Die Raupe und der Schmetterling

Textdaten
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Autor: Johann Gottfried Herder
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Titel: Die Raupe und der Schmetterling
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aus: Zerstreute Blätter (Dritte Sammlung) S. 74-75
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1787
Verlag: Carl Wilhelm Ettinger
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Erscheinungsort: Gotha
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Quelle: ULB Düsseldorf und Commons
Kurzbeschreibung:
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[74]

  
       Die Raupe und der Schmetterling.

     Freund, der Unterschied der Erdendinge
Scheinet groß und ist so oft geringe;
Alter und Gestalt und Raum und Zeit
Sind ein Traumbild nur der Wirklichkeit.

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     Träg’ und matt, auf abgezehrten Sträuchen

Sah ein Schmetterling die Raupe schleichen;
Und erhob sich fröhlich, Argwohnfrei
Daß er Raupe selbst gewesen sei.

     Traurig schlich die Alternde zum Grabe:

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„Ach daß ich umsonst gelebet habe!

Sterbe Kinderlos und wie gering!
Und da fliegt der schöne Schmetterling.“

[75]

     Aengstig spann sie sich in ihre Hülle,
Schlief und als der Mutter Lebensfülle

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Sie erweckte, wähnte sie sich neu,

Wußte nicht, was sie gewesen sei.

     Freund, ein Traumreich ist das Reich der Erden.
Was wir waren? was wir einst noch werden?
Niemand weiß es; glücklich sind wir blind;

20
Laß uns Eins nur wissen, was wir sind.