Die Thodesche Papierfabrik in Hainsberg

Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Die Thodesche Papierfabrik in Hainsberg
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 62–63
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Thode’sche Papierfabrik in Hainsberg.

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Die Thodesche Papierfabrik in Hainsberg.


Der unerschöpfliche Steinkohlenreichthum des plauenschen Grundes bei Dresden und seiner Umgebungen veranlaßte in der Nähe der Werke die Gründung einer Anzahl industrieller Etablissements, welche zu ihrem Betriebe der Steinkohlen bedürfen, die sie nun in nächster Nähe ohne durch den von dem Transport verursachten Aufwand an Zeit und Kosten beziehen können; dabei haben diese Etablissements auch noch den Vortheil stets vorhandener bedeutender Wasserkraft und endlich den der leichten Verbindung nach allen Richtungen durch Vermittelung der den plauenschen Grund durchschneidenden Albertsbahn.

In Hainsberg, einem kleinen, freundlichen, zwischen waldigen oder mit Pflanzungen bedeckten Höhen gelegenen Dorfe, von Dresden zwei Stunden, von Tharand drei Viertelstunden entfernt, liegt an dem Ufer der Weiseritz und an der von Dresden nach Tharand und Freiberg führenden Straße der großartige Gebäudecomplex der berühmten Thodeschen Papierfabrik, welcher mit der Albertsbahn – die in Hainsberg einen Haltepunkt hat – durch einen eigenen Schienenweg verbunden ist.

Dieses Etablissement wurde im Jahre 1842 von dem Herrn Gerhard Friedrich Thode und Herrn Michael gegründet und es bestanden seine Einrichtungen damals aus einer Papiermaschine, vier Stoffmühlen, einem Wasserrad und einem Dampfkessel zu acht Pferdekraft, und die Jahresproduktion belief sich auf 1540 Centner, sächsisches Gewicht, Papier. 1844 übernahm Herr Edmund Thode, der sich während eines mehrjährigen Aufenthalts in England die gründlichste technische Ausbildung in der Papierfabrikation in ihrem ganzen Umfange verschafft hatte, die technische, und Herr Robert Thode die merkantilische Leitung der Fabrik, und nun ging, unter energischer Ueberwindung so mancher Widerwärtigkeiten, das Streben der Gebrüder Thode unausgesetzt auf Verbesserungen und Vergrößerungen der Fabrik hin. Dieses Streben war auch von dem glänzendsten Erfolge gekrönt, denn das Etablissement erlangte eine Ausdehnung wie nur wenige in Deutschland, und konnte sich in Bezug auf seine Leistungen den renommirtesten Fabriken kühn zur Seite stellen. Die technischen Erfahrungen des Herrn Edmund Thode, die kaufmännischen Talente des Herrn Robert Thode, ihre Energie, ihr entschlossenes, einsichtsvolles Handeln bewirkten dieses schöne Resultat.

In diesem glänzenden Zustande überließen im Jahre 1856 die Herren Gebrüder Thode ihr Etablissement käuflich einer Aktiengesellschaft, der Allgemeinen Deutschen Credit-Anstalt zu Leipzig, verblieben aber auf den Wunsch der Gesellschaft in ihren bisherigen Stellungen. Große Erweiterungen wurden nun projectirt und diese schritten mit derselben Solidität und Berücksichtigung der neusten Verbesserungen, wie früher, unter der speciellen Leitung des Hrn. Edmund Thode rüstig vorwärts. Der ebenso schwierige als großartige Bau des sogenannten neuen Werkes wurde begonnen und binnen Jahresfrist vollendet, so daß nun das gesammte Werk zu den umfangreichsten und productionsfähigsten Deutschlands, vielleicht sogar des Kontinents gehört. In Deutschland existirt bis jetzt kein größeres Werk dieser Branche.

Im Jahre 1858 – wo das neue Werk noch nicht im Betriebe war – produzirte die Fabrik mit der Einrichtung von 30 Stoffmühlen, 6 Waschmühlen, 2 Papiermaschinen von 70 Zoll englisch Siebbreite, 3 Haderschneidern, 3 sphärischen Kochapparaten, 2 Centrifugal-Entwässerern, 8 Wasserpumpen, 2 Satinirmaschinen, 8 Dampfkesseln, 4 Turbinen, 2 Tangentialrädern, 1 gewöhnlichen Wasserrade (zusammen etwa 150 Pferdekraft) und 4 Dampfmaschinen von zusammen 130 Pferdekraft, welche je nach Umständen und Bedürfniß, allein oder alle mit einander verkuppelt zum Betriebe benutzt werden können, und mit 550 Arbeitern, 3,052,298 Pfund, sächsisches Gewicht, Papier, im Werthe von 416,690 Thlrn. 13 Ngr. 1 Pf.

[63] Die großartige neue Anlage, welche das Aktienkapital von 600,000 Thalern zur vollendeten Benutzung gebracht hat, besteht aus: 1 Donkinschen Papiermaschine von 82 Zoll englisch Siebbreite (nach Urtheil von Sachkennern „die schönste, welche sie je gesehen haben“), 1 Patent-Centrifugal-Ganzstoffmühle, 8 Halbstoffmühlen, 4 Bleichmühlen, 2 Dampfmaschinen von 120 Pferdekraft, 2 großen Dampfkesseln, 2 sphärischen Kochapparaten, 2 Haderschneidern, 4 Pumpen und sonstigen Einrichtungen.

Die außerordentliche Production der Thodeschen Papierfabrik hat, und auch nicht ohne Grund, die allgemeinste Verwunderung erregt und darum manche divergirende Beurtheilung erfahren. In der That können solche Leistungen nur durch die vollkommenste Geschäftsorganisation, eine vorzügliche Leitung, die größte Ordnung und Disciplin unter den Arbeitern, strengste Ueberwachung aller einzelnen Funktionen und die sorgfältigste Instandhaltung aller Maschinen, wie dies Alles in dieser Fabrik zu finden ist, erzielt werden. Wie hoch die Leistungsfähigkeit guter Maschinen aber gesteigert werden kann, davon mag das Beispiel Zeugniß geben, daß einmal an einem Tage (oder 24 Arbeitsstunden) unter Einwirkung aller günstigen Umstände auf der einen Maschine 6200 Zollpfund feines Druckpapier (wobei auch noch ein Sieb eingezogen wurde) und auf der zweiten Maschine 5500 Zollpfund Conzept-Schreibpapier (geringere Sorten werden nicht erzeugt) gearbeitet worden sind! So unglaublich dieses Faktum auch erscheint – sagt das Centralblatt für Papierfabrikation, dem wir diese Mittheilung entnehmen – so vollkommen können wir dennoch dessen Wahrheit verbürgen.

Das Geschäftsjahr 1858 ergab eine Dividende von 11%, exclusive des extra zum Reservefond gelegten 1%, und überhaupt einen Bruttogewinn von 20%, ein Resultat, das bei den so bedeutenden Kosten des Brennmaterials für Dampfkraft, bei dem nöthigen Aufwand für den Geschäftsbetrieb der Fabrik und des Comptoirs und bei der großen Ausbreitung des Papierabsatzes gewiß ein sehr günstiges zu nennen ist.

Die Herren Edmund und Robert Thode traten nach fünfzehnjähriger Wirksamkeit am 1. April 1859 von der Leitung der Hainsberger Papierfabrik zurück; doch gingen ihre Kräfte, ihre reichen Kenntnisse deshalb nicht für das Etablissement verloren, indem sie ihre fernere Mitwirkung bei dem Verwaltungsrath zusicherten. – Dieses Ausscheiden hätte für das Unternehmen vielleicht nachtheilige, oder doch störende Folgen nach sich ziehen können, wenn nicht unter Verbleiben des gesammten sehr tüchtigen Beamtenpersonals, zwei Männer für die oberste Leitung gewählt worden wären, welche das ihnen geschenkte Vertrauen mit vollem Recht verdienen.

Als vollziehender Director für die Thodesche Papierfabrik zu Hainsberg wurde nun Herr Wilhelm Schollowetz ernannt, ein Mann von reicher Erfahrung, welcher in anderen bedeutenden Papierfabriken bereits ähnliche Stellen zur allgemeinen Zufriedenheit bekleidete, als dessen Stellvertreter wurde Herr Wilhelm Knoop gewählt und dieser mit der Leitung der kaufmännischen Geschäfte auf dem Comptoir zu Dresden beauftragt.

Als Vorsitzender des Verwaltungsraths der Fabrik fungirte zeither der Herr Finanzrath von Nostiz-Wallwitz, welcher aber aus dienstlichen Rücksichten Ende 1859 ausschied, worauf der Herr Consul H. E. v. Lengerke an dessen Stelle trat.

In der Fabrik sind gegenwärtig fortwährend über 600 Personen beschäftigt, welche Zahl sich in den Wintermonaten, wo Viele, die im Sommer bei dem Feldbau beschäftigt sind, hier Arbeit suchen, wohl auf 800 erstreckt.

Die Production kann man täglich im Durchschnitt auf 14,000 Pfund Papier annehmen, wozu ohngefähr 23,000 Pfund Hadern verbraucht werden.

Das hier erzeugte Papier ist in Hinsicht auf Güte ausgezeichnet und deshalb sehr gesucht. Auf sämmtlichen Ausstellungen, welche bisher von der Fabrik beschickt wurden, denen in Leipzig, Augsburg und Dresden, wurden ihre Erzeugnisse durch Preise ausgezeichnet.

Der kaufmännische Theil der Fabrik wird von dem Comptoir in Dresden aus geleitet.