Die Riesenburg in der fränkischen Schweiz
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Ehedem gab es zwei Classen von Menschen, welche das Privilegium langer Festtage genossen: die Großen nebst den sehr Reichen, und die ganz Armen. Jene ließen andere für sich arbeiten, faullenzten und commandirten; diese überließen auch andern die Anstrengung, faullenzten und bettelten. Die freie Kunst der Bettelei hat ihre Freiheit verloren; sie führt ihre Adepten in’s Zuchthaus; Reichthum, Geburtsrang, hohe Würde und hohes Amt aber, – wenn wir die Glücklichen im Himmel der Höfe ausnehmen, – haben auch nachgerade aufgehört, Sinecuren zu seyn. Der Bauer allein blieb unter der zersetzenden und verändernden Sonne der Zeit der alte; er schwitzt noch wie sonst hinter’m Pfluge, baut noch das Brod, das Andere essen, und der Ruhetage sind ihnen nicht mehr, der Frohntage nicht weniger geworden. Gewonnen aber hat der Tiersetat, der Stand der wohlhabenden Bürgerklasse und die Mittelschichten der Beamtenwelt, welche einen weit größeren Antheil an Lebensgenuß erhalten haben und deren Festtage sich mehren, deren Canikularien wachsen mit jedem Jahrzehend. Wer dieß bezweifeln will, der blicke nur hin auf die jährlich wachsenden Pilgerschaaren, welche den berühmtern Gegenden unsers Vaterlandes zuwandern, und auf Bergen und in Thälern das Vergnügen suchen so emsig, wie der Jäger das Wild; oder er sehe die Hunderttausende auf der Rhein- und Donaufahrt, das Gewimmel auf den Eisenbahnen und die Myriaden in den Bädern, wo die größere Zahl der Kurgäste nichts will und nichts sucht, als Freude und Genuß in pikanteren Formen.
[143] Unter die reizendsten und angenehmsten Gegenden Deutschlands, welcher die Besucher zu Schaaren herbeiziehen, gehört auch jene, von welcher unser Stahlstich einen der gepriesensten Punkte darstellt. Die fränkische Schweiz, zwischen Baireuth und Bamberg, nimmt einen Flächenraum von etwa 3 Geviertmeilen ein, von welchem Muggendorf den Mittelpunkt bildet. Es ist keine Schweiz mit Alpen, vor deren Größe der winzige Mensch erschrickt; üppige Wiesen, fruchtbare Felder, malerisch unter Bäumen halbversteckte Dörfer, krystallhelle Berggewässer, Felsen und Felsthäler, die Wunder der Stalaktidenbildung in den unterirdischen Höhlen, Burgruinen und Schlösser, fröhlicher Gesang der Vögel, und ein derbes, verständiges, in seinen Sitten noch einfaches Völkchen: dieß sind die Elemente des Vergnügens, welche den Reisenden in der fränkischen Schweiz erwarten.
Die Riesenburg ist die schönste Felsparthie dieser merkwürdigen Gegend. Sie bildet ein natürliches Thor, ähnlich einem ungeheuern Triumphbogen. Man erklimmt auf Leitern ihre Zinne, von der man einen köstlichen Ausblick in das wild-romantische Thal genießt.