Ein Skat in der Gartenlaube
[611] Ein Skat in der Gartenlaube. (Zu dem Bilde. S. 600 und 601.)
Eiee herrlicher Sonntagnachmittag hat die ganze Familie in den Garten
gelockt. Und der ständige unterhaltsame Sonntagsgast, welcher zur Species
der „Vettern“ gehört, hat sich gern angeschlossen. Nach kurzem Gang über
die kiesbestreuten Wege umfängt sie wohlthätig die schattige Laube. „Hier
müßte es sich brillant Skat spielen lassen,“ äußert der „Vetter“, ein
leidenschaftlicher Skatspieler, halb für sich, halb zu seiner liebreizenden
Nachbarin gewandt. Diese ist nicht so träumerisch veranlagt und so anspruchslos wie ihre Schwestern, nicht so belesen wie der Bruder, dafür aber
von praktischer Lebensauffassung und Schlagfertigkeit. „Wir spieleee mit,“
stimmt sie belustigt bei, ohne die Sache ernst zu nehmen, „nicht wahr, Mutter, Du auch?“ „Natürlich!“ giebt diese beruhigend zurück. Aber siehe da –
zu Aller Ueberraschung zieht der spiellustige „Vetter“
ein vollzähliges Spiel Karten aus der Tasche! Schnell
wird der Skattisch hergerichtet, die nötigen Zahlmarken – denn um Geld zu spielen, erlaubt die Hausordnung nicht – werden herbeigeholt und das Spiel
beginnt wirklich. Wie es verläuft? Nun, man braucht
keine Lenormand zu sein, um das Kommende vorauszusehen.
„Schön Bäschen“, das eben „Grand“ ansagt
und neben dem Coeurbuben auch die anderen drei
in der Karte hat, muß das Spiel ja – so wollen
wir zu ihrer Ehre annehmen – gewinnen. Aber der
„Vetter“ wird dabei auch nicht verlieren, er wird die
kleine weiße Hand seiner Gegnerin, die so siegesgewiß
den Kartenfächer zwischen sich und ihn hinhält, schließlich
doch gefangen nehmen und fürs ganze Leben festhalten. Und die Eltern, die schon jetzt so vergnüglichen Anteil an dem Spiele nehmen, werden, wenn
es erst Ernst zwischen den beiden da werden wird, gewiß nicht mit unfreundlichem Auge dreinschauen, sondern mit Freuden ihr Jawort geben. M. H – g.