Ein allgemeiner Sprachverein
[200] Ein allgemeiner deutscher Sprachverein. Zur Bildung eines solchen Vereins haben sich Sprachforscher, Dichter und Schriftsteller sowie mehrere höhere Beamte vereinigt: wir nennen nur Bodenstedt, Hamerling, Scherenberg, Daniel Sanders und Professor Riegel in Braunschweig, von welchem letzteren die erste Anregung dazu ausgegangen ist. Dieser Ausschuß hat Satzungen veröffentlicht, denen zufolge der Zweck des Vereins darin besteht, die Reinigung der deutschen Sprache von unnöthigen fremden Bestandtheilen zu fördern, die Erhaltung und Wiederherstellung des echten Geistes und eigenthümlichen Wesens der deutschen Sprache zu pflegen und auf diese Weise das allgemeine nationale Bewußtsein im Volke zu kräftigen. Jedes Mitglied des Vereins soll dahin streben, daß seine eigene Sprache im mündlichen und schriftlichen Gebrauche sich möglichst reinige. Der Verein soll außerdem eine Zeitschrift herausgeben, die vorzugsweise, wenngleich auf wissenschaftlicher Grundlage ruhend, dem wirklichen Bedürfniß dient, und daneben auf die sprachlichen Kundgebungen in allen Gebieten des öffentlichen Lebens einzuwirken suchen, indem er eine vollständige Ueberwachung der Sprache ausübt und das Tadelnswerthe in der Zeitschrift kennzeichnet. Neben diesem Rügegericht soll auch den Schriftstellern, deren Werke durch Reinheit und Adel der Sprache besonders hervorragen, sowie anderen Persönlichkeiten, welche sich durch bedeutende Leistungen im Sinne der Vereinszwecke verdient gemacht haben, eine angemessene öffentliche Auszeichnung seitens des Vereins zu Theil werden.
Die Pflege der deutschen Sprache ist gewiß eine würdige Aufgabe
für ein ernstes und eifriges Streben; wir fürchten nur, daß in Bezug
auf die Reinigung von Fremdwörtern ebensowenig die Geister unter Einen
Hut zu bringen sind, wie das mit Bezug auf die Rechtschreibung, selbst
trotz des Einschreitens der staatlichen Autorität, der Fall ist. Daß übrigens
Daniel Sanders sich unter den Ausschußmitgliedern und Vereinsgründern
befindet, bürgt uns für ein maßvolles Auftreten, da dieser Gelehrte in
seinem „Deutschen Sprachschatze“ den Fremdwörtern in recht ausgiebiger
Zahl ein Asyl gesichert hat. G.