Dr. Peithmann und Prinz Albert

Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Dr. Peithmann und Prinz Albert
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 32, S. 380
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[380] Dr. Peithmann und Prinz Albert. Beide studirten einst zusammen in Bonn. Ersterer wurde Dr. der Philosophie, letzterer Gemahl der englischen Königin. Dr. Peithmann reis’te seinem ehemaligen Universitätsgenossen nach London nach, als dieser sich vermählt hatte und speculirte auf Begünstigung. Er reichte dem Prinzen Bittschriften ein, die jedoch ohne Berücksichtigung blieben. So begab er sich nach Irland, um dort in der Familie des Chefs der englischen Admiralität, Lord Normanby Hauslehrer zu werden. Der Sohn des Lords wurde hier, ohne daß er’s, wünschte, Vater zu einem Kinde der deutschen Gouvernante im Hause. Der Schein mußte gerettet und die Gouvernante nach Deutschland geschafft werden, Dr. Peithmann ward mit dem Auftrage beehrt, sie verschwinden zu lassen. Er verweigerte es mit Entrüstung, mußte seine Stelle verlassen und hielt Vorlesungen in Dublin. Hier wandte sich die davongejagte Gouvernante um Schutz an ihn, den er auch heroisch zusagte, da er wußte, daß der junge Lord ihr die Ehe versprochen, was in England sehr kostspielig ist, wenn man nicht Wort halten will. Hier kam noch die nothwendige „Scheinrettung“ hinzu. – So ward Dr. Peithmann eines Morgens von Polizei abgeholt und in das Irrenhaus Bedlam zu London gesperrt, wo er funfzehn Jahre blieb und als Lehrer der Wahnsinnigen wirkte, da er wirklich etwas Doctor der Weisheit war und blieb. Neulich (im Juni 1851) endlich durch Fürsorge der „Gesellschaft für Wahnsinnige“ entlassen, hatte er nichts Eiligeres zu thun, als sich an seinen ehemaligen Universitätsfreund, Prinz Albert zu wenden und um Rückgabe von „Papieren“ zu bitten. Da er keine Audienz erhalten konnte, wußte er es möglich zu machen, sich eines Sonntags in der Privatcapelle der königlichen Familie im Buckingham-Palast zu zeigen, um, wie er aussagte, sich durch sein persönliches Erscheinen dem Prinzen in Erinnerung zu bringen. Hierauf ward er wieder von der Polizei ergriffen und des Wahnsinns angeklagt und – überführt. Der Beweis wurde in dem Privatzimmer der betreffenden Magistratsperson mit Ausschluß aller Oeffentlichkeit und selbst der nothwendigen Freunde und Zeugen geführt. Die Sache ist der unverschämteste Schlag in das Gesicht der Gerechtigkeit und Humanität. Allerdings ist Dr. Peithmann ein doppelter Verbrecher, nicht weil er das Bewußtsein verloren, sondern von Kindern weiß, deren Väter die Welt nicht kennen lernen soll. Der Fall ist vor das Parlament gekommen, aber schwerlich werden die beiden Parlamente um eines Menschen willen, der nichts als ein deutscher Doctor der Philosophie ist, Heiligenscheine, welche die hohe Gesellschaft innen trägt und der ihr angewachsen ist, wie der Backenbart, zerstören oder nur lüften. „Schein retten“ ist die erste Cardinaltugend in der offiziellen guten Gesellschaft Englands. Berühmte Aerzte, die für eine Handvoll Guineen Menschen für verrückt erklären, damit deren Vermögen in die Hände Verständiger falle, sind nirgends häufiger, als in England, weil sie nirgends so häufig gebraucht und so gut bezahlt werden, als hier. Manchmal geschieht’s auch zum „Schein,“ nicht wegen klingender Münzen.