E’m incresce di me sì malamente

Textdaten
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Autor: Dante Alighieri
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Titel: So heftig muss ich selber mich bedauern
Untertitel:
aus: Die unbekannten Meister – Dantes Werke, S. 76–78
Herausgeber: Albert Ritter
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1922
Verlag: Gustav Grosser
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer: Albert Ritter (Karl Förster, Karl Ludwig Kannegießer)
Originaltitel: E’ m’incresce di me sì duramente
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Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung: {{{KURZBESCHREIBUNG}}}
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So heftig muß ich selber mich bedauern,

Daß ebensoviel Schmerzen
Das Mitleid schuf, wie dies qualvolle Leiden.
Denn ach, ich fühle es in wehem Trauern:

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Es sammelt sich im Herzen

(Will ich’s auch nicht) der Hauch zum letzten Scheiden,
Seit es der Augen Glanz, der schönen beiden,
Durchdrang, als Minnes Hand es mir erschlossen,
Und mir den Weg wies, wo mir Tod beschieden.

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O wie so hold umflossen

Von Milde strahlt’ ihr Blick in süßem Werben,
Als sie zuerst zum Sterben
Mich brachten – der jetzt gern den Tod gemieden –
Und dabei sagten: „Unser Licht bringt Frieden!“

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„Von uns soll Ruh’ dem Herz, euch Frieden kommen!“ –

So zu den meinen sprachen
Der Herrin Augen wohl in manchen Stunden;
Doch als durch ihre Einsicht sie vernommen,
Daß ihre Kräfte brachen

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Den Geist mir, und er mir schon fast entwunden,

Da sind mit Minnes Fahnen sie entschwunden.
Der Blicke Trost, die siegreich mich durchdrangen,
Ist meinem Aug’ für immer nun genommen.
So blieb von Gram umfangen

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Die Seele mir, statt daß sie Tröstung fände.

Nun sieht sie fast das Ende
Dem Herzen, dem sie einst vermählt war, kommen
Und muß von dannen gehn, in Lieb’ entglommen.

Und liebentglommen scheidet sie und klagend

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(Denn trostlos muß sie leiden)

Aus diesem Leben, fortgejagt von Minnen.

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Sie eilt von dannen – so in Schmerz verzagend,

Daß sie vor ihrem Scheiden
Des Schöpfers Mitleid konnte noch gewinnen.

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So floh sie in des Herzens Mitte drinnen

Mit ihres Lebens Rest, der erst entschweben
Wird in der Stunde, wo sie muß erblassen.
Ob Minnen, die vom Leben
Sie scheucht, hat sie manch Klagelied gesungen,

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Und oftmals hat umschlungen

Die Geister sie, die weinend kaum sich fassen;
Denn die Gefährtin sollen sie nun lassen.

Wohl thront im Geist das Bildnis dieser Fraue
Hoch oben mir noch immer,

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Dort auf dem Platz, den Minne ihm gegeben;

Doch reut mein Leid sie nicht, ob sie’s auch schaue,
Da ihrer Schönheit Schimmer,
Des Lächelns Huld sie lichter noch umweben.
Dann wird todbringend sie das Aug’ erheben,

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Zurufen ihr, die scheidend näßt die Wangen:

„Geh’, Unglückselige, geh’ nur von hinnen!“
So ruft sie, mein Verlangen,
Die jetzt wie oftmals schon mich überwunden;
Doch minderschwer empfunden

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Hab’ ich’s, weil meine Kräfte mir entrinnen

Und Leid und Weh zu enden schon beginnen.

An jenem Tag, da sie zur Welt gekommen –
So wie es steht geschrieben,
Im Buche schwindender Erinnerungen,

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Ward meine jugendliche Brust durchglommen

Von nie empfundnen Trieben.
Da stand ich denn voll Furcht und Ängstigungen,
Denn meine Kräfte hielt ein Zaum umschlungen
So jäh, daß ich hinsank; denn es verwirrte

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Mich eine Stimme, drob mein Herz beklommen;

Und wenn das Buch nicht irrte,

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Faßt’ meinen Lebensgeist ein arges Beben,

Weil das ihm kundgegeben:
Nun sei der Tod für ihn zur Welt gekommen!

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Das hat auch sie zu Herzen sich genommen.


Als dann die große Schönheit ich erblickte,
Die mich so sehr läßt trauern –
Vernehmet wohl mein Wort, ihr edlen Frauen! –
Da sah die Kraft, die höchster Adel schmückte,
An meinen Wonneschauern
Das ihr entstandne Unheil wohl voll Grauen,

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Und dank dem eignen unverwandten Schauen

Mocht’ ihr nun wohl die Sehnsucht klar erscheinen.
Und zu der andern sprach sie voller Klagen:
„Hierher wird statt der einen,
Die ich da sah, das schöne Bild gelangen,

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Vor dem ich schon erfüllt von wehem Bangen;

Wir alle müssen ihre Herrschaft tragen,
Sobald es ihren Augen will behagen.“

Zu euch hab’ ich gesprochen, junge Frauen,
Euch, deren Augen Glanz und Schönheit schmücken,

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Und deren Sinne sich schon Minnen neigen!

Mein Wort soll euch beglücken,
Wo immer sich des Liedes Klang erhebe;
Und hier vor euch vergebe
Ich ihr, der Schönen, die dem Tod zu eigen

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Mich gab und doch kein Mitleid wollte zeigen.