Du forderst viel, o Vaterland!
„Gepackt, gesiegelt! Nun geh’ hin,
Erfreue meinen Herzensjungen!
Wär’ ich so jung wie alt ich bin,
Ich wär’ der Feldpost nachgesprungen,
Hätt’ ihm dies Päcklein selbst gebracht.
Denn Alles, was ich denk’ und thu’
Vom Morgen- bis zum Abendsegen,
Eilt meinem Sohn, dem einz’gen zu,
Und was ich für ihn thu’ und sinn’,
Das steckt in diesem Päcklein drin.
Die Jacke und die warmen Socken,
Die strickt’ ich selbst beim Lampenlicht.
Die Augenlust vergess’ ich nicht.
Jetz siegl’ ich bei demselben Schein
Dem Kriegsmann seine Gabe ein.
Ein Päckchen Tabak, und dazu
O wenn er das erblickt! Im Nu
Wird ihm die Freud’ im Auge strahlen –
Gewiß, im Geiste sitzt er hier
Am trauten Tische neben mir.
Wird seinen Blick zum Wandschrank wenden,
Wo schon der Vater aufbewahrt,
Was er erschwang mit harten Händen.
Jetzt ist’s der Wittwe karger Lohn,
Und ganz zu unterst, fast versteckt,
Liegt, was die Liebste ihm geschrieben.
Warum? Daß er es erst entdeckt,
Wenn er erkannt, daß meine Liebe
Wenn’s anders wär’, das thät’ mir weh!“
So hat das Mütterlein bewegt
Ihr Werk vollbracht in stillem Sehnen.
Ob auch der Mutterstolz sich regt,
Und zitternd preßt das Herz die Hand:
Du forderst viel, o Vaterland!