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Titel: Ein Stück Weges in Persien
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 6, S. 83–85
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1857
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Ein Stück Weges in Persien.

In Persien wird jetzt viel marschirt. Einige fürchten eine neue Auflage des östlich-westlichen Krieges. Persien soll, heißt es, den russischen Weg nach Indien bahnen durch das „Thor“ Herat. Frankreich macht auf die Insel Karrack an der Mündung des Euphrat Anspruch. Die Engländer wollten sie zur Operationsbasis gegen Persien machen. Die Russen an der persischen Grenze

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Der Sialekpaß in Persien.

[85] operiren unter General Chrulieff. Die Engländer sind im persischen Meerbusen angekommen und haben Buschir bereits genommen. Die Truppen des persischen Schach streiten noch für den Besitz „des Schlüssels zu Indien.“ Dadurch bekömmt dieser Boden ein Interesse für uns. Wir kennen etwas davon, besonders durch den Maler Jules Laurens, der die neueste Autorität über Persien, M. Hommaire de Hell, auf seinen Reisen durch Oberpersien begleitete und unter vielen anderen Ansichten nach der Natur auch die beifolgende, den Paß durch den Kaukasus in Oberpersien, den berühmten Sialekpaß, auch kaspisches Thor genannt, zeichnete. Es ist dies der wichtigste strategische Weg durch die furchtbare kaukasische Gebirgskette, durch welchen auch Alexander der Große vor zwei Jahrtausenden (333 vor Chr. Geb.) gegen den letzten Perserkönig Darius Codumanus zog, um der Perserherrschaft ein Ende zu machen. Der furchtbare Hohlweg ist nicht länger, als eine Stunde, aber dabei schwieriger für eine Armee, als ein Marsch über ein halbes Land. In der Regel ziehen blos Karavanen oder räuberische Horden hindurch, aber in Kriegszeiten wird sich dies natürlich ändern. Die Felsen auf beiden Seiten, oft überhängend und den hellen, blauen Himmel oben verschließend, sind nach den Messungen Rawlinsons 700 bis 1000 Fuß hoch. Der Weg hinwärts, hindurch und darüber hinaus ist todt und grimmig felsig, nur mit zahlreichen Ruinen ehemaligen Lebens aus verschiedenen Reichen und Jahrtausenden bestreut. Am Ausgange des großen Schluchtweges hebt sich der Boden und die Kaukasuskette streckt sich in unabsehbare Weiten mit schneebedeckten Häuptern (Demarendspitze) und dem Veramiumthale in der Nähe. Die Höhenausgänge sind nicht zugespitzt, wie in den Alpen, sondern zeichnen sich durch kantige und abrupte Grenzlinien aus, durch todtes Felsengebiet ohne Spur von vegetabilischem oder animalischem Leben. Ein kleiner Fluß mit untrinkbarem Glaubersalzwasser windet sich schlangenartig durch dieses furchtbare Felsenthor.

Das Auge sucht vergebens einen Ausgang, einen Steg, welcher das Steigen erleichtert. Es gehört die ganze Kraft und Geschicklichkeit der Maulthiere dazu, die ganze Geduld und Kaltblütigkeit ihrer Führer, um sich in diese Irrgänge der spitzigsten, schlüpfrigen Felsen zu wagen, welche senkrecht von den schrecklichsten Abgründen durchschnitten und von noch höheren, unzugänglichen Steinmassen überragt werden. In Persien wird nichts gebaut und nichts verbessert, und vergeblich wartet man nach jedem Winter, der neue Unglücksfälle brachte, daß in diesen gefährlichen Passagen Wege gebahnt werden. Um so erstaunlicher ist es daher, mitten in diesen Bergen, auf den gefährlichsten, spitzesten Abhängen die Reiter auf unserm Bild zu erblicken, welche diese gefährlichen Engpässe passiren. Es sind Bakhtiari und Mamaceni, zwei Stämme, welche im Westen von Farsistan und an der Grenze des alten Susiana wohnen und denen auf den sonnverbrannten Zügen ihr alterthümlicher Ursprung geschrieben steht. Groß und kräftig, haben sie eine hohe Stirn, gerade Nase und schwarze lebhafte Augen. Ihre wie Schmelz glänzenden Haare fallen in zwei sorgfältig frisirten Locken über die Schultern. Eine gelbliche Filzmütze, eine eng um die Hüften liegende Tunika, Gamaschen und nicht selten ein langer Mantel, Aba genannt, ist ihre Kleidung. Ein furchtbarer lederner Gürtel mit silbernen, erhabenen Verzierungen enthält große Pistolen, ein Guama oder Dolch, ein Messer und ein ganzes Arsenal von Mordwerkzeugen. Als Reiter verdienen sie das Lob, welches Xenophon schon ihren Voreltern zollte; sie sind, wenn auch unbekannt mit unsern Reitkünsten, eben so elegante wie feste Reiter. Sie schlafen mitten in den gefährlichen Hohlwegen auf den Hälsen ihrer Pferde, und rauchen gemüthlich ihre Pfeife, Gualione genannt, indem sie sich am Wohlgeruche des Rauches ergötzen. Sie machen sich aber auch kein Gewissen daraus, während des Winters in diesen Engpässen die heroischen Räuber zu spielen, und mit den Börsen der unglücklichen Karavanen zu liebäugeln, welche in einsamen Abgründen in ihre Hände fallen.