Textdaten
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Autor: Johann Peter Hebel
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Titel: Die zwei Postillione
Untertitel:
aus: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes
S. 282-284
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: 1803-1811
Erscheinungsdatum: 1811
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: Tübingen
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: ULB Düsseldorf und Djvu auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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[282]
Die zwei Postillione.

Zwei Handelsleute reisten oft auf der Extrapost von Fürth nach Hechingen, oder von Hechingen nach Fürth, wie jeden sein Geschäft ermahnte, und gab der eine dem Postillion ein schlechtes Trinkgeld, so gab ihm der andere kein gutes. Denn jeder sagte: „Für was soll ich dem Postknecht einen Zwölfer schenken? ich trag’ ja nicht schwer daran.“ Die Postillione aber, der von Dünkelsbühl und der von Ellwangen sagten: „Wenn wir nur einmal den Herren einen Dienst erweisen könnten, daß sie spendaschlicher würden!“ Eines Tages kommt der Fürther in Dünkelsbühl an, und will weiters. Der Postillion sagte zu seinem Cameraden: „Fahr du den Passagier.“ Der Camerad sagte: „Es ist an dir.“ Unterdessen saß der Reisende ganz geduldig in seinem offenen Eliaswagen, [283] bis der Postillion aufsaß. Als er sah, daß der Postillion im Sattel recht saß und die Peitsche erhob, sagte er: „fahr zu Schwager! Werf er mich nicht um!“ Am nemlichen Nachmittag fuhr auch der Hechinger von Ellwangen ab, und der Postillion dachte bey sich selbst: „Wenn jezt nur mein Camerad von Dinkelsbühl mit dem Fürther auch auf dem Weg wäre!“ Indem er fährt, Berg auf Berg ab, nicht weit vom Segringer Zollhaus, wo dem Hausfreund und seinem Herrn Bruder auch einmal die Haare geschnitten worden sind, begegnen sie einander; keiner will dem andern ausweichen. Jeder sagt: „Ich führe einen honetten Herrn, keinen Pfennigschaber, wie du, dem seine Sechsbatzenstücke aussehen wie Hildburghäuser Groschen.“ Endlich legte sich der Fürther auch in den Streit: „Gott’s Wunder!“ sagte er; „sollen wir noch einmal vierzig Jahr in der Wüste bleiben?“ und schimpfte zuletzt den Ellwanger, daß ihm dieser mit der Peitsche einen Hieb ins Gesicht gab. Der Dünkelsbühler sagt: „du sollst meinen Passagier nicht hauen, er ist mir anvertraut, und zahlt honett, oder ich hau’ den deinigen auch.“ – „Untersteh’ dich und hau mir meinen Herrn!“ sagte der Ellwanger. Also hieb der Dinkelsbühler des Ellwangers Passagier und der Ellwanger hieb des Dinkelsbühlers Passagier, und riefen einander in unaufhörlichem Zorn zu: „Willst du meinen Herrn in Frieden lassen oder soll ich dir den deinigen ganz zu einem Lungenmus zusammenhauen?“ und je schmerzlicher der eine Ach und der andere Weih schrie, desto kräftiger hieben die Postillione auf sie ein, bis sie des unbarmherzigen Spasses selber müde wurden. Als sie aber auseinander waren und jeder wieder [284] seines Weges fuhr, sagten die Postillione zu ihrem Reisenden so und so: „Nicht wahr ich habe mich euer rechtschaffen angenommen? Mein Camerad wirds Niemand rühmen, wie ich ihm seinen Herren zerhauen habe. Aber diesmal kommts euch auch auf ein besseres Trinkgeld nicht an. Wenn’s der Fürst wüßte, sagte der Dinkelsbühler, es wäre ihm um einen Maxd’or nicht leid.“ Er sieht darauf, daß man die Reisenden gut hält.

Merke: es ist kein Geld schlechter erhaust, als was man armen Leuten am Lohn und Trinkgeld vorenthält, und wofür man gehauen oder sonst verunehrt wird. Für ein paar Groschen kann man viel Freundlichkeit und guten Willen kaufen.