Die elektrischen Kräfte/Zusammenstellung:§37

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Siebenter Abschnitt.


Vergleichung des für die elektromotorischen Kräfte gefundenen Elementargesetzes mit demjenigen, welches von F. Neumann proponirt worden ist.


Es wird gezeigt werden, dass diese beiden Gesetze, wenn auch in vielen Fällen mit einander in Einklang, doch im Allgemeinen verschiedene sind. Ferner wird auf ein bestimmtes experimentelles Factum hingewiesen werden, welches für das erstere, und gegen das letztere Gesetz zu sprechen scheint.




§. 37. Das für die elektrischen Kräfte gefundene Elementargesetz in seiner Anwendung auf lineare Leiter.


Jede Grösse , welche bei der gegenseitigen ponderomotorischen und elektromotorischen Einwirkung zweier linearer Stromelemente und überhaupt in Betracht kommen kann, wird, falls wir festhalten an den in einem früheren Abschnitt (pag. 50 und 51) eingeführten Bezeichnungen, in letzter Instanz abhängig sein[1] von den sechs einander coordinirten Argumenten

(1.)
| so dass also die Differentiationen nach diesen sechs Argumenten, ohne Aenderung des Endresultates, mit einander vertauscht werden können.

Demgemäss kann der einem gegebenen Zeitelement entsprechende Zuwachs zerlegt werden in die vier partiellen Zuwüchse:

(2.a)

wobei zu bemerken ist, dass die beiden letzten partiellen Zuwüchse verschwinden werden, sobald die betrachtete Grösse lediglich von den räumlichen Verhältnissen abhängt. So wird z. B. die Formel (2.a), wenn man für die gegenseitige Entfernung der beiden Elemente nimmt, die einfachere Gestalt gewinnen:

(2.b)

Die ponderomotorische Wirkung der beiden Elemente und aufeinander entspricht dem Ampère’schen Gesetz, und kann also dargestellt werden durch die Formel [(39.a), pag. 198]:

(3.a)

wo[2] alsdann die Bedeutung hat:

(3.b)

Andererseits wird die von in irgend einem Puncte des Elementes hervorgebrachte elektromotorische Wirkung, zufolge des von uns gefundenen Elementargesetzes, dargestellt sein durch die beiden Kräfte [(39.b), pag. 198]:

(4.)
dabei sind die Kräfte und gerechnet in der Richtung und in der Richtung . — Ausserdem ist zu bemerken, dass die bekannten Bedeutungen (vergl. z. B. pag. 44) besitzen; während die von abhängende Function vorstellt:|
(5.)

Bezeichnet man, wie gewöhnlich, mit diejenige elektromotorische Kraft, welche in einem Puncte von , und zwar in der Richtung von hervorbringt, so wird offenbar:

oder (was dasselbe ist):

also durch Substitution der Werthe (4.):

eine Formel, welche auch so geschrieben werden kann:

(6.)

Es soll nun weiterhin diese Formel in Vergleich gestellt werden mit der von meinem Vater für die Kraft proponirten Formel. Zu diesem Zwecke ist die hier gefundene Formel (4.) einer gewissen Transformation zu unterwerfen.

Aus (3.b) ergiebt sich durch Multiplication mit sofort:

Addirt man diese Formel zur Formel (6.), so erhält man successive:

(7.)

Multiplicirt man diese Formel mit , so erhält man:

(8.)

Benutzt man nun die bekannten Relationen (pag. 39):

(.)
| sowie die hieraus entspringende weitere Relation:

und substituirt man für und die durch , gebotenen Werthe, so ergeben sich die Umformungen[3]:

woraus durch Addition folgt:

Mit Rücksicht hierauf kann die Formel (8.) auch so geschrieben werden:

(9.)

Durch die Formeln (6.) und (9.) sind wir zu folgendem Resultat gelangt.

Befinden sich zwei lineare Stromelemente in irgend welchen Bewegungen, und die in ihnen enthaltenen Stromstärken in irgend welchen Zuständen der Veränderung, und bezeichnet man mit

(10.)

die (dem Ampère’schen Gesetz entsprechende) zwischen den beiden Elementen vorhandene ponderomotorische Kraft, ferner mit

(11.)
| diejenige elektromotorische Kraft, welche während der Zeit in irgend einem Puncte des Elementes , und zwar in der Richtung dieses Elementes, hervorbringt, —

alsdann wird die letztgenannte Kraft in doppelter Weise sich ausdrücken lassen, entweder durch:

(12.a)

oder durch:

(12.b)

Hier haben dieselben Bedeutungen wie im Ampère’schen Gesetz; während die Function repräsentirt:

(13.)

Der Vollständigkeit willen, ist hinzuzufügen, dass die Charakteristik in (12. a, b) dem Zeitelement entspricht.

Für den Fall beträchtlicher Entfernungen ist unzweifelhaft , also nach (13.):

so dass in diesem Falle die Formeln (12.a,b) folgendermassen lauten:

(14.a)
(14.b)

Beiläufig mag hier zur Ableitung der Formel (12.b) noch ein anderer Weg angedeutet werden. Im vorhergehenden Abschnitt (pag. 201 bis 203) waren für irgend zwei Stromelemente und folgende allgemeine Formeln gefunden:

| wo zur Abkürzung steht für das Product:

Bringt man von der Formel in Abzug die beiden Formeln und , so ergiebt sich:

Substituirt man hier für seine eigentliche Bedeutung , und bringt man sodann die Formel in Anwendung auf zwei lineare Stromelemente und , so erhält man:

oder mit Einführung der Function (5.):

oder (was dasselbe ist):

Substituirt man hier für die Wärmemenge ihren analytischen Ausdruck , ferner für den Werth (3.a), und dividirt man endlich die Formel durch , so folgt:

dies aber ist die abzuleitende Formel (12,b).


  1. Insbesondere sei erinnert an die damals gegebenen Formeln:
    (.)
    (.)

    wo und die Coordinaten der beiden Elemente und in Bezug auf irgend ein der Betrachtung zu Grunde gelegtes rechtwinkliges Axensystem vorstellen.
    Haben dieselben Bedeutungen wie im Ampère’schen Gesetz (pag. 44), so folgt aus (.) sofort, dass

    (.)

    d. h. dass jede dieser Grössen in letzter Instanz abhängig ist von den vier Argumenten .

  2. Dass man hier, wo es sich um lineare Stromelemente handelt, und an Stelle von und zu setzen hat, ergiebt sich leicht. Denn bezeichnet z. B. den Querschnitt des Elementes , so ist offenbar:
    und

    woraus durch Multiplication folgt:

    w. z. z. w.
  3. Hinsichtlich der Formel ist zu beachten, dass [vergl. (2.a,b)]

    ist, und dass die Differentiationen nach den sechs Argumenten (1.) in ihrer Reihenfolge beliebig vertauscht werden dürfen. Somit folgt:

    oder was dasselbe ist:

    Von dieser Gleichung ist in Gebrauch gemacht.