Ein Streifzug nordischer Wasserschützen

Textdaten
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Autor: Otto Lübbert
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Titel: Ein Streifzug nordischer Wasserschützen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 59-61
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1865
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[059]
Ein Streifzug nordischer Wasserschützen.
Mitgetheilt von Otto Lübbert.[1]

Zu Anfang des Maimonats war es, als mir das hier eben nicht ganz alltägliche Ereigniß gemeldet wurde, ein Walfisch, und zwar einer von der Sorte, die man hier den Buchten-Walfisch (norwegisch: Vaagehval, schwedisch: Vikhval, Balaenoptera rostrata Fabr.) nennt, sei in der „Hatlevigen“ geheißenen etwa ein und ein halb norwegische Meile südlich von Bergen belegenen Bucht eingesperrt. Die Gelegenheit, Eingeweide und vollständiges Skelet, vielleicht auch einen Fötus zu ergattern, war lockend; ich zog meine großen Seestiefel an, ließ Mundvorrath für acht Tage und extra einige Flaschen Franzbranntwein und mehrere Pfunde Puderzucker einpacken, nahm Schleppnetz und Spiritusgefäße mit, setzte mich in ein von drei kräftigen Leuten gerudertes Fischerboot, und vorwärts ging’s, daß das Wasser am Bug schäumte. Die Ruderer priesen mir einmal über das andere, wie gut ich’s haben würde bei der Wittwe Martha Hatlevigen, die Anrecht hätte auf den größten Theil des Walfisches. In etwa drei Stunden war die Reise beendigt. Zwei kleine Inseln versperren den Eingang zu einer umfangreichen Bucht. „Siehst Du,“ sagten die Leute zu mir, „da wohnt Martha, nun sind wir gleich da. Da sind die Wachen aufgestellt; hörst Du nicht, wie der Ole mit dem Fischhaken auf den Bootsrand loshämmert, um den Walfisch zurückzuscheuchen, wenn dieser versuchen will, das Garn zu durchbrechen?“ Wir glitten dann über das dreidoppelte Garn, das die Bucht absperrte, hinweg. Der Eingang zu der Bucht, der hatte abgeschlossen werden müssen, war kaum zehn Faden breit, das Wasser aber zur Ebbezeit so flach, daß ein Walfisch eben mit genauer Noth über die Untiefe hinweggleiten konnte. Drinnen in der Bucht dagegen hatte er einen weiten Spielraum. Am Landungsplatze lag ein großes Boot mit mehreren älteren Männern, es waren Walfischschützen von Profession, aus Skogsraag, die man eingeladen hatte, damit sie dem eingeschlossenen Ungeheuer den Garaus machten. Einige von ihnen kannten mich.

„Willkommen!“ riefen sie, als ich zu ihnen in’s Boot sprang. „Was ist Dein Begehr?“

„Den Walfisch zu kaufen.“

„Ja, die Knochen kannst Du schon kriegen für Geld und gute Worte, aber vom Fleische und Speck bekommst Du Nichts ab; darauf verstehst Du Dich nicht.“

Nun, an eine Thranspeculation hatte ich eben nicht gedacht. Die guten Leute halfen mir meine Sachen zur Martha Hatlevigen hinaufschleppen, auf einem mäandrisch gewundenen Steig, der uns zu einem Grasplane führte, auf welchem das Häuschen der glücklichen [060] Walfischbesitzerin lag. Diese empfing mich, in der Thür stehend, mit ausgestreckter Hand und nöthigte uns durch die Küche in die Stube. Aermlich genug war diese und schien gerade groß genug für Martha und ihre beiden Kinder, einen Burschen von sechszehn und ein Mädchen von achtzehn Jahren, die Beide damit beschäftigt waren, Fischereigeräthschaften, welche über den Tisch und beide Bänke ausgebreitet lagen, auszubessern. „Nun weg mit der Arbeit, hier ist ein Fremder aus der Stadt!“ hieß es. Ohne weitere Umstände war ich denn installirt, und mittelst ausgetheilten Branntweins gewann ich rasch die Gunst meiner neuen Bekannten.

„Komm nun mit,“ sagte der breitschultrige Knud, der Aelteste und Erfahrenste unter den Walfischjägern, „jetzt wollen wir sehen, ob wir nicht einen oder ein paar Pfeile dem Walfisch in den Leib schießen können.“

Vier Mann ruderten uns dann in die Mitte des Bassins. Da lagen wir still; Knud nahm den Bogen, spannte ihn mittelst des gabelförmigen Spannholzes, legte den Pfeil auf, lehnte das Vorderende der Armbrust auf den Bootsrand und wartete, bis der Walfisch, ein für einen Angehörigen dieser Species recht ansehnliches Thier (die Species B. rostrata Fabr. ist die kleinste aller Balänopteren), an die Oberfläche kam, um Luft zu holen. Erst zeigte sich ein Strahl durch das heftige Ausathmen einporgeschleuderten Wassers, dann der schnabelförmige Kopf mit den weißlichen Barten, darauf der glänzendschwarze Rücken, ein bequemes Ziel für unsern Knud, dessen Pfeil tief eindrang in den Rumpf des Thieres, dicht hinter der Rückenfinne. Auch ich versuchte das Experiment mit demselben Erfolge. „Nun mag er ein paar Tage gehen mit den Dingern im Leibe,“ sagte Knud, und wir ruderten somit nach Hause. Unterwegs besah ich mir die hier beim Walfischfange gebräuchlichen merkwürdigen Geräthschaften.

a. Walfischbogen. b. Pfeil.

Der Walfischbogen hat die Form einer mittelalterlichen Armbrust, von colossalen Dimensionen, ziemlich roh, aber solid gearbeitet, der Schaft aus Eschenholz, der Bügel aus dem Holze der Taxus baccata, armsdick; die starke Schnur ist von Hanf. Gespannt wird der Bogen mittelst eines etwas gekrümmten gabelförmigen Holzes, und es dürfte das Spannen, nach der Solidität der Vorrichtung zu urtheilen, eben keine leichte Arbeit sein. Die sechs bis acht Zoll lange Pfeilspitze hat die Dicke einer Gänsefeder und erweitert sich oben zu einem lanzettförmigen Blatte von höchstens drei Viertel Zoll Breite. Diese im Verhältnisse zum Bogen selbst sehr unbedeutend aussehende Spitze steckt mit ihrem unteren Ende lose in einem statt der Federn am Hinterende mit zwei Holzflügeln ausgestatteten hölzernen Schafte von leichtem Holze, in welches der Name des Eigenthümers des Geschosses eingebrannt ist. Aber so wenig gefährlich der Pfeil aussieht, so verderblich wird er dem Wale. Es ist nämlich die Spitze aus altem rostigen Schiffseisen geschmiedet, und solch Eisen hat, wie man hier bestimmt behauptet, die Eigenschaft, die durch dasselbe verursachten Wunden sehr bald brandig zu machen. Trifft nun der Pfeil, im Bogen abgeschossen, den Rücken des Wales, so löst sich die Spitze vom Schafte, und gleitet nach und nach immer tiefer zwischen die Muskelschichten des verwundeten Thieres hinein, während der abgefallene Holzschaft auf dem Wasser schwimmt und hinterdrein aufgelesen wird, und verursacht in einigen Tagen innere Blutung und Brand, in Folge dessen das geängstigte Ungeheuer in blindem Schmerze oft auf den Strand rennt oder doch so ermattet, daß es dem Harpuniere eine leichte Beute wird. Die Harpune besteht im Wesentlichen aus einer nach oben zu einer massiven Stange zusammengeschmiedeten Eisenröhre. Das solide obere Ende läuft in ein Oehr aus, in welchem beweglich die blattförmige zweispitzige Spitze balancirt. Beim Gebrauch richtet man diese längs des Eisenschaftes und versieht den unteren Theil derselben, den Widerhaken, mit einem leicht verschiebbaren Eisen- oder Hanfringe. Um das untere röhrenförmige Ende des Eisenschaftes wird ein mindestens hundert Faden langes starkes Tau geschlungen. In ber Röhre steckt ein acht bis neun Fuß langer Holzschaft. Wird nun die Harpune mit Kraft in den Rumpf des Wales gestoßen, so muß sich der oben beschriebene Ring nothwendiger Weise nach hinten schieben, das als Widerhaken beschriebene untere Ende des Blattes wird frei, und das Blatt selbst bohrt sich mehr oder weniger in rechtem Winkel zu dem Schafte in das Fleisch und macht es so dem Fisch zur Unmöglichkeit, sich von der Harpune zu befreien. Die Lanze, eine gerade gebogene Sense auf langem Schafte, gebraucht man, um dem Walfisch das Garaus zu machen.

Einstweilen ruhten noch die beiden zuletzt genannten Instrumente, denn Knud hatte ja für gut befunden, den Walfisch einige Zeit mit den beiden Pfeilen im Leibe „gehen“ zu lassen. Wieder angelangt in Martha’s Hütte, fand ich die Stube vollgepfropft von Menschen, Alt und Jung, die Alle den „Stadtmann“ sehen wollten.

Auf meine Requisition brachte unsere Wirthin eine Milchschüssel mit kochendem Wasser herein, und dahinein that ich allen noch übrigen Branntwein und sämmtlichen Zucker. Zu Tassen und Näpfen wurde das Gebräu umhergereicht; die Erwachsenen tranken und die Kinder nippten, Jeder bekam seinen Antheil. Nun ging das Schwatzen los, welches bald in betäubenden Lärm ausartete. Endlich, es war schon ziemlich spät, bedeutete Martha die Gäste, der „Stadtmann“ wünsche sich zur Ruhe zu begeben. Alle, bis auf die Walfischschützen, begaben sich denn auch zu ihren Hausgöttern, und mir wurde das Bett der Wittwe als Nachtlager angewiesen. Ein ärmliches Lager, obwohl bei weitem das beste im Hause: zwei Haferstrohsäcke als Pfühl und Kopfkissen und eine Wolldecke, das war Alles. Vollständig angekleidet legte ich mich, müde wie ich war, zu Bette, aber ehe ich einschlief, musterte ich erst noch meine Umgebung. „Mutter selbst“ sollte bei der Tochter liegen; deren Bett war außerordentlich schmal, aber man verstand es, sich zu arrangiren. Die Walfischschützen schliefen theils sitzend auf den Bänken, theils auf dem Boden liegend, bereit, der Wache zu Hülfe zu eilen, sobald diese Lärm machen würde. Herzlich müde, streckte ich mich auf meinem Lager aus, allein ich fand den Schlaf nicht eher, als bis ich die Ursache entdeckt und entfernt, welche in meinem Rücken ein Gefühl veranlaßt hatte, ähnlich wie wenn ein paar tüchtige Pflastersteine oben in den Strohsack hineinprakticirt worden wären. Es waren eben nur ein Paar nasse Seestiefeln, die man, um sie zu trocknen, in’s Bett gesteckt hatte.

Am andern Morgen beschwichtigten die Walfischjäger meine Ungeduld mit der Versicherung, es sei für heute an kein Harpuniren zu denken, da der Walfisch mit seinen zwei Pfeilen im Leibe so ruhig „gehe“, als fehle ihm nicht das Geringste. Ich nahm [061] also mein Schleppnetz und drei Mann in’s Boot und fischte nach Mollusken und Krebsthieren. Spät Abends noch, nach dem Nachtessen, setzte ich mich in Gesellschaft der Jäger auf eine vorspringende Klippe und sah dem Sonnenuntergange zu; dann und wann schielte ich auch wohl nach dem interessanten Gefangenen in der Bucht. Auch die Jäger schienen ihre Aufmerksamkeit so ziemlich gleichmäßig zwischen diesem, ihren Pfeifen und dem Sonnenuntergange zu theilen. Siehe da, einmal über das andere hebt der Fisch seinen halben Leib lothrecht über das Wasser: er beabsichtigt offenbar, das dreifache Garn, das er nie mehr als zu zwei Dritteln zu durchbrechen wagt (das dritte äußerste Garn, obwohl von derselben Beschaffenbeit, wie das innere und das mittlere, scheucht ihn stets zurück, und die Klappwache hat nur die Bestimmung, ihn an dem Zerreißen dieses letzteren und eventuell an dem Ueberspringen des Ganzen zu verhindern), zu überspringen! Der alte Anführer thut noch einen kräftigen Zug aus seiner Pfeife, vertauscht dann diese mit einem tüchtigen „Prüntje“: „Jetzt ist’s Zeit, jetzt kann der Spaß losgehen. Da kommt mein Sohn mit seiner Mannschaft, der soll heut sein Probestück ablegen als Harpunirer.“

Wir eilten hinab zu den Booten. Während die Mannschaft des Alten sich in dessen großem Boote ordnete, ertheilte er dem Sohne die nöthigen Befehle, sich an der Nordseite der Bucht zu halten, stets mit der Harpune in Bereitschaft; vor Allem aber habe er sich klar zu halten von der Leine. Ich selber aber nahm, um in Ruhe und mit einem Blick das ganze Schauspiel übersehen zu können, Platz auf einer vorspringenden Felszunge. Vor der Bucht, den Eingang bewachend, lagen die Fischer aus der Umgegend in ihren Kähnen, um den Walfisch zurückzutreiben, wenn dieser sollte den Ausgang forciren wollen. Der Fisch kam jetzt sehr häufig an die Oberfläche, um zu athmen: die Pfeile hatten ihm bereits Wundfieber verursacht, Getrieben von zwölf kräftigen Armen schießt das Boot des Sohnes auf den eben wieder Auftauchenden zu, ein mit aller Kraft geführter Stoß – und der Harpunirer liegt kopfüber im Wasser, der Stoß war vorbeigegangen. Die Mannschaft ist geschäftig mit dem Auffischen ihres Principals. Der Alte auf der andern Seite der Bucht beachtet den Zwischenfall scheinbar durchaus nicht; wie ein Pfeil schießt der Fisch nach jener Seite hinüber, wie um zwischen dem Boote Knud’s und dem Ufer sich einen Ausweg zu suchen. Hier aber liegt ein Riff dicht unter der Oberfläche des Wassers, und fest sitzt der Fisch. Im Nu bohrt Knud ihm die Lanze tief zwischen die Rippen, ein gewaltiger Ruck und der halbe Leib des Fisches liegt auf dem Trocknen: ein tiefes, stöhnendes Ausathmen, und der Beherrscher der Tiefe ist nicht mehr. Weit umher färbt sich die See mit seinem Blute.

Nun strömt Alles herbei; eine Harpunleine wird um den mächtigen Schwanz geschlungen, und mit vereinten Kräften gelingt es bald, den Erlegten vom Grunde loszubugsiren. Bald kehrte sich der gefurchte, schön porzellanweiß glänzende Unterleib der scheidenden Sonne zu; ich sprang von meiner Klippe, an deren Fuße das ganze Drama in unmittelbarster Nähe sich abgespielt hatte, auf den schwimmenden Rumpf, setzte mich nieder und ließ mich sammt meinem ungewöhnlichen Vehikel tief in den Hintergrund der Bucht schleppen, wo der Strand flach war und wo die Zerlegung des Fisches vor sich gehen sollte. Das zuerst abgetrennte Stück Speck wurde sofort der alten Martha zugestellt, die es in Salz und Wasser zu kochen hatte. Dann ging’s ohne Aufenthalt an das Entspecken; sämmtliche Messer wurden eifrigst gehandhabt. Man macht einen Längenschnitt und dann parallele Querschnitte durch den Speck bis auf das Muskelfleisch; drei bis vier Zoll vom Längenschnitt schneidet man ein Loch, in welches die eine Hand greift und den Speck herabreißt, während die andere Hand mit dem Messer nachhilft. Ist eine Tafel von ungefähr zwölf Zoll Breite und vierundzwanzig Zoll Länge abgelöst, so wird sie auf eine schräge Klippe geworfen, damit das Blut ablaufen könne. Das Fleisch wird in ähnlicher Weise in etwa fußdicken Klötzen abgetrennt, am Lande jedoch wird es in vier Zoll dicke Scheiben zerschnitten und zum Trocknen ausgebreitet.

„Halt, Kinder, da kommt Martha!“ Sie schleppt den mittlerweile fertig gewordenen ersten Bissen in einem Holztroge herbei. Alle stellen die Arbeit ein und langen zu. Die Walfischjäger holen ihre Proviantschachteln hervor. Fladbröd und Walfischspeck mit einem Finkelschnaps ist ein Göttermahl. „Du hast der Jagd mit beigewohnt, Du mußt auch den Braten kosten.“ Es half nicht, ich mußte dran, und er schmeckte besser, als ich’s geglaubt hatte. Nach geendeter Mahlzeit begann das Zerlegungsgeschäft von Neuem. Endlich kam mein Antheil an die Reihe, die Bauchhöhle wurde geöffnet und die Eingeweide mir zur Disposition gestellt. Der interessanteste Fund war mir ein zehn Zoll langer Fötus; er steht jetzt in Spiritus in Kopenhagen. Im Magen des Fisches fand ich eine ungeheure Menge Skelete von Brislingen (eine kleine Sorte Heringe)[2] und eine fast gleiche Quantität Ascariden. Die Gallengänge der Leber waren erfüllt mit einem großen flachen braungrauen Wurm, der Distoma Golilath. Auf der Außenseite des Thieres war nicht ein einziges Schmarotzerthier anzutreffen.

Endlich war die Zertheilung sowohl des Speckes und Fleisches, wie auch des von mir begehrten Skeletes vollbracht; wir waren Handels einig geworden und ich erwartete nun, die Mannschaften würden mir beistehen beim Einschiffen meiner Beute. „Ja, Du mußt warten, bis ich fertig bin,“ sagte der alte Knud. „ich muß erst austheilen, auf daß Jeder das Seinige erhalte.“ Theilhaber sind alle Die, welche den Wal entdecken und ihn in die Bucht jagen, sodann Die, denen die Ufer der Bucht gehören, und endlich die Schützen; bei dieser Gelegenheit waren es elf im Ganzen. Die Theilung des Fleisches und des Specks geht folgendermaßen vor sich. Ein Mann stellt sich hin, nimmt einen Tragkorb auf den Rücken und in diesen wirft man nun erst so viel Speck, wie er zu tragen vermag; dann geht er hier nach irgend einem flachen Platze, beugt sich vornüber und der Inhalt des Korbes stürzt über seinen Kopf hinweg auf den Rasen. Dies Experiment vollführt er auf elf verschiedenen Stellen, bis kein Speck mehr vorhanden ist. Dann macht er dieselbe Tour mit dem Fleische – und fast ausnahmslos sind sämmtliche Theilhaber mit dieser primitiven Weise der Vertheilung wohl zufrieden. Die Unterkiefer und eine von den Brustfinnen fällt den Schützen zu. Im frischen Zustande ist das Skelet weich und läßt sich leicht mit dem Messer zerschneiden, weshalb es schwierig ist, es unbeschädigt in seine Gewalt zu bekommen. In der Regel werden die Knochen kleingehackt und den Kühen als Futter gegeben. –

Die Theilung war zu Ende, ich nahm herzlichen Abschied von der über ihren vierfachen Antheil hocherfreuten Martha. In Bergen angekommen war das Erste, was ich zu thun hatte, ein Bad zu nehmen.

Bald darauf fing sich ein anderer Wal in derselben Bucht. Diesmal tödteten die Fischer ihn selbst ohne Beistand der Walfischjäger von Profession, indem sie ihn mit den Garnen immer näher auf den Leib rückten und das einfältige Riesengeschöpf mittelst langer Stangen auf schlammigen Grund jagten. Der Wal bekam, wie man berechnet hatte, Schlamm in die Spritzlöcher und mußte elendiglich ersticken.



  1. Der Verfasser dieser interessanten Mittheilungen, denen wir später noch einige andere aus seiner Feder folgen lassen werden, ist leider nicht mehr unter den Lebenden; mit ihm sank nicht nur ein reiches vielseiliges Talent, sondern auch ein echter deutscher Mannescharakter, ein treffliches Herz in das frühe Grab in fremdem Lande. Otto Lübbert war ein geborener Mecklenburger und hatte eben auf verschiedenen deutschen Universitäten seine juristischen Studien beendet, als das Jahr 1848 auch ihn in seine Bewegung riß. Ein begeisterter und begeisternder Volksredner in den mecklenburgischen Städten, war er einer der tapfersten Kämpen wider die sogenannte patriarchalische Junkerwirthschaft seines Heimathlandes; die Reaction fasste daher ihn vor Allem in’s Auge, so daß er sich genöthigt sah, vor ihrer Rache zu flüchten. Er stieg in Rostock in das erste beste Schiff, in der Hoffnung, nach England zu entkommen, allein erst an Bord erfuhr er, daß das Fahrzeug nach Norwegen bestimmt war, und so schiffte er nach dem fernen Nordlande. Ein guter Clavierspieler und Musiker, erwarb er sich zunächst in Drontheim, dann in Bergen einen leidlichen Lebensunterhalt und manche Freunde und hatte sich eben in dem seinen wissenschaftlichen Bestrebungen und literarischen Arbeiten, die meist die norwegische Thierwelt betrafen, günstigern Christiania niedergelassen, als ihn im September des letzten Jahres ein hitziges Nervenfieber rasch dahin raffte.       Die Redaction.
  2. Clupea sprattus Nilss.