Ein Gnadenstoß dem Beelzebub

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Titel: Ein Gnadenstoß dem Beelzebub
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aus: Die Gartenlaube, Heft 34, S. 577
Herausgeber: Ernst Keil
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1877
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Anton Karsch: Naturgeschichte des Teufels. Münster 1877, ULB Münster
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[577] Ein Gnadenstoß dem Beelzebub. Wenn uns die Zeitungen von hier und dort wiederum vorgenommenen Teufelaustreibungen berichten, so ersehen wir aus diesen Thatsachen, daß das Licht der fortgeschrittenen Cultur den Teufel noch keineswegs aus dem Glauben und Leben der civilisirten Völker vertrieben hat. Freilich reicht seine Macht heute nicht weiter als der verfinsternde Einfluß eines selbstsüchtigen Pfaffenthums, aber dieser Einfluß erweist sich bekanntlich als ein beträchtlicher und beherrscht noch große Schichten unserer modernen Gesellschaft. Der gesammten ultramontanen Bewegung, die ihre Hauptstütze in der Unwissenheit des großen Haufens sucht, ist der Teufel ein unentbehrlicher Helfershelfer, und man darf einen wesentlichen Theil ihrer sichtlichen Wirkungen und Erfolge auf die Rechnung dieses beängstigenden Schreckgespenstes setzen. Auch die pietistischen Jesuiten des lutherischen Clerus möchten zu ihren Bestrebungen gern den Beistand eines so wichtigen Bundesgenossen gewinnen. Seit Jahrzehnten machen sie unablässig die fabelhaftesten Anstrengungen, dem protestantischen Volke den leibhaftigen Teufel von Neuem an die Wand zu malen. Man braucht nur ihre Predigten zu hören, nur ihre Bücher, Tractätchen und frömmelnden Blättchen anzusehen, um sich von der Heißspornigkeit des Eifers zu überzeugen, mit dem sie diese wohlberechnete Absicht verfolgen. Kurz und gut, das durch alle Jahrhunderte der Menschheit sich fortwälzende Teufels-Ungeheuer, diese unheilstiftende Ausgeburt schwarzer Knechtungsgier, ist nicht gestorben, sondern bewahrt in seinem abgeschwächten Zustande noch Reste einer offenbar so verderblichen Lebenskraft, daß es wahrlich an der Zeit ist, ihm endlich den längst verdienten Gnadenstoß zu geben. Den geheimen und offenen Umtrieben der pfäffischen Agitationen wird man gründlich nicht beikommen, so lange man den Teufelsglauben nicht tödtlich in's Herz getroffen hat.

Dies aber kann nur auf dem Wege der Aufklärung und Belehrung des Volkes geschehen, und für diese Belehrung reicht eine vernunftgemäße Prüfung des Gegenstandes allein nicht aus. Es muß vielmehr den Leuten auch deutlich gezeigt werden, wie ein solcher Wahnglaube überhaupt entstanden und von welchen interessirten Seiten er emsig gepflegt und zu einer Macht herangebildet worden ist, wie er sich entwickelt und was er inmitten der Menschheit geleistet und angerichtet hat. An genügender Ausbeute für diesen Zweck fehlt es nicht, von den Forschungen einer neueren Wissenschaft, den großen Erkenntnissen und Ermittelungen der vergleichenden Religionsgeschichte wird sie in hinlänglichstem Maße geliefert. Der Teufelsglaube ist in seiner Entstehung, seinem Werden und Walten, in seiner Laufbahn durch die Weltgeschichte wissenschaftlich erkannt, und es handelt sich nur darum, dieses gelehrte Wissen so weit zu einem Gemeingut zu machen, als es für die Klärung und Veredelung des Volksbewußtseins, für seine Befreiung von wüsten, unsauberen und nur der hohnlachenden Unterjochung dienenden Vorstellungen nothwendig ist.

Besonders erfreulich ist es daher, daß ein helldenkender Gelehrter, der Professor der Naturwissenschaften Geh. Medicinal-Rath Dr. Karsch, kürzlich in der clericalen Hauptstadt Westfalens drei Vorträge gerade über dieses Thema gehalten und dieselben nunmehr auch durch den Druck dem größern Publicum zugänglich gemacht hat. Das Büchlein führt den Titel „Naturgeschichte des Teufels“ (Münster, Brunn's Verlag) und beweist uns in jeder Zeile, daß dem Stoffe seitens des Verfassers die ernstesten Studien gewidmet worden sind. An der Hand der Religionsgeschichte zeigt er uns, wie der Teufel als ein ursprünglich heidnischer Aberglaube durch Vermittelung des Judenthums in’s Christenthum verpflanzt, wie er unter den Händen der Ultramontanen zu einer albernen Fratze ausgebildet wurde und hier in der Entsetzlichkeit der Ketzer- und Hexenprocesse seine hauptsächlichste Blüthe entfaltet, seine fürchterlichsten und schmachvollsten Triumphe gefeiert hat. Wie wir aber seine Macht zu grauenvoller Herrschaft aufsteigen sehen, so sehen wir sie allmählich auch zu ihrer jetzigen Verdünnung und Abschwächung herabsinken.

Dies Alles wird uns in so übersichtlicher Kürze und doch so erschöpfend in so gemeinverständlicher Sprache und theilweise so humorvoll und ergötzlich vorgeführt, daß sich jeder irgend gebildete Leser von der Lectüre dieses Werkchens neben der nützlichen Belehrung auch wohlthuenden Genuß versprechen darf. Die Absicht ist eine höchst dankenswerthe, möchte sie durch eine Verbreitung des Buches, das nur eine Mark kostet, in den weitesten Kreisen des Volks erreicht werden!