Die Regenmacher der Neuzeit

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Autor: M. Hagenau
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Titel: Die Regenmacher der Neuzeit
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 23, S. 384, 386–387
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Die Regenmacher der Neuzeit.

Von M. Hagenau.

Es giebt Wünsche des Menschengeschlechtes, die von Jahrtausend zu Jahrtausend fortleben, obwohl sie niemals in Erfüllung gegangen sind. Ein solcher Wunsch war das kühne Vorhaben, den Flug der Vögel nachzuahmen und sich in die Lüfte emporzuschwingen. Jahrtausendelang wurde an der Lösung dieser Aufgabe ohne den geringsten Erfolg gearbeitet und die „Verständigen“ schauten mit aufrichtigem Mitleid auf die Schwärmer herab, die ihre ersten Flugversuche gleich dem Ikarus der Sage mit ihrem Leben büßen mußten. Aber die jahrtausendelange Arbeit des Menschengeschlechtes hat doch Früchte gezeitigt, und es unterliegt heute keinem Zweifel, daß einmal eine Zeit kommen wird, in der geflügelte Menschen und das lenkbare Luftschiff sicher durch die Lüfte kreuzen werden. Ja, der Mensch, der Beherrscher von Land und Wasser, schickt sich an, auch das Luftreich zu erobern! Ein anderer uralter Wunsch des Menschengeschlechtes geht noch weiter. Der Mensch möchte auch den Wolken, die da hoch am Himmelszelt jagen, gebieten, das ewig wechselnde Wetter regeln, Regen und Sonnenschein nach Belieben verteilen! Im Laufe der Jahrtausende ist dieser vermessene Wunsch ein frommer, unerfüllbarer geblieben, aber trotzdem hat er an seiner das Innere des Menschen bewegenden Gewalt nichts eingebüßt; denn auch am Ende des neunzehnten Jahrhunderts beschäftigt man sich lebhaft mit der Kunst, Regen zu machen. Der Erfolg ist auf diesem Gebiete bisher völlig ausgeblieben, aber ein Fortschritt ist doch zu verzeichnen; man hat im Laufe der Jahre der Natur so viele Rätsel abgelauscht, hat auch die Natur des Regens besser erkannt und man ist in der Lage, über den Wert vieler der vorgeschlagenen Mittel ein sicheres Urteil abzugeben. Dadurch ist es uns möglich geworden, die Erörterungen über das Regenmachen zweckmäßiger zu gestalten, und in diesem Sinne möchten wir heute auch den Lesern der „Gartenlaube“ einen Ueberblick über die Bestrebungen der modernen Regenmacher bieten. Zunächst aber müssen wir uns vergegenwärtigen, wie der natürliche Regen zustande kommt.

Der allgemeine Kreislauf des Wassers auf Erden ist jedem aus der Schule bekannt: das Wasser der Meere, Seen, Teiche, Flüsse etc. verdunstet und zerteilt sich als Wasserdampf in der Atmosphäre, hier verdichtet es sich zu Nebel und Wolken und fällt wieder als Tau, Regen, Schnee oder Hagel zur Erde. Wie kommt es aber, daß nicht jede Wolke Regen bringt, wie kommt gerade diese Naturerscheinung zustande? Das sind Fragen, die schon ins Einzelne gehen, nicht in jeder Schule erläutert werden und darum auch nicht allgemein bekannt sind. Und doch muß man über diese Fragen eine gewisse Klarheit erlangt haben, bevor man daran geht, Pläne zur künstlichen Erzeugung des Regens zu entwerfen.

Von Bedeutung ist es für unsere Zwecke zunächst, die Beziehungen der Luft und des Wassers zu einander kennenzulernen. Was geschieht, wenn ein Wassertropfen vor unseren Augen verdunstet? Das tropfbar flüssige Wasser verwandelt sich in gasförmiges Wasser, in Wasserdampf, der sich in der Luft zerteilt. Dieser Wasserdampf ist aber völlig klar und durchsichtig und durchaus verschieden von den weißen Wölkchen, die dem kochenden Wasser entsteigen, und die wir im gewöhnlichen Leben Wasserdampf nennen.

Das Vermögen der Luft, Wasserdampf aufzunehmen, ist jedoch beschränkt. In einem Kubikmeter Luft kann sich nur eine bestimmte Menge Wasser in Dampfform auflösen, und zwar hängt diese Menge von der Wärme der Luftmasse ab. Durch genaue Versuche hat man ermittelt, daß 1 cbm Luft bei 0° C. höchstens 4,9 g Wasser aufnehmen kann; ist dies geschehen, dann hört die Verdunstung auf. Je wärmer nun die Luft ist, desto mehr Wasserdampf vermag sie aufzunehmen, so ist sie z. B. bei + 15° C. erst dann gesättigt, wenn in 1 cbm 12,8 g Wasser verdampft sind, und [386] bei + 20° C. kann 1 cbm Luft bereits 17,2 g Wasserdampf aufnehmen. Kühlen wir nun 1 cbm 20° C. warmer mit Wasser gesättigter Luft auf 15° C. ab! Was wird alsdann geschehen? Die kälter gewordene Luft wird nicht mehr 17,2 g, sondern nur 12,8 g Wasserdampf behalten können und 4,4 g Wasser werden aus ihr in tropfbar flüssiger Form ausgeschieden. Führen wir diesen Versuch in einer verschlossenen Flasche aus, so sehen wir, daß das überschüssig gewordene Wasser nicht etwa in Form eines Regens auf den Boden niederfällt, sondern sich an den Wänden der Flasche oben und unten niedersetzt, das ganze Innere der Flasche wie mit Tautropfen beschlägt. Wir erfehen daraus, daß das Wasser bei seinem Uebergang aus dem gasigen in tropfbar flüssigen Zustand sich mit Vorliebe auf feste Körper niederläßt. Demselben Gesetze folgt auch das Wasser in der Atmosphäre, auch dort schlägt es sich an festen Körpern nieder. Das klingt beim ersten Anschein unglaublich, denn Hunderte und Tausende von Metern über der Erde giebt es nur Luft, also nur gasige Körper. Mit nichten! In der Luft ist überall Staub vorhanden, überall in ihr, selbst über den höchsten Bergen schweben unendlich viel kleine und kleinste Staubteilchen. In einem Kubikmeter der reinsten Luft, die man bis jetzt auf Bergeshöhen untersucht hat, sind noch Millionen solcher Staubteilchen enthalten. Wir erinnern die Leser der „Gartenlaube“ an die nähere Darlegung der „Rolle des Staubes in der Natur“ im vorigen Jahrgang, S. 192 u. f.

Nehmen wir nun an, daß ein 20° C. warmer mit Wasserdampf gesättigter Luftstrom von der Erde emporsteigt und in den oberen Regionen sich um einige Grade abkühlt! Der überschüssige Wasserdampf wird sich verdichten, ausscheiden müssen und diese Ausscheidung vollzieht sich an der Oberfläche der zahllosen Staubteilchen, die immer in der Luft schweben; nun ist jedes dieser Teilchen mit einer Wasserschicht überzogen und so sind zahllose Wasserkügelchen entstanden, deren Kern stets aus einem Staubteilchen besteht. Diese Anhäufung von Wassertröpfchen erscheint uns, wenn wir sie aus der Ferne betrachten, als Wolke und als Nebel, wenn wir uns mitten in ihr befinden.

Je nach der Menge des Wassers, die sich um den Staubkern niederschlagen konnte, sind diese Tröpfchen bald größer, bald kleiner. Sie sind natürlich schwerer als die Luft und haben an sich das Bestreben, zu fallen, aber die kleineren von ihnen sind ein Spiel jedes Lufthauchs, von dem sie ähnlich wie die Sonnenstäubchen in unseren Zimmern emporgewirbelt werden können. Kommen nun diese Gebilde in wärmere oder trockenere Luftschichten, so kann das Wasser wieder verdunsten und die Wolke löst sich auf, verschwindet, wie wir das so oft an heiteren warmen Tagen am Himmelszelt beobachten können. Nimmt aber die Abkühlung zu, dann schlagen sich auf den Stäubchen immer größere Mengen Wasser nieder; diese größeren Tröpfchen fallen nun rascher, treffen auf andere, mit denen sie sich vereinigen, und gelangen schließlich als Regen auf die Erde.

Nachdem wir diese Bemerkungen über das Wesen der Wolken und des Regens vorausgeschickt haben, wollen wir nun untersuchen, welche Vorgänge in der Atmosphäre zur Entstehung des Regens führen.

Die erste und bei weitem wichtigste Ursache der Regen sind ansteigende Luftströme, weil dieselben stets mit einer Abkühlung der Luft verknüpft sind. Während die Luft emporsteigt, dehnt sie sich aus und verbraucht Wärme. Man hat berechnet, daß die infolge dessen eintretende Abkühlung der Luft für je 100 m Erhebung fast 1° C. beträgt. Es wird also ein aufsteigender Luftstrom, der an der Oberfläche der Erde 20° C. Wärme aufwies, in einer Höhe von 500 m mit einer Temperatur von etwa 15° C. anlangen und, falls er mit Feuchtigkeit gesättigt war, zu Wolkenbildung und auch Regenfall Anlaß geben können.

Solche aufsteigende Luftströme entstehen z. B. an windstillen Tagen infolge der Erwärmung der Luft durch Sonnenstrahlen; sie erheben sich nahezu senkrecht über der Erde und sind in der That die Ursache örtlicher Regen am Nachmittag in vielen Gegenden der heißen Zone und in manchen Thälern mittlerer Breiten.

Ferner beobachtet man ansteigende Luftströme in Cyklonen, also Wirbelwinden, selbst wenn dieselben nur äußerst schwach sind und nicht im entferntesten an einen Wirbelsturm erinnern. Viele Gegenden der gemäßigten und heißen Zone verdanken ihre ergiebigsten Regen dieser Ursache.

Schließlich entstehen ansteigende Luftströme, wenn eine wagerechte Luftströmung eine Bergkette trifft und an dieser sich staut und dann emporwälzt. Die Regen, welche durch diese Ursache entstehen, sind oft sehr ergiebig und die regenreichsten Orte der Erde befinden sich auf einem Bergabhange oder am Fuße eines Abhanges, welcher gegen ein wärmeres Meer gekehrt ist.

Außerdem kann Regen bei der Mischung von zwei Luftströmen, die beide ganz oder fast ganz gesättigt sind, aber verschiedene Temperatur haben, entstehen. Der berühmte Meteorolog Woeikoff stellt für diese Art Regenbildung die folgende Berechnung auf: es seien zwei Luftmassen vorhanden, beide 1000 m mächtig und mit Wasserdampf gesättigt, die eine habe eine Temperatur oben 20°, unten 25°, die andere oben 5°, unten 10°. Die mittlere Temperatur der Mischung wird etwa 16° betragen und es wird ein Niederschlag von 0,45 mm dabei entstehen, d. h. es werden 0,45 kg Wasser auf 1 qm Fläche fallen. Dauert aber der kalte Luftstrom fort, d. h. werden immer neue kalte Luftmassen zugeführt, bis die gesamte Luftmasse sich auf 7,5° abgekühlt hat, dann entsteht ein Niederschlag von 11,9 mm; dabei müßte sich jedoch jeder Kubikmeter warmer Luft mit 405 cbm kalter mischen! Also können wohl bedeutende Wassermassen bei der Mischung gesättigter Luftströme fallen, aber es ist eine lange Zeit dazu nötig. Selbst im Winter fallen die ergiebigeren Regen bei Cyklonen, während die Mischung der Luft verschiedener Temperatur feine, sogenannte Nebelregen ergiebt.

Wenden wir uns jetzt der Betrachtung der künstlichen Erzeugung des Regens zu! Auf Erfolg könnte man selbstverständlich nur bei denjenigen rechnen, welche die natürlichen Ursachen der Regenbildung zu ersetzen vermögen.

In jüngster Zeit wurde diese Frage am lebhaftesten in Nordamerika erörtert und Alexander Macfarlane, Professor der Physik an der Universität Texas, hat infolgedessen einen höchst interessanten Vortrag über das „Regenmachen in Amerika“ gehalten, in welchem die verschiedenen in Vorschlag gebrachten Methoden näher beschrieben wurden. Wir stützen uns im Nachfolgenden auf die Angaben des Vortrages, der auch in deutschen meteorologischen Zeitschriften veröffentlicht wurde.

Da finden wir zunächst Vorschläge, welche darauf ausgehen, aufsteigende Luftströme zu erzeugen. Zweifellos sind dieselben in ihrem grundsätzlichen Kern richtig, denn das Emporsteigen der Luft ist ja eine der wichtigsten Regenursachen. Es ist nur die Frage, ob unsere Kraftmittel genügen, um solche Ströme in genügender Mächtigkeit zu erzeugen. In erster Linie empfahl man zu diesem Zwecke, große Feuer anzuzünden, und zu Anfang dieses Jahrhunderts trat der amerikanische Professor Espy für diese Art der Regenerzeugung mit vieler Wärme ein. Nebenbei gesagt, war dieser Kunstgriff schon damals nicht neu; denn viele Naturvölker waren gleichfalls seit undenkbarer Zeit der Ansicht, daß man durch große Feuer Regenwolken herbeilocken könne, während allerdings andere Naturvölker dasselbe Mittel zum Zerteilen und Verscheuchen der Regenwolken bei übermäßigem Regen empfahlen. Wenn man verschiedenen Berichten aus älterer Zeit Glauben schenken will, so soll es in der That in einigen Fällen durch Anzünden von trockenen Rohrdickichten gelungen sein, Gewitter herbeizuführen. Als Vorbedingungen, unter denen das Experiment zutraf, werden heiße, schwüle und windstille Tage angegeben. An solchen Tagen ist nun die Luft der unteren Schichten stark mit Feuchtigkeit beladen und kann, wie wir bereits erwähnt haben, sehr wohl örtliche Regen erzeugen, sobald sie emporsteigt. Im Jahrgang 1879 der „Gartenlaube“ (S. 537) sind einige solcher Kunstregen, die Kapitän Mackay in Florida gemacht hat, beschrieben. Wir wollen nicht rechten, wieviel zu jenen Regengüssen die Sonne und wieviel das von Menschenhand angefachte Feuer beigetragen hat, soviel steht jedoch fest, daß dieses Mittel nur unter seltenen Umständen sich nützlich erweisen könnte. Riesenfeuer entstehen oft durch Zufall. Namentlich zu Zeiten der Dürre pflegen Dörfer und Wälder zu brennen, die Erfahrung lehrt aber, daß durch diese Brände kein Regen hervorgerufen wird; die Dürre dauert fort, bis in dem Zustand der Atmosphäre ein Umschwung erfolgt. Im Kulturlande, wo man keine Rohrdickichte oder Urwaldstücke abbrennen kann, würde dieses Mittel außerdem auch sehr kostspielig werden. Man müßte Kohlen in ungeheuren Mengen verfeuern.

Man hat die ansteigenden Luftströme auch in der Weise nachmachen wollen, daß man vorschlug, an der Spitze eines hohen Turmes ein Luftrohr zu befestigen, das bis zur Erde hinabreichte. Dann sollte man durch Zubläser oder Ventilatoren die Luft aus der Tiefe in die Höhe treiben. Sollte diese Maschinerie irgend [387] welchen Erfolg zeigen, so müßte der Turm doch einige hundert Meter hoch sein. Alsdann könnten sich unter günstigen Umständen aus jedem Kubikmeter Luft, der mehrere hundert Meter hoch getrieben wurde, einige Gramm Regen bilden. Es wären dies aber sicher recht teuere Tropfen.

Interessant ist ferner folgendes von Pitkin in Kansas-City ausgedachte Projekt. Ein großes Stück Segeltuch wird in mittlerer Lufthöhe an Ballons befestigt, und zwar im rechten Winkel zu einer feuchten Luftströmung; die unteren Zipfel des Segeltuches sind an Drähten befestigt, welche zur Erde niedergehen; vermittelst derselben kann die Segeltuchfläche so gerichtet werden, daß sie als geneigte Ebene wirkt. Die Luftströmungen, welche gegen diese geneigte Ebene streichen, werden von ihrem Wege abgelenkt und aufwärts geführt. Während des Ansteigens werden sie sich ausdehnen und unmittelbar in Berührung mit der oben befindlichen kälteren Luft treten. Diese sollte Regen verursachen. Wie wir sehen, ist in diesem Vorschlag der aufsteigende Luftstrom an Bergabhängen nachgeahmt. Daß er oft Regen verursacht, wissen wir wohl. Der Projektmacher hat nur eins außer acht gelassen: der anstreichende Luftstrom übt einen gewaltigen Druck aus; Bergrücken können ihn aushalten, das geneigte Segeltuch würde aber durch denselben sofort niedergedrückt werden.

Es ist also vorläufig nichts mit dem Hervorrufen aufsteigender Luftströme; in dieser Hinsicht sind wir nicht weiter gekommen als die Urvölker, die, um Regenwolken herbeizulocken, große Feuer anzündeten.

Man wollte auch die zweite der natürlichen Hauptursachen des Regens, die Mischung kalter und warmer Luftströme, zur künstlichen Erzeugung des Regens benutzen. Das Verdienst, einen Apparat zu diesem Zwecke ausgedacht zu haben, kann wiederum Pitkin für sich in Anspruch nehmen. Vermittelst Lüstschläuchen, Dampfmaschinen und Luftballons sollte man die kalte Luft aus etwa 600 m Höhe in die wärmere in 300 m Höhe hineintreiben. Sehr treffend bemerkt Macfarlane dazu, daß die unter günstigen Bedingungen hierdurch zum Niederfallen gebrachte Regenmenge nicht einmal hinreichen würde, die Dampfmaschine zu treiben.

Das größte Aufsehen verursachte jedoch eine andere Methode, die darauf abzielte, den trockenen Himmel mit Pulver und Dynamit zum Regnen zu zwingen. Schon im Jahre 1870 stellte der Amerikaner Edm. Powers die Behauptung auf, daß Schlachten Regen verursachen. Er hat die Behauptung durch keine annehmbaren Gründe bewiesen, aber er hat mit seinen Ausführungen Aufsehen erregt und der Kongreß der Vereinigten Staaten veranlaßte eine nähere Untersuchung der Frage seitens der wissenschaftlichen Beiräte des Landwirtschaftsministeriums. Diese berichteten, daß kein Grund für die Ansicht vorhanden sei, daß Schlachtentage in irgend einer Weise mehr von Regen begleitet wären als Tage ohne Schlacht. Aber die Theorie, Regen durch Erschütterung der Luft zu erzeugen, wurde dadurch keineswegs abgethan. Im Jahre 1880 ließ sich Daniel Ruggles ein Verfahren, Regen hervorzubringen, patentieren. Es sollten demnach mit Dynamit, Schießbaumwolle, Schießpulver u. dergl. beladene Luftballons aufgelassen und vermittelst elektrischer Leitung in hohen Luftschichten zur Explosion gebracht werden. Darauf sollte Regen folgen. Von wissenschaftlicher Seite konnte zu gunsten der Erschütterungstheorie nur folgendes ausgesagt werden: wenn die Luft völlig frei von Staubteilchen ist, dann fehlen bei ihrer Abkühlung die festen Kerne, um welche sich der überschüssige Wasserdampf niederschlagen könnte; die Luft bleibt alsdann mit Dampf übersättigt und dieser schlägt sich erst dann nieder, wenn die Luft plötzlich erschüttert wird. Da man aber bis jetzt in der reinsten Luft doch noch Millionen Staubteilchen auf einen Kubikmeter gefunden hat, so kann man wohl annehmen, daß eine völlig staubfreie Luft in der Natur nirgends oder höchst selten vorhanden ist, und konnte von vornherein die Explosionen in der Höhe als nutzlos bezeichnen. Trotzdem gelang es General Dyrenforth, Mittel zu solchen Versuchen zu erlangen, und auf Kosten der Vereinigten Staaten wurden in den Jahren 1891 und 1892 derartige Explosionen wirklich in Scene gesetzt. Obwohl aber mehrere tausend Pfund Sprengstoffe verknallt wurden, wurde doch kein Erfolg erzielt.

Bevor wir nunmehr von den amerikanischen Regenmachern scheiden, möchten wir noch hervorheben, daß der Senator Farwell in Chicago ein zweifellos wirksames Mittel zur Regenerzeugung erdacht hat: Er rät, feuchte Luftströme in entsprechender Höhe dadurch abzukühlen, daß man in ihnen flüssige Kohlensäure verdampft. Die Folge davon würde zweifellos ein Regenschauer sein. Schade nur, daß derselbe wiederum sehr teuer zu stehen kommen würde. Um auf einer englischen Quadratmeile einen mäßigen Regenfall hervorzubringen, müßte man laut einer Berechnung Macfarlanes flüssige Kohlensäure im Werte von 1600000 Mark verdampfen.

Unsere Leser wundern sich vielleicht, daß wir bis jetzt noch nichts über Regenerzeugung mit Hilfe der Elektricität berichtet haben. Diese Wunderkraft ist ja zu allem möglichen gut. In der That ist in der neuesten Zeit ein solcher Vorschlag vom Oberstlieutenant Baudouin gemacht worden. An Einfachheit übertrifft er alle vorher erwähnten; denn er besteht darin, gegen die wasserhaltenden Wolken einen elektrischen Papierdrachen oder einen Fesselballon loszulassen, dessen Kabel einen Konduktor darstellt.

Jede Gemeinde, meint Baudouin, würde einen besonderen Apparat besitzen können, in derselben Weise, wie sie eine Feuerspritze hat. In Fällen der Trockenheit würde sie somit ein sicheres Mittel haben, die Ländereien ihrer Einwohner mit Wasser zu versorgen. Zur Bedienung des Apparates würden der Lehrer und einige seiner Schüler genügen.

Die Ausführungen Baudouins über die Elektricität in den Wolken sind durchaus nicht derart, daß man ihnen ohne weiteres zustimmen könnte. Wohl aber verdient die Prüfung des Einflusses der Elektricität auf die einzelnen Teilchen der Wolken die größte Beachtung. Die meteorologische Zeitschrift „Das Wetter“ hat neuerdings einen Artikel von G. Pelissier über die „Wirkung der Elektricität auf den Wasserdampf und die künstliche Erzeugung von Regen“ veröffentlicht, in dem die Vorschläge Baudouins zurückgewiesen werden, der aber dafür u. a. folgende Mitteilungen enthält. Wenn man einen Luftraum, der mit Rauch und Staub gefüllt ist, elektrisiert, so sieht man alle Teilchen sich gegeneinander bewegen und sich zu Tafeln und Fädchen anordnen; die Luft wird sogleich gereinigt sein, sei es durch die Anziehung der Seitenwände des Gefäßes, sei es durch die alleinige Wirkung der Schwere. Dieselbe Erscheinung kann man bei sichtbarem Wasserdampf beobachten, der den Wolken und dem Nebel ähnlich ist; eine Wolke, welche man auf diese Weise einem nichtgleichmäßigen elektrischen Felde aussetzte, würde man also in Regen auflösen können. In einem gewissen Sinne regnen ja die Wolken stets, denn die Wasserkügelchen fallen fortwährend in der Luft; nur die Schnelligkeit des Falles ist so gering, daß die aufsteigenden Luftströme mehr als das Gleichgewicht halten, oder es verdunsten die Wassertropfen auf ihrem Wege. Damit sie die Erde erreichen, braucht man nur ihren Fall dadurch zu beschleunigen, daß man ihre Größe vermehrt; dieses kann die benachbarte Elektricität bewirken, indem sie die kleinen Tröpfchen zu Tropfen vereinigt, welche dann in der Form von feinem Regen zu fallen beginnen und gegenseitig aufeinander prallen; kommen sie nahe an einem elektrisierten Körper vorbei, so wird ihr Zusammenstoß ihre Vereinigung veranlassen und es nimmt dann die Fallgeschwindigkeit zu.

Diese Versuche werfen ein helles Licht auf die Beziehungen, welche zwischen dem Regen und dem elektrischen Zustande der Atmosphäre bestehen können; sie machen es wahrscheinlich, daß die Witterung viel stärker durch die elektrischen Verhältnisse beeinflußt wird, als man bisher glaubte. Und wenn künstlicher Regen jemals auf die eine oder andere Weise erzielt werden könnte, so wäre dies durch die Einrichtung von großen Maschinen, welche Elektricität von hoher Spannung in einem bestimmten Sinne lieferten; vielleicht würde man Elektricitäten von entgegengesetzten Vorzeichen einander nähern müssen, um die nötige Ungleichheit des Feldes herzustellen, denn eine vollständige Gleichmäßigkeit desselben wäre bestrebt, die Kügelchen getrennt zu lassen, und würde Nebel verursachen.

Sollte aber auch die Kunst, Regen zu erzeugen, wirklich von den Menschen erfunden werden, dann würde sie allein ihn doch nicht befriedigen. Dürre Sommer würden für ihn keinen Schrecken mehr haben, aber nach wie vor würde er unter nassen Jahren leiden. Was der Landwirt mit Recht fürchtet, sind Extreme der Witterung, und es würde für ihn von größtem Vorteil sein, wenn gerade diese vermieden werden könnten. Dieses Ziel ist aber leichter zu erreichen als die künstliche Erzeugung des Regens; durch zweckmäßige Wald- und Wasserwirtschaft könnten Dürren und Ueberflutungen, die heute so viele Gebiete der Erde heimsuchen, zu großem Teil vermieden werden. Hoffentlich wird eine Zeit kommen, in welcher dieser hochwichtigen Kulturaufgabe mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.