| §. 30. Die elektromotorische Wirkung eldy. Us zweier beliebig gestalteter Körper auf einander.
Es seien gegeben zwei beliebig gestaltete Körper
und
, beide begriffen in irgend welchen Bewegungen, während gleichzeitig im Innern eines jeden irgend welche elektrische Vorgänge stattfinden.
| Ferner sei
irgend ein Punct innerhalb
, und
irgend ein Volumelement des Körpers
. Ermittelt soll werden diejenige elektromotorische Kraft eldy. Us
(35.)
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welche von dem Element während der Zeit hervorgebracht wird im Puncte .
Der Untersuchung mag ein beliebiges rechtwinkliges Axensystem (x, y, z) zu Grunde gelegt sein; es mag nämlich dasselbe, um den höchsten Grad der Allgemeinheit zu erreichen, weder absolut fest, noch auch starr verbunden mit einem der beiden Körper, sondern vielmehr begriffen gedacht werden in irgend welcher eigenen Bewegung. Mit Bezug auf dieses Axensystem fuhren wir folgende Bezeichnungen ein:
- die Coordinaten von ;
- die Richtungscosinus eines von ausgehenden, mit der ponderablen Masse von starr verbundenen Linienelementes , dessen Richtung im Innern dieser ponderablen Masse willkührlich gewählt sein darf;
- die Aenderungen , welche während der Zeit erfahren, werden alsdann (vergl. pag. 48) dargestellt sein durch die Formeln:
(36.)
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- wo diejenigen Drehungen sind, welche der Körper während der Zeit erleidet in Bezug auf die drei Axen x, y, z.
- Coordinaten von ;
- die zur Zeit (d. i. zu Anfang des betrachteten Zeitelementes ) in vorhandene elektrische Strömung;
- die Componenten von , genommen nach den Axen x, y, z;
- die Entfernung zwischen und ;
- die Richtungscosinus von ;
- die Componenten der gesuchten Kraft , (35.), ebenfalls genommen nach den Axen x, y, z.
- die Charakteristik für die während der Zeit stattfindenden Veränderungen, genau in demselben Sinne wie früher [vergl. (3.a,b,c,d) pag. 158, 159].
| Zunächst eine Bemerkung zur besseren Orientirung über jene Charakteristiken
. Die im Elemente
zur Zeit
vorhandene elektrische Strömung
erleidet während des folgenden Zeitelementes
zweierlei Veränderungen, die eine herrührend von den Vorgängen im Innern des Körpers
, die andere herrührend von der relativen Bewegung dieses Körpers in Bezug auf das zu Grunde gelegte Axensystem (
x, y, z). Wir werden daher die zur Zeit
vorhandene Strömung
am Bequemsten dadurch erhalten können, dass wir diese Aenderungen einzeln, eine
nach der andern, vor sich gehen lassen; dabei mag, der Anschaulichkeit willen, jene Strömung geometrisch — durch eine von
ausgehende Linie von entsprechender Richtung und Länge — dargestellt gedacht werden.
Die zur Zeit vorhandene Linie
wird, falls man die der Zeit entsprechenden inneren Vorgänge des Körpers sich vollziehen lässt, seine relative Bewegung gegen das Axensystem (x, y, z) vorläufig aber sistirt, übergehen in eine gewisse andere, mit
zu bezeichnende Linie. Diese letztere Linie aber verwandelt sich, falls man nun nachträglich jene relative Bewegung des Körpers ebenfalls zur Ausführung bringt, in eine Linie
deren Componenten bestimmt sind durch die Formeln (vergl. pag. 48):
wo unter die Drehungen zu verstehen sind, welche der Körper während der Zeit erleidet in Bezug auf die Axen x, y, z. Diese Formeln lassen sich, mit Fortlassung der unendlich kleinen Grössen zweiter Ordnung, so darstellen:
Die linken Seiten der Formeln sind offenbar diejenigen Aenderungen, welche während der Zeit in Wirklichkeit erfahren, also zu bezeichnen mit . Somit erhalten wir:
(37.)
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| wo
diejenigen Theile der Zuwüchse
vorstellen, welche veranlasst sind durch die Strömungsänderungen im Innern des Körpers
, und
diejenigen andern Theile jener Zuwüchse bezeichnen, welche herrühren von der relativen Bewegung des Körpers
in Bezug auf das zu Grunde gelegte Axensystem (
x, y, z).
Wir gehen über zur eigentlichen Aufgabe. Die Componente
der gesuchten Kraft (35.), genommen nach der Richtung des mit verbundenen Linienelementes , kann unmittelbar angegeben werden auf Grund früherer Untersuchungen [(15.), pag. 173]; man erhält:
(38.)
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wo und mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Bezeichnungen, sich darstellen lassen durch:
(39.)
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Demgemäss sind homogene lineare Functionen von . Als solche mögen sie bezeichnet werden mit:
(40.)
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Hieraus folgt:
(41.)
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(42.)
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Bedienen wir uns nun der Gleichungen (36.):
so nimmt die Formel (42.) folgende Gestalt an:
(43.)
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| In analoger Weise wird offenbar:
(44.)
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Substituirt man in (38.) die Werthe (40.), (41.) und (43.), (44.) so entsteht eine Formel, in welcher die rechte Seite, ebenso wie die linke, eine homogene lineare Function von ist, während die in multiplicirten Coefficienten von unabhängig sind. Denn man erkennt sofort, dass die genannten Coefficienten vollkommen dieselben auch dann sein würden, wenn man (ohne in den gegebenen Bewegungen und inneren Vorgängen das Mindeste zu ändern) an Stelle der zu Anfang im Innern der ponderablen Masse von willkührlich gewählten Richtung irgend welche andere Richtung , gewählt hätte. Folglich müssen in jener Formel die genannten Coefficienten einzeln einander gleich sein. In solcher Weise ergeben sich drei Relationen, von denen die erste so lautet:
(45.)
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während die beiden andern analoge Werthe liefern für . Die Bedeutungen, welche hier besitzen, sind [nach (39.), (40.)] folgende:
(46.)
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wo überall zur Abkürzung steht für . — Somit gelangen wir zu folgendem Resultat.
Sind und irgend zwei in Bewegung begriffene Körper, ferner irgend ein Punct von , und irgend ein Volumelement von , und sollen in Bezug auf ein ebenfalls in beliebiger Bewegung begriffenes rechtwinkliges Axensystem () die Componenten
derjenigen elektromotorischen Kraft eldy. Us angegeben werden, welche während der Zeit in hervorbringt, so bilde man zunächst die Richtungscosinus:
(47.a)
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| wo die Coordinaten von , ferner diejenigen von , und die Entfernung zwischen und vorstellen; sodann bilde man mit Bezug auf die in vorhandenen Strömungscomponenten die Ausdrücke:
(47.b)
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die Werthe jener gesuchten Componenten sind alsdann folgende:
(47.c)
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wo die Drehungen des Körpers während der Zeit dt bezeichnen respective um die Axen .
Diese Formeln (47.c) vereinfachen sich, sobald man für das Coordinatensystem () ein solches nimmt, welches mit der ponderablen Masse des Körpers starr verbunden ist (also Theil nimmt an der etwaigen Bewegung von ); denn alsdann verschwinden die Grössen . — Noch bedeutender wird die Vereinfachung, wenn gleichzeitig das zu betrachtende Element nicht einem andern Körper , sondern vielmehr eben demselben Körper angehört; denn alsdann verschwinden die mit bezeichneten Incremente sämmtlich; so dass also z. B. die erste jener Formeln (47.c) alsdann sich reducirt auf:
Nun ist nach (47.b):
mithin
| im vorliegenden speciellen Falle ist aber
, mithin
, ebenso
; so dass man also auch schreiben kann:
oder mit Rücksicht auf (47.a):
Somit gelangt man zu folgendem specielleren Satz:
Ist , mit den Coordinaten ein Punct innerhalb eines gegebenen ponderablen Körpers , ferner , mit den Coordinaten irgend ein Volumelement von , ferner die gegenseitige Entfernung zwischen und , und sind endlich die Componenten der in zur Zeit vorhandenen elektrischen Strömung, so werden die Componenten derjenigen elektromotorischen Kraft eldy. Us, welche während der Zeit im Puncte hervorbringt, die Werthe haben:
(48.)
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Dabei ist vorausgesetzt, dass das zu Grunde gelegte Coordinatensystem () in starrer Verbindung steht mit der ponderablen Masse des gegebenen Körpers[1].
- ↑ Die hier auftretenden Functionen und sind, wie früher (pag. 148) gefunden war, mit einander verknüpft durch die Relation
(49.)
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Für den Fall eines beträchtlichen ist , die Gestalt dieser Relation also folgende:
(.)
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Macht man nun die nicht unwahrscheinliche Annahme, dass für den Fall eines beträchtlichen die Functionen von der Form sind
(.)
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wo Constante sein sollen, so geht jene Relation über in:
(.)
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[183] oder
(.)
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Hieraus folgt:
(.)
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wo eine noch unbekannte Constante vorstellt. Endlich folgt aus (.) und (.):
(.)
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Durch Substitution dieser Werthe (.) würden die Gleichungen (48.) in diejenigen sich verwandeln, von denen Helmholtz bei seinen letzten Untersuchungen ausgegangen ist (vergl. Borchardt’s Journal, Bd. 72, pag. 76). Wenn indessen Helmholtz der Ansicht ist, die hier hineingetretene Constante müsse Null oder positiv sein; so wird sich im weiteren Verlaufe unserer Untersuchungen das Gegentheil herausstellen, nämlich nachgewiesen werden, dass die Function identisch mit Null, und dass also [nach (.)] die Constante identisch mit (−1) sein muss.