Die Raupenfeinde der Insectenwelt

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Titel: Die Raupenfeinde der Insectenwelt
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aus: Die Gartenlaube, Heft 32, S. 516–521
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1880
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Die Raupenfeinde der Insectenwelt.

Größeren Leserkreisen ist bisher ein Einblick in das Leben der Raupenfeinde der Insectenwelt wohl nur selten gewährt worden, und doch bietet dasselbe des Lehrreichen und Interessanten so vieles, daß wir der Versuchung nicht widerstehen können, im Nachfolgenden eine kleine Excursion in dieses an fesselnden Aufschlüssen so reiche Gebiet der Naturkunde zu unternehmen. Ein Beispiel möge uns gleich mitten in das Thema hineinführen!

An einem Kohlblatte, einem Baumstamme u. dergl., die sich in der Nähe von Kohlpflanzungen befunden, entdeckten wir im Spätsommer öfters eine Kohlweißlingsraupe, eingebettet in weißliche oder gelbliche Körperchen welche ihrer Form nach allenfalls für Eier gehalten werden könnten und in der That für solche gehalten worden sind, aber nur von Leuten denen es nicht klar geworden war, daß eine Raupe als noch unfertiges Insect überhaupt niemals Eier legen könne.

Jene gelblichen Körperchen sind die Puppengespinnste für so viele Maden wie im Körper der Raupe auf deren Kosten gelebt haben; das arme Thier wurde auf einmal nach allen Seiten hin in seinem Innern gezwickt, und bald hier und bald da drängte sich aus seiner Haut eine kleine weiße Made hervor, welche zu

[517] 

Raupenvertilgende Insecten.
Nach der Natur aufgenommen von Emil Schmidt.

[518] spinnen begann, noch ehe sie vollkommen frei geworden war; sie hüllte sich allmählich in eines jener eiförmigen Körperchen ein, deren Bedeutung uns nun verständlich geworden ist. Der leere Raupenbalg wurde schließlich von den Maden mehr oder weniger vollkommen eingehüllt; er trocknet nun zusammen, und das Gebilde, durch die Gespinnstfäden befestigt, bleibt den Winter über an derselben Stelle sitzen, wenn nicht Meisen oder andere Insectenfresser unter den Vögeln die Püppchen in der futterarmen Zeit als willkommene Nahrung aufgepickt haben.

Wenn im nächsten Frühjahre wieder geeignete Raupen vorhanden sind, kommt aus jedem jener Cocons eine kleine schwarze Schlupfwespe mit gelben Beinen, der Microgaster glomeratus, hervor. Die Schlupfwespchen umschwärmen die jungen Kohlweißlinge – oder andere verwandte Raupen, damit sich ihre Weibchen eine Stätte für ihre Nachkommen erobern. Ihnen kommt alles darauf an, mit dem kurzen Legestachel die Oberhaut der Raupe zu durchbohren und die Eier unter dieselbe zu bringen. Mag sich die verfolgte Raupe auch noch so sehr dagegen wehren und durch Um-sich-Schlagen mit dem vorderen Körpertheile den ungebetenen Gast zu vertreiben suchen, dieser hat die nöthige Ausdauer, um die Raupe zu ermüden und seinen Zweck schließlich zu erreichen.

Die in kürzester Zeit den Eiern entschlüpften fußlosen Larven, an denen man infolge von Quereinschnitten zwölf Leibesringe und an der größeren Stumpfheit das vordere von dem spitzeren Hinterende unterscheiden kann, ernähren sich im Innern der Raupe. Sie saugen an dem sich aufspeichernden Fettkörper und verschonen die edleren Theile, sodaß beide, der Schmarotzer und der Wirth, gleichzeitig mit einander gedeihen und ungefähr zu derselben Zeit erwachsen sind. Ein Blick auf die Raupe Nr. 1 des beigegebenen Bildes zeigt uns das Ergebniß der Schmarotzerthätigkeit.

Einen ähnlichen Feind hat die Kiefernspinnerraupe in dem Microgaster nemorum, dessen zahlreiche Larven dieselbe in einen ganz ähnlichen Zustand versetzen können, wie die der vorher genannten Schlupfwespe die Kohlweißlingsraupe. Die Puppengespinnste und in deren Mitte den vertrockneten Raupenbalg (vergl. auf dem Bilde Raupe Nr. 2) bekommt man nur tief unten an einem Kiefernstamme zu sehen. Die erwachsene Raupe pflegt sich Ende Juni oder Anfangs Juli hoch oben zwischen den Nadeln oder am Stamme zur Verpuppung in ein dichtes Gespinnst von gelblicher oder graubrauner Farbe einzuschließen, wenn sie aber den genannten Schmarotzer beherbergt, so steigt sie in ihrer Angst tiefer herab und zeigt kein Verlangen zum Spinnen, sondern muß es sich gefallen lassen, daß sie allseitig umsponnen wird von den aus ihrem Leibe hervordringenden Maden.

Einige Monate später, nachdem mittlerweile die gesunden Kiefernspinnerraupen zu Puppen geworden, aus den Puppen die Schmetterlinge gekrochen sind und deren Eier die Räupchen geliefert haben, sind auch die Schlupfwespen ihrer Puppe entstanden. Jede derselben hat ein Deckelchen von dem sie umhüllenden Gespinnste abgenagt (2) und findet nun in der jungen Kiefernspinnerraupe für ihre im nächsten Jahre schwärmenden Nachkommen die geeignete Brutstätte.

Bisweilen bemerkt man statt des abgehobenen Deckels auf dem Scheitel des Puppengespinnstes ein seitliches winziges Löchlein in der Nähe jenes, und darf dann voraussetzen, daß nicht der Microgaster, sondern eine noch kleinere Schlupfwespe, also ein Schmarotzer-Schmarotzer, daraus hervorgegangen ist.

Der hier in starker Vergrößerung beigegebene Microgaster nemorum möge eine Vorstellung von dieser artenreichen, allgemein verbreiteten Gattung geben. Sie gehört mit noch vielen anderen zur Familie der sogenannten Schlupfwespenverwandten, Braconiden, welche bei sonst verschiedener Körpergestalt alle das mit einander gemein haben, daß im Vorderflügel nur eine Querader (rücklaufende Ader) von den Ueberrandzellen in die Flügelfläche führt, während bei den echten Schlupfwespen deren zwei vorhanden sind.

Die in Rede stehende Gattung ist an dem kleinen, nicht gestielten Hinterleibe zu erkennen, welcher den wissenschaftlichen Namen, „Kleinbauch“ zu deutsch, einigermaßen rechtfertigt, an den achtzehngliedrigen, plumpen Fühlern und an der Bildung der Unterrandzellen, das heißt der dem Vorderrande zunächst gelegenen Reihe von Adern geschlossener Räume in der äußern Hälfte der Flügelfläche. Unter Berücksichtigung der eben gegebenen Erklärung erblicken wir in unserer Abbildung unter dem dunklen Flecke am Vorderrande, dem sogenannten Flügelmale, eine unregelmäßig sechseckige Unterrandzelle (auch siebeneckig kann sie sein), bei andern Arten kommt auch noch eine kleine, dreieckige zweite in Steigbügelform nach außen sich anschließende vor, die hier jedoch fehlt. Der Körper unseres Wespchens ist glänzend schwarz; die Hinterränder der beiden ersten Hinterleibringe sind lichter; die Flügelschüppchen das heißt die die Flügelwurzel deckenden Haarplättchen, gelb und die Beine röthlich-gelb, mit Ausschluß sämmtlicher Füße und der ganzen Hinterbeine, welche schwarze Farbe tragen.

Andere zu den Braconiden gehörende Arten sind es, deren Larven aus wieder anderen Raupen kommen und gemeinschaftlich spinnen, sodaß der Raupenbalg gänzlich verschwindet, indem er von der Futterpflanze herabfällt und an dieser ein dichter Gespinnstballen zurückbleibt. Dergleichen gelbe oder weiße, wattenähnliche Flöckchen bemerkt man an Kräutern oder Grasstengeln gar nicht selten, wie inmitten unseres Bildes (3) dargestellt ist. Beim Auseinanderrupfen wimmelt es im Innern von Maden oder von Puppen; sollten sich dagegen kugelige Eier zeigen, so haben wir ein Spinnennest vor uns, da manche Spinnen ihre Eier genau in dieser Weise einschließen und an einen Pflanzentheil anheften.

Die Maden anderer Schlupfwespen, welche zu ermitteln mir indessen noch nicht gelungen ist, bleiben in der Raupe und verwandeln dieselbe in eine sehr verkürzte hartschalige „Mumie“, wie Nr. 4 unseres Bildes auf der Fichte von der Fichtenspinnerraupe (Dasycira abietis) eine solche wiedergiebt. Soweit meine Erinnerungen reichen, waren es immer nur bündelartig behaarte Spinnerraupen, welche ich an der Futterpflanze fest angeheftet in diesem mumienartigen Zustande angetroffen habe; sie zeigten alle eine harte, runzellose Oberfläche, welche meist noch mit einigen Haarbüscheln bekleidet war, und auffällige Verkürzung ihres natürlichen Längsdurchmessers.

Bei Weitem die meisten und zugleich größeren Schlupfwespen führen ihr Schmarotzerleben so im Geheimen, daß der Laie so leicht nichts davon zu sehen bekommt, desto häufiger aber der raupenzüchtende Schmetterlingssammler durch sie schmerzlich enttäuscht wird, wenn statt des erwarteten Schmetterlings, dessen Raupe mit vieler Sorgfalt gehegt und gepflegt worden war, eine Schlupfwespe im Zwinger umherschwirrt. Sofern er diesen untergeschobenen Kindern einige Aufmerksamkeit schenkt – und als wirklicher Naturfreund, dem es nicht blos auf eine schöne Schmetterlingssammlung ankommt, wird er es thun – kann er an jenen mancherlei interessante Erfahrungen sammeln.

Diejenigen Raupen, welche zu ihrer Verpuppung ein Gespinnst anfertigen, hüllen sich in dasselbe ein, wenn ihre Zeit gekommen ist. Oeffnet man es nach Verlauf einiger Wochen, so wird man keine Schmetterlingspuppe sammt der abgestreiften Raupenhaut vorfinden, wie es nach regelrechter Entwickelung zu erwarten stände, sondern – wenn die Raupe „angestochen“ gewesen ist – bis vier sehr langgestreckte, spindelformige, an beiden Polen aber abgerundete Körper neben dem zusammengeschrumpften Raupenbalge; es sind die Cocons von Schlupfwespen. Am häufigsten haben dieselben eine schwarze, stark metallisch glänzende Färbung und solche Derbheit in ihrem Gefüge, daß sie keinem Gespinnste, sondern einer pergamentartigen Umhüllung gleichen, die jedem Versuche des Zerreißens Widerstand leistet. Bisweilen legt sich um die Mitte ein hellerer Ring, oder die ganze Oberfläche hat einen mehr schmutzigen grauen Anflug. In ihrem Cocon nun wird die Schlupfwespenmade zu einer Puppe, und die dieser entschlüpfte Wespe nagt sich an dem einen Pole durch ein mehr oder weniger regelmäßiges Loch zu einer Zeit heraus, in welcher die betreffende Schmetterlingsraupe vorhanden ist, der sie ihre Nachkommen anvertrauen kann.

Was die Schlupfwespe selbst anlangt, welche sich in der angegebenen Weise entwickelt, so kann sie ein sehr verschiedenartiges Aussehen haben, daher bald dieser, bald jener Familie angehören. In erster Linie dürfte es eine Sichelwespe sein, wie der hier in der Mitte des Unterrandes als Beispiel vorgeführte Ophion merdarius mit seiner Puppenhülse (5), eine der verbreitetsten und stattlichsten Arten. Alle Sichelwespen sind durch einen, mindestens in der Hinterhälfte von der Seite her zusammengedrückten Hinterleib ausgezeichnet, welcher gleichsam sichelförmig erscheint und beim Weibchen kaum den Legestachel am Ende sehen läßt; Bei einer Sichelwespengattung (Banchus) ist die Hinterleibswurzel [519] breit und stark niedergedrückt, das Rückenschildchen außerdem in ein kurzes Dörnchen ausgezogen, bei einer andern (Exetastes) jenes mehr oder weniger drehrund, nur an der Spitzenhälfte mäßig zusammengedrückt und in ein kurzes Schwänzchen, das Futteral für den Legestachel, verlängert.

Die vorherrschend lehmgelben Ophionarten vergegenwärtigen das Urbild der Sichelwespen durch den langgestielten, sehr entschieden zusammengedrückten Hinterleib und unterscheiden sich von mancher ebenso gefärbten Art der Gattung Paniscus dadurch, daß die mittlere (zweite) Unterrandzelle mit der ersten verschmolzen ist, die erste aber, wie bei allen echten Schlupfwespen, mit der darunterliegenden sogenannten Mittelzelle zu einer einzigen „großen Zelle“ vereinigt erscheint, sodaß manchmal, wie auch bei unserer Art, ein Aderästchen nur den Anfang der fehlgeschlagenen trennenden Ader andeutet.

Statt einer Sichelwespe konnte aber auch eine Cryptide aus einem andern jener langgestreckten Puppengehäuse hervorgekommen sein. Ein Familiengenosse, der Cryptus migrator, ist auf unserm Bilde unter Nr. 6 dargestellt, und zwar das Weibchen am untern Rande, das Männchen fliegend unter der Benadelung der Kiefer. Alle Cryptiden haben einen gestielten Hinterleib, welcher beim Männchen fast linienförmig oder mehr keulenförmig, beim Weibchen deutlich niedergedrückt und geschwänzt ist; überdies zeigt der Hinterrücken des Mittelleibes sehr unvollständige Felderung und der Vorderflügel in der Regel drei Unterrandzellen, von denen die mittelste, bei den Schlupfwespen auch Spiegelzelle genannt, vorherrschend viereckig erscheint. Unser Cryptus migrator ist schwarz, an den vier ersten Hinterleibsringen und den Schenkeln, mit Ausnahme der schwarzen Hinterschenkelspitze, roth; die hinteren Füße an der Wurzel, die weiblichen Fühler in einem Ringe und die äußerste Hinterleibsspitze sind weiß. Durchschnittliche Länge 11 Mm. Die eben genannten Farben finden sich freilich bei vielen andern Gattungsgenossen, sodaß noch manches zu weit in das Einzelne führende Merkmal hinzugefügt werden müßte, um die Art mit Sicherheit zu erkennen.

Eine weitere Erfahrung lehrt den Raupenzüchter, daß sehr viele angestochene Raupen, mögen sie sich bei der Verwandlung in ein Gehäuse verspinnen oder nackt in einer Erdhöhle liegen, sich zu anscheinend vollkommen gesunden Puppen ausbilden; diese Puppen enthalten aber schließlich keinen Schmetterling, sondern eine Schlupfwespe, welche den bereits besprochenen Sichelwespen angehören und beispielsweise das Anomalon circumflexum sein kann, welche sich als eine Pimpla, eine Tryphonide vorstellt, in den meisten Fällen jedoch eine Ichneumonide im engeren Sinne des Wortes sein wird. Es sind hier Namen genannt worden, mit denen der geehrte Leser keine bestimmte Vorstellung zu verbinden im Stande ist, wenn nicht einige erläuternde Worte hinzugefügt werden.

Das Anomalon circumflexum (8) auf dem untersten Eichenblatte unseres Bildes ist eine stattliche Sichelwespe von der vorgeführten schlanken Form; der Kopf und der kurze Rumpf mit Einschluß der Hüften sind schwarz, die Fühler, das Gesicht, das Schildchen und der Hinterleib gelb; nur die Spitze des letzteren und die der Hinterschenkel und Hinterschienen behalten die Grundfarbe. Die verhältnißmäßig kurzen, gleichfalls gelben Flügel zeichnen sich bei allen Anomalonarten durch eine kurze Querader an Stelle der Spiegelzelle aus Beim Ausschlüpfen köpft die Wespe die Puppe des Kiefernschwärmers und einiger anderer Schmetterlinge in der Figur 7 dargestellten Weise.

Um die große Mannigfaltigkeit in der Entwickelung der Sichelwespen darzuthun, sei beiläufig noch bemerkt, daß von den gleichfalls lehmgelben Arten der Gattung Paniscus die sich durch eine dreieckige Spiegelzelle von Ofhion unterscheidet, einige ihre Eier im der Kopfnähe gewisser Raupen äußerlich anheften und daß die Larven nicht in den Raupenkörper eindringen, sondern, äußerlich saugend, an ihnen haften bleiben, bis sie, zur Verpuppung reif, ein Gespinnst anfertigen.

Die Mitglieder der großen Pimplarierfamilie zeichnen sich durch ihren sitzenden, das heißt an seiner Wurzel nicht stielartig verengten, niedergedrückten Hinterleib aus, dessen Spitze beim Weibchen in Folge des Legbohrers in ein kürzeres oder längeres Schwänzchen ausläuft; im Vorderflügel zählt man bei den meisten drei Unterrandzellen, deren mittelste der Dreiecksform am nächsten kommt. Die Beschaffenheit des Mittelrückens, ob er querrunzlig oder glatt, die des Hinterleibsrückens, ob durch Erhebungen und Eindrücke uneben oder eben, des Bohrers, ob aus der Spitze oder aus einer Längsspalte des Bauches heraustretend, der Klauen, ob einfach oder an der Innenseite kammartig gezähnt, das Vorhandensein einer vollständig geschlossenen Spiegelzelle, nur eine Andeutung derselben oder ihr gänzlicher Mangel und noch andere Merkmale entscheiden über die Zugehörigkeit jeder Art zu dieser oder jener der zahlreichen Gattungen, welche die ganze Familie zusammensetzen.

Die namengebende Gattung Pimpla ist an der knotigen Oberfläche des Hinterleibes und der Längsspalte für den Bohrer zu erkennen, welch letzterer mithin an seiner Wurzel durch diese Spalte, im weiteren Verlaufe durch das schwanzartige Futteral gedeckt wird, so lange er nicht als Eierleger dient. Schwarz, Roth, reines Gelb und Weiß sind die Farben, welche hier nur in Betracht kommen können, die Vereinigung der beiden ersten mit der letzten besonders an den Beinen. Die aus dem obersten Eichenblatte sitzende Pimpla varicornis (9) ist schwarz, rothbeinig, an den Schienen und Füßen der Hinterbeine hell geringelt, an der- Schildchenspitze, den Fühlern und im Gesicht mehr oder weniger gelb, auch wohl auf dem Rücken zwischen den Flügeln mit zwei gelben Längslinien gezeichnet und auf dem Rücken des ersten Hinterleibsringes in auffallender Weise muldenartig ausgehöhlt. Sie zerstört in der eben angegebenen Weise die Puppe eines Fleckenfalters der Melitaea Maturna.

Die glänzend schwarze, reichlich schwefelgelb gezeichnete Colpotrochia elegans (10), mit verhältnißmäßig kurzen, dicken Beinen und einer kurzen Querader an Stelle der Spiegelzelle, mag als Vertreter der Tryphoniden gelten, einer Familie, die sich in ihren verschiedenen Formen nur in größerer Umständlichkeit charakterisiren ließe, als hier angebracht erscheint.

Ungemein zahlreich und wechselnd in den Farben sind die zierlichsten aller Schlupfwespen, welche sich um die alte Gattung Ichneumon schaaren und in der Mehrzahl durch einen niedergedrückten, gestielten Hinterleib, in welchem der weibliche Legstachel verborgen ist, durch einen regelmäßig gefalteten Hinterrücken des Mittelleibes und durch eine fünfeckige Spiegelzelle im Vorderflügel gekennzeichnet sind. Die männlichen Fühler lassen diese zusammensetzenden Glieder kaum unterscheiden und bleiben nach dem Tode unverändert, während die sich dann ringelnden weiblichen Fühler deutlich abgesetzte Glieder und viel häufiger als jene einen weißen Ring zeigen.

Viele Arten sind in ihren beiden Geschlechtern abweichend gefärbt, die Weibchen oft bunter, als ihre Männchen (gelb oder roth, schwarz und weiß am Hinterleibe), diese dagegen wieder reichlicher gelb oder weiß gezeichnet, als jene, weshalb es oft sehr schwer wird, beide auf ihre Art zu deuten. Dies gilt nicht von dem hier vorgeführten Vertreter, Ichneumon pisorius (11). Die schwarze Grundfarbe weicht am Hinterleibe vom zweiten Gliede an, bisweilen mit Ausschluß der Spitze, einem schmutzigen Gelb, die Schildchen, je eine Linie vor der Flügelwurzel, sind rein gelb, beim Männchen auch das Gesicht und die Beine, an denen die Grundfarbe nur fleckenartig zurückbleibt, beim Weibchen dagegen nur ein Schienenring, die oberen und vorderen Augenränder noch gelb und ein Fühlerring weiß. Die Art schmarotzt vorzugsweise in der Raupe des Kiefernschwärmers und entwickelt sich aus dessen Puppe, welche dann genau so aussieht (7), als wäre das Anomalon circumflexum daraus hervorgebrochen.

Noch hat der Raupenzüchter seine Beobachtungen nicht erschöpft; denn er findet beispielsweise in dem aus den Körperhaaren gewebten Cocon einer Bärenraupe oder in dem gleichfalls durchsichtigen Gespinnste der Gamma-Eule keine Schmetterlingspuppe, sondern eine Anzahl kurzer, dunkler „Tönnchen“, wie die Gruppe (12) zwischen der Kohlweißlingsraupe und dem unteren Eichenblatte unseres Bildes andeuten soll. Dieselben sind wesentlich anderer Natur als die früher besprochenen (5). Ein nur schwacher Druck zwischen den Fingerspitzen läßt die brüchige Haut nachgeben und zeigt, daß sie nicht gesponnen sind; außerdem liefern sie bei natürlicher Entwickelung keine Schlupfwespen, sondern Fliegen, im Hinterleibe viergliederige Grasflügler, deren verschiedene Arten hinsichtlich der Größe zwischen derjenigen einer kleinen Stubenfliege und einer derben, blauen Fleischfliege schwanken.

Auch in Färbung, im Baue des Körpers und im Verlaufe des Flügelgeäders erinnern viele derselben lebhaft an die gemeine [520] Stubenfliege, unterscheiden sich aber bei näherer Betrachtung in erster Linie von ihr durch die kräftigen Borsten zwischen der Haarbekleidung des Körpers und zum Theil auch der Beine und durch die nackte Fühlerborste, welche dort gefiedert ist. Ihre Bewegungen sind hastiger, der Flug ein rascherer (daher auch Schnellfliegen), und als Larven ernähren sie sich, wie die Schlupfwespen, parasitisch in anderen Insectenlarven. Weil diese anderen Insectenlarven erfahrungsmäßig vorherrschend Schmetterlingsraupen sind, hat man die in Rede stehenden Fliegen in ihrer Gesammtheit Raupenfliegen, oder nach der ursprünglichen, neuerdings vielfach gespaltenen Gattung Tachina, auch Tachinen genannt.

Die auf ihren braunen, etwas heller und dunkler grünstreifigen Püppchen sitzende Exorista Vulgaris (12) ist kräftiger, namentlich breiter als die Stubenfliege, schwarz von Farbe, auf dem Mittelleibsrücken streifenartig, auf dem Hinterleibe unvollkommen bindenartig weißgrau schillernd, Schildchen gelblichgrau, der Körper stark beborstet, drittes und letztes Fühlerglied sehr lang und schmal, mit kräftiger Rückenborste. Die Beborstung im Gesicht, welche beiderseits nur die halbe Länge desselben, vom Mundrande nach der Stirn zu, reicht, die Behaarung der Augen und die gleich näher zu bezeichnende Beschaffenheit des Flügelgeäders bilden die Gattungsmerkmale. Die Flügel haben sechs Längsadern, von denen sich die erste vorn theilt, die dritte und vierte sind, wie bei allen echten Fliegen, etwa in der Mitte durch die „kleine Querader“ verbunden, jenseits welcher sie die „erste Hinterwandszelle“ bilden; daß dieselbe offen ist, das heißt nach außen nur durch den Flügelsaum und nicht durch eine Ader geschlossen wird, und, entfernt von der Flügelspitze, in den Vorderrand mündet, bildet die weiteren Gattungsmerkmale. Die Beugung der vierten Längsader nach der dritten hinauf, welche die eben bezeichnete Zelle bilden hilft, heißt überall, wo sie vorhanden, die „Spitzenquerader“; ihr ziemlich gleichlaufend, vom Flügelsaume entfernter, verbindet die „hintere Querader“ die vierte und fünfte Längsader mit einander; überdies bemerkt man nahe der Flügelwurzel je vier sehr kleine Queradern zwischen derselben und zwischen der fünften und sechsten Längsader, welche beide zwei unscheinbare für den Fliegenflügel charakteristische Zellen begrenzen. Hinter jedem Flügel steht ein großes, weißes Schüppchen, unter welchem ein gestieltes Knöpfchen, die allen Zweiflüglern zukommenden „Schwinger“, verborgen sind. Hiermit sei ein für allemal auf die wesentlichsten Punkte aufmerksam gemacht, welche zur Unterscheidung der echten Fliegen (Muscidae) in Betracht gezogen werden. Die genannte Exorista schmarotzt in der Raupe der Gamma-Eule; aber auch, wie die folgende, in derjenigen des Kiefernschwärmers.

Auf der eben genannten Raupe sehen wir die Phorocera concinnata (13) sitzen. Nach geschäftigem Hin- und Herschwirren hat das Fliegenweibchen die ihm genehme Raupe erspäht, und nun wiederholt sich ungefähr dasselbe, was oben von den Angriffen des Microgaster erzählt wurde. Die Raupe ist ungemein empfindlich gegen jegliche Berührung, wehrt sich nach Kräften, aber umsonst: die Fliege erreicht ihren Zweck, verfährt jedoch insofern glimpflicher mit ihr, als die meisten Schlupfwespen, als sie die Haut nicht verletzt, sondern die Eier äußerlich anheftet. Man trifft bisweilen Raupen an, namentlich von Schwärmern, welche an einer ihrer Körperseiten reichlich mit kleinen lichten Körnchen, wie mit einem Ausschlage besetzt sind, so regelmäßig oder wenig geordnet, wie es unsere Kiefernschwärmerraupe zeigt. An der der Raupenhaut zugekehrten Eiseite schlüpft die Made aus, dringt unter dem Schutze der Eischale in jene ein und ernährt sich nur vom Fettkörper in der Raupe, ebenso wie die Schlupfwespenlarven. Wenn sie erwachsen ist, findet ein anderer, den echten Fliegen eigener Vorgang statt. Die Larve verkürzt sich, nimmt dadurch in der Breitenausdehnung zu; das Innere löst sich von der Haut los und bildet mit der Zeit die Puppe, während die Haut als schützende Hülle für jene erhärtet. Diese Umwandlung erfolgt meist dann, wenn sich die reife Larve aus der Raupenhaut herausgebohrt hat; die hier vorkommenden Verschiedenheiten sind jedoch noch lange nicht hinreichend erforscht. Die in dem „Tönnchen“, wie man die auf die eben angegebene Weise entstandenen Fliegenpuppen allgemein nennt, entwickelte Fliege stößt ein mehr oder weniger regelmäßiges Deckelchen mit ihrem Kopfe los – nagen kann sie nicht, wie überhaupt keine Schlupfwespe – und wird frei.

Die genannte Phorocera welche, wie bei sehr verschiedenen Raupen, so auch noch bei denen des Kohlweißlings, des Weidenspinners, des Goldafters schmarotzt, stimmt in ihren Gattungsmerkmalen fast vollständig mit der vorigen überein und weicht nur dadurch von ihr ab, daß die Borstenwimperreihe beiderseits des Gesichtes nicht in der halben Höhe aufhört, sondern bis zu den Fühlern hinaufreicht. Die abgebildete Art ist schwarz, auf dem Rücken in der Weise grau bestäubt, daß vier Längsstriemen die Grundfarbe beibehalten, auch auf dem Hinterleibe zeigen sich vom zweiten Ringe an breite, weißlichschillernde Bänder; die gelben Tastenspitzen und die nicht winkelig, sondern unter einem Bogen von der vierten Längsader weitergehende Spitzenquerader vervollständigen die Artkennzeichen.

Aus einem der äußeren Eichenblätter ist noch eine dritte und größere Raupenfliege abgebildet, die Echinomyia lucida (14), einer Gattung zugehörig, welche sich leicht an dem an Länge das erste übertreffenden zweiten Fühlergliede erkennen läßt. Unsere Art trägt außer den schwarzen Borsten ein ziemlich dichtes und weißes Haarkleid, hat jederseits der Hinterleibswurzel einen schmutzig gelben Fleck und die Spitzenhälfte der Beine von noch lichterer Färbung. Sie schmarotzt unter Anderem in der Raupe einer „Kapuzeneule“, der Cucullia verbasci.

Bisher haben wir nur schmarotzende Fliegen und Schlupfwespen als Raupenfeinde kennen gelernt und das höchst anziehende Leben derselben allerdings nur andeuten können; näher auf dasselbe, namentlich der Schlupfwespenschaaren, einzugehen, würde einmal ein umfassenderes Vorstudium dieser so hochinteressanten Insecten erfordern, als bei den Lesern vorausgesetzt werden darf; überdies würden wir aber auch weit von unserem vorgesteckten Ziele abweichen, da ja die Raupen nicht allein, sondern auch die Larven anderer Insecten, wie deren Eier oder Puppen von ihnen zu Brutstätten auserkoren werden. Aber selbst dann, wenn wir uns nur auf erstere beschränken, ist es nach dem heutigen Stand der Wissenschaft noch nicht möglich, die angedeuteten Mannigfaltigkeiten in der Lebensweise dieser Thierchen unter gewisse Gesichtspunkte zu ordnen und als gültige Gesetze präcisiren zu wollen.

Durch die Schlupfwespen sind wir mit einem kleinen Theile der interessantesten aller Kerf-Ordnungen, den Hautflüglern, bekannt geworden. Gewisse andere Ordnungsgenossen hat man in Folge ihrer Lebensweise mit dem gemeinsamen Namen der Mondwespen zusammengefaßt und dieselben in Rücksicht auf den Körperbau in mehrere Familien getheilt. Diese Mondwespen legen in dazu geeignetem Erdboden, in Lehmwänden, mürben Baumstämmen, alten Pfosten u. dergl. wenige künstliche Röhren (Nester) an, tragen in dieselben Insecten verschiedener Art, und unter ihnen auch Raupen, eine jede nach ihrem Geschmacke und mit Auswahl, legen ein Ei an das eingetragene Futter, verschließen die Röhre je nach der Oertlichkeit mit Erde, mit Abnagseln von Holz oder Pflanzenmark, reihen wohl auch mehrere Zellen, jede mit ihrem besonderen Futtervorrath und einem Ei, an einander, wenn sie es nicht vorziehen, für jedes folgende Ei eine neue Röhre zu graben. Mit letzterer Beschäftigung z. B. füllt das Weibchen der gemeinen Sandwespe (Ammophila sabilosa [15]) seine sommerlange Lebenszeit aus. Es sucht sich eine und die andere Art der sogenannten Erdraupen, tödtet oder lähmt dieselbe vielmehr nur mit einigen Stichen und schleppt sie oft weite Strecken mit Aufopferung aller ihrer Kräfte, da das Opfer mehrmals schwerer zu sein pflegt, als die Sandwespe selbst, nach ihrer im Sandboden gegrabenen Röhre, legt ein Ei an diesen Vorrath und verschließt den Zugang der Röhre sorgfältig mit kleinen Sandsteinen, dadurch jede Spur von dem Vorhandensein des Nestes tilgend. Zu Ende des nächsten Frühjahres öffnet eine junge Sandwespe den Verschluß ihres Kellergewölbes und ahmt die mütterliche Brutpflege nach, sofern sie ein Weibchen ist. Das außerordentlich schlanke und bewegliche Thierchen ist schwarz, in der Mitte des langgestielten und hierdurch keulenförmigen Hinterleibes roth, an den Brustseiten durch Behaarung silberfleckig und hat drei geschlossene Unterrandszellen im Vorderflügel. Wenige ihr nahe verwandte Arten führen dieselbe Lebensweise und werden zu Raupentödtern.

Manche Ameise dürfte dieses und jenes Räupchen einheimsen, manche Baumwanze eins mit ihrem spitzen Schnabel anstechen und aussaugen, auch der vierpunktige Aaskäfer (16) stellt sich besonders dann zahlreich auf dem Eichenstangenholze ein, wenn dessen Blätter von Raupen zerfressen sind, um an den Fressern seine Mahlzeiten zu halten.

[521] Unter den von den genannten und anderen Insecten unmittelbar verspeisten Raupen sind möglicher Weise viele schon krank und keiner regelrechten Entwickelung mehr fähig. Die Schmarotzer sind und bleiben ihre gefährlichsten Feinde unter den Insecten, und darum sei zum Schlusse noch der bisher unerwähnt gebliebenen Schlupfwespen-Familie, der Pteromalinen oder Chalcidier, gedacht, von denen gewisse Arten Schmetterlingseier oder Schmetterlingspuppen anstechen. Wir erblicken hier den Pteromalus puparum als Vertreter einer Familie, unter welcher wir die kleinsten aller Schlupfwespen zu suchen haben, so klein, daß selbst mehrere ihrer Larven im Inhalte eines Schmetterlingseies hinreichende Nahrung finden. Gekniete Fühler, fast vollkommen aderlose Flügel, deren vordere stumpf und breit gerundet sind, und vorherrschend metallisch grüne Körperfarbe zeichnen die Familienglieder aus. Das hier abgebildete Weibchen ist olivengrün, an den Beinen von den Knieen an gelblich, sein schlankes Männchen heller und an den Beinen ausgedehnter gelb gefärbt. Wenn die Kohlweißlings- oder andere Tagschmetterlingsraupen sich in gleicher Art, wie die genannte, an einen Gegenstand angeheftet und ihre letzte Haut abgestreift haben, so umschwärmt das Wespchen die noch zarthäutige Puppe und schiebt hier und da zwischen die noch nicht zusammenklebenden Körpertheile ein Ei. Die vollkommen wehr- und hülflose Puppe muß dies geschehen lassen, wenngleich sie zum Zeichen ihres Unbehagens ob dieser Frechheit die Hinterleibsringe lebhaft hin und her windet. Bald nachher ist ihre Oberhaut erhärtet und wie aus einem Gusse in allen Theilen zusammenhängend; kein Mensch kann es ihr ansehen, daß sie den Keim des Todes in sich birgt. Allmählich jedoch verliert sie ihre Beweglichkeit, entfärbt sich, und zu einer Zeit, in welcher dieselbe oder verwandte Puppen bald wieder anzutreffen sind, erhält sie allerwärts runde Löcher, aus welchen ein Schlupfwespchen nach dem andern hervorspaziert und behaglich mit den Fühlern auf und ab nickt. Die durchlöcherte Puppenhaut bleibt zurück, wie Fig. 17 andeutet.

Trotz der gestrengen Polizei, welche die kleinen und größeren Schmarotzer unter den Wespen und Fliegen neben Vögeln, Kriechthieren, Spinnen etc. gegen die Raupen ausüben, können sie derselben doch nicht immer Herr werden, und jeder neue Raupenfraß mahnt uns daran, daß wir selbst alle Kräfte aufbieten müssen, um diesem Ungeziefer gegenüber unsere Culturen möglichst zu schützen. [1]


  1. Wir benutzen diese Gelegenheit, um auf ein der Bekämpfung schädlicher Insecten besonders zu Hülfe kommendes Werk hinzuweisen – wir meinen Prof. Dr. E. L. Taschenberg’sPraktische Insectenkunde“ (Bremen, M. Heinsius), ein für Entomologen, Land- und Forstwirthe, Gärtner, Lehrer und ähnliche Berufsangehörige sehr empfehlenswerthes Handbuch, das in fünf Bänden alles Wissenswerthe über die Insectenwelt Deutschlands enthält und seine Gegenstände durch zahlreiche Illustrationen veranschaulicht.
    D. Red.