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Titel: Die Strafe der Prälaten
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aus: Die Gartenlaube, Heft 42, S. 691–694
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1880
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Die Strafe der Prälaten.
Eine Episode aus der schwedischen Geschichte des sechszehnten Jahrhunderts.


Durch Kühnheit, Ausdauer und List hatte Gustav Erikson Wasa sein Vaterland von fremder Tyrannei, von dem mehr als hundertjährigen Joche der Union befreit, hatte er, der einfache schwedische Edelmann, sich eine Krone erworben. Am Johannisabend des Jahres 1523 zog nach langer Zeit wieder ein einheimischer Herrscher in die Königsburg von Stockholm ein, deren rauchgeschwärzte Mauern traurig auf die verwüstete Stadt blickten und den Neugekrönten daran zu mahnen schienen, daß sein Werk jetzt erst zur Hälfte gethan sei. Wohl waren die äußeren Feinde des Reiches zurückgeschlagen, dafür aber galt es jetzt, den schwereren Kampf gegen die zahlreichen Widersacher des Königthums und der Volkswohlfahrt im Lande selbst auszufechten – bis auf’s Messer, wenn es sein mußte. Das unglückliche Schweden war seit den Tagen der Folkungerherrschaft unaufhörlich durch innere Kriege verheert worden; es bedurfte, sollte es sich erholen, jetzt dringend der Ruhe, des Friedens. Um aber Ruhe und Frieden herstellen zu können, hieß es die alten Verhältnisse gänzlich umgestalten, hieß es in den schwedischen Landen auf’s Neue eine Macht begründen, die hier schon seit vielen Jahren nicht mehr vorhanden war, die Macht der Krone. Während der Union war überall die größte Zügellosigkeit eingerissen – wie konnte dem auch anders sein?

Die Herrscher des Landes waren Fremde; sie residirten im fernen Kopenhagen und waren vollauf beschäftigt, Ruhe und Ordnung im eigenen Lande aufrecht zu halten. Ungern sah sich jetzt der stolze und mächtige schwedische Adel von einem seines Gleichen beherrscht. Aber auch das bis dahin unterdrückte Volk hatte sich während der langwierigen Kriege zu einer politischen Macht erhoben und begann sich als solche zu fühlen. Die bedeutendste Stellung im Reiche aber hatte sich im Laufe der letzten drei Jahrhunderte die römisch-katholische Kirche erobert. Sie, deren Anfänge in dem erst spät christianisirten Norden so bescheiden gewesen, spottete schon längst der königlichen Gewalt, die sie tief unter ihrer eigenen erblickte. Mit sclavischer Demuth beugte sich ja damals Alles unter dem Gebote Roms, das mit der Waffe des Bannstrahls uneingeschränkt über den größten Theil Europas herrschte. Und wohl nirgends war diese Herrschaft drückender, als in dem armen und rauhen Schweden. Während hier die Felder, von feindlichen Rosseshufen zerstampft, brach lagen, während das Volk Hunger litt und selbst die Wohlhabenden unter der Last der Kriegssteuer seufzten, vereinigte die unbesteuerte Geistlichkeit in ihren Händen unermeßliche Reichthümer an Metall und liegenden Gründen, schwelgte sie im Genusse reicher Pfründen und Schenkungen.

Gustav Wasa’s Scharfblick mußte bald erkennen, daß es zur Aufrichtung des herabgekommenen Reiches und zur Erneuerung des verblaßten Glanzes der Krone nur ein Mittel gab: Vernichtung der kirchlichen Gewalt. Wohl war es ein gefährlicher Kampf, den der junge König auf seinem noch wankenden Throne gegen einen übermächtigen Gegner aufnahm, ein Kampf, der ihn leicht Krone und Leben kosten konnte. Vor mehr als zweihundert Jahren hatte ein solcher Kampf Torkel Knutson’s Haupt unter das Henkerbeil gebracht; noch vor Kurzem hatte er den König Karl Bonde zweimal vom Throne gestürzt. Allein Schweden hatte jetzt einen Herrscher, der keine Furcht kannte, der mit zäher Beharrlichkeit sein Ziel verfolgte und, wo seine Macht nicht ausreichte, seine Zuflucht zu den Waffen der List nahm, in welchen er selbst seine schlauesten Gegner noch überbot.

Als Gustav der Erste den Thron seines Vaterlandes bestieg, waren schon sechs Jahre seit dem Tage vergangen, an welchem Luther seine Thesen an der Schloßkirche zu Wittenberg angeschlagen hatte. Schon früh war seine Lehre nach dem Norden gedrungen, vornehmlich durch zwei schwedische Theologen, Olaus und Laurentius Petri, die, als directe Schüler des Reformators, bald in dem neuen Könige einen warmen Beschützer fanden. Dieser, der schon zur Zeit seines Exils in Lübeck mit Luther’s Lehren bekannt geworden war, sah jetzt in ihnen ein geeignetes Mittel, das unerträgliche Joch der römischen Kirche abzuschütteln. Ob wahre Ueberzeugung, ob politisches Interesse Gustav Wasa zum Reformator gemacht, ist gewiß schwer zu entscheiden. Vielleicht ging beides Hand in Hand. Schon drei Monate nach seiner Thronbesteigung wagte Gustav einen kühnen Ausfall gegen die Kirche. Als er nämlich bei Gelegenheit des Westeråser Jahrmarktes den Ständen Rechenschaft über die Unkosten des Krieges ablegte, trat er mit dem Vorschlage hervor, daß, um die entstandenen Schulden zu tilgen, auch die Geistlichkeit besteuert werden möge. Dieser Vorschlag drang durch – mit dem Golde und Silber der Kirchen wurden die mit Ungeduld ihren rückständigen Sold verlangenden ausländischen Kriegsknechte abgefunden; aber die Priester erhoben ein ungeheures Zetergeschrei ob dieses Eingriffs in ihre uralten Privilegien, und das ängstliche, geistig geknechtete Volk harrte zitternd der fürchterlichen Strafen, die der Himmel nach Aussage der Mönche über den König verhängen würde. Wirklich brachte gleich das erste Regierungsjahr Gustav’s Mißwachs, Hungersnoth und verheerende Seuchen, ein unglücklicher Zufall, den sich die Priester trefflich zu Nutze machten. Das von ihnen aufgewiegelte Volk fing nun an zu murren und über die hohen Steuern zu jammern, bei welchen es sein Dasein von Birken- und Tannenrinde fristen müsse. Spottweise nannte es Gustav den Hunger- und Rindenkönig.

Damals saß auf dem bischöflichen Stuhle zu Westerås ein ränkevoller und ehrgeiziger Mann, Peder Jakobson Sunnanwäder, gewöhnlich Peder der Kanzler genannt, weil er unter dem letzten Reichsverweser Sten Sture dieses Amt bekleidet hatte. Sein Vorleben war nicht das rühmlichste. Schon seinen früheren Gebieter hatte er auf alle Art betrogen; gleichwohl bediente er sich jetzt dessen hinterlassener Familie, um den verhaßten König zu stürzen und zugleich seinem eigenen Ehrgeize Spielraum zu schaffen.

Das Geschlecht der Sture galt für das edelste in Schweden. Seit einer Reihe von Generationen waren die höchstgestellten Männer des Reiches diesem Hause entsprossen, jetzt aber blühte es nur noch in zwei Knaben, deren Mutter, die heldenmüthige Christina Gyllenstjerna, welche sich durch ihre ruhmvolle Vertheidigung Stockholms gegen Christian, den Tyrannen, einen unvergleichlichen Namen in der schwedischen Geschichte erworben, noch immer in dänischer Gefangenschaft schmachtete. Obgleich die Halbschwester von Gustav’s Mutter, war sie ihm doch durch die Interessen ihres Hauses, die den Argwohn des jungen Königs beständig rege hielten, entfremdet. Darauf baute der ränkevolle Sunnanwäder seinen Plan, der darauf hinauslief, den jungen Nils Sture zum Könige zu erheben, da er in Vieler Augen auf die Krone ein besseres Recht zu haben schien, als deren jetziger Inhaber.

Die großen Verbindungen des Bischofs ermöglichten ihm, das Netz seiner Intriguen weit auszuspinnen; überall hatte er Freunde und Verbündete, namentlich in der Provinz Dalarne, deren Bewohner, die sogenannten Thalmänner, sich von jeher eines großen Einflusses auf die Geschicke des Reiches rühmen durften. An die Thalmänner schrieb daher der schlaue Prälat vor allen Dingen. Lebhaft stellte er ihnen vor, welch schweres Unrecht man gegen das edle Haus Sture begangen, daß man nicht aus ihm den Herrscher des Landes gewählt habe; er erinnerte sie an Sten Sture’s Verdienste, an seine ruhmvolle Regierung, unter der die Bauern gute Zeit gehabt hätten, und schloß mit Verwünschungen gegen Gustav, den tyrannischen Feind des wahren Glaubens, den herzlosen Besteuerer der Armuth.

Derartige Briefe verfehlten ihre Wirkung nicht. Nur zu leicht ließ sich das durch die drückenden Steuern bereits erbitterte Landvolk für des Bischofs Pläne gewinnen, glücklicher Weise aber kam das frevelhafte Treiben des Aufruhrstifters bald an den Tag. Einige seiner Briefe wurden von Lars Olafson, dem Landeshauptmann in Dalarne, aufgefangen und unverzüglich dem Könige gesandt. Dieser hatte sie kaum empfangen, als er sich, rasch entschlossen, auf’s Pferd setzte und, nur von einigen Reichsräthen begleitet, nach Westerås ritt. Im Domcapitel fand er die Domherren und den Bischof versammelt, sowie in des letzteren Gesellschaft seinen intimen Freund, den neu erwählten Erzbischof von Upsala, welchen die Chroniken den Magister Knut nennen. Mit den verrätherischen Schriften in der Hand trat der König in den Kreis der Geistlichen; durchbohrend hefteten sich seine Augen auf den Bischof, der leichenblaß ward und vergebliche Anstrengungen machte, zu sprechen. Angesichts der Beweise wäre alles Leugnen doch [692]

Die Strafe der Prälaten.
Nach seinem Gemälde auf Holz gezeichnet von C. G. Hellqvist in München.

nutzlos gewesen. Er ward sofort abgesetzt, und als sich der Erzbischof in’s Mittel legte und von dem canonischen Recht sprach, nach welchem Geistliche nicht von Weltlichen gerichtet werden konnten, traf ihn ein gleiches Schicksal. Denn wer einem offenkundigen Verräther zu helfen suche, müsse selbst ein Verräther sein, erklärte der König mit zornbebender Stimme. Dann verließ er ohne Gruß den Saal, Alle stumm und bestürzt zurücklassend. Sunnanwäder und der Erzbischof, der durch des Königs schroffes Verfahren nun gleichfalls unlöslich an die Sache des Aufruhrs gefesselt war, ergriffen die Flucht. Wuthschnaubend kamen sie in die Thallande, wo sie das durch Briefe begonnene Werk des Verraths persönlich fortschürten. Unter Anderem sprengten sie aus, der König habe sich mit dem in Schweden verhaßtesten Manne, dem verbannten Erzbischof Gustav Trolle, dessen Rachgier einst Christian den Tyrannen in's Land gerufen, heimlich verglichen und durch dessen Einfluß sei der das Reich schädigende Vertrag von Malmö abgeschlossen worden, durch den die Provinz Blekingen an Dänemark verloren ging. Ferner, hieß es, halte er die Christina Gyllenstjerna gefangen, ihren Sohn Nils habe er heimlich bei Seite geschafft, während er gerade zur nämlichen Zeit für Sten Sture's Wittwe die Freiheit erwirkt und ihr den Sohn hatte zuführen lassen, der, um ihn den dänischen Nachstellungen zu entziehen, bisher in Danzig erzogen worden war.

Die Prälaten schmiedeten noch immerfort Pläne, diesen Knaben auf den Thron zu bringen. Da er noch unmündig war, so sollte sich seine Mutter mit dem dänischen Admiral Severin Norby vermählen, der noch im Namen Christian des Zweiten die Insel Gottland beherrschte und von dort aus Seeräuberei wider alle Nationen trieb. Dieser warb schon seit geraumer Zeit um die nicht mehr jugendliche Christina, mit welcher er die Herrschaft über Schweden zu erlangen hoffte; allein die edle Frau, die noch immer ihr kurzes Eheglück beweinte, dachte nicht daran, dem fremden Abenteurer, dem Feinde ihres Vaterlandes ihre Hand zu reichen, mochte sie auch sonst ehrgeizigen Entwürfen nicht unzugänglich sein.

Solche Umtriebe, die dem Könige keineswegs verborgen blieben, waren wohl geeignet, seine Ruhe zu stören. Dazu trafen ihn um dieselbe Zeit so mancherlei andere Widerwärtigkeiten, wie der Verlust Blekingens, der Skandal der Wiedertäufer in Stockholm und der Verrath des deutschen Ritters Berndt von Melen, der die wichtige Festung Wisby dem Severin Norby in die Hände spielte. Da er sich allerseits von Treulosigkeit und Undank umgeben sah, so beschlich ihn tiefer Mißmuth, der ihn den Gedanken fassen ließ, die allzu drückende Krone niederzulegen. Allein sein kräftiger Geist ließ sich nicht anders als momentan niederbeugen, bald erwachten Ehrgeiz und Thatkraft auf's Neue in seiner Brust, die ihm geboten, das halbvollendete Werk mit allen Mitteln zum ersehnten Ziele zu führen.

Zuerst zog er an der Spitze eines Kriegsheeres in das aufrührerische Dalarne. Die Thalmänner hatten ihm nämlich kurz vorher einen höchst anmaßenden Brief gesandt, in dem sie ihm vorhielten, wie er einst vogelfrei in ihren Thälern umher geirrt sei, wie sie es gewesen, die ihn geborgen und ihm zur höchsten Ehre verholfen. Nun habe er ihre Hoffnungen grausam getäuscht, habe drückende Steuern eingeführt, die Ausländer begünstigt, Kirche und Klöster beraubt und unter dem Volke ketzerische Irrlehren [694] hatte seine Reise fortgesetzt. Andere Nachrichten lassen ihn freilich gar nicht krank sein, sondern in plötzlicher Ahnung seines Schicksals bei einer norwegischen Edeldame, Ingierd Römer, Zuflucht suchen, deren Vogt ihn aber seinen Gegnern auslieferte. Dem sei nun so oder anders, jedenfalls kam er zwei Monate nach seinem Genossen ebenfalls nach Stockholm. Aber seltsam sah er sich vor den Thoren der Hauptstadt empfangen. Auf königlichen Befehl hatte man nämlich den Erzbischof Knut aus seinem Gefängniß geholt, ihn mit alten zerlumpten Meßgewändern und einer Bischofsmütze aus Birkenrinde bekleidet, und ihn in solch lächerlich kläglichem Anzuge rücklings auf eine alte ausgehungerte Mähre gebunden, deren Schwanz er statt des Zügels in die Hand bekam. So ward er seinem ankommenden Freunde entgegengeführt, der damit plötzlich die ganze Schwere seines eigenen Geschickes vor Augen sehen mußte.

Von Knut’s Begleitern mit Hohn und rohen Schimpfreden empfangen, wurde Sunnanwäder auf ein ebenso elendes Roß gehoben und ähnlich wie der Erzbischof ausstaffirt. Statt der Bischofsmütze setzte man ihm eine Strohkrone auf das Haupt und umgürtete ihn mit einem alten zerbrochenen Holzschwerte; dann setzte sich der unwürdige Zug in Bewegung. Welche Gefühle mögen in der Brust der ehrgeizigen Prälaten gelebt haben, als sie, den Schwanz ihrer Schandmähren in der Hand, düster vor sich hinstierend, durch die Straßen der Hauptstadt zogen, die sie in ihren vermessenen Träumen zur Rechten eines von ihnen erhobenen und beherrschten Königs und umwogt von einer jubelnden Volksmenge wiederzusehen gehofft hatten! Ein schreckliches Erwachen war jetzt dem ehrgeizigen Traume gefolgt. Statt der Jubelrufe umtönten sie Spottgesänge; statt glänzender Trabanten umschwärmten sie Gaukler und Possenreißer, verkleidete Männer aus der Hefe des Volkes, die lärmend vor dem Zuge herriefen: „Hier kommt der neue König, Herr Peder Sunnanwäder!“

Dieses Schauspiel des Hohnes über einen machtlosen, überwundenen Feind war eines so großen Mannes, wie Gustav Wasa, unwürdig. Allein man muß die rohen Sitten eines Zeitalters in Erwägung ziehen, das an dergleichen Schaustellungen gewöhnt war, muß bedenken, wie schwer der König gereizt war, wie ihm diese unruhigen Köpfe Jahre seines Lebens verbittert hatten.

Außerdem verfolgte er durch sein Verfahren noch einen besonderen Zweck. Indem er die ersten Würdenträger der Kirche dem Pöbel seiner Hauptstadt in so erniedrigender Weise vorführte, wollte er nicht allein ihren Aufruhr auf eine schimpfliche und abschreckende Weise bestrafen, sondern auch die hohen Begriffe des Volkes von der Unantastbarkeit geistlicher Personen herabstimmen, den Heiligenschein, der die Priester in den Augen der thörichten Menge vor anderen Sterblichen auszeichnete, für immer zerstören.

Nachdem der klägliche Zug die Hauptstraßen der damals noch kleinen Inselstadt passirt hatte, blieb er schließlich auf dem Hauptmarkte stehen. Dort wurden die Verbrecher zu dem erhöhten Schandpfahle geführt, an welchem sie mit dem verachtetsten Manne im Lande, dem Henker, Brüderschaft trinken mußten. Nach diesem ordinären Schlußeffect schleppte man die Prälaten in ein dunkles, elendes Gefängniß, in dem sie Monate lang gehalten wurden. Erst zu Anfang des folgenden Jahres ward Sunnanwäder nach Upsala gebracht und dort ebenfalls vor ein gemischtes Gericht gestellt, zu welchem die Bischöfe nur unter der Erklärung erschienen, daß ihre Gegenwart keineswegs als Billigung des von weltlichen Personen über einen Geistlichen zu fällenden Urtheils angesehen werden dürfe; allein ohne diese Einsprache nur im Geringsten zu beachten, führte der König Sunnanwäder’s viele Verbrechen auf, von welchen ein einziges genügend war, seinen Urheber des Todes schuldig erscheinen zu lassen. Die Hinrichtung geschah denn auch noch am nämlichen Tage – es war der 18. Februar des Jahres 1527. Nachdem der Henker sein trauriges Amt vollendet, ward der todte Körper auf’s Rad geflochten und den Raben zur Beute überlassen. Das gleiche Schicksal erduldete drei Tage später zu Stockholm der treue Gefährte seiner Umtriebe und seines Unglücks, Knut, der ehemalige Erzbischof von Upsala.

So endete der Aufruhr der Prälaten; allein die böse Saat, die sie gesäet, sollte noch bittere Früchte tragen. Kurz vor seinem Tode hatte Sunnanwäder einen jungen Bauernburschen entdeckt, der eine auffallende Aehnlichkeit mit Sten Sture zeigte. Unschwer hatte er ihn vermocht, sich für den Sohn des verstorbenen Reichsverwesers auszugeben, und ihn selbst in alle Details seiner Rolle eingeweiht, die Niemand besser kennen konnte, als er, der frühere Hofbeamte der Sture. Sein plötzliches Ende schien die Intrigue zu zerstören, allein der Zufall wollte, daß kurze Zeit darauf der junge Nils Sture ganz unerwartet starb und seltsame Gerüchte über diesen Todesfall in Umlauf kamen. Nun erschien Sunnanwäder’s Creatur in den Thallanden, dort aussprengend, er sei der Todtgeglaubte, der, um Gustav’s mörderischen Anschlägen zu entgehen, sich scheinbar habe begraben lassen. Dieser Aufstand des Thaljunkers – so nannte man den Pseudo-Sture – machte dem Könige noch viel zu schaffen, ehe die briefliche Erklärung der Christina Gyllenstjerna an die Thalbauern, daß der von ihnen Beschützte nicht ihr Sohn, sondern ein schamloser Betrüger sei, dessen Ansehen vernichtete. Er mußte fliehen und ward in der Folge zu Rostock, eines Diebstahls wegen, gehängt. Die Thalmänner aber kehrten reuig unter Gustav’s Fahnen zurück.

Auch die Priesterschaft hatte nun den jungen König von zu schrecklicher Seite kennen gelernt, um erneuten Aufruhr zu erregen. Mit ihrer Macht in Schweden war es zudem bald zu Ende. Drei Monate nach dem an den beiden Prälaten vollzogenen Strafacte fand jener denkwürdige Reichstag zu Westerås statt, auf welchem Gustav den größten Theil der von ihm auf kirchlichem Gebiete beabsichtigten Neuerungen durchsetzte. Allein noch brauchte es über ein halbes Jahrhundert, ehe die Wirkungen dieses Reichstages im Lande zur Reife kamen; erst unter Karl dem Neunten gewann Luther’s Lehre unbestritten Herrschaft über das von Rom so lange geknechtete, durch Gustav Wasa zwiefach befreite schwedische Reich.