Die amerikanische Mühle und Brodfabrik von F. A. Ketzel an der Göltzschthalbrücke

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Autor: Diverse
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Titel: Die amerikanische Mühle und Brodfabrik von F. A. Ketzel an der Göltzschthalbrücke
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 59–61
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Amerikanische Mühle u. Brodfabrik v. F. A. Ketzel an der Göltzschthalbrücke.

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Die amerikanische Mühle und Brodfabrik von F. A. Ketzel an der Göltzschthalbrücke.


Unmittelbar an der Göltzschthalbrücke, an der Göltzsch und in romantischer Umgebung liegt das gewöhnlich unter dem Namen „Netzschkauer Mühle“ bekannte, gegenwärtig im Besitz des Herrn Friedrich August Ketzel sich befindende Etablissement, wo nicht nur die Müllerei, sondern auch die Brodbäckerei im Großen und fabrikmäßig betrieben werden, so daß von hier aus sowohl Brod als Mehl, die Haupterzeugnisse, in weitem Umkreis verführt werden. Die Nähe von vier Fabrikstädten, Netzschkau und Mylau, jede eine Viertelstunde, Reichenbach drei Viertelstunden, Greiz eine Stunde entfernt, befördern den Absatz der Produkte dieses Etablissements.

In der Müllerei und Bäckerei sind fortwährend 11 Personen beschäftigt.

An Gebäuden befinden sich hier

ein Hauptgebäude mit amerikanischer Mahlmühle, welche durch eine fünfzig Pferdekraft ausübende Wasserkraft in Bewegung gesetzt wird;
ein Hauptgebäude mit der Brodfabrik und
fünf Nebengebäude.

Hierzu gehören 30 Scheffel Garten, Feld und Wiesen.

Das Etablissement in seinem heutigen Umfange verdankt seine Entstehung Herrn Friedrich August Ketzel, welcher 1852 die amerikanische Mühle neu erbaute und 1857 die Brodfabrik einrichtete.

Noch verdient bemerkt zu werden, daß dieses Etablissement einen angenehmen Ruheplatz für die Besucher der vielbewunderten berühmten Göltzschthalbrücke bildet.

Wir benutzen diese Gelegenheit, Einiges über die Göltzschthalbrücke zu sagen, ein Bauwerk, welches an Großartigkeit wohl von keinem zweiten derartigen erreicht wird, und das man mit eigenen Augen sehen muß, um einen Begriff von der überwältigenden Größe des Werkes selbst zu erhalten, den weder Beschreibung noch Zahlenangaben deutlich genug zu geben im Stande sind. Man muß dieses Bauwerk nicht allein in der Nähe beschauen, denn z. B. an dem Fuß der Brücke läßt sich ein richtiger Begriff ihrer gewaltigen Höhe nicht gewinnen, da die noch viel collossalere Länge die erstere nicht so bedeutend erscheinen läßt.

Die Göltzschthalbrücke ist 1022¾ Ellen lang; die größte Höhe über der Sohle des neuen Göltzschbettes bei Pfeiler 17 beträgt 138⅞ Ellen, ein Höhe, welche nur wenige für bedeutend gehaltene Kirchthürme erreichen. Die Breite der Fahrbahn zwischen den Balustraden mißt 14 Ellen. Vier Stockwerke von Bogen sind übereinander gethürmt. Die größte Bogenspannung in der Mitte lag ursprünglich nicht im Bauplane, sondern wurde nöthig, weil es an dieser Stelle nicht möglich war, einen festen Grund für den Pfeiler zu finden.

Die erste Etage besteht aus 10 Pfeilern und zwar von Pfeiler Nr. 13 bis mit Nr. 22; die Etagenhöhe bei Pfeiler 17 über dem Göltzschbett beträgt 42¾ Ellen, die Höhe über dem Sockel 29 Ellen. Die Pfeilerstärke über dem Sockel beträgt bei Pfeiler 16 und 17 13½ Ellen, die lichte Weite zwischen je zwei gekuppelten Pfeilern 13 Ellen, die Spannung zwischen 16 und 17 ist 50½ Ellen über dem Sockel; die Stärke der übrigen Pfeiler beträgt 9½ Elle, die Spannung 21 Ellen; die Pfeilerbreite in der Etagenhöhe 37 Ellen 7 Zoll. Die Gründung, Sockel und Pfeiler bis zur Kämpferhöhe der Spannbogen, die Kämpfer, Bogenanfänge und Deckplatten sind von Granit oder Sandsteinen, die Strebemauern an den Landpfeilern von Bruchsteinen, alles übrige Mauerwerk ist von Ziegeln hergestellt.

[60] Die zweite Etage besteht aus 17 Pfeilern, und zwar von Nr. 8 bis mit 24. Die Etagenhöhe beträgt 36 Ellen. Die Pfeiler Nr. 8 bis mit 15 und Nr. 18 bis mit 24 sind 8 Ellen stark, die Spannung beträgt 22½ Ellen, die Pfeilerbreite in der Etagenhöhe 28 Ellen 19 Zoll, die beiden Spanngurte sind jeder 9½ Ellen breit. Das Material ist wie bei der ersten Etage, Granit, Bruchsteine und Ziegeln.

Die dritte Etage besteht aus 22 Pfeilern, und zwar von Nr. 6 bis mit Nr. 27: die Etagenhöhe beträgt 31 Ellen. Die Pfeiler Nr. 6 bis mit 15 und von Nr. 18 bis mit 27 sind 6½ Ellen stark, die Spannung beträgt 24 Ellen, die Pfeilerbreite 20½ Ellen; die Pfeiler 16 und 17 sind 12 Ellen stark, die Spannung beträgt 54½ Ellen; die Breite jedes Stammgurtes 5 Ellen.

Die vierte Etage besteht aus 22 Pfeilern, und zwar von Nr. 6 bis mit Nr. 27: die Etagenhöhe bis zur Planie beträgt 29½ Ellen. Die Pfeiler von Nr. 6 bis mit 15 und von Nr. 18 bis mit 27 sind 5½ Ellen stark; die Spannung beträgt 25 Ellen, die Pfeilerbreite 14 Ellen, der Landpfeiler Nr. 28 ist 41 Ellen lang.

Die Tragbogen, Sockel und Kämpfer der Pfeiler, die Deckplatten des Perrons, Hauptsims und Deckplatten der Balustrade sind von Sandstein oder Granit; der Pfeiler 28, sowie dessen Gründung und Strebemauern von Bruchsteinen, alles übrige von Ziegeln.

Die Brückenabtheilung besteht aus dem Landpfeiler Nr. 1, den Pfeilern Nr. 2, 3, 4 und dem Doppelpfeiler Nr. 5 mit den anstoßenden halben Bögen der dritten und vierten Etage. Die Höhe dieses Brückentheils im Brückenmittel und am Anfange des Landpfeilers Nr. 1 beträgt 27¼ Ellen, in der Mitte des Doppelpfeilers 50 Ellen. Die Pfeiler 2, 3, 4 sind in der Ziegelmauer 5 Ellen stark, die Bruchsteinmauer der Pfeiler hat 1/24 Anlauf, die Spannung beträgt 20 Ellen; der Landpfeiler ist 70½ Ellen lang mit drei 15elligen Oeffnungen durchbrochen und an den Seiten mit Futtermauern für den aufgeschütteten Erdkegel versehen; der Doppelpfeiler Nr. 5 ist im Ganzen 21 Ellen stark und mit einer 5 Ellen weiten Oeffnung durchbrochen. Die sämmtlichen Pfeilergründungen, der ganze Landpfeiler Nr. 1, die Pfeiler 2, 3, 4, 5 bis zu 29⅛ Ellen unter der Planiehöhe sind von Bruchsteinen; die Sockel, die Bindeschichten, die Bogen im Landpfeiler, die Tragebogen, die Kämpfer, die Abdeckung der Spanntrillen, der Hauptsims, der Perron, die Abdeckung der Ballustrade, die oberen Bogen der vierten Etage von Granit oder Sandstein.

Dieses Bauwerk, dessen Herstellung allerdings eine sehr unangenehme Nothwendigkeit war, erfuhr vor seinem Beginn, wie während seiner Ausführung die mannigfachsten und heftigsten Angriffe, vorzüglich wegen des enormen Kostenpunktes, und es wurden zu dessen Vermeidung eine Menge Projekte vorgeschlagen, die sich aber theils als unpraktisch, wie Verlegung der Bahnlinie, wodurch die gewerbthätigsten Städte des Voigtlandes umgangen wären, theils als unausführbar, wie die vorgeschlagene Aufschüttung eines Dammes durch das Göltzschthal, erwiesen.

Nach harten Kämpfen und der sorgfältigsten Prüfung der Projekte, wozu auch namhafte technische Autoritäten des Auslandes, wie z. B. Herr Teichmann, Inspecteur général des ponts et chaussèes in Brüssel, zugezogen wurden, begann im Frühjahr 1846 die Aushebung von vierzehn Baugruben und es konnte schon Mitte Mai der Grund von den dazu von Seiten der Regierung besonders abgeordneten Technikern untersucht werden. Letztere fanden den Grund durchgehends von festen Felsen und erklärten, daß darauf die Pfeiler unbedenklich mit der vollständigsten Sicherheit gegründet werden könnten, worauf dann am 29. Mai 1846 in der Baugrube des Pfeilers Nr. 16 (des Mittelpfeilers) mit großer Feierlichkeit der Grundstein gelegt wurde, welches Fest durch die gleichzeitige Eröffnung der Bahnstrecke von Werdau nach Reichenbach erhöht wurde.

Der Bau ging dann unter Oberleitung des Oberingenieur, Ingenieurmajor Wilken, vor sich; aber die Hoffnung der bauführenden Beamten, nun ungestört ihre ganze Aufmerksamkeit den Brückenbauten widmen zu können, ging nicht in Erfüllung, sie hatten mit fortwährenden Angriffen zu kämpfen und erst im Herbst 1847 wurde es durch eine neue Commission entschieden, daß der Bau fortgeführt werden solle. [61] Im Sommer 1851, nachdem also die Arbeiten fünf Jahr gedauert, war dann der Riesenbau vollendet und steht nun als bewundernswürdiges Denkmal der Baukunst, sowie deutscher und insbesondere sächsischer Kraft und Ausdauer da.

Die Einweihung der Brücke geschah am 15. Juli 1851.