte er einen anderen Fürsten der Niam-Niam, Bakangai. Auch hier fand er freundliches Entgegenkommen; ein Schimpanse und zwei schwarze Zwerge von der Rasse Akka-Akka wurden ihm zum Geschenk gemacht. Es giebt also verschiedene Zwergvölker im Innern Afrikas: wir berichteten erst neulich von einem solchen Stamme, der im Süden des Ngamisees wohnte. Dr. Junker machte der Kolonie der kleinen Leute einen Besuch. Nach einigen Streifereien in das Gebiet der Monbuttu und Momon kehrte er noch einmal zum Semio zurück, von wo aus er 1882 eine Rundreise unternahm, die ihn wieder zweimal an den Uëlle führte.
Inzwischen war ihm die Rückkehr durch den Aufstand des Mahdi gesperrt, welcher auch die von Emin Bey verwaltete Aequatorialprovinz bedrohte. Er begab sich nach der Hauptstadt derselben, Ladò, wo er Emin Bey traf; die Mahdisten schrieben fanatische Drohbriefe; es erschien unmöglich, ihren Bannkreis zu durchbrechen. Da faßte Junker den heldenmüthigen Entschluß, sich über die südlichen Nachbarreiche Unyoro und Uganda den Weg zur Heimath zu bahnen: es gelang ihm dies; er vermochte sogar die Briefe der Eingeschlossenen zu befördern und mit Hilfe arabischer Kaufleute für 2000 Thaler Munition und Vorräthe an sie abzusenden, die auch glücklich dahin gelangten. Auf der Handelsstraße nach Sansibar schloß er sich dem Elfenbeinhändler Tibu Tibb an, der ihn glücklich an die Küste geleitete. Leider wurde noch ein Deutscher, Giesecke, Vertreter des Hamburger Handelshauses Meyer, von den Arabern erschossen, ehe Sansibar erreicht war.
Wer würde nicht in das begeisterte Lob einstimmen, das beim Berliner Fest ein anderer großer Reisender und Völkerkundiger, Adolf Bastian, dem Gefeierten spendete, dem Dulder und Wanderer, der sieben lange Jahre hindurch gebannt gewesen sei in diesen Zauberkreis von Centralafrika, inmitten der jungfräulichen Wildnisse auf dem Grenzgebiete der großen Stromsysteme, der dort an den Grenzen des Unbekannten sinnend und spähend gewandert sei, den Eintritt zu suchen, mitten unter rings drohenden Gefahren, denen er glücklich entkommen? †