Die Schöpfungen eines Artillerie-Lieutenants

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Titel: Die Schöpfungen eines Artillerie-Lieutenants
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aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 446–448
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1865
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Deutschlands große Werkstätten.
Nr. 1. Die Schöpfungen eines Artillerie-Lieutenants.

Ein französischer Artillerie-Lieutenant brachte es bekanntlich, wie man zu sagen pflegt, „durch Kopf, Genie und Ellbogen“ zum mächtigen Kaiser Napoleon. Ich will heute erzählen, wie ein preußischer Artillerie-Lieutenant durch gleiche Mittel zum großen Industriellen, nebenbei zum Commerzienrath und Millionär, aber auch zum Wohlthäter von Tausenden fleißiger Arbeiter, zum väterlichen verehrten Freund seiner Beamten, zum Begründer eines deutschen Seraing geworden ist. Der jetzige Commerzienrath Kulmiz in Saarau in Schlesien hatte 1842 schon die hierarchische Stufenleiter bis zum Premierlieutenant der Artillerie erklommen, als ihm ein guter Genius den Gedanken eingab, er könne seinen Thätigkeitstrieb auch wohl besser, als auf dem Parade- und Exercirplatze verwerthen. Er nahm seinen Abschied, steckte sein bescheidenes Vermögen in eine Anzahl Erdkarren, Schaufeln, Spaten, Pferde und übernahm die Erdarbeiten an einzelnen Theilen der Breslau-Freiburger und der Niederschlesisch-Märkischen Bahn. Das war der bescheidene Anfang einer immensen industriellen Thätigkeit.

Bei Gelegenheit dieser Arbeiten wurden Anzeichen von Braunkohle in der Nähe des kleinen Dörfchens Saarau entdeckt, und es bildete sich eine Gewerkschaft, welcher Kulmiz als Haupttheilnehmer und Leiter beitrat. Das Kohlenlager erwies sich als ein sehr mächtiges und auch wissenschaftlich sehr interessantes. Der botanische Garten Breslaus verdankt der Freundlichkeit von Kulmiz ein prachtvolles Exemplar eines fossilen Baums, der in Saarau gefunden ist.

In dieser materiellen Welt hat aber das wissenschaftliche Interesse kaum einen in Thalern und Groschen ausdrückbaren Werth, und da der Feind des Guten das Bessere ist, d. h. da die Waldenburger Steinkohlen so nahe waren, so wollte Niemand die Braunkohle kaufen oder wenigstens ihrem Werthe entsprechend bezahlen. Hatte ja doch Kulmiz selbst die Eisenbahn gebaut, welche die Steinkohlen so billig heranführte. Es galt jetzt an der Grube selbst eine Verwerthung für die Braunkohle zu schaffen. Kulmiz gründete daher im Jahre 1846 eine Glashütte – die Idahütte – für Flaschenglas, das mit den aus der Braunkohle erzeugten Gasen, sogenannten Generatorgasen, geschmolzen werden sollte. Die Braunkohle wurde getrocknet und in Schachtöfen durch eingeblasene Luft verbrannt. Die am Roste erzeugte Kohlensäure wandelt sich beim Durchpassiren durch die darüberliegenden glühenden Kohlenschichten in Kohlenoxyd um, ein brennbares Gas, welches in den Ofen geleitet und durch mehr Luft verbrannt wird. Dieses in der Technik vielfältig, namentlich für solches geringhaltiges, pulverförmiges Brennmaterial, angewendete Verfahren genügte indessen nicht, indem der beigemischte ziemlich beträchtliche Antheil Wasserdampf die Temperatur der Verbrennungsproducte zu sehr herabdrückte. In neuerer Zeit will bekanntlich Siemens durch seine sogenannten Regenerator-Oefen, in denen er sehr stark erhitzte Luft, sowohl zur Erzeugung des brennbaren Gases als zur schließlichen Verbrennung desselben anwendet, die Aufgabe gelöst haben.

Damals war diese Methode noch nicht bekannt. Trotz der mit großer Ausdauer durchgeführten Versuche, die bedeutende Summen verschlangen, wollte es nicht gelingen, allen Anforderungen entsprechende Flaschen darzustellen. Das dazu angewendete Thonerde-Kalk-Natronglas ist sehr schwer schmelzbar; wenn man die Abhülfe in einer gesteigerten Natrondose sucht, macht man das Glas zu theuer und zu wenig widerstandsfähig gegen chemische Einflüsse. Nothgedrungen mußte die Braun- der Steinkohle weichen. Anfangs erforderte der anspruchsvolle Glasofen noch die beste Stückkohle; jetzt ist man in Saarau wenigstens dahin gekommen, mit Hülfe besonders construirter Treppenroste den sonst fast werthlosen Staub-Abfall der Steinkohle verwenden zu können. [447] Ein fast eben so wichtiger Punkt, wie das Brennmaterial, ist für die Glasindustrie die Beschaffung feuerfester Thone zu den Oefen und Häfen. In dieser Beziehung erwies sich die Braunkohlengrube werthvoller, als man gedacht. Das Deckgebirge derselben, das man bei dem damals angewandten Tagebaue ohnedies entfernen mußte, bestand nach der Abräumung der oben aufliegenden Lehm- und Kiesschichten aus einem mächtigen Lager eines dunkelgrauen, sehr zähen plastischen Thons (sog. graue Lette), der sich indessen vollkommen weiß brannte und fast frei von Kalk, Eisenoxyd und Alkalien erwies, die sonst die Strengflüssigkeit der Thone beeinträchtigen. Ueberdem fand sich am Ausgehenden der Braunkohle, bergmännisch gesprochen, als Liegendes derselben, ein sehr schöner, blendend weißer Thon, der bis auf einen bedeutenden Gehalt an rein weißem Quarzsand dem Kaolin oder der Porcellanerde sehr ähnlich sich erwies. Wenn man den blauen und den weißen Thon in passenden Verhältnissen mit einander mischte, natürlich unter Zusatz schon gebrannten Thons, der sogenannten Chamotte, so erhielt man in der That Steine und Glashäfen, die wenig zu wünschen übrig ließen.

Die Eisenbahnbauten, sowie die neuen Anlagen in Saarau erforderten viel Ziegel. Es bot sich ein neuer Absatzweg für die Braunkohle zum Brennen derselben; daher wurde der blaue Thon zu Bauziegeln verwendet. Derselbe zeigte sich indessen keineswegs so gutartig, wie man geglaubt. Soviel man ihm auch durch Frierenlassen, Einsümpfen, Umstechen, Thonschneider zusetzen mochte, so blieben doch unaufgeweichte Knoten darin zurück, die hartnäckig allen Auflösungsversuchen widerstanden.

Die so sehr wichtige Ziegelindustrie ist bekanntlich jetzt in einem Kampfe zwischen Hand- und Maschinenarbeit begriffen, der noch heute nicht ganz entschieden ist. Es ist ein unleugbares Verdienst von Kulmiz, daß er selbst durch sehr schwere Opfer, die noch dazu theilweise in die bedrängten Jahre 1848 und 1849 fielen, sich nicht abschrecken ließ, die Frage, wenigstens für diese specielle Thonsorte, zu entscheiden. Der Versuch fiel ungünstig für die Maschine aus. Erst durch Adoption einer ganz neuen Methode, durch vorheriges Pulvern des getrockneten blauen Thons und nachheriges Anfeuchten, gelang es später, dieses obstinaten Materials vollkommen Herr zu werden.

Da die Anlage nur eine provisorische war, stand Kulmiz davon ab, kostspielige Trockenschuppen zu bauen. Er substituirte tragbare Gestelle, aus dünnen unbehauenen Stämmchen zusammengesetzt, und mit Schalbretern gedeckt, die sich vortrefflich bewährten. Wer damals von Technikern die neuen Bauten in Saarau besichtigte, pflegte sich über den Luxus zu verwundern, daß man zum gewöhnlichen Mauerwerk feuerfeste Ziegel verwendete.

In der That unterschieden sich die gleichzeitig angefertigten feuerfesten Steine nur durch einen größeren Zusatz von weißem Thon und dadurch, daß statt des Sandes Chamottemehl zugemischt wurde. Allmählich hat die Chamotteziegel-Fabrikation das Uebergewicht gewonnen. Neue, bis 150 F. mächtige Lager des ausgezeichnetsten weißen Thons sind aufgefunden worden; die gebrauchten Kapseln der in Waldenburg bestehenden ausgedehnten Porcellanfabriken gewähren das vorzüglichste Chamottematerial; die Zubereitung des Thons, das Mischen der Bestandtheile als trocknes Pulver unter mäßigem Wasserzulauf ist ein ungemein vollkommenes, und so erhält man durch Streichen der Ziegel mit der Hand und sehr scharfes Brennen feuerfeste Steine, welche den besten englischen und schottischen Chamotten gleichkommen, wo nicht sie übertreffen. Das weltbekannte Borsig’sche Etablissement in Moabit bezieht jährlich 500,000 Chamotten von Saarau, etwa ein Fünftel der ganzen Production.

Daß daneben Gasretorten, große Chamotteblöcke zu den verschiedensten Ofenconstructionen, Thonröhren für chemische Fabriken angefertigt werden, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Als Anhängsel ist noch die Kachelfabrik zu berühren, aus der sowohl die geringeren, wie die feinsten Oefen hervorgehen. Schlendert man jetzt durch die ausgedehnten Anlagen zu Saarau, so kommt man auch an ein niedriges schuppenartiges, sehr verrußtes Gebäude und enträthselt bei näherer Betrachtung die Zuschrift: „Marienhütte“.

Dies ist der bescheidene Anfang eines zweiten wichtigen Zweiges der Saarauer Fabrikthätigkeit. Der geringschätzige Nebenbegriff, der sich mit den Worten „alt Eisen“ verbindet, ist ein Beweis, wie häufig solche Abfälle von altem Eisen und wie verhältnißmäßig werthlos sie sind. Mit sicherem technischen Instincte bemächtigte sich Kulmiz dieses Gegenstandes. In der ganzen Umgebung war damals keine Eisenhütte, der sonst diese Abfälle zugeflossen wären. Er gründete eine Schmiede mit Dampfhammer für die Abfälle von Schmiedeeisen, dann eine Gießhütte, um auch das alte Gußeisen in neue nutzbare Formen zu bringen.

Es liegt eine Art von Pietät darin, diese Anfangswerke noch heute zu conserviren, wo sich die bescheidene Schmiede zu einer sehr stattlichen Maschinenbauanstalt erweitert hat, die allen Aufgaben gewachsen ist. Keine kleine Genugthuung war es für den ehemaligen Artilleristen, daß seiner Maschinenbauanstalt vor einigen Jahren die Anfertigung eines Theils der eisernen Laffetten für die preußische Artillerie übertragen wurde. Kulmiz’s Freunde behaupteten oft scherzhafter Weise, er habe die Maschinenfabrik blos gebaut, um in Bezug auf Reparaturen und Neubeschaffungen für seine sonstigen Anlagen selbständig dazustehen. Der Scherz beruht insofern auf Wahrheit, als in der That die Kulmiz’schen Werke so zahlreich sind, daß sie recht gut eine kleine Maschinenbauanstalt allein beschäftigen könnten.

Im Anschluß an die Maschinenfabrik ist eine große Dampfkesselschmiede zu erwähnen, die auch die Anfertigung von Gasometern, Bassins für Oel, Syrup etc., kurz alle einschlagenden Arbeiten übernimmt. Schwachnervige Damen mögen fern davon bleiben, denn infernalisch ist das Getöse. Als dritte und jüngste im Bunde schließt sich an die Ida- und Marienhütte die Silesia, die chemische Fabrik, an. Bis jetzt die einzige Fabrik in Schlesien, welche den jährlich steigenden Bedarf an Schwefelsäure, Salzsäure, Soda und Chlorkalk deckt, wurde sie im Jahre 1858 von einer Gesellschaft gegründet, der auch bedeutende chemische Autoritäten der Universität Breslau angehören, und Kulmiz zum Haupt-Geschäftsinhaber bestellt. Aus sicilianischem Schwefel, früher aus Schwefelkies, wird in drei Bleikammersystemen Schwefelsäure dargestellt und zum Verkauf in Bleipfannen und einer achttausend Thaler kostenden Platinblase concentrirt. Die Säure aus den Bleipfannen, mit Staßfurter Krystallsalz erhitzt, liefert Glaubersalz und Salzsäure. Aus dem Glaubersalz wird durch Glühen mit Kohle und Kalkstein Soda gewonnen, die theils in calcinirter, theils in krystallisirter Form in den Handel kommt. Die Salzsäure, soweit die Zuckerfabrikanten sie nicht brauchen, wird mit Hülfe von spanischem Braunstein auf Chlorkalk verarbeitet. Der Rückstand der Sodafabrikation endlich, das Schwefelcalcium, wird nach einem neuen Verfahren auf Schwefel zu Gute gemacht, der auf’s Neue zur Schwefelsäurebildung dient. Man sieht, daß in einer solchen chemischen Fabrik nichts umkommt und daß die Wissenschaft die eigentlich verbrauchten Materialien zur Fabrication auf Luft, Wasser, Kohle, Kalkstein, Kochsalz und andere wohlfeile Substanzen mit Erfolg zurückzuführen verstanden hat.

In Saarau, seiner Lieblingsschöpfung, hat C. R. Kulmiz sich sein Heimwesen gegründet. Früher, als es noch zu schaffen und aus dem Rohen zu gestalten gab, begnügte er sich als alter Soldat mit sehr bescheidenen Räumen; jetzt schließt ein geschmackvolles Schloß, ein sorgfältig gepflegter Park mit sehr schönen ausgedehnten Gewächshäusern die Werke nach der einen Seite ab. Für die zahlreichen Beamten und Arbeiter sind geräumige und bequeme Häuser gebaut. Wo früher ein bescheidener Schenkwirth die Arbeiter und Beamten gleichmäßig aus einem Topfe vorwaltend mit den beliebten schlesischen „Kließeln“ speiste, erhebt sich jetzt das gut und elegant eingerichtete Gasthaus „zur Hütte“. Auch den Ureinwohnern des Dörfchens Saarau hat sich etwas von dem Kulmiz’schen Go-ahead-Geiste mitgetheilt. Es werden passende Baustellen in Saarau in den schlesischen Zeitungen ausgeboten, und neuerdings habe ich dort sogar ein Putz- und Schnittwaaren-Schild gesehen. So Gott will, hoffe ich noch eines Tages den Bürgermeister der Stadt Saarau begrüßen zu können.

Wenn man glauben wollte, daß Saarau allein der Thätigkeit Kulmiz’s genügte, würde man sich sehr irren. Große Granitsteinbrüche auf dem Streitberge bei Striegau, von welchen die prachtvollsten Blöcke weit bis nach Norden gehen und unter Anderem zur Dirschauer Brücke mit verwendet worden sind, eine sehr ausgedehnte Coaksfabrik und der Generaldebit der bedeutendsten Waldenburger Kohlengruben schließen noch immer den Kreis seines Wirkens nicht ab. Er kauft einen großen Wald, stellt mitten drin eine Dampfsägemühle auf und vertreibt Breter, Latten und Balken bis nach Berlin und weiter. Er kocht Zucker in Lanisch bei Breslau, Bier in Gorkau am Fuße des Zobten. Seine Comptoirs [448] an fast allen Stationen der schlesischen Bahnen, natürlich auch in Breslau, Berlin, Magdeburg, sind für die Anwohner eine wahre Wohlthat. Ein Gutsbesitzer sagte mir neulich, vom Kulmiz’schen Comptoir könne man Alles, Kohlen, Holz, Ziegel, Glas, Chamotten, Granitsteine, Zucker, Bier, Schiefer beziehen. Wenn man etwas Beliebiges dort bestelle, so höre man nur die Antwort „Sehr wohl,“ und nach wenig Tagen hätte man das Gewünschte auf dem Hofe. Wenn man einmal Lust zu Meerkatzen hätte, so würden sie auf den Kulmiz’schen Comptoiren auch nicht aus der Fassung kommen, das stereotype „Sehr wohl“ erwidern und die Meerkatzen würden besorgt werden.

Beiläufig gesagt, setzten die Comptoire von Kulmiz schon vor mehreren Jahren über achtmalhunderttausend Tonnen Kohlen alljährlich ab, und jetzt mag der Absatz leicht über eine Million Tonnen betragen. Rechnet man für die Tonne nur sechs Pfennige Gewinn, so macht dies schon ein ganz respectables Auskommen aus. Fragt man nun nach den Mitteln und Wegen, auf welchen sich aus so unscheinbaren Anfängen ein so großes Geschäft entwickelt hat, so ist es hauptsächlich die große Thätigkeit und Energie des Inhabers, wodurch der günstige Erfolg zu erklären ist. Der Geist der Initiative, des Eingehens auf neue Pläne, ihr rasches Erfassen und thatkräftiges Durchführen hat sich überall auf das Glänzendste bethätigt. Die Wissenschaft, die leider oft genug von unsern routinirten Geschäftsleuten als unpraktisch über die Achsel angesehen wird, hat bei Kulmiz stets eine freundliche Aufnahme und ein bereites Ohr gefunden. Mit den Professoren der naturwissenschaftlichen Facultät in Breslau steht Kulmiz auf dem freundschaftlichsten Fuße. Nicht minder ist der Erfolg dadurch bedingt, daß Kulmiz es verstanden hat, durch liebenswürdige Freundlichkeit und Wohlwollen seine Beamten und Arbeiter an sich zu fesseln. Er hält darauf, daß seine Leute sich bei ihm wohl befinden. „Wenn bei einer Fabrication,“ sagte er mir selbst, „nicht so viel bleibt, daß meine Arbeiter einmal ein gut Glas Bier, meine Beamten ein Glas Wein trinken können, dann laß ich mich nicht darauf ein.“

Als ich bei ihm verweilte, war eine schlechte, theure Zeit. Kulmiz gab seinen Arbeitern damals nicht allein einen anständigen Lohn, nein, er ließ ihnen auch allwöchentlich eine Zulage in Naturalien, Mais, Linsen. Bohnen etc. zukommen. Er hat oft genug mit mir überlegt, auf welche Art am Besten der Speisezettel für die Arbeiter aufzustellen sei, damit sie genügend stickstoffhaltige Kraft-Nahrungsmittel erhielten. Seinen Beamten standen Wein und Cigarren zum stricten Kostenpreise stets zur Verfügung, und manchen heitern Sonnabend-Abend haben wir gefeiert. Die großartigste Gastfreiheit, mit der er seine Geschäftsfreunde und sonstigen sehr zahlreichen Gäste empfängt, ist selbst weit über Schlesiens Grenzen bekannt und berühmt. Es ist eben eine durch und durch wohlwollende Natur, die selbst einen gerechtfertigten Unwillen siegreich bekämpft. Nur ein einziges Beispiel aus vielen. Einer seiner Beamten, ein tüchtiger, aber etwas widerhaariger Charakter, war nach einem lebhaften Streit mit ihm aus Saarau geschieden. Er fand nicht gleich eine Stellung, wohl aber Kulmiz eines Tages auf der Straße. Kulmiz redet ihn an, erkundigt sich nach seinem Ergehen, und als er von seinem Mißgeschick hört, weist er ihm ohne Weiteres eine nicht unbedeutende Summe bei seinem Comptoir an und verschafft ihm auch nach kurzer Zeit eine sehr angenehme, lohnende Stellung an einer benachbarten Eisenbahn. Was Wunder, daß Kulmiz sich der allgemeinsten Achtung und Liebe erfreut. In seinem ältesten Sohne erzieht er sich einen würdigen Nachfolger. Möge das Kulmiz’sche Haus als Vorbild unserer Industriellen und zum Segen der Provinz Schlesien noch lange blühen und gedeihen!